Gesa Lindemann : Weltzugänge
Diskurs Aktuell
Weltzugänge
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Online-Publikation: Juni 2014 im Internet-Journal <<kultur-punkt.ch>>
Ereignis-, Ausstellungs-, AV- und Buchbesprechung
<< Gesa Lindemann : Weltzugänge . Die mehrdimensionale Ordnung des Sozialen >>
368 Seiten, br., gebunden; ISBN 978-3-942393-76-8 ; 39,95 EUR
Dieser Titel ist auch im Verlag Humanities Online als E-Book erhältlich: www.humanities-online.de
Velbrück Wissenschaft, D-53919 Weilerswist-Metternich; http://www.velbrueck-wissenschaft.de;
Inhalt
Die sozialtheoretischen Diskussionen der letzten Jahrzehnte haben zu neuartigen Anforderungen an eine allgemeine Sozialtheorie geführt. Wie muss eine allgemeine Theorie des Sozialen aussehen,
– die den Kreis legitimer Akteure als historisch variabel, das heißt: als kontingent begreift, statt ihn wie selbstverständlich auf den Kreis lebendiger Menschen zu beschränken;
– die die Natur-Kultur-Unterscheidung nicht als gegeben voraussetzt, sondern als eine mögliche Ordnung des Zugangs zur Welt begreift;
– die Ordnung nicht nur als eine Ordnung des Sozialen analysiert, sondern auch Materialität und die Dimensionen von Raum und Zeit einbezieht;
– die Gewalt als ordnungsbildende Kraft begreifen kann;
– die eine Perspektive für die Formulierung einer Gesellschaftstheorie erschließt?
Mit Blick auf die allgemeine Theoriedebatte werden in diesem Buch drei Diskussionsstränge zusammengeführt:
(1) das Konglomerat an Debatten um die Notwendigkeit theoretischer Neuorientierungen (»turns« oder »Wenden« wie linguistic turn, material turn, body turn, pictorial turn oder spatial turn);
(2) die Problematisierung der Grenzen der Sozialwelt bzw. des Akteursstatus nichtmenschlicher Entitäten;
(3) die immer wieder aufflackernden Auseinandersetzungen um die Bedeutung von Gewalt für die Gestaltung sozialer Prozesse.
Die Theorie der Weltzugänge führt diese Aspekte zu einer Theorie mehrdimensionaler Ordnungsbildung zusammen und entwickelt dabei zugleich eine Perspektive für die Ausarbeitung einer Gesellschaftstheorie. Dieser Schritt ist theoriearchitektonisch notwendig, denn dadurch lassen sich die Sozialtheorie und damit auch die durch sie angeleiteten Forschungen reflexiv historisch situieren – dies ist die Voraussetzung für eine rationale Theoriekonstruktion.
Inhaltsverzeichnis »
Danksagung
Einleitung
Die Diskussionslage
Eine erweiterte Sozialtheorie
Aufbau des Buches
1. Die Natur-Kultur-Unterscheidung in der Erklären-Verstehen-Kontroverse
Einführung in das Diskursfeld
Das erweiterte Ordnungsproblem
2. Kritik der Ordnungskraft
2.1. Die transzendentalpragmatische Kritik der Natur-Kultur-Unterscheidung
Das emanzipatorische Erkenntnisinteresse
2.2. Das erweiterte Ordnungsproblem in der Wissenschafts- und Technikforschung
Das erweiterte Ordnungsproblem als Folge der Ausdehnung des Verstehens
Wirken und Handeln als polarer Gegensatz
2.3. Bestimmung des Ordnenkönnens
Die transzendentale Konstitution des Alter Ego
Reduktion auf das fungierende verkörperte Bewusstsein als universales Ordnungsschema
Reduktion auf das verkörperte fungierende Bewusstsein
Das fungierende Bewusstsein und das andere Ich
2.4. Die Ordnungskraft als offene Frage
Die Historisierung der Matrix der Moderne
Das erweiterte Verstehen
Das Prinzip der geschlossenen Frage
Das Prinzip der offenen Frage
3. Reflexive Ordnungsbildung – eine operative Theorie mehrdimensionaler Ordnungsbildung
Dimensionen der Ordnung des Sozialen
Typen der Ordnungsbildung
3.1. Sozialdimension
Das Verfahren der Theoriekonstruktion
Grenzrealisierung der Körper
Zentrische Positionalität
Exzentrische Positionalität und Mitwelt
Ordnungsprobleme exzentrischer Positionalität
Historische Mitwelten als Lösungen des Problems der Kontingenz der Mitwelt
Die Formung des Leibes und seiner Grenzen
Die Grenzrealisierung kommunikativ darstellen
Kommunikation unter der Voraussetzung erweiterter Weltoffenheit
Der Dritte als Bedingung der operativen Lösung des Problems der Kontingenz der Mitwelt
Der Dritte in traditionellen Sozialtheorien
Der triadische Kommunikationsbegriff
Vermittelte Unmittelbarkeit der Ordnungsbildung
Das Problem des Soziologismus
3.2. Raum und Zeit unter der Voraussetzung erweiterter Weltoffenheit
3.2.1 Sich raum-zeitlich positionalisieren
Modalzeit
Modalzeit – zentrische Positionalität
Die raum-zeitliche Struktur der Berührung
Zeit-Raum exzentrischer leiblicher Selbste
Raum
Variable Zentrierungen
Ortsraum
Digitaler Raum
Zeit
Modalzeit
Dauer als chaotische Mannigfaltigkeit
Dauer der individuellen Person
Geteilte Dauer
Dauer der Dinge
Dauer von Erwartungsstrukturen
Vorher-Nachher-Reihung/digitale Zeit
3.2.2. Die Bedeutung von Raum und Zeit für die Strukturierung der Sozialdimension
Ego-Alter-Tertius in Raum-Zeit-Strukturen
3.3. Sachdimension – Leib und Technik
3.3.1. Zentrische Positionalität
3.3.2. Exzentrische Positionalität
Institutionalisierte Gesamthandlungen
Technik als kommunikativer Sinnvorschlag
Komplexe Gesamthandlungen I
Digitale Raumzeit als Konstruktionsmedium für avancierte Artefakte
Prinzipien der technischen Konstruktion
3.4. Symbolbildung und Institutionalisierung unter der Voraussetzung erweiterter Weltoffenheit
3.4.1. Symbolbildung
Struktur der Reflexivität
Symbole mit identischer Bedeutung
Symbolbildung unter der Voraussetzung erweiterter Weltoffenheit
Eine erneuerte Gebrauchstheorie der Bedeutung
3.4.2. Institution und symbolisch generalisierte Kommunikationsmedien
Institution und symbolisch generalisierte Medien
Institution
Komplexe Gesamthandlungen II
Symbolisch generalisierte Kommunikationsmedien
Exkurs: Die gesellschaftstheoretische Funktion der Erfolgsmedien
Erfolgsmedien des Beginnens und der Beteiligung
Erfolgsmedien und die Bildung sozialer Vermittlungsformen: Organisation und Netzwerk
4. Gewalt und Legitimität
4.1. Theorien der Gewalt
Gewalt als Randphänomen in dyadischen Sozialtheorien
4.2. Gewalt und der Dritte
Gewalt als leiblicher Akt und seine symbolische Generalisierung
Exkurs zur Verzichtbarkeit symbiotischer Mechanismen
Der soziologische Gehalt von Derridas Kritik an Benjamin
Täter – Opfer – Dritte
Diabolische Symbolisierung – die Grenzen der Gewalt
4.3. Gewalt und Ordnungsbildung
Verfahrensmäßig gestaltete Gewalt oder Macht und Herrschaft?
5. Die reflexive Bildung der Ordnung von Weltzugängen
5.1. Dividualisierende Vergesellschaftung
Individualisierung als Verfallsform
5.2. Individualisierende Vergesellschaftung
Dia-Symbolon
Raum und Zeit
Differenzierung von Sinnwelten
5.3. Kontingente Mehrfachvergesellschaftung
5.4. Das reflexive Verhältnis von Sozial- und Gesellschaftstheorie
Literatur
Register
Autorin
Gesa Lindemann ist Professorin für Soziologie an der Universität Oldenburg.
Weiteres Buch von Autorin bei Velbrück Wissenschaft (2009): Das Soziale von seinen Grenzen her denken.
Link zum Autor » http://www.uni-oldenburg.de/sozialwissenschaften/ast/personen/gesa-lindemann/
Fazit
Die Soziologin Gesa Lindemann arbeit verdienstvoll und überaus gekonnt in ihrem Diskursbuch "Weltzugänge" aus der mehrdimensionale Ordnung des Sozialen in ihrer Theoriedebatte drei Diskursstränge / Entitäten (1) heraus :
Es geht um ein
1 Debattenkonglomerat zur Neuorientierung von 'Turns' / Wenden (Bewegungsstränge), sprachlich, körperlich, bildlich, räumlich...
2 Dasein eines Seienden / Dinghaften, im Unterschied zu seinem Wesen..
3 Wiederkehrende, aufflammende Auseinandersetzungen, so um die Gewaltbedeutung zur Gestaltung sozialer Prozesse
von Tätern– Opfern – Dritten, während der aktuellen und akuten Fragmentierung (2), bzw. der ' Dividualisierenden Vergesellschaftung '.
Lindemann hat damit einen Meilenstin zu unserer Blickweise auf die Weltzugänge und Ab-gänge gesetzt. m+w.p14-6
(1) Entität (Gegenbegriff < Quiddität)
ist in der Philosophie ein Grundbegriff der Ontologie, der in zwei Bedeutungen verwendet wird: Zum einen bezeichnet er etwas, das existiert, ein Seiendes, einen konkreten oder abstrakten Gegenstand. In diesem Sinn wird der Begriff der Entität in der Regel als Sammelbegriff verwendet, um so unterschiedliche Gegenstände wie Dinge, Eigenschaften, Relationen, Sachverhalte oder Ereignisse auf einmal anzusprechen. Dies ist die im zeitgenössischen Sprachgebrauch gängige Verwendung. Zum anderen kann er auch für das Wesen eines Gegenstandes stehen, im Sinne eines für das Dasein des Gegenstands und seiner Identität notwendigen Elements. In dieser Hinsicht ist Entität dem klassischen Substanzbegriff sinnverwandt.[2] Der erste Sinn des Begriffes ist der heute gebräuchlichere, allerdings wird oft die Selbstständigkeit der Existenz der Entität nur noch in Bezug auf ein konkretes Diskursuniversum behauptet.
http://de.wikipedia.org/wiki/Entit%C3%A4t
(2) Zur Fragmentierung
a) als Prozess der Globalisierung und der individuellen Isolation
weist auf die tayloristische Organisation der Produktion hin, in der verschiedene Stufen der Produktion zwischen den verschiedenen Lieferanten, die in verschiedenen Ländern ansässig sind und außerhalb der Region, in der Fragmentierung geschieht, aufgeteilt werden. Diese Art der Fragmentierung ist ein wichtiger Bestandteil der modernen Globalisierung.
b) Die Fragmentierung bezieht sich auf das Fehlen oder die Unterentwicklung der Verbindungen zwischen der Gesellschaft und der Gruppen und Einzelnen der Gesellschaft nach dem Vorbild einer gemeinsamen Kultur, Nationalität, Rasse, Sprache, Beruf, Religion, Einkommen oder andere gemeinsame Interessen.
c) In der Kunst/Gradation zeigt sich daher die Fragmentierung in der Verwendung von Fragmenten und der "Teilung der Kunst Ideen ( in Geste, Motiv, Thema ....) in Segmenten….
http://www.kultur-punkt.ch/galerie/fragmentierung-torsi13-1.htm