Botho Strauß : Vom Aufenthalt

Belletristik
B. Strauss : Aufenthalt
c-dtv14-9Strauss-Aufenthalt
Online-Publikation: September 2014 im Internet-Journal <<kultur-punkt.ch>>
Ereignis-, Ausstellungs-, AV- und Buchbesprechung
<< Botho Strauß : Vom Aufenthalt  >>
dtv  304 Seiten; ISBN 978-3-423-14133-8; 9,90 [D] 10,20 [A] 14,90 [CH]
Deutscher Taschenbuch Verlag, München; http://www.dtv.de

Inhalt
Ein Buch von der großen Verwunderung über eine Zeit, die von Krise zu Krise stolpert, ohne die tieferen Ursachen dieser modernen Erdbeben zu verstehen - oder: verstehen zu wollen? Botho Strauß' Prosaband vereint Träumerei und strenge Zeitdiagnose und ist ein eindrucksvolles Zeugnis des Nachdenkens über gegenwärtige und kommende Krisen

Autor
Botho Strauß wurde am 2. Dezember 1944 in Naumburg/Saale als Sohn eines Lebensmittelberaters geboren. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Remscheid und Bad Ems studerte er 5 Semester Germanistik, Theatergeschichte und Soziologie in Köln und München. 1967-1970 Redakteur und Kritiker der Zeitschrift "Theater heute". 1970-1975 dramaturgischer Mitarbeiter an der Schaubühne am Halleschen Ufer in Berlin. Botho Strauß ist Mitglied des PEN-Zentrums und lebt als freier Schrifsteller in Berlin. Sein schriftstellerisches Werk wurde mit zahlreichen internationalen Preisen ausgezeichnet; 1987 wurde ihm der Jean-Paul-Preis und 1989 der Georg-Büchner-Preis verliehen. Seine Theaterstücke gehören zu den meistgespielten an deutschen Bühnen.

Stimme
»Es sei allen als Medizin gegen den Zeitgeist empfohlen.«
Tilman Krause in ›Die Welt‹

Fazit I
Träume und zugleich Geistesschärfe kennzeichnen  Botho Strauss, auch hier in seinem Prosaband "Vom Aufenthalt" und zeigen zugleich unser endliches Sein  in seiner fragmentierten und sisyphus-behaftenden Existenz, wenn er sagt: " Solange der Sterbende spricht, sind wir versucht, ihn am Faden seiner Worte, die unsere, der Lebenden Worte sind, zurückzuziehen." Das kann nicht gelingen und das Scheitern ist immanent. Auch das etruskische Lebensbild ist ihm vertraut, wenn er schreibt: "...wo Lebende gemeinsam mit den Toten sind ..." jene in den Nekropolen den Alltag neben den Toten ihre Arbeitspausen teilten. Das Fragmentarische und das letztendliche Scheitern ist ein durchgängiger Ton, nicht melancholisch, sondern in seiner Gelassenheit weise, die Botho Strauss auszeichnet. m+w.p12-7

Fazit II
Dem Jean-Paul (1)-Preisträger Botho Strauß haftet ein Gutteil dessen ethisch-erträglicher Geistesverwandtschaft an, wie er in seinem Roman "Vom Aufenthalt" sich äussert. Von humanen Krisen und  'vom Ausbleiben der Zeitenwende' kündet seine Sprache. Es ist nicht wie bei Bergmann (in der Stunde des Wolfes ... 2), sondern er spricht von der 'Stunde des Aufgehaltenen, des Zögerlich-Etnografischen' zeitnah und unerbittlich-kühl, kreativ repetierend wie Alain Robbe-Grillet (3). Der Roman enthält ein 'Ausuferndes Aus' in Sprache und Geste, die die Lesenden berühren und dennoch kühl halten, gemüsefach-temperiert. Gut so und zeitaktuell. m+w.p14-9
(1)
Jean Paul (* 21. März 1763 in Wunsiedel; † 14. November 1825 in Bayreuth; eigentlich Johann Paul Friedrich Richter) war ein deutscher Schriftsteller. Er steht literarisch gesehen zwischen Klassik und Romantik. Die Namensänderung geht auf Jean Pauls große Bewunderung für Jean-Jacques Rousseau zurück.
http://de.wikipedia.org/wiki/Jean_Paul
(2)
 Ernst Ingmar Bergman?/i [ˌiŋːmaɾ ˈbæɾːʝman] (* 14. Juli 1918 in Uppsala, Schweden; † 30. Juli 2007 auf Fårö, Schweden) war ein schwedischer Drehbuchautor, Film- und Theaterregisseur. ... Die Mehrzahl seiner Filme sind der Gattung des Filmdramas zuzurechnen, er drehte aber auch Komödien und Dokumentationen. In seinen Filmen thematisierte er häufig existenzielle Themen wie den Tod, die Suche nach Gott, die Einsamkeit des Menschen ...
http://de.wikipedia.org/wiki/Ingmar_Bergman 
(3)
Alain Robbe-Grillet (* 18. August 1922 in Brest; † 18. Februar 2008 in Caen) war ein französischer Agraringenieur, Filmemacher, Schriftsteller und Mitglied der Académie française.
Robbe-Grillet ist einer der Väter des Nouveau Roman. Es ist ein Begriff, der auf seinen Essay Pour un Nouveau Roman zurückgeht. Dieser neue nicht-realistische Roman soll weder die Wirklichkeit spiegeln, noch Botschaften übermitteln, sondern literarische Formen und deren Entwicklung abbilden. Zwischen Gewalt und Erotik gleitet er stets nüchtern und metonymisch über Sinneseindrücke hinweg. Durch das stetige Ineinanderübergehen winziger Bilder von Lust und Schmerz, und weniger in Rückgriff auf kohärente, narrative oder Sinnstrukturen, gelang es Robbe-Grillet, nicht nur den Begriff von Literatur zu verändern, sondern auch der Aufmerksamkeit des Lesers Streiche zu spielen.http://de.wikipedia.org/wiki/Alain_Robbe-Grillet