Adalbert Stifter: Sämtliche Erzählungen - Nach den Erstdrucken . Wolfgang Matz (Hrsg.)

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A. Stifter: Sämtliche Erzählungen
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Online-Publikation: Januar 2018 im Internet-Journal <<kultur-punkt.ch>>
Ereignis-, Ausstellungs-, AV- und Buchbesprechung
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dtv-14625: 1648 Seiten, ISBN 978-3-423-14625-8 ; EUR 28,00 € [DE], EUR 28,80 € [A]
Deutscher Taschenbuch Verlag, München; http://www.dtv.de

Charakteristika
> Die einzige Taschenbuch-Ausgabe mit allen Erzählungen. Wolfgang Matz (Hrsg.)

Der Protagonist
Adalbert Stifter kam am 23. Oktober 1805 in Oberplan, heute Horní Planá, in Südböhmen zur Welt. Nach der Gymnasialzeit im Stift Kremsmünster studierte er in Wien Jura und Naturwissenschaften. Ohne Abschluss verdiente er seinen Lebensunterhalt als Privatlehrer. Bereits kurz nach dem Erscheinen seiner drei ersten Erzählungen 1839/1840 galt er als erfolgreicher Schriftsteller. Mit dem berühmten vierbändigen Erzählzyklus ›Studie‹ erreichte er seinen literarischen Höhepunkt. 1850 wurde er Schulrat und Inspektor der oberösterreichischen Volksschulen in Linz. Hier entstanden die Novellensammlung ›Bunte Steine‹ (1853) und die Romane ›Der Nachsommer‹ (1857) und ›Witiko‹ (1865-1867). Wegen einer unheilbaren Krankheit wollte sich Stifter in der Nacht vom 25. auf den 26. Januar 1868 das Leben nehmen. Er starb am 28. Januar 1868 an den Folgen des Suizidversuchs.

Inhalt
Dies ist die einzige Ausgabe mit allen dreiunddreißig Erzählungen Adalbert Stifters nach den Erstdrucken und in der Chronologie ihres Erscheinens in den Jahren 1840-1869. Damit wird die Entwicklung des Autors vom frühen Jean Paulianer zum asketischen Sprachspieler der Spätzeit nachlesbar. Ohne die Bedeutung der vom Dichter selbst für die Buchausgaben seiner berühmten Sammlungen ‚Studien’ und ‚Bunte Steine’ vorgenommenen Überarbeitungen zu schmälern, wird hier ein Erzählkontinuum unverstellt sichtbar, in dem sich Stifters Leben und Schaffen in seiner Zeit eindrucksvoll widerspiegelt.

Der Herausgeber
Wolfgang Matz, geboren 1955, lehrte deutsche Sprache und Literatur an der Universität Poitiers und ist heute Übersetzer und Verlagslektor (bei Hanser) in München.

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Fazit
Adalbert Stifter wurde  im 20. Jahrhundert, als einer der größten Erzähler seiner Zeit wiederentdeckt. Das gilt ganz besonders für das 21. Jahrhundert und der Wiederkunft des Einfachen und dem nahezu Unsichtbaren in den Seelenlandschaften, das  sich in den Romanen von  Kazuo Ishiguro, dem Nobelliteraturpreistäger 2017 entbirgt.
Stifters beonderer Blick war es nicht die Schicksale seiner Protagonisten. sondern die Ereignisse bildeten das Massgebende für den Fortgang seiner 'narrativen Romane', meist auf Chroniken gestützt. Und meidet dabei jede artifizielle Komposition und konzentriert sich auf pure, vereinfachende Wendungen.  Was ihn bis - und besonders - heute - im schnelllesenden sowie digital-sprachverkürzenden Modus - unmittelbar berührend erscheinen lässt.
Besonders der Anhang des Herausgebers Wolfgang Matz, enthüllt dessen ausserordentliche Qualitäten. Diese umfassen nicht in über hundert Seiten das Nachwortzu Stifter als Erzähler, Biogafisches, das chronologische Erzählungswerk, wie alle Fassungen, die erst nach seinem Tod 1868 nach und nach überarbeitet und publiziert wurden.
Quintessenz
Stifter kann so als wirksames Poesie-Placebo gegen das aktuell aufkeimende Burn-out  und Depressive bewusst erkannt oder unbesusst erlebt werden, verursacht durch das neoliberal-digital Ausufernde, regional bis global. Hier geht es um eine überzeitliche Kunst von höchster Einfachheit und 'stiller Grösse', zugleich einen vordergründig unsichtbaren Prellbock gegen die steigende Be- & Übermächtigung des souveränen Subjektes. m+w.p18-1

*) Kazuo Ishiguro
http://www.kultur-punkt.ch/belletristik-nach-topoi/romane-aktuell-gereiht/k-ishiguro-literaturnobelpreistraeger-2017.html
1)
Der Ausdruck Biedermeier
bezieht sich zum einen auf die Wohnkultur, Kunst und Literatur des Bürgertums, die als „hausbacken“ und „konservativ* “ galten...
*) Bereits der Nachfolger des liberalen Josephs II., Leopold II., verschärfte 1790 die Zensur zum Schutze der Kirche. Werke, welche die allgemeine Ruhe stören oder den Gehorsam vermindern konnten, wurden ausnahmslos verboten. In die Regierungszeit Franz’ I. (1792–1835) fällt die Wiederherstellung der Polizeihofstelle (1793), der einige Jahre danach die Zensurstelle unterstellt wird. Die General-Zensur-Verordnung vom 22. Februar 1795 enthielt eine erschöpfende Aufstellung aller Zensurregelungen der damaligen Zeit und war die Grundlage späterer Zensurpraxis. Sie setzte drakonische Strafen für zuwiderhandelnde Buchhändler und Drucker fest...
Diese Zensurperiode des 'Biedermeier' gegen eine liberale Haltung zur Literatur, währte bereits (von 1792 - 1857) zwei Generationen, die
'Die Flucht ins Idyll als eine Reaktion auf die restriktive Zensurpolitik der Ära Metternich zu verstehen ist. Das kulturelle und gesellschaftliche Leben spielte sich im Privaten ab. Unproblematische Themen wie historische Romane oder Heimat- und Landschaftsdichtung wurden veröffentlicht.
Den Abschluss des Biedermeier sieht man im Allgemeinen im Werk Adalbert Stifters. Sein erster Roman Der Nachsommer (der von ihm selber „Erzählung“ genannt wurde) erschien zwar erst 1857, gilt aber dennoch als herausragendes Werk der Biedermeierzeit.
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/%C3%96sterreichische_Literatur#Realismus_(1848–1890)

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Stimmen
> 'Adalbert Stifter oder Diese fürchterliche Wendung der Dinge' Biographie -Titel  von Wolfgang Matz
> 'Stifter ist einer der merkwürdigsten, hintergründigsten, heimlich kühnsten und wunderlich packendsten Erzähler der Weltliteratur, kritisch viel zu wenig ergründet', so schrieb Thomas Mann     in der Entstehung des Doktors Faustus, und damit zählte er zu denjenigen, die eine neue Beschäftigung mit dem lange so verkannten Autor angestoßen haben. Als Idylliker abgetan, nach seinem Tod fast vergessen, wurde Adalbert Stifter im 20. Jahrhundert als einer der größten Erzähler seiner Zeit wiederentdeckt.
    Wolfgang Matz` Buch ist das Standardwerk zu Leben und Werk Adalbert Stifters. Matz folgt den Lebensspuren Stifters und zeichnet gleichzeitig die Entwicklung seines Erzählens nach:     Von den frühen, an romantischen Vorbildern orientierten Versuchen, die Ungereimtheiten des Lebens literarisch zu verarbeiten, über das Streben nach Klassizität bis hin zu dem großen     Epochenroman 'Der Nachsommer' und dem spröden, von den Zeitgenossen nicht mehr verstandenen Spätwerk. Wolfgang Matz

>  'Eine prägnant formulierte, gut lesbare Biographie, die das Beste erreicht, was hier überhaupt erreicht werden kann: Sie motiviert die Leser, wieder Stifter zu lesen.'
     Ludger Lütkehaus, Frankfurter Rundschau
>   “Sitfter ist einer der merkwürdigsten, heimlich kühnsten und wunderlich packendsten Erzähler der Weltliteratur.” Thomas Mann

>  »Das Buch baut auf der bisherigen Forschung auf und fesselt durch seine literarische Qualität, welche die Lektüre geradezu spannend macht.«
    (Peter Vodosek, ekz.bibliotheksservice, 07.03.2016)

> »Sehr viel Wissen zu Stifters Leben: Das dient dem Werkverständnis.«
    (Vorarlberger Nachrichten, 30.04./01.05.2016)

> »klug und anschaulich«
   (Armin Jetter, Buchprofile/Medienprofile 61/2016, Heft 2)

> »So gründlich und fesselnd ist dieses Leben und Schreiben noch nicht dargestellt worden.«
  (Klaus Bellin, Leseart 2/16)

> »Dieses das Werk und das nicht einfache Leben Stifters aufschließende Buch sollte in keinem Schrank hiesiger Literaturfreunde fehlen.«
   (Stefan Rammer, Passauer Neue Presse, 06.08.2016)

> »Beiträge zum Verständnis fremder Welterfahrung: Der seltsamste deutschsprachige Schriftsteller überhaupt in aller Ruhe enträtselt«
   (Jürgen Kaube, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.11.2016)

> »Mit Wolfgang Matzens imposanter, höchst detailgenauer Studie wird dem großen alten Mann der österreichischen Literatur so sympathisch wie verdient Gerechtigkeit.«
   (Erika Deiss, Mannheimer Morgen, 11.11.2016)

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