Museum Frieder Burda - Ausstellung: "Franz Gertsch – Geheimnis der Natur"

Kulturereignisse
Gertsch – Geheimnis Natur
hatjecantz13-12gertsch-naturgeheimnis
http://www.kultur-punkt.ch/ereignisse/hatjecantz13-12gertsch-naturgeheimnis.htm
Online-Publikation: Dezember 2013  im Internet-Journal <<kultur-punkt.ch>>
Ereignis-, Ausstellungs-, AV- und Buchbesprechung
<< Museum Frieder Burda - Ausstellung: "Franz Gertsch – Geheimnis der Natur" . Hrsg. Götz Adriani, Stiftung Frieder Burda, Text von Anna Wesle, Gespräch mit dem Künstler von Götz Adriani, Gestaltung von Franz Gertsch, Andreas Platzgummer . Bis 16. Februar 2014  >>
Katalogbuch: 120 Seiten, 51 Abb.; 19,80 x 28,80 cm; gebunden mit Schutzumschlag; ISBN 978-3-7757-3672-5 Deutsch; € 29,80
Hatje Cantz Verlag, Ostfildern; http://www.hatjecantz.demailto:m.gatermann@hatjecantz.de; http://www.museum-frieder-burda.de

Kataloginhalt
Fotorealismus zwischen Perfektion und Abstraktion
Franz Gertsch (*1930 in Mörigen) wurde mit seinen großformatigen und hyperrealistischen Gemälden international bekannt und zählt zu den bedeutendsten Schweizer Künstlern der Gegenwart. Seine zentralen Motive sind Figuren und Landschaften, die er in einem für ihn charakteristischen, aufwendigen und langwierigen Verfahren auf die Leinwand überträgt. Der künstlerische Produktionsprozess erstreckt sich über Monate, mitunter Jahre, da der Künstler ohne den Einsatz von Reproduktionstechniken arbeitet. In einer Punktiertechnik transformiert er die Bildvorlagen in die verschiedenen Medien, wie Holzschnitt, Grafik und Malerei. Im Unterschied zu den hyperrealistischen Gemälden wirken die Drucke abstrakt und verfremdet. Der Katalog gewährt anhand beispielhafter Werke, die in ihrer technischen Perfektion weit über die fotorealistische Wiedergabe hinausreichen, einen umfassenden Einblick in die Welt des Künstlers.

Der Protagonist
Franz Gertsch (*1930 in Mörigen/Schweiz) zählt zu den bedeutendsten Künstlern der Gegenwart. Mit seiner fotorealistischen Malerei und seinem in Technik und Format einzigartigen Holzschnittwerk hat er sich international ein herausragendes Renommee erworben. Von seinem Durchbruch auf der documenta 5 in Kassel 1972 bis zur Präsentation seiner Werke auf den Biennalen in Venedig 1999 und 2003 spannt sich ein reiches malerisches und graphisches Werk. Es nähert sich auf ganz besondere Weise der Wirklichkeit an und bewahrt dennoch immer etwas Geheimnisvolles.

Die Ausstellung
im Museum Frieder Burda wurde in enger Kooperation mit Franz Gertsch vorbereitet und von Götz Adriani kuratiert. Das Frühwerk ist mit drei Werken des Künstlers aus den 1970er Jahren vertreten, die den Einstieg in die Schau geben. Den Schwerpunkt bilden neuere Arbeiten, die in Deutschland noch nie ausgestellt waren, darunter das erst 2013 fertiggestellte Triptychon „Guadeloupe“ mit den Bildern „Bromelia“, „Maria“ und „Soufrière“. Außerdem sind die berühmten Frauenporträts, wie „Silvia“ und „Johanna“ zu sehen, die allein schon durch ihre Größe beeindrucken und dadurch etwas Unwirkliches, Entrücktes bekommen. Auch die „Jahreszeiten“-Bilder scheinen trotz ihrer mikroskopisch genauen Darstellungsweise das Geheimnis der Natur nicht preisgeben zu wollen. Sie sind im großen Saal ausgestellt und geben den Eindruck, als hielte die umgebende Natur Einzug in das Museum und ergreife ganz von ihm Besitz.
Figurenbilder und Landschaften
bilden die zentralen Motive von Franz Gertsch. Er überträgt sie in einem für ihn charakteristischen, aufwändigen und langwierigen Verfahren auf die Leinwand. Der künstlerische Produktionsprozess erstreckt sich über Monate, mitunter Jahre.  Seit den späten 1980er Jahren fertigt Franz Gertsch auch großformatige Holzschnitte an, von denen einige in der Ausstellung zu sehen sind. Punkt für Punkt schneidet er hierbei mit einem feinen Hohleisen das Motiv aus dem Holz. Im Unterschied zu seinen Gemälden wirken diese Drucke durch die Technik und die monochrome Farbgebung abstrakter und entrückter.
Die Ausstellung bietet mit 31 monumentalen Gemälden und Holzschnitten einen guten Einblick in das Werk des Künstlers und verdeutlicht, dass sein Schaffen in seiner Bedeutung weit über die fotorealistische Wiedergabe hinausreicht.

Fazit
Der künstlerische Prozess von Franz Gertsch beginnt grosso modo mit einem Dia, findet seinen Weg via Holzschnitt oder Öl-,  Acryl-,  Eitempera-Malerei ... wie auch in seinen Werken in der Ausstellung "Geheimnis der Natur" zu sichten. Aktuell erscheint die Begegnung mit der pflanzlichen Welt als Topos ins Zentrum seines Schaffens zu rücken.
Diese Eingrenzung des Figurativen auf das Fraktal**-Ornamentale erzeugt eine dschungelartige Wirrnis, die vordergründig ornamental vorgetragen erscheint. Im zweiten Blick erlebt der Betrachter manchmal eine gewisse fast nicht sichtbare Unschärfe, was den Blick etwas irritiert. Die Welt-Aussparung mit Pflanzenkonzentrat - ohne Tier und Mensch - weist auf das Werk "l'homme plant" von d'Holbach*s enzyklopädischer Aufklärungsphilosophie, die 'Natur als materialistisch-deterministisch wirkende Kette von Prozessen' zu betrachten. m+w.p13-11

*) Paul Thiry d'Holbach
war ein Mitarbeiter der Encyclopédie, zu der er zahlreiche Artikel über Metallurgie, Chemie und verwandte Themen lieferte. Berühmtheit erlangte sein Buch System der Natur, das er 1770 unter dem Namen des zu der Zeit bereits seit zehn Jahren verstorbenen Jean-Baptiste de Mirabaud veröffentlichte. In diesem Werk trat er ausdrücklich für den Atheismus ein und betrachtete die Natur als materialistisch-deterministisch wirkende Kette von Prozessen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Henri_Thiry_d%E2%80%99Holbach
**) Fraktal
ist ein vom Mathematiker Benoît Mandelbrot geprägter Begriff (lateinisch fractus ‚gebrochen‘, von lateinisch frangere‚ '(in Stücke zer-)brechen‘), der bestimmte natürliche oder künstliche Gebilde oder geometrische Muster bezeichnet. Diese Gebilde oder Muster besitzen im Allgemeinen keine ganzzahlige Hausdorff-Dimension (ein mathematischer Begriff, der in vielen üblichen geometrischen Fällen bekannte ganzzahlige Werte liefert), sondern eine gebrochene – daher der Name – und zudem einen hohen Grad von Skaleninvarianz bzw. Selbstähnlichkeit aufweisen. Das ist beispielsweise der Fall, wenn ein Objekt aus mehreren verkleinerten Kopien seiner selbst besteht. Geometrische Objekte dieser Art unterscheiden sich in wesentlichen Aspekten von gewöhnlichen glatten Figuren.
http://de.wikipedia.org/wiki/Fraktal