Die Schönheit des Augenblicks . Frauen im japanischen Holzdruck

Kulturereignisse
Die Schönheit des Augenblicks
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Online-Publikation: Juli 2012  im Internet-Journal <<kultur-punkt.ch>>
Ereignis-, Ausstellungs-, AV- und Buchbesprechung
Ausstellungen: Museum Rietberg, Zürich; Honolulu Museum of Art; 
Katalogbuch: << Die Schönheit des Augenblicks . Frauen im japanischen Holzdruck . Herausgegeben von Katharina Epprecht . Mit Beiträgen von Shawn Eichman, Katharina Epprecht, Marie Kakinuma, Andreas Marks und John D. Szostak . Texte deutsch und englisch >>
182 Seiten, Broschur, 155 farbige Abbildungen, 23 cm x 30 cm, 978-3-85881-357-2, CHF  44.00 | € 35.51 (€ 38.00)
Verlag Scheidegger & Spiess, CH–8001 Zürich; http://www.scheidegger-spiess.ch;

http://www.rietberg.ch/de-ch/home.aspx; http://honolulumuseum.org;

Ausstellung:
In Zusammenarbeit mit dem Honolulu Museum of Art
Die Ausstellung «Die Schönheit des Augenblicks» umfasst drei Einheiten von künstlerischen Arbeiten, die je in einem anderen Jahrhundert und in einem anderen Medium entstanden sind: den Holzdruck im 18./19. Jahrhundert, die Fotografie im 19./20. Jahrhundert und den Video im 21. Jahrhundert. Sie alle machen es sich zum Thema, einen flüchtigen Augenblick des gesellschaftlichen Lebens im Japan ihrer Zeit einzufangen. Im Mittelpunkt stehen sogenannte bijinga, «Bilder schöner Frauen». Ihrer Schönheit wird in Momentaufnahmen von unwiederbringlichem Zauber gehuldigt.
Holzdruck
Den Hauptteil der Ausstellung bilden 100 Holzdrucke mit Darstellungen schöner Frauen aus dem Honolulu Museum of Art. Als eines der umfassendsten Museen auf Hawaii besitzt es unter anderem mehr als 10’000 Einzelblätter hervorragender japanischer Holzdrucke. Daraus wurde für die Ausstellung im Museum Rietberg das Thema «schöne Frauen» herausgelöst, das den bekannten amerikanischen Schriftsteller und Sammler James A. Michener (1907–1997), aus dessen vormaligem Besitz die meisten Drucke stammen, besonders begeistert hat. Die Ausstellung zeigt zahlreiche Meisterwerke der bedeutendsten japanischen Holzschnittkünstler, die sich vorwiegend mit diesem Genre beschäftigten.
Fotografie
Das Thema «schöne Frauen» ist auch allgegenwärtig in den gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Japan aufgenommenen Fotografien von so bekannten Fotografen wie Kusakabe Kimbei, den Venezianern Felice Beato und Adolfo Farsari oder dem in Japan lebenden Österreicher Raimund von Stillfried-Ratenicz. Viele dieser kunstvollen Fotografien, besonders die Studioaufnahmen, wirken wie nachgestellte Szenen aus der Welt des Holzdrucks.
Das Museo delle Culture in Lugano ist seit Kurzem im Besitz einer Sammlung von über 5000 handkolorierter Albumin-Fotografien, aus denen 50 Beispiele für die Ausstellung ausgewählt wurden. Hier vollzieht sich gleichsam nochmals derselbe Vorgang wie bei der Entwicklung des Holzdrucks. Sowohl in der Fotografie als auch in der Druckgrafik waren die ersten Kunstwerke schwarz-weiss. In einer zweiten Phase wurden sie handkoloriert, bis die Mehrfarbigkeit schliesslich technisch einfach erreicht werden konnte.
Video
Die Ausstellung wird abgerundet durch den Einbezug zweier Videoinstallationen der Künstlerin Tabaimo (geboren 1975), die von der Gallery Koyanagi in Tokio zur Verfügung gestellt werden. Mit ihrer aufsehenerregenden Installation im Japan-Pavillon an der Biennale in Venedig 2011 hat Tabaimo ihren Ruf als eine der bedeutendsten Gegenwartskünstlerinnen Japans gefestigt.
Tabaimos vielschichtige Anspielungen auf traditionelle Holzdrucke in ihrer packend eigenständigen, teilweise verstörenden Kunst öffnen uns ein Fenster zur heutigen japanischen Gesellschaft. Die begabte Zeichnerin beobachtet in den für die Ausstellung ausgewählten Animationsfilmen «public conVENience» und «Japanisches Badehaus – Männer» unterschwellige gesellschaftliche Konventionen, deren Seltsamkeiten sie schonungslos an die Oberfläche holt.
«Bilder schöner Frauen» im Holzdruck
Der Schwerpunkt der Ausstellung beruht auf den «Bildern schöner Frauen», japanisch bijinga, im japanischen Holzdruck. Dieses Genre meint wörtlich schöne Menschen beiden Geschlechts, doch sind Darstellungen von Frauen sehr viel verbreiteter. Die idealisierten Schönheiten sind elegante und begehrenswerte Frauen, darunter Kurtisanen (dazu gehören Prostituierte verschiedenen Ranges), in Musik, Tanz und Konversation gut ausgebildete Geishas (wörtlich «Kunstpersonen»), Angestellte in Teehäusern, Verkäuferinnen oder auch einfache Bürgersfrauen. Man sucht in diesen Darstellungen vergeblich nach individuellen Zügen realer Frauen. Der Schönheitswettbewerb wurde denn auch vielmehr zwischen den Künstlern und den von ihnen geschaffenen Modellen ausgetragen als zwischen den dargestellten Schönheiten selbst. So wetteifern etwa unschuldige Jungmädchengesichter von Suzuki Harunobu (1725?–1770) mit den reifen Schönheiten des unbestrittenen Meisters dieses Genres: Kitagawa Utamaro (1753–1806). Auf seinen Entwürfen basieren nicht weniger als zwanzig der hundert gezeigten Werke.
Im japanischen Holzdruck wird eine leichtfüssige Welt dargestellt, die das rege kulturelle Leben in den Grossstädten Japans, insbesondere seiner Hauptstadt Edo (heute Tokio) im ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhundert wiedergibt. Im Japanischen verwendet man den Begriff ukiyo-e, «Bilder der fliessenden, vergänglichen Welt», als Synonym für Holzdruck.
Die «fliessende, vergängliche Welt» in diesen Darstellungen kann auch als Welt der Mode interpretiert werden, die sich ihrerseits ständig verändert und vergänglich ist. Tatsächlich scheinen die stark vereinfachten Körperumrisse der Frauen den Künstlern primär dazu zu dienen, Flächen zu definieren, die mit einem unglaublichen Reichtum an wechselnden Stoffmustern und Farbkombinationen ausgefüllt sind. Kleider, Frisuren und Haarkämme sind der eigentliche Blickfang. Das sich wandelnde Schönheitsideal manifestiert sich folglich in den «Bildern schöner Frauen» offensichtlicher in Bezug zur Mode und weniger in Bezug zu physiognomischen Präferenzen. Frauen, die nach dem letzten Schrei gekleidet und frisiert waren, gehörten zu den Trendsettern der damaligen Zeit.

Katalogbuch:
Inhalt
Faszinierende Frauendarstellungen der bekanntesten Holzschnittkünstler Japans  Raffinierte Komposition, formale Prägnanz und atmosphärische Dichte: Um 1800 erlebte der japanische Farbholzschnitt eine Blütezeit – man fasst ihn unter dem Begriff ukiyo-e, «Bilder der fliessenden, vergänglichen Welt», zusammen. In der Gattung der bijinga, «Bilder schöner Frauen», wird den Frauen in Momentaufnahmen voller Zauber gehuldigt. Bald erlangten einzelne Blätter Weltruhm, und bis heute ist die Faszination für diese typisch japanische Kunstform ungebrochen – auch als Inspirationsquelle für Designer und Künstler.
Dieses Buch präsentiert rund 100 Darstellungen der bekanntesten Holzschnittkünstler Japans. Sie stammen hauptsächlich aus der berühmten Sammlung des Romanciers James A. Michener (1907–1997), welche sich heute im Honolulu Museum of Art befindet. Ein zusätzlicher Akzent wird durch ein Insert der zeitgenössischen Künstlerin Tabaimo gesetzt, die Japan 2011 an der Kunstbiennale Venedig vertrat.
Das Buch erscheint zur Ausstellung im Museum Rietberg Zürich, 7. Juli bis 14. Oktober 2012
Tabaimo (*1975), Künstlerin. Studium an der Kyoto University of Art and Design. Einzelausstellungen u.a. in der Tokyo Opera City Art Gallery (2003), in der Cartier Foundation for Contemporary Art, Paris, (2006) sowie in der Parasol Unit Foundation for Contemporary Art, London, (2010). Tabaimo vertrat Japan an der 54. Kunstbiennale von Venedig 2011.

Herausgeberteam
Shawn Eichman,
Kunsthistoriker. Seit 2007 Kurator für asiatische Kunst am Honolulu Museum of Art.
Katharina Epprecht,
Kunsthistorikerin und Spezialistin für japanische Kunst. Seit 1998 Kuratorin, seit 2007 stellvertretende Direktorin des Museums Rietberg Zürich.
Marie Kakinuma,
Kunsthistorikerin mit Schwerpunkten in deutscher und moderner japanischen Kunst.
Andreas Marks,
Spezialist für japanische Kunst und seit 2008 Direktor und leitender Kurator am Clark Center for Japanese Art and Culture in Kalifornien.
John D. Szostak,
Kunsthistoriker, ist seit 2006 Professor für japanische Kunst an der University of Hawaii.

Fazit
Die Isometrische * Rahmengestaltung entbirgt die "Schönheit des Augenblicks" der  dargestellten wie narrativ darstellenden Körper der "Frauen im japanischen Holzdruck" im vorliegenden Bildband, herausgegeben von Katharina Epprecht, mit Beiträgen von Shawn Eichman, Katharina Epprecht, Marie Kakinuma, Andreas Marks und John D. Szostak, in deutsch und englisch.
Diese Parallel- /Regionalperspektive  - im Gegensatz zur Zentralperspektive -  ohne anvisierten Fluchtpunkt der Linienführung in den Farbholzschnitten -  erlaubt eine bühnenhafte vordergründige  Raumbetrachtung, die den Naturhintergrund auf  Distanz hält, um den Nebengrund der Figur/enszenen ,ornamenal - fragmentiert** , auf Augenhöhe zu stimulieren, seine Bedeutung   transdisziplinär zu optimieren.
Das ist in der Ausstellung im Museum Rietberg, Zürich, dank der "hervorragendsten und am besten erhaltenen Sammlung des Honolulu Museum of Art (Katharina Epprecht)" gelungen. Aus den 10 000 Einzelblättern wurden die Glanzstücke zusammengeführt, um die Alltags- und Feiertagswelt der ukio-e*** -Schönheitsvision Japans der achtzehnten bis  19. Jahrhunderts zu präsentieren, was paradigmatisch hervorragend gelungen ist. m+w.p12-7

*) Isometrie
- auch Parallel- /Regionalperspektive (im Gegensatz zur Zentralperspektive), ohne anvisierten Fluchtpunkt der Linienführung, erlaubt eine bühnenhafte vordergründige   Raumbetrachtung, die den Naturhintergrund auf   Distanz hält, um den Nebengrund der Figur/enszenen ornamenal auf Augenhöhe zu stimulieren, seine Bedeutung   transdisziplinär zu optimieren... m+w.p12-7
- http://de.wikipedia.org/wiki/Isometrie
  In der Euklidischen und der synthetischen Geometrie werden speziell solche Isometrien betrachtet, die zugleich geometrische Abbildungen für die betrachteten   Räume sind. Meist spricht man dann von einer abstandserhaltenden, längentreuen oder auch isometrischen Abbildung. Wenn die geforderten Zusatzeigenschaften   aus dem Zusammenhang klar sind, einfach von einer Isometrie.

**) Fragmentierung von Figuration und Dingwelt, u-kioye *** (Prankl, Torsi..)
Der anvisierte menschliche Körper und die Dingwelt dienen mit dem Werkzeug << Gradierung / Fragmentierung >> als Ausgangspunkt für den anatomischen wie           sozio-ästhetischen Ausdruck sowie die  Parzellierung / Stückelung (Taylorismus *), die abstufende Positionierung des Figurativen, dessen allmählichen Aus-/Verfall *  - hin   zur fern-figurativen Verfremdung (von Farbe, Kontur, Struktur)“ des menschlichen Körpers und seiner Beziehungselemente. Die Gradation-Serie orientiert sich  restfigurativ  an: "Hinten, Vorne, Hände, Interaktion, Beine, Rümpfe, Varias und Umfeld". Im erweiternden Sinn stellen diese Rest-Formen in ihrer rest-narrativen Umgebung* und den   kulturgeschichtlichen  Hintergründen/ Artefakten (Venus von Lespugue, Wilhersdorf ... Torso des Herakles ... Venus von Milo ... den aktuellen Model/len ...) eine unsichtbare Aura   dar. Das Torsi-Projekt erzählt von den pathologischen Symptomen der  Burn-Out-, Multi-Tasking-Gesellschaft … http://www.kultur-punkt.ch/galerie/gradierung-torsi10-8.htm

***) http://de.wikipedia.org/wiki/Ukiyo-e