Sacharow-Preisträger Denis Mukwege behandelte über 40 0000 Frauen nach der Kriegswaffe Vergewaltigung...

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D. Mukwege : Gegen Kriegswaffe Vergewaltigung


Sacharow-Preisträger Denis Mukwege behandelte über 40 0000 Frauen nach der Kriegswaffe Vergewaltigung...

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Sacharow-Preisträger Denis Mukwege
Ein Arzt kämpft gegen die Kriegswaffe Vergewaltigung
26. November 2014, 15:53 Uhr
Die Rebellen im Kongo kommen mit Macheten und missbrauchen Frauen - manchmal wochenlang. Für sie ist der Arzt Denis Mukwege die letzte Hoffnung. Nun wurde er mit dem Sacharow-Preis ausgezeichnet.  Eine Reportage von Marc Goergen 
Kongo, Frauen, Vergewaltigung, Rebellen, Krankenhaus, Bukavu
Mit 13 Jahren wurde Emiliana Asemaki nach wochenlangen Vergewaltigungen schwanger. Der Name ihres Sohnes, Moïse, gaben ihm die Krankenschwestern.
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Zuerst war es nur eine böse Ahnung. Was wusste Emiliana mit ihren 13 Jahren schon von den Vorzeichen neuen Lebens? Dann begann sich ihr Bauch zu wölben, ihre kleinen Brüste schwollen an, und aus Ahnung wurde Angst. Emiliana wollte nichts mehr essen, versagte dem Kind in ihrem Leib alle Kraft und Liebe. Doch der Spross war zäh. Seine Füße begannen ihren Bauch zu treten, seine Finger formten sich zu kleinen Fäusten. Am 5. Januar 2007 morgens um fünf wurde er geboren. Er, Moïse, die Frucht von drei Wochen Gewalt.
Video: Mukwege erhält Sacharow-Preis
 Kongo
Mukwege erhält Sacharow-Preis
  Nun sitzt Emiliana Asemaki auf einem Bett des Panzi- Krankenhauses in Bukavu und hält Moïse in den Armen. Der Blick ihrer großen Kinderaugen wandert von ihrem Sohn auf den Boden, dann wird er unscharf. Fast scheint es, als ob sie ihr altes Leben suchte, das sie in den Wäldern verloren hat. Hier hofft sie auf ein neues.
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Bukavu liegt am Ufer des Kiwusees. In dieser Gegend verbreiten die ehemaligen Völkermörder aus Ruanda seit 13 Jahren Angst und Schrecken
© Per-Anders Pettersson
Bukavu liegt inmitten einer paradiesischen Landschaft am östlichen Ende der Demokratischen Republik Kongo. Die Halbinseln der 250.000-Einwohner-Stadt reichen weit in den Kiwusee hinein, manche Wohnviertel haben die Hügel erklommen, neblig-grün schieben sich am Horizont die Bergketten übereinander. Das Klima ist günstig. Mais gedeiht hier, Bananen, Maniok, Kartoffeln, der See ist voller Fische, und Gorillas durchstreifen noch immer die Wälder, nur ein paar Kilometer von der Stadt entfernt.
Die Rebellen verschleppen die Frauen in die Wälder
Doch im Garten Eden herrscht der Terror, ein Krieg gegen die Schwächsten - die Frauen. 13.000 Vergewaltigungen zählten die Vereinten Nationen 2006 im östlichen Kongo, oder besser: schätzten. Es dürften Tausende mehr sein. Tage-, wochen-, manchmal monatelang werden Frauen von Rebellen in die Wälder verschleppt, ihre Männer erschossen, ihre Kinder erschlagen; werden sie vergewaltigt, allein, in Gruppen, mit Ästen, Messern, keine Fantasie scheint zu pervers, als dass sie den Peinigern nicht in den Sinn käme, um ihre Opfer systematisch an Leib und Seele zu vernichten.
Letzte Hoffnung für viele ist das Panzi- Krankenhaus in Bukavu. Hier versuchen Gynäkologen verstümmelte Geschlechtsorgane zu retten und zerbrochene Seelen zu kitten. Manche Frauen kommen aus Dörfern viele Hundert Kilometer entfernt. Manche haben schon ein Dutzend Enkel. Und manche sind erst 13. Emilianas Kindheit endete am 20. März 2006 in ihrer Heimatstadt Shabunda, 200 Kilometer westlich von Bukavu. Ein Morgen wie Hunderte zuvor. Emiliana packt die Plastiktüte mit den Schulbüchern, verabschiedet sich von der Mutter. Vor dem Haus trifft sie Rose von nebenan. Rose ist ihre beste Freundin. Jeden Morgen gehen die beiden gemeinsam zur Schule. Emiliana ist gut in Mathe, Rose besser in Französisch. Beide besuchen die vierte Klasse. Um zwölf Uhr ist Schulschluss. Mit vier Freundinnen machen sich die Mädchen auf den Heimweg, doch sie kommen nur ein paar Meter weit. Hutu-Rebellen fangen sie ab, die einstigen Völkermörder aus Ruanda. Sie sagen: Tragt unsere Taschen, nur bis zum Wald, dann dürft ihr wieder gehen. Sie zeigen den Kindern Handgranaten unter ihren Jacken.
Eine wochenlange Sklaverei beginnt
Verängstigt gehen die Mädchen den Soldaten voran. Sie tragen die Taschen voller Mais, Bananen und Fleisch, alles Diebesgut. Keine traut sich ein Wort zu sagen, selbst als sie den Wald erreichen. Immer weiter treiben die Männer die Kinder hinein, immer dichter schließen sich die Bäume über ihnen. Äste zerkratzen Arme und Beine, sie stolpern über Wurzeln, fallen, rappeln sich wieder auf. Irgendwann, nach vier, vielleicht auch acht Stunden, stoppen die Männer.
"Ausziehen!", befiehlt einer der Männer. Ein Mädchen nach dem anderen streift sich das Kleid vom Körper. Verschämt versuchen sie, mit ihren Armen die Blöße zu bedecken. Dann legen die Soldaten ihre Waffen beiseite. Ein Mädchen beginnt zu schreien, will die Männer mit Händen und Füßen von sich fernhalten. Als es nicht aufhört, schneidet ein Milizionär ihm die Kehle durch.

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Deutsche Welle
http://www.dw.de/sacharow-preis-f%C3%BCr-kongolesischen-arzt/a-18010940
Demokratische Republik Kongo
Sacharow-Preis für kongolesischen Arzt
Allen Bedrohungen zum Trotz: Denis Mukwege setzt sich für Frauen ein, die in der Demokratischen Republik Kongo Opfer von Gewalt wurden. Dafür hat er nun den Sacharow-Preis des Europaparlaments bekommen.
Freude über die Auszeichnung: Denis Mukwege im Europäischen Parlament in Straßburg (Foto: rtr) 
Donnerstag, 25. Oktober 2012: Unbekannte dringen schwer bewaffnet in das Anwesen eines kongolesischen Arztes ein, als er gerade mit dem Auto nach Hause kommt. Ein Angestellter versucht den Arzt zu warnen - und bezahlt dafür mit dem Leben. Der Hausherr entkommt unverletzt. Das Attentat ist bis heute nicht aufgeklärt worden. Der Arzt, auf den es die Angreifer abgesehen hatten, ist Denis Mukwege, Leiter des Panzi-Krankenhauses in der ostkongolesischen Universitätsstadt Bukavu. Er ist spezialisiert auf gynäkologische Eingriffe und behandelt täglich Frauen, die Opfer von sexueller Gewalt wurden. Wiederholt sprach er sich gegen sexualisierte Gewalt als Mittel der Kriegsführung aus - ein Engagement, das offenbar manchen zu weit ging.
Für seinen Einsatz erhält er nun den Sacharow-Preis des Europaparlaments. Die Fraktionsvorsitzenden hätten sich einstimmig auf den Kongolesen geeinigt, hatte der Präsident des Europaparlaments, Martin Schulz (SPD), Ende Oktober in Straßburg gesagt. Seit 1988 verleiht das Parlament jährlich den Sacharow-Preis an außergewöhnliche Persönlichkeiten, die gegen Intoleranz, Fanatismus und Unterdrückung kämpfen. Er ist mit 50.000 Euro dotiert.
"Für andere da sein"
Mukwege im Panzi Krankenhaus in Bukavu 
Mukwege im Panzi-Krankenhaus in BukavuSeine Arbeit ist Berufung für den heute 58-Jährigen. Inspirationsquelle sei ihm sein Vater gewesen, ein Pfarrer. "Er hat mir die Gabe vermittelt, für andere da zu sein", sagte Mukwege der Deutschen Welle, als ihm 2009 der Olof-Palme-Preis verliehen wurde. "Für mich war das eine ganz kleine Sache, aber ich sagte mir, es wäre gut, diese Arbeit fortzusetzen." Nach einem Studium der Medizin im Nachbarland Burundi arbeitete er zunächst in einem Krankenhaus im kleinen Ort Lemera in der ländlichen Region Südkivu. Er war schockiert, wie viele Frauen dort alltäglich starben - etwa bei der Geburt ihrer Kinder. "Das hat mich dazu bewegt, mich mehr auf die Behandlung von Frauen zu spezialisieren", sagt Mukwege. Er schloss ein Studium der Gynäkologie und Geburtshilfe in Frankreich an.
Zurück im Kongo, damals noch Zaire genannt, sah sich Mukwege dann ganz neuen Herausforderungen gegenüber. Lemera lag Mitte der 1990er Jahre mitten im Kampfgebiet der Kongokriege und wurde 1996 komplett zerstört. Die verschiedenen Rebellengruppen und Soldaten setzten zunehmend Vergewaltigungen als Mittel der Kriegsführung ein. Mit internationaler Unterstützung zog Mukwege ein neues Projekt auf - das Panzi-Krankenhaus in der Provinzhauptstadt Bukavu. Besonders mit seiner gynäkologischen Abteilung machte sich das Krankenhaus schnell einen Namen. Hier behandelten Mukwege und seine Kollegen Frauen und Mädchen aus der ganzen Provinz, die den Kriegsparteien in den Dörfern schutzlos ausgeliefert waren.
Einsatz für Frauenrechte
Denis Mukwege erhält den Alternativen Nobelpreis 2013 
Auch nach dem Attentat scheut Mukwege öffentliche Auftritte nicht
"Es sind die Frauen, die die kongolesische Gesellschaft am Leben erhalten", sagt der Gynäkologe. "Man braucht nur durch die Straßen zu gehen, um festzustellen, dass es die Frauen sind, die in der Gesellschaft die meiste Arbeit leisten." Damit würden sie gerade die heranwachsende Generation unterstützen, in dem sie etwa ihren Kindern die Schulbildung finanzierten. Die Kämpfer würden daher bewusst die Entscheidung treffen, zuerst die Frauen zu attackieren.
Längst ist Mukwege viel mehr als ein behandelnder Arzt - er ist ein dezidierter Verfechter der Frauenrechte im Kongo. Er hat Programme für die psychologische und juristische Betreuung von Vergewaltigungsopfern ins Leben gerufen. Mukwege will das Problem bei der Wurzel anpacken und spricht sich gegen die seit Jahren florierende Kriegswirtschaft im Kongo aus, bei der sich Rebellen und Regierungen Rohstoffeinnahmen sichern wollen. Ohne internationalen Druck werde hier nichts passieren, sagt er: "Es wird nichts ändern, einen einzelnen Rebellen einzusperren. Heute sperrt man einen ein, und morgen wird ein neuer geboren." Um für den Frieden im Kongo einzutreten, sprach Mukwege im September 2012 vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Exakt einen Monat später folgte das Attentat. Mit seiner Frau und seinen zwei Kindern floh er daraufhin nach Europa.
Immer wieder zurück
Alternativer Nobelpreis 2013 Denis Mukwege 
Immer wieder kehrte er aus dem Exil in den Kongo zurück
Doch das Schicksal seines Volkes ließ dem Kongolesen im Exil keine Ruhe. Obendrein machten sich nun Frauenorganisationen für ihn stark, boten an, selbst einen Wachdienst für ihn auf die Beine zu stellen. Keine drei Monate später war Mukwege zurück und lebt seitdem rund um die Uhr in seinem Panzi-Krankenhaus, wo er sich am sichersten fühlt.
Mehrfach wurde der Frauenarzt für seinen Einsatz geehrt. Zuletzt erhielt er im Oktober 2013 den renommierten "Right Livelihood Award", besser bekannt als Alternativer Nobelpreis. Mukweges deutsche Kooperationspartnerin Gisela Schneider, die Leiterin des Deutschen Instituts für ärztliche Mission (DIfäM), schätzt ihn als "eine Person, die sich mit dem ganzen Leben für Frieden und Gerechtigkeit einsetzt." Seit über zehn Jahren arbeitet das Institut intensiv mit Mukwege zusammen, unterstützt sein Krankenhaus und die medizinische Ausbildung vor Ort. "Er hätte mehrfach die Gelegenheit gehabt, sich in Europa niederzulassen, und ist immer wieder in den Kongo zurückgekehrt", so Schneider im Gespräch mit der DW.