Theodor Ickler: „Konstituierende Sitzung des Rates für deutsche Rechtschreibung“

 

Mannheim, Institut für Deutsche Sprache, 17. 12. 2004 nachmittags

Anwesend sind alle Eingeladenen außer der Vertreterin des Bundesverbandes der Zeitschriftenverleger (die aber auch schon im „Beirat“ zu fehlen pflegte). Einstweilen noch ohne Stimmrecht anwesend ist Rudolf Meraner, der in Südtirol am Pädagogischen Institut für die Durchsetzung der Rechtschreibreform an den Schulen tätig ist.

Im Hintergrund beobachten einige ungenannte Ministerialbeamte das Geschehen; zu erkennen sind Stillemunkes, Dr. Krimm, anscheinend auch Frau Maria Lüken (die bei der Kulturstaatsministerin Weiss diese Aufgabe von Frau Dr. Palmen-Schrübbers übernommen hat), Dr. Tobias Funk vom KMK-Sekretariat; aus dem österreichischen Bildungsministerium anscheinend Frau Poelzl.

Begrüßung und Ansprache von KMK-Präsidentin Doris Ahnen.

(Frau Ahnen soll ihre Sache recht geschickt gemacht und manche damit beeindruckt haben.)

Hans Zehetmair wird mehrheitlich, aber mit deutlichen Gegenstimmen und Enthaltungen zum Vorsitzenden gewählt. Unmutsäußerungen und Gegenstimmen kommen von österreichischer und Schweizer Seite. Deren Vertreter kritisieren die Bevormundung durch die Deutschen und die mangelhafte Einbeziehung der anderen beiden Staaten in die Vorbereitungen.

Dr. Klaus Heller, der bisherige Geschäftsführer der Zwischenstaatlichen Kommission, die sich damit auflöst, verabschiedet sich; er geht in den Ruhestand.

Zur Überraschung der Teilnehmer stellt sich heraus, daß am IDS bereits die Stelle eines Geschäftsführers für den Rat ausgeschrieben worden ist und daß bis zum 10.12.2004 (Bewerbungsschluß) 25 Bewerbungen eingegangen sind. Eigentlich wäre dies eine der ersten Aufgaben des Rates selbst gewesen.

Der Rat hat Statuten, die von der KMK ausgearbeitet worden sind, aber den Teilnehmern vorher nicht bekannt waren, sondern erst zu Beginn der Sitzung ausgehändigt werden. Es wird bekannt, daß diese Satzung erst am Tag zuvor von den Kultusministerien der drei deutschsprachigen Staaten beschlossen worden ist, damit der Rat überhaupt rechtmäßig mit seiner Tätigkeit beginnen kann.

Insgesamt geht es ziemlich durcheinander, die Sitzung ist offensichtlich schlecht vorbereitet.

Die Vertreter der Wörterbuch- und Schulbuchverlage sowie die Lehrerverbandsfunktionäre bekräftigen nachdrücklich ihre Ablehnung jeder weiteren Änderung.

Zehetmair droht seinen Rücktritt an, falls nicht ernsthaft an der Sache gearbeitet werde.

Es wird nur über Verfahrensfragen gesprochen, eine Debatte über Grundsatzfragen ist nicht möglich.

Beschlossen wird: Bis 15. Januar 2005 sollen die Mitglieder die einzelnen Monita zur Rechtschreibreform schriftlich ausarbeiten und beim IDS einreichen, wo sie dann zu einem Diskussionspapier konsolidiert werden. Dies wird den Mitgliedern per Mail zugestellt. Der nächste Termin ist der 18. Februar. Das IDS kann allerdings nicht zusichern, daß das Diskussionspapier rechtzeitig vor dem 18. Februar zugestellt wird, so daß einige Teilnehmer schon jetzt befürchten, daß eine vernünftige Diskussion nicht möglich sein wird. Der Zeitdruck, unter dem gerade über die Weihnachtsferien gearbeitet werden soll, wird von mehreren Teilnehmern beklagt.

Während Zehetmair zunächst meint, auch bei der nächsten Sitzung mit zwei Nachmittagsstunden auszukommen, wird nach Protesten mehrerer Teilnehmer vereinbart, schon am Vormittag zu beginnen und vier Stunden anzuberaumen.

Die Österreicher und Schweizer beschweren sich, daß es immer Mannheim sein müsse, aber als sie aufgefordert werden, in Zürich oder Wien kostenlose Infrastruktur bereitzustellen, geben sie klein bei. Immerhin wird ihnen zugesagt, daß die nächste Sitzung zwar nochmals in Mannheim sein werde, danach aber auch ein anderer Ort in Betracht gezogen werden könne. Damit geben sie sich zufrieden.

Einen Tiefpunkt erreicht die Stimmung wegen der abschließenden Pressekonferenz um 17 Uhr: Ahnen und Zehetmair verschwinden, die Österreicher und Schweizer sind nicht zur Teilnahme eingeladen worden