I (Voss) Autark, selbstbestimmt und motiviert - Der Mitarbeiter der Zukunft
SWR2 AULA - Prof. Gerd-Günter Voß: “Autark, selbstbestimmt und motiviert - Der Mitarbeiter der Zukunft”
Autor und Sprecher: Prof. Dr. Gerd-Günter Voß *Technische Universität Chemnitz
Institut für Soziologie/Industrie- und Techniksoziologie
(Chemnitz University of Technology - Department of Sociology)
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A K T U E L L
Neuerscheinung:
Huchler, N./Voß, G.G./Weihrich, M. (2007):
Soziale Mechanismen im Betrieb. Empirische und theoretische Analysen zur Entgrenzung und Subjektivierung von Arbeit.
München, Mering: R. Hampp.
Matuschek, I./Arnold, K./Voß, G.G. (2007):
Subjektivierte Taylorisierung. Organisation und Praxis medienvermittelter Dienstleistungsarbeit.
München, Mering: R. Hampp.
Nach wie vor in der öffentlichen Diskussion:
Voß, G.G./Rieder, K. (2005):
Der arbeitende Kunde. Wie Konsumenten zu unbezahlten Mitarbeitern werden.
Frankfurt a.M., New York: Campus. 2. Auflg. 2006 i.E.
SWR2
Redaktion: Ralf Caspary, Susanne Paluch
Sendung: Dienstag, 1. Mai 2007, 8.30 Uhr, SWR2
Bitte beachten Sie:
Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt.
Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen
Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR.
INHALT
Ansage:
Heute mit dem Thema: „Autark, selbstbestimmt und hoch motiviert - der Mitarbeiter der Zukunft“.
Es gibt ein Zauberwort, unter dem man fast alle wichtigen sozialen Strömungen unserer Gesellschaft zusammenfassen kann, es heißt: Individualisierung. Damit ist gemeint: Wir Post-Postmodernen geben uns nicht mehr ab mit standardisierten Denk- und Handlungsabläufen, wir lassen uns nicht mehr von oben kontrollieren, wir wollen flache Hierarchien, Transparenz, Flexibilität, wir wollen Herausforderungen, die uns über uns selbst hinauswachsen lassen.
Genau diese Ideologie ist auch mittlerweile in die Arbeitswelt eingesickert und hat einen ganz neuen Typus des Arbeitnehmers kreiert. Das sagt Gerd-Günter Voß, Professor für Industrie- und Arbeitssoziologie an der Universität Chemnitz, Voß beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit dem Wandel der Arbeits- und Lebenswelt. Und dieser neue Typus - so Voß - signalisiert zugleich einen Paradigmenwechsel in der Arbeitswelt, der Vor- aber auch viele Nachteile mit sich bringt.
In der SWR2 AULA skizziert Voß den neuen Arbeitnehmer und die Gefahren dieses Paradigmenwechsels:
Gerd-Günter Voß:
Bisher dominierte eine spezifische Form von Arbeitskraft, wir nennen sie in unseren Untersuchungen den „ver-beruflichten Arbeitnehmer“, der nun - so unsere These - von einem grundsätzlich neuen Typus nach und nach abgelöst wird. Man kann diesen neuen Typus den „Arbeitskraftunternehmer“ nennen.
In diesem Zusammenhang wird auch öfter davon gesprochen, dass Arbeitskräfte zu Unternehmern werden oder werden sollen, etwa wenn man von der Ich-AG redet oder von Selbst-GmbH oder vom Lebensunternehmer oder der Ich-Aktie und vieles andere mehr.
Unsere Überlegungen - soviel noch vorab - sind sehr allgemein und sie sind bewusst pointiert, und letztlich sind sie auch prognostisch. Wir möchten damit jedoch auf einen möglichen grundlegenden Wandel der Arbeit an einer ganz bestimmten Stelle hinweisen, der, wenn wir Recht haben, erhebliche Folgen haben wird.
Damit zu meinem Thema: Ich beginne mit der Frage, wie Betriebe in neuer Weise mit Arbeitskraft umgehen. In den letzten Jahren vollziehen sich in fast allen Bereichen der Wirtschaft Reorganisationsprozesse in einer bisher nicht gekannten Qualität. Manche vergleichen das mit dem Übergang von der traditionellen zur industrialisierten Gesellschaft. Hintergrund ist primär ein drastisch verschärfter nationaler und internationaler Wettbewerb, Stichwort: Globalisierung. Dies erfordert in den Betrieben nicht nur einen massiven Kostenabbau oder eine Produktivitätssteigerung, sondern vor allem auch eine Erweiterung der Reaktionspotenziale und der Produktqualitäten. Die bisher weitgehend vorherrschende Strategie der Betriebe zur Nutzung von Arbeitskraft durch eine rigide Detailsteuerung wird dabei in vielen Bereichen zum Hindernis. Darüber sind sich alle Beobachter einig. Folge ist, dass nun zunehmend versucht wird, die Verantwortlichkeiten und Spielräume der Arbeitenden zu erhöhen, um Flexibilität und Innovativität freizusetzen. Die Industriesoziologen sprechen hier von einer zunehmenden „Autonomisierung“ oder auch „Subjektivierung der Arbeit“.
Das passiert nicht überall, aber doch in vielen Branchen und in vielen Berufsfeldern, und zum Teil geht das bis auf die Ebene der Arbeiter und der einfachen Angestellten. Es geht dabei nicht um wirkliche neue Autonomie der Arbeitenden, es geht allein um erweiterte Spielräume, die im Interesse der Unternehmen genutzt werden sollen, mit meist erheblich steigendem Leistungsdruck.
Für die Arbeitskräfte bedeutet dies nun, dass sie immer mehr ihre Arbeit selbstorganisiert betreiben können, dies aber auch - was nicht immer gesehen wird - tun und vor allen Dingen können müssen. Wenn man genau hinschaut, erkennt man, dass dabei der Tendenz nach das Verhältnis von Betrieb und Arbeitskraft auf eine weitgehend neue Grundlage gestellt wird. Statt detaillierter Durchstrukturierung von Arbeit werden zunehmend so etwas wie „temporäre Auftragsbeziehungen“ gebildet. In der Industriesoziologie spricht man auch davon, dass die Arbeitssteuerung auf „Ergebnisorientierung“ umgestellt wird. Das ist Teil einer generell verstärkten Nutzung marktförmiger Mechanismen in der Betriebsorganisation. Die Entwicklung ist nicht ganz neu, so etwas wie Delegation oder partizipative Führung sind z. B. Auftragskonzepte, die schon länger propagiert werden, wenn sie auch nicht immer konsequent angewendet wurden. In den letzten Jahren hat sich dies jedoch massiv ausgeweitet.
Neue, verstärkt auf Selbstorganisation beruhende Formen von Arbeit haben vielfältige Erscheinungen, und man kann grob zwei Bereiche unterscheiden: Zum einen neue Formen der Strukturierung von Arbeit im Rahmen von konventionellen Beschäftigungsverhältnissen: Gruppen- und Teamarbeit, Projektorganisation, Führung durch Zielvereinbarung, hochflexible Arbeitszeiten etwa über Arbeitszeitkonten, sogenannte Profit-Center oder Entrepreneur-Konzepte, wo Arbeitnehmer interne Unternehmer im Unternehmen werden, neue Heimarbeit, massive Mobilarbeit und vieles andere mehr.
Immer mehr finden sich aber auch so etwas wie betriebsübergreifende Arbeitsverhältnisse, mit denen Arbeitskraft im Zuge von Auslagerungsstrategien flexibler genutzt werden soll, so z. B. bei der Kooperation von Betrieben mit sogenannten Scheinselbständigen, bei der Auslagerung von Aufgaben auf echte Selbständige und Unterauftragnehmer, bei sogenannten virtuellen Betrieben und Abteilungen.
Die Verbreitung solcher Formen ist mangels Daten schwer abzuschätzen. Die Zahlen sind jedoch keineswegs gering, und sie haben eine deutlich steigende Tendenz. Dass es zunehmend auf Selbstorganisation beruhende Formen gibt, wird daher weitgehend gesehen. Dass den doch sehr verschiedenen Formen vieles gemeinsam ist, das ist nicht immer so offensichtlich. Erlauben Sie mir dazu einen Ausflug in die Theorie meines Fachs, der Arbeits- und Industriesoziologie:
Es geht um das sogenannte Transformationsproblem, das meint, dass Betriebe bei der Anstellung von Mitarbeitern nicht fertige Arbeit kaufen - was sie gerne tun würden -, sondern sie kaufen allein das Recht auf eine zeitweise Nutzung des Potentials von Personen, überhaupt arbeiten zu können. Das sichert jedoch bedauerlicherweise keineswegs, dass die gewünschte Arbeitsleistung auch tatsächlich erbracht wird. Der Betrieb steht damit notorisch vor dem Problem, dass das arbeitsvertraglich gekaufte, sozusagen latente, Arbeitsvermögen in manifeste, nützliche Arbeitsleistung transformiert werden muss. Daher der Ausdruck Transformationsproblem. Lösung des Problems ist die gezielte Kontrolle oder Steuerung von Arbeit durch vielfältige organisatorische und technische Verfahren.
Lange Zeit war nun theoretisch wie vor allen Dingen auch praktisch relativ klar, dass bis auf einige Ausnahmen eine möglichst rigide Kontrolle der Arbeitnehmer die optimale Strategie sei, und der Taylorismus war diesbezüglich ein weitgehend akzeptiertes Leitbild. Diese Strategie stößt nun - wie gesagt - zunehmend an Grenzen. Verschärfung von Kontrolle und Steuerung erzeugt nicht nur überproportional Kosten, sondern sie behindern vor allem die immer wichtigere Innovationskraft und Flexibilität der Arbeitenden. Folge ist, dass nun geradezu das Gegenteil von dem propagiert wird, was bisher eine Leitlinie war, also jetzt geht es darum: Kontrolle zu reduzieren, Freiräume zu schaffen, Selbstorganisation zu fördern usw. Und für alle Beobachter ist das eine ganz neue Welt.
Das bedeutet keineswegs, dass betrieblich auf Steuerung verzichtet würde. Das wäre auch sehr verwunderlich. Im Gegenteil: Die Rücknahme von direkter Arbeitssteuerung ist meist von einer Ausweitung indirekter Steuerungen begleitet, z. B. durch eine gezielte Kontrolle strategischer Betriebsparameter: Kosten, Umsatz, Lagerhaltung, Qualität, Kundenzufriedenheit und vieles andere mehr. Und das passiert oft auf Basis datentechnischer Systeme. Es ist kein Zufall, dass die Berufsgruppe der Controller in diesem Prozess eine hohe Konjunktur hat.
Der entscheidende Unterschied ist trotzdem die bemerkenswerte Tatsache, dass zunehmende direkte Kontrolle in den Betrieben zurückgenommen wird. Das heißt jedoch nichts anderes, als dass das komplizierte und vor allen Dingen auch teure Geschäft der Transformation von Arbeitspotential in Arbeitsleistung - Sie erinnern sich - zunehmend den Beschäftigten selber zugewiesen wird. Sie müssen nun immer mehr diese basale betriebliche Funktion übernehmen. Man versucht also das Transformationsproblem dadurch besser zu lösen, dass man es, wie Soziologen sagen würden, in die personale Umwelt des Betriebes verlagert, also es wird in neuer Weise externalisiert, nach außen gegeben.
Die Auslagerung von Aufgaben wird seit einiger Zeit als strategische Gestaltungsdimension von Betrieben angesehen. Hier geht es jedoch um ein Outsourcing der ganz besonderen Art. Einmal, weil hier eine betriebliche Kernfunktion verstärkt nach außen verlagert wird. Vor allem aber, weil die Instanzen, auf die diese Funktion ausgelagert wird, diejenigen sind, auf die sich die Aufgabe richtet. Oder anders ausgedrückt: Die, die das Problem erzeugen, müssen es jetzt auch immer mehr lösen. Damit komme ich zur Idee des Arbeitskraftunternehmers.
Externalisieren Betriebe verstärkt das beschriebene Transformationsproblem, müssen es, was trivial ist, die Beschäftigten internalisieren, d. h. sie müssen diese erweiterte neue Anforderung zunehmend übernehmen und auch bewältigen. Sollte sich diese Entwicklung ausweiten - und vieles deutet darauf hin -, dürfte dies nicht nur individuelle Folgen für die einzelnen Personen haben. Dies könnte vielmehr, so unsere zentrale Annahme, eine grundlegende Veränderung der generellen Verfassung von Arbeitsvermögen in unserer Gesellschaft nach sich ziehen.
Bisher dominierte eine Form von Arbeitskraft, die darauf ausgerichtet und dazu ausgebildet war und immer noch ist, ihre Arbeitsfähigkeit an einen Betrieb gegen Lohn zu verkaufen und sich eher passiv Kontrollanweisungen zu unterwerfen. Nun entsteht jedoch eine regelrechte Umkehrung. Arbeit heißt immer weniger die Erfüllung fremdgesetzter Anforderungen bei geringen Gestaltungsspielräumen und fixen Ressourcen. Zunehmend ist genau das Gegenteil verlangt: Aktive Selbststeuerung im Sinne allgemeiner Unternehmenserfordernisse, die im Detail erst definiert und für die Ressourcen erst noch beschafft und dann auch noch kostenbewusst gehandhabt werden müssen. Aus dem eher reaktiv agierenden Arbeitnehmer muss ein neuer Typus von aktiver Arbeitskraft entstehen. Diese Arbeitskraft zeichnet sich auch dadurch aus, dass sie sich auf dem Arbeitsmarkt, vor allen Dingen auch innerhalb ihres Tätigkeitsbereichs, kontinuierlich zur Leistung anbietet und dann im Prozess selbst organisiert. Man kann sagen, sie muss zunehmend über unternehmerische Eigenschaften und Qualifikationen verfügen.
Mit drei Merkmalen kann man diesen neuen Typus näher bestimmen. Die Verlagerung des Transformationsproblems auf die Arbeitenden bedeutet, wie gesagt, dass nun die arbeitenden Personen selber die Umformung ihres sozusagen „rohen“ Fähigkeitspotenzials in konkrete Arbeitsleistung steuern und überwachen. Damit wird jedoch die vom Betrieb gekaufte Arbeitskraft um ein entscheidendes Moment bereichert. Die bisher dem Betrieb zufallende Steuerung von Arbeitskraft ist nun zunehmend Teil der gekauften Arbeitskraft, und sie wird dadurch zu einem substantiell höherwertigen Produktionsfaktor. Nehmen Sie als Beispiel die Mitglieder eines stark selbst organisierten Projektteams im Vergleich zum ruhenden Potenzial relativ gleichgültiger Lohnabhängiger, die durch den aufwändigen Einsatz von Vorgesetzten, Lohnsystemen, Disziplinartechniken usw. zur Leistung genötigt werden müssen. Erstere liefern dem Betrieb fast ohne sein Zutun schon die weitgehend unmittelbar verwendbare qualifizierte Leistung, und zwar als Ergebnis der Selbstkontrolle der einzelnen Teammitglieder. Zum Teil wird dies begleitet von ganz neuen Leitformeln in den Betrieben, z. B. heißt es manchmal: „Macht, was Ihr wollt, aber seid profitabel!“
Zweites Merkmal: Wichtige Folge der verstärkten Auslagerung der Kontrollfunktion für die Betroffenen ist, wie vorhin schon gesagt, dass sie sich auf dem Arbeitsmarkt wie vor allem innerhalb der Betriebe zunehmend völlig anders verhalten müssen als bisher. Aus einem Arbeitnehmer, der in der Regel eher reaktiv Anweisungen ausführt und höchstens punktuell seine Potenziale einsetzen kann, muss nun ein kontinuierlich effizienzorientiert handelnder Akteur werden. Ein Akteur, der seine Fähigkeit hochgradig gezielt auf eine wirtschaftliche Nutzung hin entwickeln und auch noch verwerten muss. Dies bedeutet jedoch nichts anderes, das sagen Industriesoziologen, als eine verstärkte Selbstökonomisierung der Arbeitskraft, und zwar gleich in doppelter Hinsicht: Zum einen müssen Arbeitskräfte zunehmend ihre Fähigkeiten und Leistungen sozusagen zweckgerichtet und kostenbewusst aktiv herstellen, d. h. sie betreiben immer mehr eine Art systematischer Produktionsökonomie ihrer selbst. Zum anderen müssen sie ihre Fähigkeiten und Leistungen zunehmend auf betrieblichen und überbetrieblichen Märkten für Arbeit aktiv vermarkten. Und sie müssen gezielt sicherstellen, dass ihre Fähigkeiten und Leistungen gebraucht, gekauft und dann auch noch effektiv genutzt werden. Das ist nichts anderes als eine Form von individueller Marktökonomie.
Noch einmal das Beispiel Projektarbeit: Wer hier abwartet, bis seine Qualifikationen veraltet sind, und wer auf detaillierte Vorgaben für seine Arbeit hofft, der hat schon verloren. Er gilt als unselbständig, unflexibel, lernunfähig und nicht teamfähig. Nur wer seine Fähigkeiten kontinuierlich anpasst, nur wer sich darum bemüht, dass seine Leistungen in der richtigen Form an die richtige Stelle kommen und vom Betrieb profitabel genutzt werden können, und wer auch noch dafür sorgt, dass man das sieht, nur der hat bei intensiver Projektorganisation eine Chance. Das gilt erst recht für Entrepreneure, Tele-Heimarbeiter, Mobilarbeiter usw. Es reicht also im Zuge der geschilderten Entwicklung nicht mehr, einmal berufliche Kompetenzen zu erwerben und diese hin und wieder einem Beschäftiger anzubieten und dann innerbetrieblich auf Weisungen zu warten, denen man dann mehr oder weniger fleißig nachkommt. Jetzt müssen in ganz neuer Weise Fähigkeiten und Leistungen fortwährend ausgebaut und auf echten wie innerbetrieblichen Märkten angeboten werden. Aus Arbeitnehmern werden auch ökonomisch Unternehmer ihrer selbst. Auch hierzu hört man neue Töne, z. B.: „Sie bleiben nur so lange wie Sie sicherstellen und nachweisen, dass Sie Profit erwirtschaften.“
Drittes Merkmal: Müssen Arbeitskräfte in diesem Sinne zunehmend eine systematische Selbstproduktion und aktive Selbstvermarktung betreiben, so wird dies auch eine neue Qualität ihres gesamten Lebens nach sich ziehen. Aus einem noch „naturwüchsigen“ Leben mit starren Formen von Arbeit und Freizeit muss eine systematische Organisation des gesamten Lebenszusammenhangs werden. Nur so ist man in der Lage, den erhöhten Anforderungen an eine erweiterte Produktion und Vermarktung seiner selbst gerecht zu werden. Ein letztes Mal unser Beispiel mit der Projektarbeit: Nur wer als Mitglieder einer dynamischen Projektgruppe in der Lage ist, seinen gesamten Alltag flexibel und gut organisiert auf die Erfordernisse des Teamprozesses auszurichten, kann hier noch mithalten. Wer während einer Stressphase etwa auf feste Arbeits- und Urlaubszeiten pocht, wird nicht lange bleiben. Arbeitszeiten und alles andere auch müssen nicht nur mit den Kollegen, sondern auch mit der Familie, den Freunden und Verwandten koordiniert werden. Und während des Projekts muss man immer schon den nächsten Auftrag vermutlich mit ganz anderen Kollegen und vielleicht sogar einen ganz neuen Job vorbereiten. Auch dies gilt erst recht für Heim- und Mobilarbeiter, die Scheinselbständigen usw. Und auch hier gibt es neue Formeln, z. B.: „Wir brauchen Sie voll und ganz an jedem Ort und zu jeder Zeit und dazu müssen Sie Ihr Leben voll im Griff haben.“
Was die Produzenten und Verkäufer von Arbeitskraft mit einer solchen Durchgestaltung ihres Lebens aber tun, gleicht immer mehr dem, was diejenigen tun, die Waren anderer Art produzieren und verkaufen. Sie entwickeln und unterhalten nichts anderes als eine Art Betrieb. Das ist natürlich kein Betrieb im gewohnten Sinn, die Mechanismen sind aber bis ins Detail die gleichen.
Das, was ich gerade beschrieben habe, ist der neue mögliche Leittypus von Arbeitskraft für eine verstärkt marktorientierte und globalisierte Wirtschaft, und zwar als Nachfolger für den bisher bei uns typischen Arbeitnehmer. Historisch gesehen kann man dies in ein idealtypisches Schema der Entwicklung moderner Arbeitskraft einordnen. Nur ganz kurz dazu:
Mit der Industrialisierung entsteht als eine ganz neue Form von Arbeitskraft der Typus des im wesentlichen sozial ungeregelten und hochgradigen ausgebeuteten proletarischen Lohnarbeiters. Später mit dem Fortschreiten der Industrialisierung bildete sich das für uns bis heute leitende Modell des stark sozialstaatlich regulierten und nur gedämpft ausgebeuteten Arbeitnehmers. Aktuell zeichnet sich ein neuer Typus ab, der kaum mehr sozial regulierte, im Gegenzug aber hoch individualisierte und auf den Markt ausgerichtete und in ganz neuer Weise sich selbst kontrollierende Arbeitskraftunternehmer, der selber eine Art Betrieb betreibt. Das ist natürlich nur sehr grob und idealtypisch gemeint, und der Übergang wird keinesfalls schnell und schon gar nicht unkompliziert verlaufen; und er kann manche überraschende Konsequenzen haben.
Damit komme ich zu den gesellschaftlichen Folgen. Es geht um Macht und Herrschaft in der Arbeitswelt. Die entscheidende Eigenschaft des neuen Arbeitskrafttypus sind seine erweiterten Handlungsspielräume oder seine Autonomien. Damit stellt sich die Frage, ob zentrale Aspekte der bisherigen stark fremdbestimmten Nutzung von Arbeitskraft nun überflüssig werden. Sind damit traditionelle Phänomene und Begriffe wie Herrschaft, Ausbeutung oder die Interessendifferenz von Kapital und Arbeit historisch überholt? Managementnahe Veröffentlichungen unterstellen dies nicht selten. Industriesoziologen beharren dagegen mit guten Gründen darauf, dass sich an diesen Momenten eigentlich nichts ändert.
Für mich ist das ein wenig komplizierter. Auch stärker autonomisierte Arbeitsformen finden nicht im herrschaftsfreien Raum statt. An die Stelle direkter betrieblicher Einflussnahme tritt jetzt zunehmend eine auf ganz neue Weise indirekte Macht: eine Beherrschung von Arbeit durch die systematische Nutzung und Zurichtung der menschlichen Fähigkeiten, sich eigenverantwortlich selbst zu steuern, also eine Herrschaft, die die Arbeitskräfte über sich selber ausüben, mit der sie jedoch nach wie vor Ziele erreichen müssen, die nicht ihre eigenen sind, und unter Bedingungen, die sie nur partiell beeinflussen können. Es könnte sich erweisen, dass die Nutzung der Selbstbeherrschung von Menschen nicht nur billiger, sondern vor allem wesentlich effektiver ist. Denn kein Vorgesetzter kann Mitarbeiter so gut zu Leistung bewegen wie sie selbst. Die Arbeitskräfte übernehmen damit sozusagen die Rolle des Unternehmers nicht nur sachlich, sondern auch sozial in der Herrschaftsdimension. Sie tun dies, indem sie sich zu sich selber wie ein Herrschaft ausübender Unternehmer verhalten. Sie installieren in sich selber einen Herrschaftszusammenhang, wir nennen das die Selbstbeherrschung, der aber in einen fremden Herrschaftszusammenhang, dem Betrieb, eingebunden bleibt.
Dass Betriebe auf Märkten Ressourcen einkaufen, um sie dann auszubeuten, ist trivial. Nichts anderes geschieht mit Arbeitskraft. Der neue Typus von Arbeitskraft wird aber auf keinen Fall so drastisch ausgepowert wie etwas das Proletariat während der frühen Industrialisierung. Die Nutzung des Arbeitskraftunternehmers entspricht aber auch nicht mehr der Nutzung von traditionellen Arbeitnehmern, also Arbeitskräften, die mit standardisierten Fähigkeiten auf regulierten Arbeitsmärkten besorgt werden, um sie dann in durchkontrollierten Arbeitszusammenhängen auf mehr oder weniger humane Weise auszunutzen. Der Arbeitskraftunternehmer hat und braucht dem gegenüber ein wesentlich selbstbewussteres individuelleres und vor allem autonomeres Verhältnis zur Verwertung seiner Fähigkeiten. Betrieblich muss er entsprechend eingesetzt und geführt werden, was nicht einfach ist, will man seine Potentiale wirklich nutzen. Trotzdem geht es auch beim Arbeitskraftunternehmer um eine möglichst effiziente betriebliche Ausbeutung seiner Potenziale, und zwar mehr denn je. Aber auch hier ist die Bewertung kompliziert.
Charakteristisch ist, dass sich in neuen Arbeitsformen Arbeitskräfte zunehmend selber ausbeuten. Und auch hierbei kann sich zeigen, dass keiner aus einem Menschen so viel herausholt wie er selbst. Da nämlich, wo konventionelle betriebliche Kontrolle immer wieder an kaum zu überwindende Grenzen der Leistungsgewinnung stößt, kann man durch den Einsatz von Arbeitskraftunternehmern ungehobene Schätze zutage fördern. Mit Arbeitskraftunternehmern kann man hoffen, das zu nutzen, was selbst den kooperativsten Personalführern meistens unzugänglich bleibt, nämlich die tiefsten Schichten menschlicher Fähigkeiten und Potenziale, z. B. Kreativität und Fantasie, Begeisterungsfähigkeit und der Wille zur ultimativen Leistung, Erfahrungswissen und Gespür, Reaktionsvermögen und Lernbereitschaft, Kooperationsfähigkeit, Loyalität, Solidarität und viele andere Elemente und Gefühle. Das ist das Objekt der Begierde, wenn Betriebe Selbstorganisation ermöglichen. Es geht um einen grundlegend erweiterten und letztlich sogar totalen Zugriff auf Arbeitskraft. Und dies wird auch völlig offen so formuliert.
Auch der für unser Wirtschaftssystem nach wie vor konstitutive Interessenkonflikt von Kapital und Arbeit bekommt eine neue Qualität. Auf den ersten Blick ist der Arbeitskraftunternehmer der Typus, der am weitesten die seit Jahren zu beobachtende Verschiebung des Interessensgegensatzes auf einer arbeitsplatznahen Ebene repräsentiert. Er übernimmt derart weitgehend betriebliche Funktion, dass er wie das Management nahezu schon das Lager gewechselt hat. Trotzdem taucht auch dabei der Interessenswiderspruch in voller Drastik wieder auf, genau dann nämlich, wenn Arbeitskräfte die Betriebsinteressen derart weitgehend verinnerlichen und sich selber kontrollieren, genau dann holen sie auch den Interessenkonflikt in sich hinein. Zunehmend empfinden sie „zwei Seelen in ihrer Brust“. Sie sind nach wie vor abhängig Beschäftigte, zugleich aber Arbeitskräfte, die mehr als alle anderen gelernt haben, im Sinne eines fremden Unternehmers zu handeln, zu denken und auch zu fühlen. Der industriegesellschaftliche Grundkonflikt findet damit aber nur noch bedingt zwischen Betrieb und Arbeitsperson und ihren Vertretern in den Gewerkschaften statt, darüber hinaus findet er zwischen zwei Seiten ein- und derselben Person statt. Mit anderen Worten: Nicht nur die Kontrollfunktion wird verstärkt betrieblich nach außen gegeben und dann von den Arbeitskräften internalisiert, sondern auch der Klassenkampf.
Ein zweites Thema: Die neue Form von Arbeitskraft wirft nicht nur ein neuartiges Licht auf die Arbeitsverhältnisse. In ihr kulminieren vielmehr längerfristige Prozesse des Wandels der Gesellschaft generell. Der Arbeitskraftunternehmer repräsentiert in nahezu idealer Weise den in der Soziologie derzeit verstärkt thematisierten möglichen Übergang der Gesellschaft von einer primär normativen, an Großgruppen gebundenen Vergesellschaftung, zu einer Sozialregulierung, die auf einer verstärkten Selbstvergesellschaftung von Individuen beruht. Die populäre These der Individualisierung spitzt dies in markanter Form zu. Individualisierung bedeutet im Lichte meiner Thesen jedoch keine schöne neue Freiheit der lustvollen Wahl von Lebensstilen, wie es manchmal verstanden wird. Sie erweist sich vielmehr als wachsende Anforderung an eine effiziente Durchgestaltung des eigenen Lebens. Das bedeutet vorwiegend Stress und wenig Selbstverwirklichung. Aus einer bisher eher passiven Lebens- und Vergesellschaftungsweise wird eine aktiv rationalisierte Lebensführung und gezielte Selbstintegration in die Gesellschaft. Exakt dies ist auch die innere Logik der neuen Form von Arbeitskraft.
Ein drittes Thema: Die soziale Ungleichheit. Wie bei vielen sozialen Entwicklungen wird es auch beim Übergang zum neuen Arbeitskraftunternehmer strukturelle Gewinner und vor allen Dingen auch Verlierer geben. Es werden sich diejenigen finden, denen der neue Typus von Arbeitskraft systematisch Vorteile bringt, sozusagen die Erfolgsunternehmer ihrer Arbeitskraft, die jedoch mehr denn je unter massivem Leistungsdruck stehen. Man könnte sie die „Turboarbeitskräfte des Turbokapitalismus“ nennen. Zum anderen wird es aber - keineswegs kleine - Gruppen geben, bei denen die Nachteile einer verstärkt marktorientierten Nutzung von Arbeitskraft kumulieren, das sind wenig erfolgreiche Arbeitskraft-Kleingewerbetreibende und zunehmend sogar ein neues Tagelöhnertum. Die heutige Diskussion über die Unterschicht zielt genau darauf, viele Beispiele aus dem Bereich der Ich-AG können hier auch eingeordnet werden. Der Arbeitskraftunternehmer kann damit für manche eine attraktive neue Herausforderung bedeuten, z. B. in der IT-Industrie, deren Experten stark nachgefragt sind, oder für Freiberufler, die als Consultants in der Industrie arbeiten. Für viele andere wird er aber eine notorische Überforderung und Gefährdung ihrer selbst mit sich bringen. Wie die Gewichte verteilt sein werden, wird wesentlich davon abhängen, wie der Übergang zu einem neuen Typus von Arbeitskraft gesellschaftspolitisch eingebunden wird, d. h. davon, ob es gelingt, sozial- und arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen, die es ermöglichen, eine lebbare Existenz als qualifizierter Arbeitskraftunternehmer zu finden und aufrecht zu erhalten. Die Linie zwischen den Gewinnern und den Verlierern dürfte aber mehr noch eine Frage der neuen Kompetenzen sein, nicht der fachlichen Fähigkeiten und auch nicht der heute so oft diskutierten extrafunktionalen Qualifikationen. Mit dem Arbeitskraftunternehmer geraten Kompetenzen ins Blickfeld, und sie sind keineswegs Thema der Bildungspolitik, z. B. die Fähigkeiten zur aktiven Selbstproduktion und Selbstvermarktung, zur effizienten Organisation von Alltag und Lebenslauf, zur Organisation der erforderlichen Sozialbeziehungen (Networking heißt das heute), zum flexiblen Identitätsmanagement, zur Ich-Stabilisierung, zur Begrenzung von Selbstausbeutung und vieles andere mehr. Das sind die zentralen Schlüsselqualifikationen von Arbeitsunternehmern. Und wie gesagt, diese Problematik, diese neuen Kompetenzen sind selten Thema der aktuellen bildungspolitischen Diskussion. Sie widersprechen sogar fundamental den derzeitigen berufsfachlichen Verschlankungen und Verkürzungen von Ausbildung. Dabei müsste man jetzt auf allen bildungspolitischen Ebenen den Menschen helfen, den neuen Anforderungen gerecht zu werden, man müsste ihnen helfen, damit sie auf systematische Weise allgemeine Persönlichkeits- und Lebenskompetenzen ausbilden können.
Zum Schluss eine politische Bemerkung: Der Arbeitskraftunternehmer birgt erhebliche Risiken für die Betroffenen, für die Betriebe, was sie noch nicht ahnen, und für die Gesellschaft insgesamt, was noch selten diskutiert wird. Zugleich entstehen mit ihm aber Chancen für neue Freiheiten in Wirtschaft und Gesellschaft. Man sollte dies nicht unterschätzen. Diese neue Möglichkeiten sind aber nur zu realisieren, wenn der neue Arbeitskrafttypus in einen neuen industriegesellschaftlichen Kompromiss eingebunden wird. Ein Kompromiss, der auf einer flexiblen Neuregulierung und einer neuartigen sozialpolitischen Flankierung der Arbeits- und Sozialverhältnisse beruht. Dies ist keine einfache Aufgabe, politische Schnellschüsse sind überhaupt nicht angesagt. Nur so ist für mich ein ökonomisch nutzbarer, sozial verträglicher und individuell lebbarer Übergang zu einem neuen Modell von Arbeitskraft denkbar.
Den Prozess ungezügelten Marktkräften zu überlassen, halte ich für wirtschaftspolitisch und gesellschaftspolitisch unverantwortlich. Er muss viel mehr gesellschaftlich gestaltet werden. Denn wenn meine Thesen stimmen, dann ist die kapitalistische geprägte Arbeitsgesellschaft keineswegs am Ende - im Gegenteil, sie kommt jetzt erst, und wir müssen entscheiden, wie sie aussehen soll.
Zuletzt noch ein Beispiel, um diesen neuen Typus von Arbeitskraft ein wenig näher zu beschreiben:
Ein positiver erfolgreicher Arbeitskraftunternehmer ist jemand, der in einer erfolgreichen Branche eine seltene Arbeitskraft anbieten kann, etwa ein spezialisierter Experte in der IT-Industrie. Dem werden, um seine spezialisierten Fähigkeiten nutzen zu können, oft sehr große Freiräume eingeräumt. Es wird z. B. eine sogenannte „Vertrauensarbeitszeit“ installiert, das bedeutet, es gibt keine festen Arbeitszeiten mehr. Er kann kommen und gehen, wann er will, er kann Urlaub nehmen, wann er möchte. Das klingt hervorragend. Schaut man sich das näher an, dann merkt man, dass genau unter solchen Bedingungen Arbeitskräfte anfangen, ihren Urlaubsanspruch nicht mehr wahrzunehmen, rund um die Uhr und bis an die Kante ihrer Fähigkeiten und Belastungsmöglichkeiten zu arbeiten. Dies ist an vielen Stellen beschrieben worden. Trotzdem ist es für diese positiven Arbeitskräfte ein wichtiger Schritt, wenn sie lernen, die Selbstausbeutung zu begrenzen.
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* Zum Autor:
Prof. G. Günter Voß wurde 1950 geboren. Nach dem Abitur und nach einer Tätigkeit als Berufsoffizier studierte er Soziologie, Politologie und Psychologie in München.
Anschließend universitäre Assistententätigkeit in München, Voß beschäftigte sich in dieser Zeit mit den Grundlagen sozialwissenschaftlicher Arbeitsmarkt- und Berufsforschung sowie mit den Entwicklungsperspektiven von Arbeit. Seit 1994 ist er an der TU Chemnitz Professor für Industrie- und Techniksoziologie. Weitere Arbeitsschwerpunkte: Berufssoziologie, Management- und Organisationssoziologie, Alltags- und Lebensführungsforschung.
Auswahl der Bücher:
- (zus. mit Kerstin Rieder): Der arbeitende Kunde. Wenn Konsumenten zu unbezahlten Mitarbeitern werden. Campus
- Lebensführung als Arbeit. Über die Autonomie der Person im Alltag der Gesellschaft. Enke
- Arbeitssituation und Bewusstsein. Campus
- Innovative Verwaltungsarbeit (zus. m. Th. Lau u. a.). Campus
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II a (Bauer) Schmerzgrenze . Vom Ursprung alltäglicher und globaler Gewalt
Online-Publikation: April 2011 im Internet-Journal <<kultur-punkt.ch>>
Ereignis-, Ausstellungs-, AV- und Buchbesprechung
<< Joachim Bauer : Schmerzgrenze . Vom Ursprung alltäglicher und globaler Gewalt >>
Gebundenes Buch mit Schutzumschlag, 288 Seiten, 13,5 x 21,5 cm, 7 s/w Abbildungen ISBN: 978-3-89667-437-1; € 18,95 [D] | € 19,50 [A] | CHF 29,90
Randomhouse-Blessing Verlag München; www.randomhouse.de/blessing; www.ccfischer.de;
Inhalt
Schmerz erzeugt Aggression. Doch die „Schmerzgrenze“ des Gehirns verläuft anders, als wir bisher dachten
Brutale Gewalt in aller Öffentlichkeit, Amokläufe an Schulen, tödliche ethnische Konflikte und Kriege um knapper werdende Ressourcen: Das Phänomen der Aggression wird immer bedrängender und macht uns Angst.
Der „Aggressionstrieb”, folgenreiche Erfindung von Sigmund Freud und Konrad Lorenz, erklärte die Gewalt zur unverrückbaren Konstante der menschlichen Natur. Joachim Bauer entlarvt den Mythos des Aggressionstriebes und liefert mit Schmerzgrenze eine Neukonzeption des Gewaltphänomens, die auf neuesten neurowissenschaftlichen Erkenntnissen beruht. Evolutionärer Zweck der Aggression ist, uns gegen die Zufügung von Schmerzen wehren zu können. Doch die Schmerzgrenze des Gehirns verläuft anders, als wir bisher dachten. Unser Gehirn bewertet Ausgrenzung und Demütigungen wie körperlichen Schmerz und reagiert deshalb auch darauf mit Aggression. Dies bedeutet: Aggression steht im Dienste der Verteidigung sozialer Bindungen.
Auch Armut bedeutet Ausgrenzung und Demütigung, zumal wenn sie sich im Angesicht von Reichtum ausbreitet. Wasser, Nahrung und Rohstoffe werden auf unserem Globus zur immer knapperen Ressource. Wenn wir das Problem der ungerechten Ressourcenverteilung nicht in den Griff bekommen, wird die Gewalt weltweit zunehmen und die menschliche Existenz bedrohen.
Joachim Bauers neues Buch „Schmerzgrenze” zeigt: Nur Fairness, Kooperation und ein neues Verständnis der Mechanismen der Gewalt können einen Weg aus der Aggressionsspirale weisen.
Autor
Prof. Dr. med. Joachim Bauer lehrt als Universitätsprofessor an der Universität Freiburg. Er ist Arzt für Innere Medizin, Arzt für Psychosomatische Medizin sowie Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Für seine Forschungsarbeiten erhielt er 1996 den renommierten Organon-Preis der Deutschen Gesellschaft für Biologische Psychiatrie. Er veröffentlichte schon zahlreiche Sachbücher, unter anderem "Das Gedächtnis des Körpers. Wie Beziehungen und Lebensstile unsere Gene steuern", "Warum ich fühle, was du fühlst. Intuitive Kommunikation und das Geheimnis der Spiegelneurone" sowie "Lob der Schule. Sieben Perspektiven für Schüler, Lehrer und Eltern".
Fazit
Vom Ursprung alltäglicher und globaler Gewalt" handelt das Diskursbuch "Schmerzgrenze" von Joachim Bauer. Es gelingt dem Autor den Mythos Aggression zu enttarnen, da Theorien viel effizienteren Einfluss auf Gewalt haben, was das Milgram Experiment beweist, das jedermann eine Gegenmenschlichkeit in feinen Stufen - von aussen gelenkt - aufzubauen vermag - bis hin zur Tötungsbereitschaft. Positiv ist Aggression ein wichtiger Faktor zur Verteidigung in den sozialen Beziehungen. Dabei machen falsche Ernährung, Armut, Ungleichheit und Gewalt die Schmerzgrenze sichtbar. Bauer gibt auch Regeln und Hinweise die alltägliche und globale Gewalt verstehen und begrenzen zu lernen. "Schmerzgrenze" ist ein wertvolles und Basis-Diskursbuch zur Bewältigung von Gewalt. m+w.p11-4
II b (Bauer) Arbeit . Warum unser Glück von ihr abhängt und wie sie uns krank macht
Online-Publikation: April 2013 im Internet-Journal <<kultur-punkt.ch>>
Ereignis-, Ausstellungs-, AV- und Buchbesprechung
<< Joachim Bauer : Arbeit . Warum unser Glück von ihr abhängt und wie sie uns krank macht >>
Gebundenes Buch : mit Schutzumschlag, 272 Seiten, 13,5 x 21,5 cm; ISBN: 978-3-89667-474-6;
€ 19,99 [D] | € 20,60 [A] | CHF 28,50
eBook Format: epub : ISBN: 978-3-641-09702-8; € 15,99 [D] | CHF 20,00
Randomhouse-Blessing Verlag München; www.randomhouse.de/blessing;
Inhalt
Schaffen wir die Arbeit – oder schafft sie uns?
Das rätselhafte Doppelgesicht der Arbeit: Aus ihr schöpfen wir Befriedigung, Kreativität und ein Leben in Wohlstand. Doch sie kann uns auch krank werden lassen. In jüngster Zeit wächst die Angst um den Arbeitsplatz. Auch keine Arbeit zu haben kann krank machen. Wer arbeitet, erlebt Leistungsdruck, Multitasking, schlechte Führung und Konflikte am Arbeitsplatz. Das fördert den Stress, und Dauerstress zermürbt. Krankheiten wie Depression und Burn-out steigen rapide an. Endet die »Kultur des neuen Kapitalismus« (Richard Sennett) in der Müdigkeitsgesellschaft? Wird in einer Welt der knapper werdenden Ressourcen das ökonomische Prinzip zum alles beherrschenden Dogma? Müssen immer mehr Menschen »arbeiten, bis der Arzt kommt«?
Der Neurobiologe, Mediziner und Bestsellerautor Joachim Bauer nimmt unsere Art zu arbeiten unter die Lupe. Wie wurde die Arbeit »erfunden«? Was ist Arbeit aus Sicht des Gehirns? Wie besteht jeder Einzelne die beispiellose Herausforderung der heutigen Arbeitswelt? Bauer stellt klar, dass Burn-out keine »Mode-Diagnose« ist. Die radikale Erkenntnis: Der Mensch ist evolutionär nicht für die heutige Arbeit gemacht! Was muss sich ändern?
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(Ein Tag [tæg] (engl. Etikett, Mal, Auszeichner, Anhänger) ist eine Auszeichnung eines Datenbestandes mit zusätzlichen Informationen. wikipedia):
Evolution Hirnforschung Burnout
Autor
Prof. Dr. med. Joachim Bauer ist Neurobiologe, Arzt und Psychotherapeut und lehrt an der Universität Freiburg. Für seine Forschungsarbeiten erhielt er 1996 den renommierten Organon-Preis der Deutschen Gesellschaft für Biologische Psychiatrie. Er veröffentlichte schon zahlreiche Sachbücher, unter anderem Das Gedächtnis des Körpers. Wie Beziehungen und Lebenstile unsere Gene steuern, Warum ich fühle, was du fühlst. Intuitive Kommunikation und das Geheimnis der Spiegelneurone sowie Lob der Schule. Sieben Perspektiven für Schüler, Lehrer und Eltern. Zuletzt erschien bei Blessing Schmerzgrenze. Vom Ursprung alltäglicher und Globaler Gewalt.
Fazit
"Dem verinnerlichten Arbeitseifer ist politisch nicht beizukommen" schliesst schlüssig der Neurobiologe, Arzt und Psychotherapeut, sein Diskurs- und Therapie- Buch "Arbeit" . Und folgert daraus "Warum unser Glück von ihr abhängt und wie sie uns krank macht".
Selten hat jemand so anschaulich, klar und in humanistischer Absicht unsere Beziehung zur Arbeit definiert. Dabei wird die vermessende Vermessenheit, die Burn-out, Depression und ein gestresstes Herz zur Folge hat, klipp und klar gestellt. Darüber hinaus zeigt Joachim Bauer präzise sozialpolitische bis betriebliche Perspektiven auf wie Gesundheitsvorsorge zwischen Kollegialität und Führungsstil eingebettet werden kann. Ein überzeugendes, wertvolles Diskursbuch für eine gesündere Zukunft der Arbeit. m+w.p13-4
II c (Bauer) SWR2 Wissen Aula - Professor Joachim Bauer: Aggressive Neuronen? Über den Ursprung von Gewalt im Kopf
Autor: Professor Joachim Bauer *
Redaktion: Ralf Caspary, Susanne Paluch
Sendung: Sonntag, 6. November 2011, 8.30 Uhr, SWR 2
Bitte beachten Sie:
Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt.
Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen
Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR.
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ÜBERBLICK
Gewalt entsteht im KopfNeue Erkenntnisse der Hirnforschung zeigen: Aggressives Verhalten hat mit Ausgrenzungserfahrungen zu tun. Immer dann, wenn ein Mensch in sozialer Hinsicht ausgegrenzt wird, wenn er als Außenseiter stigmatisiert wird, springen genau diejenigen neuronalen Systeme im Gehirn an, die für Schmerzempfindung und aggressives Verhalten zuständig sind. Dieser Zusammenhang hat weitreichende pädagogische und therapeutische Konsequenzen. Prof. Joachim Bauer, Neurobiologe und Psychosomatiker an der Universitätsklinik Freiburg, erläutert diese neuen Forschungsansätze.
*Zum Autor:
Joachim Bauer, geb. 1951, studierte Medizin in Freiburg. Es folgte eine „Postdoc“-Zeit von 1980 bis 1982 als wissenschaftlicher Assistent am Biochemischen Institut der Universität Freiburg. Habilitation 1990. Er wechselte in die Abteilung Allgemeine Psychiatrie und folgte einem Ruf auf eine C3-Universitätsprofessur für Psychoneuroimmunologie. Er habilitierte ein zweites Mal, diesmal für das Fach Psychiatrie. Im Jahre 2000 wechselte Joachim Bauer in die Abteilung Psychosomatische Medizin, wo er bis heute als Oberarzt tätig ist und bis 2010 die Ambulanz der Abteilung leitete. Schwerpunkte seiner Arbeit sind klinische Aspekte der Depression, Angsterkrankungen, psychosomatische Erkrankungen, Trauma-Folgekrankheiten (Posttraumatische Belastungsstörung), Burnout-Syndrom. Bauer ist außerdem ausgebildeter Psychotherapeut.
Bücher (Auswahl):
– Schmerzgrenze – Vom Ursprung alltäglicher und globaler Gewalt. Blessing Verlag, München. 2011.
– Prinzip Menschlichkeit: Warum wir von Natur aus kooperieren. Heyne Verlag. Aktualisierte Auflage 2008.
– Das kooperative Gen: Evolution als kreativer Prozess. Heyne Verlag. 2008.
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SWR2 Aula vom 06.11.2011
Aggressive Neuronen? Über den Ursprung von Gewalt im Kopf
Von Professor Joachim Bauer
1
SÜDWESTRUNDFUNK
SWR2 AULA – Manuskriptdienst
Aggressive Neuronen?
Über den Ursprung von Gewalt im Kopf
INHALT
___________________________________________________________________
Ansage:
Mit dem Thema: „Aggressive Neuronen? Über den Ursprung von Gewalt im Kopf“.
Neue Erkenntnisse der Hirnforschung zeigen: Aggressives Verhalten hat fast immer
etwas mit sozialer Ausgrenzung zu tun. Wenn ein Mensch stigmatisiert wird, wenn er
von seinen Mitmenschen als Außenseiter etikettiert wird, dann springen in seinem
Kopf jene neuronalen Systeme an, die etwas mit Schmerz und mit Aggression zu tun
haben. Der gleiche Mechanismus springt auch dann an, wenn ein Kleinkind zu wenig
Zuneigung und Liebe erfährt. Es gibt in diesem Sinne keinen angeborenen
Aggressionstrieb, sondern Aggressionen haben immer etwas mit bestimmten
sozialen Situationen zu tun.
Diesen neurobiologischen Zusammenhang erläutert in der SWR2 AULA Professor
Joachim Bauer, Neurobiologe und Psychosomatiker an der Universitätsklinik in
Freiburg.
Joachim Bauer:
Seit Biologen und Mediziner einst begannen, sich mit der Frage zu beschäftigen, was
ein Lebewesen seiner Natur nach sei, spielte der Begriff des „Triebes“ eine zentrale
Rolle. Ein „Trieb“ – im Englischen lautet der entsprechende Begriff „instinct“ – ist eine
nicht durch Dressur oder Erziehung erworbene, sondern natürlich vorgegebene,
spontan auftretende Verhaltenstendenz. Der geniale Charles Darwin erkannte, dass
sich – ich zitiere ihn – „die meisten oder alle fühlenden Wesen sich dergestalt
entwickelt haben, dass sie sich regelhaft durch angenehme Empfindungen leiten
lassen“ (Ende des Zitats; Darwin 1887). Zu einem „Trieb“ oder „Instinkt“ kann eine
Verhaltenstendenz daher nur dann werden, wenn sie im biologischen Akteur – ich
benütze nochmals die Worte Darwins – „angenehme Empfindungen“ auslöst.
Damit ergibt sich die Frage: Was sind beim Menschen Verhaltenstendenzen, die –
nach Art eines Triebes – spontan auftreten und die – nach Darwin – „angenehme
Empfindungen“ zur Folge haben? Ist es Liebe? Oder ist es Aggression? Oder ist es
beides? Wissenschaftliche Antworten auf diese Fragen waren nicht dadurch zu
erhalten, dass man Meinungsumfragen veranstaltet hätte. Was per Interview befragte
Zeitgenossen als ihre natürlichen, mit angenehmen Empfindungen verbundenen
Verhaltenstendenzen angeben, wäre allzu sehr von äußeren, situativen Einflüssen
verfälscht, ganz abgesehen davon, dass viele Menschen auf Fragen dieser Art nicht
unbedingt wahrheitsgemäß antworten würden.
Ein entscheidender Durchbruch war, dass die moderne Hirnforschung jene
neuronalen Systeme entdeckte, die im Menschen „angenehme Empfindungen“
auszulösen in der Lage sind. Angenehme Empfindungen stellen sich im Menschen
dann – und nur dann – ein, wenn die sogenannten Motivationssysteme ihre
Glücksbotenstoffe freisetzen. Nun war man nicht mehr darauf angewiesen,
Menschen zu befragen, welche Verhaltensweisen in ihnen, ihrer eigenen Meinung
nach, triebhaft angelegt und mit angenehmen Empfindungen verbunden seien.
Stattdessen war und ist es mit den heute zur Verfügung stehenden
Untersuchungsverfahren möglich, direkt zu beobachten, welche Verhaltensweisen
des Menschen zu einer Ausschüttung von Glücksbotenstoffen führen und welche
nicht.
Die Klärung der Frage, welche menschlichen Verhaltensweisen aus Sicht der
Motivationssysteme „lohnend“ sind, war der entscheidende Beitrag der Neurobiologie
zu der Frage, was der Mensch seiner Natur nach ist. Was sich zeigte, war
Folgendes: Einem anderen Menschen, ohne von diesem provoziert worden zu sein,
Schaden oder Schmerz zuzufügen oder ihn gar zu töten, ist aus Sicht der
Motivationssysteme des Menschen nicht „lohnend“. Dies gilt jedenfalls für psychisch
durchschnittlich gesunde Menschen. Eine Ausnahme bilden sogenannte
Psychopathen, bei denen sich neurobiologische Veränderungen nachweisen lassen,
die ich in meinem Buch „Schmerzgrenze“ ausführlich dargestellt habe, auf die ich an
dieser Stelle aber nicht eingehen kann.
Unprovozierte, spontane Aggression ist bei psychisch durchschnittlich gesunden
Menschen keine Grundmotivation, kein Trieb und kein Instinkt. Psychisch
durchschnittlich gesunde Menschen erleben keine „angenehmen Empfindungen“,
wenn sie anderen Menschen, die ihnen nichts angetan haben, Leid zufügen. Damit
war die Theorie eines menschlichen „Aggressionstriebes“, welcher von Sigmund
Freud 1920 aus der Taufe gehoben und später auch durch Konrad Lorenz propagiert
worden war, widerlegt. Freud war der Ansicht, der Mensch unterliege – ich zitiere ihn
– einem „Trieb zum Hassen und Vernichten“, es gebe – ich zitiere ihn erneut – eine
„Lust an der Aggression und Destruktion“.
Die Erkenntnis der modernen Neurobiologie, dass sich ein menschlicher
„Aggressionstrieb“ nicht nachweisen lässt, widerspricht insoweit Sigmund Freud und
Konrad Lorenz. Zugleich gibt sie dem genialen Charles Darwin Recht.
Selbstverständlich erkannte Darwin, wie sollte es anders sein, das Faktum der
menschlichen Aggression. Einen „Aggressionstrieb“ sucht man bei ihm jedoch
vergeblich. Für Darwin war die menschliche Aggression kein Trieb, sondern ein
reaktives Verhaltensprogramm. Als die stärksten „Triebe“ des Menschen bezeichnete
Darwin dessen – so wörtlich – „soziale Instinkte“. So lesen wir bei Darwin: „Die
höchste Befriedigung [für den Menschen] stellt sich ein, wenn man ganz bestimmten
Impulsen folgt, nämlich den sozialen Instinkten. … Die Liebe derer zu gewinnen, mit
denen er zusammenlebt …, ist [für den Menschen] ohne Zweifel die größte Freude
auf dieser Erde“ (Darwin 1887).
Tatsächlich bestätigt die moderne Hirnforschung die soeben zitierten Feststellungen
Darwins: „Lohnend“ aus Sicht der menschlichen Motivationssysteme ist es, das
Vertrauen und die Anerkennung anderer Menschen zu erhalten. Zu einer
Ausschüttung der Glücksbotenstoffe kommt es nicht nur dann, wenn wir von anderen
fair behandelt werden, sondern auch dann, wenn wir uns selbst fair verhalten,
insbesondere auch dann, wenn wir anderen helfen, denen es schlechter geht als uns
selbst. Diese für manche vielleicht überraschenden Beobachtungen ließen in der
amerikanischen Hirnforschung den Begriff des „social brain“ bzw. des „egalitarian
brain“ entstehen, was ausdrücken soll: Menschen haben ein von Natur aus auf
soziale Gemeinschaft und auf Gleichwertigkeit ausgerichtetes Gehirn.
Was wir an Einsicht bis hierher gewonnen haben, ließe sich in dem Satz
zusammenfassen: „Der Aggressionstrieb ist tot, doch die Aggression lebt.“ Ich
möchte nachfolgend zunächst, in einem ersten Schritt, darlegen, was uns die
moderne Neurobiologie über die Grundregeln sagen kann, nach denen in einem
Menschen Aggression entsteht. In einem zweiten Schritt möchte ich dann
abschließend einige Überlegungen zu der Frage anstellen, warum wir mit Beginn des
zivilisatorischen Zeitalters, also seit etwa 10.000 Jahren, eine massive Zunahme
menschlicher Aggression zu beobachten haben.
Zunächst also zu der Frage, was uns die moderne Neurobiologie über die
Entstehung aggressiver Impulse lehrt. Zu den frühesten Erkenntnissen einer
wissenschaftlich begründeten Aggressionsforschung gehörte die Beobachtung, dass
die willkürliche Zufügung von Schmerzen ein sozusagen hundertprozentig
zuverlässiger Auslöser von Aggression ist. Der evolutionäre Sinn der Aggression ist
offenbar, dass Lebewesen Schmerz abwehren und ihre körperliche Unversehrtheit
bewahren können. Wer die Schmerzgrenze eines Lebewesens tangiert, wird
Aggression ernten. Doch wie sollen wir uns erklären, dass Aggression bei Weitem
nicht nur dann auftritt, wenn Menschen körperlich angegriffen werden?
Ein Durchbruch zum Verständnis menschlicher Aggression war die erst vor wenigen
Jahren gemachte Entdeckung, dass die Schmerz-Nervenzellen des menschlichen
Gehirns nicht nur dann reagieren, wenn Menschen körperlicher Schmerz zugefügt
wird. Die Schmerzzentren des menschlichen Gehirns reagieren auch dann, wenn
Menschen sozial ausgegrenzt oder gedemütigt werden. Dass körperlicher Schmerz
und soziale Ausgrenzung vom menschlichen Gehirn als etwas sehr Ähnliches
wahrgenommen werden, macht evolutionär Sinn. Der Mensch war – ebenso wie
seine Vorfahren – immer ein sozial lebendes Wesen. Wer in grauen Vorzeiten sozial
ausgegrenzt wurde, war so gut wie tot. Dass unser Gehirn soziale Ausgrenzung wie
körperlichen Schmerz erlebt, lässt uns erstmals verstehen, warum nicht nur
körperlicher Schmerz Aggression nach sich zieht, sondern auch soziale Ausgrenzung
und Demütigung.
Mit der Beobachtung, dass soziale Ausgrenzung Aggression nach sich zieht, erweist
sich die Aggression als ein Verhaltensprogramm im Dienste des sozialen
Zusammenlebens: Überall, wo die soziale Integration gefährdet ist oder gefährdet
erscheint, entsteht als Reaktion – und sozusagen als soziales Regulativ –
Aggression. Ihre Rolle als soziales Regulativ kann die Aggression in der Regel
jedoch nur dann erfüllen, wenn sie sprachlich kommuniziert wird. Direkte körperliche
Aggression macht, wenn überhaupt, nur dort Sinn, wo jemand körperlich angegriffen
wird und sich per Notwehr seiner Haut erwehren muss. Aggression, die nicht
sprachlich kommuniziert wird, ist in Gefahr, selbst zum Ausgangspunkt neuer
Aggression zu werden, mit der Folge, dass sich Aggressionskreisläufe entwickeln.
Ein entscheidender Grund, warum menschliche Aggression ihre Rolle als soziales
Regulativ sehr häufig nicht erfüllen kann, ist ein Phänomen, das ich als
„Verschiebung“ bezeichnet habe. Vielerlei Gründe können dazu führen, dass ein
Mensch seinen Ärger nicht sofort an denjenigen adressiert, dem die Wut eigentlich
gelten sollte. Häufig halten wir unseren Unmut zurück, vor allem dann, wenn wir
einem Stärkeren oder Mächtigeren gegenüberstehen und befürchten müssen,
Nachteile zu erleiden, falls wir uns beschweren würden. Die in einer solchen
Situation zurückgehaltene Aggression löst sich jedoch nicht in Luft auf. Sie wird in
einem Aggressionsgedächtnis gespeichert und hat die Tendenz, sich zu einem
anderen Zeitpunkt oder gegenüber einem anderen Menschen zu entladen. Für
denjenigen Menschen, den eine solchermaßen verschobene Aggression jetzt
ersatzweise trifft, ist sie vollständig unverständlich.
Bei einem nicht geringen Teil der Gewalt, die wir derzeit im öffentlichen Raum
beobachten, handelt es sich um verschobene Aggression. Kinder und Jugendliche
ohne familiäre Bindungen befinden sich im Zustand permanenter sozialer
Ausgrenzung, vor allem dann, wenn diese Bindungslosigkeit noch verschärft wird
durch fehlende Aussichten auf eine berufliche Zukunft. Da soziale Ausgrenzung die
Schmerzgrenze tangiert, bildet sich in Kindern und Jugendlichen, die ohne tragende
Bindungen und ohne Zukunftsperspektiven aufwachsen, ein Nährboden für
Aggression. Das Aggressionspotential kann von den Betroffenen in der Regel jedoch
nicht an die wirklich Schuldigen adressiert werden, sondern sucht sich andere Wege.
Diese Verschiebung der Aggression erklärt, warum – z. B. in Schulen, in UBahnstationen
oder in anderen öffentlichen Räumen – völlig Unbeteiligte zum Opfer
scheinbar unerklärlicher Aggression werden können. Selbstverständlich müssen
Gewalttaten dieser Art, ungeachtet der Tatsache, dass sie Gründe haben, betraft
werden.
Da Ausgrenzungserfahrungen und Demütigungen die Schmerzgrenze tangieren und
Aggression begünstigen, muss unser Interesse darauf gerichtet sein, dass Kinder
und Jugendliche gute familiäre und soziale Bindungen haben. Wo Kinder emotional
vernachlässigt oder gar körperlich traumatisiert werden, entstehen Nährböden für
spätere Gewalt.
Der biologische Aggressionsapparat des Menschen besteht, wie neurobiologische
Untersuchungen zeigen, aus zwei Komponenten. Auf der einen Seite erzeugt eine
Art „Dampfkessel-Komponente“ dann, wenn wir körperlichen oder seelischen
Schmerz erleiden, den in uns aufsteigenden Zorn. Auf der anderen Seite gehört zum
biologischen Aggressionsapparat des Menschen aber auch ein „moralisches Kontroll-
Zentrum“. Dieses besteht aus Nervenzell-Netzwerken, die ihren Sitz im Stirnhirn
haben. Fachleute bezeichnen dieses „moralische Kontroll-Zentrum“ als „Präfrontalen
Cortex“. Aufgabe der Nervenzell-Netzwerke des „moralischen Kontroll-Zentrums“ ist
es, Informationen darüber zu speichern, wie sich Taten, die ich selbst ausübe, für
einen anderen Menschen anfühlen.
Jedes Mal, wenn ein psychisch durchschnittlich gesunder Mensch von einem
anderen massiv geärgert wird, werden beide Komponenten des biologischen
Aggressionsapparates aktiv. Die „Dampfkessel-Komponente“ erzeugt die in uns
aufsteigende Wut. Gleichzeitig informiert uns das „moralische Kontroll-Zentrum“
unseres Stirnhirns darüber, wie sich das, was wir nun in unserem Ärger zu tun
beabsichtigen, für die andere Seite anfühlen würde. Damit bewahrt uns das
„moralische Kontroll-Zentrum“ – wohlgemerkt: zu unserem eigenen Nutzen – davor,
überschießend zu reagieren. Doch woher weiß das „moralische Kontroll-Zentrum“,
wie sich Dinge, die wir selber tun, aus der Sicht anderer Menschen darstellen?
Bei Geburt eines Menschen sind die Nervenzell-Netzwerke des „moralischen
Kontrollzentrums“ noch ohne jede Information. Seine Informationen erhält das
„moralische Kontroll-Zentrum“ durch einen jahrelangen Prozess, den wir „Erziehung“
nennen. Damit die Nervenzell-Netzwerke des „moralischen Kontrollzentrum“ reifen
können, muss jedes Kind ab dem etwa dritten Lebensjahr lernen, welche sozialen
Regeln gelten. Es muss lernen, seine Impulse zu mäßigen, sinnvollen Verzicht zu
ertragen, mit anderen zu teilen und zu warten, wenn das soziale Zusammenleben
dies erforderlich macht. „Erziehung“ ist kein gegen die Natur des Kindes gerichtetes,
also kein sozusagen contra-biologisches Programm. Im Gegenteil. Das „moralische
Kontroll-Zentrum“ unseres Gehirns ist ein evolutionär entstandener Teil unserer
Biologie und gehört zu unserer menschlichen Natur.
Kinder, die nicht früh zur Einhaltung sozialer Regeln angehalten werden, erleiden
eine Reifungsstörung ihres im Präfrontalen Cortex gelegenen „moralischen Kontroll-
Zentrums“. Sie können sich später sozial oft nur schwer einfügen. Kleinste
Frustrationen sind für solche Kinder später oft unerträglich und führen zu
Zornesausbrüchen oder Gewalt. Damit Kinder später, wenn sie herangewachsen
sind, nicht von Aggression überflutet werden, bedarf es also zweierlei: Zum einen
braucht jedes Kind vom ersten Lebenstag an Liebe, Zuwendung, Einfühlung und
Verständnis. Gleichzeitig sollte jedes Kind, vom etwa dritten Lebensjahr an, die
Regeln erlernen, die Gemeinschaft und gelingendes Zusammenleben möglich
machen. Eine jüngst in einem renommierten Journal publizierte wissenschaftliche
Studie zeigte, dass Kindern, die im dritten bis vierten Lebensjahr nicht begonnen
haben, soziale Regeln zu beachten und angemessene Frustrationen zu ertragen, als
Erwachsene in allen Lebensbereichen – sei es Partnerschaft, Arbeitsplatzsituation
oder Straffälligkeit – die schlechteren Karten haben.
Ich habe eingangs angekündigt, zunächst – in einem ersten Schritt – darzulegen,
was uns die moderne Neurobiologie über die Grundregeln der
Aggressionsentstehung sagen kann. Es gäbe noch einiges mehr zu sagen, Sie
finden in meinem Buch „Schmerzgrenze“ zahlreiche weitere wichtige Aspekte
dargelegt. Hier und jetzt möchte ich es aber bei dem belassen, was ich bisher zur
Neurobiologie der Aggression ausgeführt habe. In einem zweiten Schritt, so habe ich
eingangs angekündigt, wollte ich nun einige Überlegungen zu der Frage anstellen,
warum wir mit Beginn des zivilisatorischen Zeitalters, also seit etwa 10.000 Jahren,
eine massive Zunahme menschlicher Aggression zu beobachten haben. Lassen Sie
mich dazu jetzt abschließend noch einige kurze Bemerkungen machen.
Die Bedingungen, unter denen der Mensch in unseren zivilisierten Gesellschaften
heute lebt, unterscheiden sich fundamental von jenen natürlichen Verhältnissen,
unter denen sich unsere Spezies evolutionär entwickelt hat. Entgegen so mancher
Theorie früherer Jahre deutet tatsächlich nichts darauf hin, dass unsere
evolutionären Vorfahren Schrecken verbreitende Ungetüme waren. Die mit den
Begriffen „man the hunter“ und „demonic males“ verbundenen Vorstellungen über die
angeblich aggressive und blutrünstige Natur unserer evolutionären Vorfahren haben
sich, neueren Untersuchungen zufolge, als wenig haltbar erwiesen.
Unsere evolutionären Vorfahren, die sogenannten Australopitheken, waren
Zwischenwesen zwischen Affe und Mensch. Mit ihren etwa 1,30 Meter Körpergröße
und ihrer – im Vergleich zu vielen Raubtieren – eher langsamen
Fortbewegungsweise waren sie kaum in der Lage, in ihrem Umfeld Angst und
Schrecken zu verbreiten. Verschiedene Körpermerkmale des Australopithecus,
insbesondere seine Zähne, weisen darauf hin, dass er ein Wesen war, das sich
überwiegend vegetarisch ernährte. Er lebte nicht nur von Früchten, Blättern, Blüten,
Nüssen und Samen, sondern ernährte sich auch von Zwiebeln und Knollen, die er
aus der Erde herausholte. Fleischliche Nahrung, insbesondere Ameisen, kleine Tiere
und Fischfang ergänzten das vegetarische Angebot.
Die Jagd im größeren Stil war – evolutionär betrachtet – eine relativ späte
Errungenschaft des Menschen. Der Verzehr größerer Fleischrationen setzte nicht nur
die Entwicklung entsprechender Jagdwerkzeuge voraus, sondern vor allem auch die
Beherrschung des Feuers, da unsere Vorfahren – wie auch wir selbst – rohes Fleisch
nur schlecht verdauen konnten. Da sich die gemeinschaftliche Jagd auf größere
Wildtiere – evolutionär gesehen – also erst relativ spät entwickelt hat, spricht nichts
dafür, dass der Mensch einen angeborenen Jagdinstinkt entwickelt hätte, dem wir –
wie einige Forscher behauptet haben – eine angeblich tief in uns sitzende Mordlust
zu verdanken hätten. Nicht die Verbreitung von Angst und Schrecken war das
evolutionäre Erfolgsrezept des Menschen, sondern sozialer Zusammenhalt,
Kooperation und Intelligenz.
Alles, was uns die Archäologen sagen, spricht dafür, dass der Mensch, bevor er vor
etwa 10.000 Jahren sesshaft wurde und in die zivilisatorische Epoche eintrat, ein
Wesen war, welches überwiegend friedlich in Gruppen zusammenlebte. In die
gleiche Richtung gehen Beobachtungen, die sich bei der Mehrheit der noch
existierenden vorzivilisatorischen Jäger- und Sammlerkulturen machen ließen. Die
meisten der heute noch lebenden Jäger und Sammler leben friedlich, wobei es hier
allerdings einige Ausnahmen gibt. Das Gelände, in dem sich unsere
präzivilisatorischen Vorfahren aufhielten, war für alle frei zugänglich, Eigentum an
Grund und Boden existierte noch nicht. Erwerbsarbeit war unbekannt. Die zur
Verfügung stehenden Ressourcen wurden weitgehend gleichmäßig verteilt. Keiner
hungerte, wenn nicht alle hungerten.
Der Einstieg in die zivilisatorische Epoche, der vor circa 10.000 Jahren im Nahen
Osten und im oberen Zweistromland stattfand, dürfte eine der fundamentalsten
Veränderungen gewesen sein, welche die menschliche Spezies durchlebt hat. Es
scheinen globale Klimaveränderungen am Ende der letzten Eiszeit gewesen zu sein,
auf die Menschengruppen reagieren mussten, die vor 10.000 Jahren im sogenannten
„fruchtbaren Halbmond“ wohnten, einem Landstrich zwischen Jordantal und oberem
Zweistromland. Ressourcenmangel, bedingt durch einen drastischen Rückgang an
natürlich wachsenden Früchten und durch Überjagung des Wildbestandes, scheint
unsere Vorfahren gezwungen zu haben, sesshaft zu werden, sich der mühsamen
Arbeit des Ackerbaus zu unterziehen und Viehwirtschaft zu betreiben.
Fachleute bezeichnen den fundamentalen Veränderungsprozess des menschlichen
Lebens, der mit der Sesshaftigkeit vor 10.000 Jahren einherging, als sogenannte
„neolithische Revolution“. Dass die „neolithische Revolution“ von den damals
Betroffenen wie eine Vertreibung, jedenfalls als überaus schwerwiegende Umstellung
empfunden wurde, zeigt die Paradieslegende, die nicht nur in der Bibel, sondern in
den Mythen des Nahen Ostens mehrfach anzutreffen ist.
Die neolithische Revolution bedeutete den Eintritt des Menschen in die
zivilisatorische Welt. Sie bedeutete nicht nur die Erfindung des Eigentums und der
Erwerbsarbeit, sondern den grundlegenden Einzug des ökonomischen Prinzips in
das menschliche Zusammenleben. Der Mensch wurde, nachdem er zu einer
Arbeitskraft und damit Teil eines ökonomischen Kalküls geworden war, nun selbst
zur Ware, was logischerweise zur Folge hatte, dass Menschen begannen, Macht
über andere Menschen auszuüben.
Die neolithische Revolution hatte einen fundamentalen Wandel der Art und Weise zur
Folge, wie Menschen zusammenlebten. Das Eigentumsprinzip ersetzte das bisherige
Prinzip des Gemeinschaftseigentums. Harte Erwerbsarbeit ersetzte das bisherige, in
Gruppen ausgeübte gemeinschaftliche Sammeln und Jagen. Anstatt, wie bisher, ein
natürliches Daseinsrecht zu genießen, wurde der Mensch nunmehr vor allem nach
seiner ökonomischen Leistung bemessen. Die Tatsache, dass das bisherige Leben,
welches sich vor allem in der Gemeinschaft einer vertrauten Gruppe abgespielt hatte,
so nicht fortgesetzt werden konnte, brachte eine erhebliche soziale Desintegration
mit sich. Alle diese Veränderungen haben eines gemeinsam: Sie brachten Neid,
Eifersucht, Unterdrückung und Auflehnung mit sich. Dies ist der Grund, warum diese
Veränderungen zugleich ein ungeheures, bisher nicht bekanntes
Aggressionspotential erzeugten.
Ich möchte nicht falsch verstanden werden: Der Eintritt in den zivilisatorischen
Prozess, der mit der neolithischen Revolution vor 10.000 seinen Anfang nahm, ist
unumkehrbar. Eine Rückkehr in eine Welt, wie sie davor bestand, ist weder möglich
noch wünschenswert, auch wenn dieser Traum immer wieder einmal geträumt wird.
Die Chancen, die sich dem Menschen durch die Zivilisation geboten haben und bis
heute bieten, sind faszinierend, wir sollten sie bejahen. Doch zugleich spürte bereits
der neolithische Mensch und spüren wir bis heute, welche gewaltige Entfremdung
das zivilisatorische Leben für unsere Spezies bedeutete und bedeutet. Hohe Raten
körperlicher und psychischer Erkrankungen, nicht zuletzt auch das berüchtigte
Burnout-Syndrom, alle diese Störungen zeigen eines: Für ein Leben im Dauerstress,
in Existenzangst, in permanenter Konkurrenz, in sozialer Isolation und mit einem
hohen Level an zwischenmenschlicher Aggression sind wir evolutionär nicht
gemacht.
Meine These ist, dass wir derzeit so etwas wie eine zweite Welle der neolithischen
Revolution erleben: Die Ressourcen unserer Erde sind begrenzt. Gleichzeitig nimmt
die Weltbevölkerung weiter zu. Angesichts dieser Situation ist zweierlei zu erwarten:
Auf der einen Seite wird sich das ökonomische Prinzip und der mit ihm einher
gehende Leistungsdruck weiter verschärfen. Auf der anderen Seite wird sich die
Frage, wie wir die vorhandenen Ressourcen verteilen, national und global zuspitzen.
Menschengruppen, die von der Teilhabe an den gesellschaftlichen Ressourcen eines
Landes – sei es Bildung, seien es Arbeitsplätze, sei es materielle Teilhabe –
ausgeschlossen sind, erleben sich ausgegrenzt. Ausgrenzung tangiert, wie wir
gelernt haben, die Schmerzgrenze und begünstigt Gewalt. Daraus folgt, dass
nationale und globale Gerechtigkeit die beste Gewaltprävention darstellen.
Ich möchte schließen und die wesentlichen Thesen zusammenfassen:
1. Wer die Schmerzgrenze des Menschen tangiert, wird Gewalt ernten.
2. Die Schmerzzentren des menschlichen Gehirns reagieren nicht nur auf körperliche
Gewalt, sondern ebenso auf soziale Ausgrenzung und Demütigung. Daher ist nicht
nur körperliche Gewalt, sondern auch soziale Ausgrenzung ein Nährboden für
Aggression.
3. Kinder, die ohne tragende Bindungen zu ihren Bezugspersonen leben, befinden
sich im Zustand der permanenten Ausgrenzung und haben ein erhöhtes Risiko,
aggressive Verhaltensstörungen zu entwickeln.
4. Jedes Kind hat – vom ersten Lebenstag an – einen neurobiologisch begründeten
Bedarf und Anspruch auf Liebe, Zuwendung und Bindung. Gleichzeitig sollte jedes
Kind spätestens ab dem dritten Lebensjahr angehalten werden, die sozialen Regeln
des Zusammenlebens zu erlernen und zu beachten.
5. Sowohl national als auch global gesehen gilt: Armut im Angesicht des Reichtums
anderer bedeutet Ausgrenzung und Demütigung und wird Gewalt nach sich ziehen.
Gerechtigkeit ist daher die beste Gewaltprävention.
*****
III (Spitzbart) Dem Burnout ist vorzubeugen
Dr. med. Spitzbart: Dem Burnout ist vorzubeugen
Seminar: leistet Präventivhilfe für die Gesundheit
ako@fid-verlag.de; http://www.fid-gesundheitswissen.de; duckwitz@publicandis.de
Bonn (pts/08.03.2007) - Wie kommt man körperlich und mental in Bestform und das in kurzer Zeit?
Mit dem Thema befasst sich Dr. med. Michael Spitzbart im Seminar "Begeisterung statt Burnout: Power your Life!" am 31. März in München. Der Leiter der ersten Praxis für Gesunde erläutert, wie sich Burnout vorbeugen lässt. Unterstützt wird das Seminar vom FID-Verlag in Bonn. Die Teilnahmegebühr beträgt 240 Euro.
Jünger, leistungsfähiger und erfolgreicher sein:
Die Grundlagen für diese Effekte legt Dr. med. Michael Spitzbart in seinem Seminar "Begeisterung statt Burnout: Power your Life!".
Die Seminarteilnehmer erfahren, warum sie bisher an ihre körperlichen und mentalen Grenzen gestoßen sind. Schwerpunkte des Seminars sind die drei elementare Säulen des Lebens: gesunde Ernährung, mentale Fitness und Bewegung.
Die drei Säulen bringen die Seminarteilnehmer in Bestform:
Wie unser Leben von diesen drei Säulen abhängig ist, zeigt der Referent am Ernährungsstil der Topmanager und Spitzensportler. So lernen die Teilnehmer, wie sich richtige Ernährung auf menschliches Hormonsystem auswirkt. Die Folge sind eine optimistische Grundstimmung, gesteigerte Angriffslust und Stehvermögen.
Warum warten, bis die Batterien endgültig leer sind?
Dr. Spitzbart erklärt im Seminar die Kraft verleihenden Entspannungstechniken und Regenerationsmethoden, aber auch die Effekte der Entspannung auf die körperliche und geistige Gesundheit.
Darüber hinaus zeigt der Referent, wie sich mit Bewegung körpereigene Energien wecken lassen. Er vermittelt den Seminarteilnehmern ein Bewegungsprogramm, mit dem sie dem Stress davon laufen können. Fett wird abgebaut, die Blutgefäße öffnen sich, die Durchblutung wird gesteigert.
Für das Seminar mit einem der bekanntesten Gesundheitsexperten Deutschlands sind noch Plätze frei.
Der Referent:
Dr. med. Michael Spitzbart zählt zu den bekanntesten Gesundheitsexperten Europas und ist ein international gefragter Referent zum Thema Stressbewältigung im Management. Nach seinem Medizinstudium in den USA und an verschiedenen deutschen Universitäten erfolgte nach längerer chirurgischer Tätigkeit seine Ausbildung im Fachgebiet Urologie am Klinikum Nürnberg. Dr. Spitzbart ist spezialisiert auf Akupunktur (insbesondere zur Nikotinentwöhnung) sowie auf präventive und orthomolekulare Medizin und leitet heute die erste Praxis Deutschlands für Gesunde.
Kontakt:
FID Gesundheit Verlag
Fachverlag für Gesundheitswissen
Antje Korf
Koblenzer Straße 99, D-53177 Bonn
Tel.: +49 - 228 - 82 05 77 58
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Ansprechpartner: Philip Duckwitz
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