Tatjana Hofmann : Literarische Ethnografien der Ukraine . Prosa nach 1991

Lebenswelt
Literarische Ethnografien - Ukraine
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Online-Publikation: Dezember 2014  im Internet-Journal <<kultur-punkt.ch>>
Ereignis-, Ausstellungs-, AV- und Buchbesprechung
<< Tatjana Hofmann : Literarische Ethnografien der Ukraine . Prosa nach 1991 >>
Schwabe interdisziplinär (Schwint 5): 500 Seiten, gebunden ;ISBN 978-3-7965-3331-0; sFr. 68.- / € (D) 57.- / € (A) 58.50;  auch im Format E-Book: PDF erhältlich 
Schwabe  Verlag, Basel; http://www.schwabe.ch

Inhalt
Konstruktionen der Ukraine in ukrainischer und russischer Prosa
Nach 1991 findet eine verstärkte (Selbst-) Ethnologisierung der Ukraine in der Literatur statt. Dafür gestalten ukrainisch- und russischsprachige Prosatexte kulturelle und fiktionale Räume. Die Narrationen mit Fokus auf die West-, Ost-, Zentralukraine und die Krym sowie L’viv, Kyïv und Charkiv werden in dieser Studie zu Objekten einer «beobachtenden Lektüre» literarischer Explorationen.
Die Ukraine ist nicht nur in letzter Zeit von innen- wie aussenpolitischen Konflikten zerrüttet, sondern seit Jahrhunderten von politischen Brüchen und territorialen Neuverschiebungen geprägt. Das zweitgrösste europäische Land ist zum Gegenstand national engagierter Konstruktionen und Dokumentationen geworden, die der Selbsterkundung und Positionierung dienen. Die Untersuchung analysiert dieses Phänomen anhand ukrainisch- und russischsprachiger Prosa aus der Zeit von 1991 bis 2011 – den ersten beiden Jahrzehnten der Unabhängigkeit der Ukraine.
Der nachholende Anschluss der fiktionalen Ukraine an europäisch konnotierte Diskurse verdeckt zeitgleich zu findende literarische Charakteristika, die dem postmodernen Denken widersprechen: Das totgesagte Subjekt kehrt zurück, die «korrigierte» und «wahre» Geschichte sowie ausserliterarisch erfahrbare Topografien werden vorausgesetzt.
Die Arbeit betrachtet, wie Prosatexte auf (meta)sprachlicher Ebene die Ukraine konzipieren – wie sie an der Writing Culture partizipieren und wie sie dafür das Konzept der Ethnografie, der Vertextlichung erlebter Räume, einsetzen. Sie geht auf diese Weise dem «ethnografischen» – Kultur beobachtenden und erschreibenden – Moment von Literatur nach, um eine theoretische und an komparatistischen Beispielanalysen ausgeführte Alternative zur postkolonialen Politisierung anzubieten. Vor der Folie des nationalen Diskurses stehen heterogene Repräsentationen verschiedener Regionen und Städte der Ukraine im Vordergrund.    

Autorin
Tatjana Hofmann ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Slavischen Seminar der Universität Zürich. Sie hat an der Humboldt-Universität zu Berlin Ethnologie, Slavistik und Germanistik studiert, 2012 promovierte sie an der Universität Zürich mit der vorliegenden Arbeit. Sie setzt sich mit der ostslawischen Kulturund Literatur der Moderne und Postmoderne auseinander, publiziert und übersetzt.http://www.slav.uzh.ch/ueberuns/Mitarbeiter-1/tanjahofmann.html

Fazit
Mit grossem Geschick und wissenschaftlicher Gründlichkeit vermag die Ethnologin, Slavistin und GermanistinTatjana Hofmann in ihrem Diskurbuch "Literarische Ethnografien der Ukraine" deren Prosa nach 1991 zwischen drei Begriffen anschaulich darzulegen. Dabei pendelt sie gekonnt zwischen Kultur, urbanen wie regionalen Lebenraum (2) und der Narration der ukrainisch-russischen Protagonisten in ihren neun umsichig erläuterten Kapiteln die sie wie folgt zugleich selbst kennzeichnen: Durch ihre  Selbsterforschungsaufgabe, den Kulturisationen, Ethnografischen Feld- und Raumbeschreibungen - lokal-regional und urban, sowie der hochintensiv dargelegten poetischen Produktion der ukrainischen Stadtkulturgeschichte zwischen 1991 bis heute in ihrern zunehmend fragmentierten Erscheinungsformen (1) : Bei der Verlustwahrnehmung und deren Destibalisierung, aber auch Erlösungserleben, im Enthistorisieren sowie im Dekonstruieren und Re/generieren der 'Raumtexte' - wie sie diesen paradigmatischen Diskurs selbst nennt. Eine hervorragende Studie, die transdisziplinär und paradigmatisch über die spezifisch national orientierte Thematik modellhaft hinausweist. m+w.p14-12
(1) http://www.kultur-punkt.ch/galerie/eigene-arbeiten/prankl-mw-leben-werk/projekt-fragmentierung-einfuehrung.html
(2) http://www.kultur-punkt.ch/urbanitaet-global-links.html