Traumatisierung und Verwahrlosung . Wie kann Psychoanalytische Sozialarbeit helfen?

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Online-Publikation: Dezember 2017 im Internet-Journal <<kultur-punkt.ch>>
Ereignis-, Ausstellungs-, AV- und Buchbesprechung
<< Traumatisierung und Verwahrlosung . Wie kann Psychoanalytische Sozialarbeit helfen?
Verein für Psychoanalytische Sozialarbeit (Hrsg.) >>

251 S., Pb.,  ISBN 9783955582036; 29,90 €
Brandes & Apsel Verlag, Frankfurt a.M.; http://www.brandes-apsel-verlag.de

Charakteristika
> Herausgeber:
Verein für Psychoanalytische Sozialarbeit (Rottenburg und Tübingen)
Unsere Arbeitsweise
Die Methode unserer Arbeit ist – wie der Name unseres Vereins sagt – die „Psychoanalytische Sozialarbeit“. Was heißt das? Nun das heißt zunächst, dass wir bei jungen Menschen, bei denen wir eine seelische Not spüren, die sich auf ihre sozialen Fähigkeiten auswirkt, konkrete und handfeste Pädagogik und Sozialarbeit leisten. Darüber hinaus leiten wir unsere Arbeitshypothesen über die jeweiligen Lebensschwierigkeiten und die psychische Situation eines Menschen aus der Psychoanalyse ab.
 Die psychoanalytische Orientierung ist ein Weg des Verstehens. Gerade bei völlig „unvernünftig“ erscheinenden Verhaltensmustern kann sie zeigen, dass dahinter durchaus verstehbare unbewusste Konflikte und Motive liegen.
 Indem wir unseren Blick auf die unbewussten Motive richten und die damit verbundene misslungene soziale Integration, wird oft deutlich, dass positive Entwicklungen nur dann möglich sind, wenn Veränderungen gleichzeitig beim Betroffenen und im Umfeld bewirkt werden. Das heißt, wir versuchen sowohl das „Innere“ als auch das „Äußere“ zu beeinflussen.
 Zusammengefasst bedeutet das, dass wir durch sehr genaue Berücksichtigung der individuellen Besonderheiten jedes einzelnen von uns betreuten Menschen eine positive Entwicklung ermöglichen wollen.
 Die Bandbreite unserer Angebote umfasst:
•Sozialtherapeutische Einzelstunden
•Kooperation mit dem Umfeld (insbesondere Elterngespräche)
•Tagesstrukturierende Angebote
•Betreutes (Jugend-)Wohnen
•stationäre Wohngruppen
•Hilfen bei der Integration in Schule und Beruf
http://psychoanalytische-sozialarbeit-tue.de/

Inhalt
Traumatisierten Menschen zu helfen ist oftmals nicht einfach, denn sie sind nicht nur dankbar für unsere Hilfe und Therapie. Oft bringen sie die Helfer in aussichtslose, ohnmächtig und perspektivlos machende Situationen. Sie übertragen die passiv erlittene Ohnmacht und ihren Schmerz in unbewusst-aktiver Form auf die Helfer. Häufig verweigern und attackieren sie Hilfsangebote, lassen sie scheitern. Traumatisierte Menschen brauchen eine große Offenheit, eine hohe Leidensbereitschaft und Enttäuschungsresistenz bei den Helfern.
Schon 1925 hat Aichhorn gezeigt, welche ungewöhnlichen Wege man mitunter beschreiten muss, um Menschen zu helfen, die ihre Not nicht nur mit Worten, sondern auch in sozial nicht konformen Handlungen ausdrücken. Die Rückbesinnung auf den veralteten und heute oft sehr pejorativ konnotierten Begriff der Verwahrlosung im Sinne von August Aichhorn erschien uns sinnvoll, weil uns immer mehr Jugendliche begegnen, denen im Rahmen der standardisierten Angebote der Sozialpädagogik und der Psychotherapie nicht gut geholfen werden kann.
 
Fazit
Psychoanalytische Sozialarbeit umfasst für das zwölfköpfige AutorInnenteam (0), das Erspüren seelischer Nöte junger Menschen, die sich auf ihre sozialen Fähigkeiten und Fertigkeiten auswirken, 'konkrete und handfeste Pädagogik und Sozialarbeit zu leisten - wie sie (0) in der Schrift „Traumatisierung und Verwahrlosung . Wie kann Psychoanalytische Sozialarbeit helfen?“  in deren Beiträgen brillant und praxisorientiert formuliert wurden.
Besonders der Verwanrhrlosungs- & Traumabegriff (seit rund 100 Jahre dank August Aichhorn (1) wirkt besonders nach der ‚Ruptur der Nazizeit‘ zwar ambivalent inflationär - wird aber im Kern immer noch zu wenig rezipiert und weiterentwickelt, bis zu dieser vorliegenden zusammenfassenden wie innovativen Studie für den helfenden Umgang mit betroffenen Menschen.
Trauma und Verwahrlosung werden durch Fallgeschichten traumatheoretisch und metapsychologisch in der psychoanalytischen Sozialarbeit - sowohl im Strafvollzug als in Familien mit Migrationshintergrund und Trennungserfahrungen - grosso modo - im Sinne von Aichhorn und Laplanche (2) -  gebührend verdeutlicht.
So wirkt diese langzeitlich empirisch-theoretisch belegte Kärnerarbeit (3) zu einem Muss zu  weiteren Arbeiten mit grundsätzlichen Überlegungen zur Traumatheorie und –therapie, sowie meta- und sozialpsychologischen Aspekten. m+w.p17-12

0) Mit Beiträgen des Autorenteams:
Thomas Aichhorn, Martin Feuling, Michael Günter, Joachim Heilmann, Anke Kerschgens, Nanni Kreiling, Christof Krüger, Horst Nonnenmann, Achim Perner, Marie Peterschmidt, Berhard Schwaiger, Reinhold Wolf
1)
August Aichhorn (* 27. Juli 1878 in Wien; † 13. Oktober 1949 ebenda) war ein österreichischer Pädagoge und Psychoanalytiker.
Er war zunächst Volksschullehrer in Wien. Nach dem Ersten Weltkrieg erprobte er moderne Pädagogik in den Anstalten Ober-Hollabrunn und St. Andrä an der Traisen (1918–1922). Er stellte dort unter Beweis, dass Zwangserziehung in „Besserungsanstalten“ keine positiven Erfolge brachte. Die Aggression bei Jugendlichen begründete Aichhorn mit einem Liebesdefizit. Er hatte die Idee eines „positiven Kinderheimes“, verwahrlosten Jugendlichen begegnete er mit Liebe, Aufmerksamkeit und echtem Interesse. Aichhorn wurde amtlicher Leiter der Wiener städtischen Fürsorgeanstalten, später Leiter der Wiener Psychoanalytischen Erziehungsberatung, in der Kriegszeit Lehranalytiker für Ärzte und Psychologen, dann Professor in Wien und Vorstand der Wiener Psychoanalytischen Institute. Er teilte Anna Freuds Ansicht, dass Familienerziehung der institutionalisierten Heimerziehung überlegen ist.
https://de.wikipedia.org/wiki/August_Aichhorn
2)
Jean Laplanche (* 21. Juni 1924 in Paris; † 6. Mai 2012 in Beaune, Burgund) war ein französischer Autor und Theoretiker der Psychoanalyse.
Er ist insbesondere durch seine Arbeiten auf dem Gebiet der psychosexuellen Entwicklung und über Freuds Verführungstheorie, die er 1987 verallgemeinert (Théorie de la séduction généralisée), bekannt. Gemeinsam mit Jean-Bertrand Pontalis verfasste er 1967 das Standardwerk Das Vokabular der Psychoanalyse. Das Journal Radical Philosophy beschreibt ihn als „the most original and philosophically informed psychoanalytic theorist of his day
https://de.wikipedia.org/wiki/Jean_Laplanche
3)
Kärrnerarbeit (auch Kärrner „Wagenzieher“, von Karren) steht für harte körperliche Arbeit. Ursprünglich war dies Arbeit, die von einem Karrenführer, einem „Kärrner“, ausgeführt wurde. Der Begriff wurde auf anstrengende, zähe körperliche Arbeit allgemein übertragen. Er wird aber auch im figurativen Sinne benutzt, wenn eine Problemlösung besondere Anstrengungen erfordert.
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