Brigitte Kölle : Trauern . Von persönlichem Verlust und politischer Veränderung

Leben - Arbeit Topoi A_Z > Leben - wie -> Verhalten - Gesellschaft > Selbstbestimmt leben A-Z ->
Trauern > persönlich-politisch. B. Kölle, Hg.
-lw-wagenbach22-10trauern-

Online-Publikation: Oktober 2022 im Internet-Journal <<kultur-punkt.ch>>
Ereignis-, Ausstellungs-, AV- und Buchbesprechung
<< Brigitte Kölle : Trauern . Von persönlichem Verlust und politischer Veränderung >>
158 Seiten,.20,5 x 23,5 cm, Klappenbroschur, Hardcover . ISBN 978-3-8031-3722-7, 30,00 €
Über 50 Jahre Verlag Klaus Wagenbach, Berlin; http://www.wagenbach.de;

Charakteristika
> Das Werk ist Teil der Reihe: Allgemeines Programm - Sachbuch
> 'Trauer ist verstörend und führt uns an die Grenzen der Kommunikation.
Treuer trifft uns persönlich und ist zugleich politisch bedeutsam'..
> Die Medien Buch, Ausstellung und verdichten den digitalen Diskurs zum 'Annähern und tastenden Erkunden eines existenziellen Zustandes im verbleibenden Erinnern'..

Inhalt Buch
Viele von uns sind blind für die Phänomene von Verlust und Trauer, bis wir selbst damit konfrontiert werden. Ob es sich um den Abschied von einem geliebten Menschen durch Trennung oder Tod handelt, den Verlust von Heimat und Vertrautheit – wir alle machen in unserem Leben leidvolle Erfahrungen von Unwiederbringlichkeit. Und wir alle trauern anders.
Dieser Band nähert sich mit Essays, zeitgenössischen künstlerischen Arbeiten von Seiichi Furuya bis Maria Lassnig, literarischen Texten und Interviews einem verstörenden Zustand, der uns allzu oft an die Grenzen der Kommunikation führt. Er zeigt an weltweiten Beispielen, dass das enorm persönliche Gefühl der Trauer auch eine außerordentlich politische Dimension hat, sei es in Auseinandersetzungen mit der AIDS-Krise oder antirassistischen Protesten, die uns vor die Frage stellen: Um wen und wie trauert unsere Gesellschaft?

Inhalt Austellung
Von Verlust und Veränderung
07. Feb 2020 bis 02. Aug 2020
Inhalt Austellung
Die Erfahrungen von Verlust, Trauer und Wandel bergen ein verstörendes Potenzial, das schwer zu benennen ist und sich einer Darstellbarkeit regelrecht zu entziehen scheint. Die Ausstellung versammelt künstlerische Positionen der internationalen Gegenwartskunst, die um diese Phänomene kreisen. Ob es sich um den Verlust eines geliebten Menschen durch Trennung oder Tod handelt, den Abschied von Idealen und Visionen, den Verlust von Heimat und Vertrautheit – wir alle machen in unserem Leben leidvolle Erfahrungen von Enttäuschung, Scheitern und Unwiederbringlichkeit. Obwohl diese Erlebnisse uns individuell betreffen, ist die Art und Weise unseres Umgangs mit ihnen, ihrer Darstellung und ihrer Wertung abhängig von unserem kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Umfeld.


Welche Bilder finden Künstler*innen heute für Abschied, Trauer, Verlust und Wandel? Welche Bedeutung kommt überlieferten Pathosformeln und eindeutigen Symbolen zu? Und was vermag der Umgang mit Trauer über unsere Gegenwart zu erzählen?
Rund 30 internationale Künstler*innen aus 15 Ländern beschäftigen sich in Bildern, Skulpturen, Videos, Fotografien, Rauminstallationen, Dia-Projektionen und Sound Pieces mit dem Thema Verlust als einer existentiellen, schmerzhaften Verunsicherung und der daraus resultierenden Unterbrechung des Gangs der Dinge. Die Vielschichtigkeit des Themas wird in der Ausstellung anhand von Kapiteln wie »Melancholie und Trauer«, »Trauer und Geschlecht«, »Kollektive Trauer«, »Trauer und Rebellion«, »Formen des Abschieds«, »Die Unfähigkeit zu trauern« anschaulich.
Ein speziell für die Ausstellung entstandenes, neues Sound Piece der Turner-Prize-Trägerin Susan Philipsz lässt im Lichthof der Galerie der Gegenwart die alte Tradition des Wehklagens (engl. keening) aufleben. Der japanische Künstler Seiichi Furuya webt persönliche Verlusterfahrung (den Selbstmord seiner Frau) und den Abgesang auf eine politische Gesellschaftsstruktur (DDR) ineinander. In wenig bekannten, eindrucksvollen Bildern verbindet die international renommierte Künstlerin Maria Lassnig den persönlichen Verlust durch den Tod ihrer Mutter mit einer grundlegenden Verunsicherung und Infragestellung ihrer künstlerischen Schaffenskraft. In seinem Film »I’m too sad to tell you« (1970/71) wirft Bas Jan Ader Fragen auf nach Privatheit und Öffentlichkeit, nach Konvention und Peinlichkeit, nach Grenzen der Sprache sowie der Darstellbarkeit. Die eindrucksvollen, großformatigen Fotografien von Anne Collier sind auf der Grundlage von Comics aus den 1950/60er Jahren entstanden und entblößen die mediale Umsetzung einer weinenden, jungen und schönen Frau als kühle Konvention und geschlechtsspezifisches Rollenbild.
Die Ausstellung spannt einen großen Bogen von den Miniatur-Särgen Kudjoe Affutus aus Ghana bis hin zu Andy Warhols ikonischem Porträt »Jackie« (1964). Erstmalig in Deutschland sind die strengen und zugleich poetischen Schrift-Arbeiten der für dem Turner-Prize 2019 ausgezeichneten Helen Cammock zu sehen. Die Werkserie von bearbeiteten Fotografien aus dem Syrien-Krieg des Künstlers Khaled Barakeh greift das jahrhundertealte Bildmotiv der Pietà auf und ist dabei von verstörender Aktualität.
Die versammelten Werke vermitteln in ihrer Vielsprachigkeit eine Ahnung davon, wie mannigfaltig die Formen von Trauer sein können. Darüber hinaus macht die Ausstellung deutlich, dass die Trauer politisch bedeutsam ist und Rückschlüsse auf gesellschaftliche Miss- und Zustände zulässt. Angesichts der ab- und ausgrenzenden Verteilung öffentlicher Trauer stellte die amerikanische Philosophin Judith Butler die berechtigte und entscheidende Frage: »Welches Leben gilt als betrauerbar, als schätzenswert, als Leben von Subjekten mit zu respektierenden Rechten?« (2009) Butler konstatiert weiter: »Ich denke, dass eine vollkommen andere Politik entstehen würde, wenn eine Gemeinschaft lernen könnte, ihre Verluste und ihre Verletzbarkeit auszuhalten.«
Nach Besser scheitern (2013) und Warten. Zwischen Macht und Möglichkeit (2017) ist Trauern. Von Verlust und Veränderung (2020) die dritte Ausstellung der Hamburger Kunsthalle in einer von Brigitte Kölle kuratierten Reihe, die sich mit Tabu- und Grenzthemen auseinandersetzt.
Mit Werken von
Bas Jan Ader, Kudjoe Affutu, Khaled Barakeh, Christian Boltanski, Helen Cammock, Anne Collier, Johannes Esper, Sibylle Fendt, Seiichi Furuya, Paul Fusco, Felix Gonzalez-Torres, Aslan Ġoisum, Ragnar Kjartansson, Maria Lassnig, Jennifer Loeber, Ataa Oko, Adrian Paci, Philippe Parreno, Susan Philipsz, Greta Rauer, Willem de Rooij, Michael Sailstorfer, Thomas Schütte, Dread Scott, Rein Jelle Terpstra, Rosemarie Trockel, Tilman Walther, Andy Warhol.
Die Ausstellung wird von einem umfangreichen Veranstaltungsprogramm aus Künstlergesprächen, Vorträgen, Lesungen, Führungen, Musikabenden begleitet.
Gefördert von: ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius, Körber-Stiftung, Rudolf Augstein Stiftung, Malschule in der Kunsthalle e. V., Stiftung Deutsche Bestattungskultur, Philipp Otto Runge Stiftung, Behörde für Kultur und Medien Hamburg

Herausgeberin
Kölle studierte an der Universität Hildesheim Kulturwissenschaften und absolvierte von 1992 bis 1993 ein Postgraduierten-Programm Museum Studies an der New York University. 2005 wurde sie bei Josef Nolte in Hildesheim promoviert.[1] Bereits während ihres Studiums arbeitete sie in der Galerie von Konrad Fischer
https://de.wikipedia.org/wiki/Brigitte_K%C3%B6lle

Fazit
Die Kulturwissenschaftlerin und Herausgeberin des Bildbandes zur Ausstellung "Trauern" handelt von persönlichem Verlust und politischer Veränderung. Und welche Bildausdrücke finden über 30 ausgewählte KünstlerInnen heute für Abschied, Trauer, Verlust und Wandel?. Dabei zeigen sich aussergewöhnliche Tabu- und Grenzthemen.
Darüber hinaus weist die amerikanische Philosophin Judith Butler die berechtigte und entscheidende Frage: »Welches Leben gilt als betrauerbar, als schätzenswert, als Leben von Subjekten mit zu respektierenden Rechten?« (2009) Im Konjuktiv erweitert und vertieft diese Trauerarbeitsfrage in das Zukünftige:»Ich denke, dass eine vollkommen andere Politik entstehen würde, wenn eine Gemeinschaft lernen könnte, ihre Verluste und ihre Verletzbarkeit auszuhalten.«
Somit gibt es noch viel öffentliche Diskursaufgaben, die auf uns warten,
m+w.p22-11 < k. >
***