Die sieben Todsünden von Dürer bis Nauman

Online-Publikation: November 2010 im Internet-Journal <<kultur-punkt>>
Ereignis-, Ausstellungs-, AV- und Buchbesprechung
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Lust und Laster . Die sieben Todsünden von Dürer bis Nauman . Ausstellung: Zentrum Paul Klee und Kunstmuseum Bern 15.10.2010–20.2.2011 >>
Hrsg. Zentrum Paul Klee, Kunstmuseum Bern, Gestaltung von Grégoire Bossy, Dominique Scholl, Text von Fabienne Eggelhöfer, Christine Göttler, Claudine Metzger, Monique Meyer, Barbara Müller, Anette Schaffer, Gerhard Schulze, Samuel Vitali
Katalogbuch: 380 Seiten, 480 farbige Abb., 23,20 x 29,00 cm, gebunden, ISBN 978-3-7757-2647-4, € 39,80 | CHF 56,90
Hatje Cantz Verlag, Ostfildern;
www.hatjecantz.de; m.gatermann@hatjecantz.de;  

Inhalt: Katalogbuch
Ist das Laster zeitlos? Dieser opulente Streifzug durch die Jahrhunderte entdeckt faszinierende Unterschiede
Hochmut, Geiz, Neid, Zorn, Wollust, Völlerei, Trägheit – im 6. Jahrhundert listete Papst Gregor erstmals die sieben Todsünden als diejenigen Hauptlaster auf, die den Sünder geradewegs in die ewige Verdammnis führen. Die künstlerische Bearbeitung des Themas beginnt im Mittelalter, wobei sich über die Jahrhunderte die Lastervorstellungen wandelten: von den Allegorien eines Hieronymus Bosch oder Pieter Brueghel d. Ä. über die Genrebilder der Niederländer des Goldenen Zeitalters bis hin zur Wiederentdeckung des Themas durch Künstler wie James Ensor, Alfred Kubin, Marc Chagall und Otto Dix oder jüngeren Bearbeitungen etwa durch Bruce Nauman, Cindy Sherman und Jeff Koons.
Nach einer Einleitung mit zyklischen Darstellungen stellt der umfassende Band herausragende Arbeiten zu den einzelnen Todsünden epochenübergreifend einander gegenüber. Dabei wird nicht zuletzt auch unsere ambivalente Haltung gegenüber dem Lasterbegriff beleuchtet, die von Lust am Tabubruch bis zur Sehnsucht nach moralischen Leitlinien reicht.

Inhalt: Ausstellung
Lust und Laster. Die 7 Todsünden von Dürer bis Nauman
Freitag, 15. Oktober 2010 – Sonntag, 20. Februar 2011
Das Zentrum Paul Klee und das Kunstmuseum Bern widmen den sieben Todsünden eine umfassende Ausstellung, welche die künstlerische Auseinandersetzung mit diesem Thema vom Mittelalter bis in die Gegenwart adäquat dokumentieren soll. Dabei wird auch der Frage nachgegangen, welche Relevanz der Sündenbegriff in der heutigen Gesellschaft noch hat und wie unsere Kultur die Umwertungen begründet.
Trotz der Säkularisierung der Gesellschaft und dem schwindenden Einfluss der christlichen Moraltheologie ist das Konzept der Todsünden auch heute noch hochaktuell, wie der Hollywoodfilm Seven (1996) von David Fincher oder Kunstwerke wie Vices and Virtues (1983-1988/2008) von Bruce Nauman belegen.
Von den «sieben Todsünden» spricht erstmals Papst Gregor I. (ca. 540–604). Er bezeichnet damit sieben Seelenhaltungen, schlechte Charaktereigenschaften oder Laster, welche den Tod der Beziehung zwischen Mensch und Gott sowie unter den Menschen zur Folge haben:
Superbia/Hochmut, Avaritia/Geiz, Invidia/Neid, Ira/Zorn, Luxuria/Wollust, Gula/Völlerei, Acedia/Trägheit
Die Haltung der Gesellschaft zu den einzelnen Lastern ist in neuerer Zeit ambivalent geworden: Habgier, Neid oder Völlerei (in Form von Konsumismus) werden zu Triebfedern des kapitalistischen Wirtschaftssystems, die Wollust in Form von sexueller Promiskuität hat in weiten Kreisen der Erlebnisgesellschaft ihren negativen Beigeschmack verloren. Dabei sind aber gegenläufige Tendenzen zu beobachten: die Habgier der Manager wird als Abzockermentalität, das Konsumverhalten der Wegwerfgesellschaft als oberflächlich und sinnentleert gegeisselt.

Kuratorenteam: Fabienne Eggelhöfer (ZPK), Claudine Metzger (KMB), Samuel Vitali (KMB)
Hinweis:
Die Ausstellung «Lust und Laster. Die 7 Todsünden von Dürer bis Nauman» im Zentrum Paul Klee ist für Jugendliche unter 16 Jahren nicht geeignet.
Im Zentrum Paul Klee weisen einige der ausgestellten Werke pornografischen Charakter auf, der ihre Empfindungen verletzen könnte. Die Werke sind von schutzwürdigem kulturellem Wert.
Förderer:
Stiftung GegenwART, Dr. h.c. Hansjörg Wyss;Stanley Thomas Johnson Stiftung; Burgergemeinde Bern; Paul Klee-Stiftung der Burgergemeinde Bern. Der Katalog wurde finanziert von: Ursula Wirz-Stiftung

Fazit
Die Thematik, die den Tod der Beziehung zwischen Mensch und dem Transzendenten/Göttlichen ist durch das Christentum in 7 Regelverstössen gegliedert worden, und findet im Katalogbuch zur Ausstellung " Lust und Laster" ihren Niederschlag, wie folgt: Superbia/Hochmut, Avaritia/Geiz, Invidia/Neid, Ira/Zorn, Luxuria/Wollust, Gula/Völlerei, Acedia/Trägheit. Von Dürer bis Naumann werden Künstler darin aufgeführt, wobei einer der bedeutendsten Protagonisten im Bereich der Erotik (Luxuria/Wollust) ungenannt bleibt: Egon Schiele
* und an dessen Stelle wird Gustav Klimt vorgeschoben, wie es im deutschen und puritanen Kunstgeschehen Usus war und ist. Selten erscheint auch die Kernpersönlichkeit des Zentrum Paul Klee und des Kunstmuseum Bern, Klee nämlich. Das Historisierende an diesem Projekt lässt sich an jeder Stelle der Inhalte feststellen und wirkt ermüdend bis sinnleer.
 m+w.p10-10
*) http://archiv.kultur-punkt.ch/buchtipps-allgemein/hatjecantz05-9schiele-roessler.htm