Caspar David Friedrich und die Chinesische Gegenwartskunst

Hamburger Kunsthalle: Aktuelle Ausstellungen 2008
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Michaela Hille, Kommunikation / Press Office, Hamburger Kunsthalle, Glockengießerwall, 20095 Hamburg

Caspar David Friedrich und die Chinesische Gegenwartskunst - Mahjong oder Augenschein als Sein>>
Zu 2 Aktuellen Ausstellungen: info@hamburger-kunsthalle.dehttp://www.hamburger-kunsthalle.de

* Caspar David Friedrich – Die Erfindung der Romantik; Hamburger Kunsthalle 7. Oktober 2006 bis 28. Januar 2007
Katalogbuch
384 Seiten mit 369 Abbildungen.; 23 x 28 cm. Pappband., ISBN: 3-7774-3015-3, 39,90 € [D] | 69,00 SFR [CH]
Hirmer Verlag GmbH, München; neuburger@hirmerverlag.de;

**Mahjong- Chinesische Gegenwartskunst aus der Sammlung Sigg; Hamburger Kunsthalle 14. September 2006 bis 18. Februar 2007
 
Katalogbuch
Hrsg. Bernhard Fibicher, Matthias Frehner, Text von Ai Weiwei, Estelle Bories, Feng Boyi, Bernhard Fibicher, Matthias Frehner,
Christoph Heinrich, Hou Hanru, Li Xianting, Pi Li, Uli Sigg u.a.
360 Seiten, 380 farbige Abb., 25,40 x 30,20 cm, gebunden mit Schutzumschlag, ISBN 3-7757-1612-2, € 49,80, SFR 83,00
Verlag Hatjecantz, http://www.hatjecantz.de
Aktuelles Motto des Verlages Hatjecantz von Joseph Kosuth nach Robert Musil:
»Kein Ding, kein Ich, keine Form, kein Grundsatz, (sind sicher).« Und treffendes Leitmotiv zu folgendem Essay:

Augenschein als Sein
0.Unerwartetes ErScheinen

Zwischen AgitProp/ Chinesischem Sozrealismus und sadistisch animierten Folterszenen und Supermarktexzessen erscheint plötzlich und unerwartet das Werk von Qiu Shihua:

1. Eindruck

Farbe und Linie deuten sich erst bei genügendem Abstand an (volle Raumbreite ca 8-12m). Der Kurator Dr. Christoph Heinrich spricht vom Verschwinden. Shan-Shui : Berg-Wasser, dem Wesen der Chinesischen Landschaftsmalerei seit Jahrhunderten.
Neu ist bei Shihua: die Nebelschleier lassen nur mehr undefinierbaren Farbmengen wahrnehmen, erst bei längerer Aufmerksamkeit
werden dies Farbandeutungen zu Wolken, Hügel, Wellen und in ihrer Aussparung Lichtschein wie er vormals von Munch oder Monet in ex- bis impressiver Weise kontrapunktisch zu Shihua's Entzug vom Objekthaften gestaltet wurde...

2. Nachgedanken

..Nebelschwaden, Schemenhaftes, Undefinierbare Ferne, vorerst kein Anhaltspunkt, Nichts, Leere, Ungesichertes...das alles
er-fordert höhere und vertiefende Aufmerksamkeit durch Distanz - wie wir es in der Yoga-Meditation erleben können -...

3. Vergleichendes

..zwischen Friedrich und Shihua, die gleichzeitig in der Hamburger Kunsthalle zu erleben sind:
Beide malen Landschaften, lassen riesige Flächen dem Luft-, Himmelsraum, der Leere, dem Fernen, Unerreichbaren...einzig tritt noch der Mensch (als Hilfs- auch Denkfigur) als minimal-punktueller Mittelpunkt , jedoch abgewandt ins Leere , meditierend mehr in sich als in den Fluchtpunkt der Perspektive blickend in Erscheinung, zentral gesetzt bei Friedrich und abwesend bei Shihua...da die chinesiche Landschaftsmalerei von Anfang an eine isometrisch-fluchtpunklose Methode verwendet.. wir von der PlatonAkademie4 / PA4 sprechen hierbei von der geomantischen oder regionalperspektivischen Sichtweise im Gegensatz zur europäisch-neuzeitlichen
geometrischen Perspektive...

4. Das Gemeinsame, Weltsichtige

Die AussenWelt entzieht sich bei ihrer Aufnahme und entzieht sich der Inbesitznahme oder Heim-Findung... der in AugenSchein
genommene Ort ist weit fort ist im Entzug, ist uns entzogen, das VerlorenSein macht sich in uns breit.. fordert uns heraus dieses
Sein, unsere Erde, die Welt, die globale Sicht, in uns zu finden....
w.p 10. 2006

Caspar David Friedrich – Die Erfindung der Romantik

Romantik
Die Romantik ist heute wieder in aller Munde, in der Kunst und der Literatur ebenso wie in der Werbung und der
Unterhaltungsbranche. Dies scheint nur konsequent, geht doch die fortschreitende Individualisierung ebenso auf die Romantik zurück wie die umfassende Ästhetisierung unserer Lebenswelt. Umso dringlicher erscheint es heute, an die Anfänge der Romantik und die ursprünglichen Ideen der Frühromantiker zu erinnern. In einer entzauberten Wirklichkeit halten sie an den Fragen nach Einheit, Ganzheit und Sinn des Lebens fest und entwerfen eine Gegenwelt zur Uniformität und Normalität des heraufziehenden bürgerlichen Alltags, die bis heute ihre Anziehungskraft nicht verloren hat.

Wiederentdeckung C. D. Friedrichs im 20. Jahrhundert
Noch zu Lebzeiten in Vergessenheit geraten, wurde Caspar David Friedrich zu Beginn des 20. Jahrhunderts wiederentdeckt und gilt heute als wichtigster Maler der deutschen Romantik. Auch im europäischen Ausland, in Russland und in Amerika fand sein Werk in den letzten Jahrzehnten zunehmende Beachtung. Friedrich ist nunmehr auch international als einer der zentralen Künstler des 19. Jahrhunderts anerkannt. Dies zeigen unter anderem die große Caspar David Friedrich-Ausstellung 1972 in der Tate Gallery in London, die kleineren 1991 und 2002 im Metropolitan Museum in New York oder die Ausstellung 1992 im Prado in Madrid. Die Ausstellung Caspar David Friedrich. Die Erfindung der Romantik, die noch bis zum 3.September 2006 im Museum Folkwang, in Essen und vom 7. Oktober 2006 bis 28. Januar 2007 in der Hamburger Kunsthalle zu sehen sein wird, ist die erste große Retrospektive nach der großen Ausstellung zu Friedrichs 200. Geburtstag 1974 von Werner Hofmann in Hamburg und Dresden.

Friedrich-Forschung
Spätestens seit diesen beiden Jubiläumsausstellungen hat die Friedrich-Forschung einen enormen Aufschwung erfahren, wobei es
durchaus zu kontroversen Interpretationen seiner Werke kam. Besonders zwei Linien haben sich herausgebildet: die religiöse und die politische Deutung der Friedrichschen Bildmotive. Gegenüber diesen zuweil einseitig symbolischen Interpretationsansätzen versucht die Ausstellung vor allem die künstlerische Bedeutung des Werkes hervorzuheben, das heißt die Frage nach der „Erfindung der Romantik“. Hiermit ist zunächst der Aspekt der Bilderfindung in Friedrichs künstlerischem Schaffen gemeint – im Sinne der Fiktivität seiner Naturansichten, die Detailrealismus und abstrakte Konstruktion in sich vereinen. Darüber hinaus verweist der Titel auf den epochalen Umbruch, den die Romantik in der Kunst ebenso wie im Denken und Fühlen des bürgerlichen Zeitalters vollzogen hat.
Entgegen der im 20. Jahrhundert gängigen Assoziation des Romantischen mit dem Gefühlvollen, Ungenauen will die Ausstellung den Blick für die Präzision und Konstruktivität in Friedrichs Werken und für die bewusste Kalkulation ihrer Wirkung schärfen. In diesem Sinne wird eine kleine Gruppe von Arbeiten zeitgenössischer Künstler Friedrichs Aktualität in einer Art Epilog beleuchten.

Exponate
Die Ausstellung ist thematisch gegliedert. 7 Kapitel führen das Schaffen Friedrichs in seiner ganzen Vielfalt vor Augen: die klassischen Bildmotive der romantischen Malerei finden ebenso Beachtung wie die spezifische Bildregie des Künstlers zur Erfindung romantischer Stimmungen und Empfindungen.
Sensationell ist die große Anzahl von Meisterwerken — über 70 Ölgemälde aus mehr als 50 Museen und Privatsammlungen. Von den insgesamt 250 Aquarellen, Sepien und Zeichnungen ist jeweils die Hälfte in Essen und in Hamburg zu sehen. Ein erneuter Besuch der Hamburger Ausstellung lohnt sich deshalb allemal.
Das Zustandekommen der Ausstellung und die außerordentliche Qualität ihrer Exponate verdanken sich glücklichen Umständen, die die vier bedeutendsten Friedrich-Sammlungen, nämlich in Berlin, Dresden, St. Petersburg und Hamburg, als zweite Ausstellungsstation, bewogen haben, ihre Hauptwerke der Ausstellung zur Verfügung zu stellen. Zum ersten Mal verlässt das wohl bekannteste Friedrich Gemälde „Kreidefelsen auf Rügen“ das Museum Oskar Reinhart am Stadtgarten, Winterthur. Die Möglichkeit, es außerhalb von
Winterthur zu sehen, wird es in absehbarer Zeit kein zweites Mal geben. Dank der Großzügigkeit der fünf Häuser hat die Schau die Chance, zu einer der bedeutendsten zu werden, die dem Künstler je gewidmet wurde.


Chinesische Gegenwartskunst aus der Sammlung Sigg
14. September 2006 bis 18. Februar 2007

Seit dem Beginn der Reformpolitik der Ära nach Mao 1979 hat sich in China innerhalb kurzer Zeit trotz der weiterhin schwierigen
Bedingungen für die unabhängige Kunstproduktion eine äusserst vielfältige und dynamische Szene entwickelt, die in den letzten
Jahren auch im Westen große Aufmerksamkeit gefunden hat.

Die chinesischen Künstlerinnen und Künstler haben dabei rasch Anschluss an die internationale Kunstszene gefunden und bedienen sich in virtuoser Weise der im Westen entwickelten Medien, Techniken und Ausdrucksmittel. Die spezifisch chinesischen Wurzeln – die vormoderne Tradition einerseits und der bis in die späten siebziger Jahre von der KP vorgeschriebene sozialistische Realismus andererseits – sind jedoch in vielen Arbeiten spürbar; so ist im Vergleich zur Westkunst etwa der hohe Stellenwert der figurativen Malerei charakteristisch.
Manche Künstler setzen sich bewusst mit ihrer nationalen Identität auseinander, indem sie Techniken und Formensprache der
traditionellen chinesischen Kunst aufgreifen und in einen neuen Kontext stellen. Ein anderes wichtiges Thema ist die parodierende
oder reflektierende Verarbeitung der westlichen Kunst und Kunstgeschichte aus chinesischer Perspektive. Vor allem aber ist die
chinesische Avantgardekunst vor dem Hintergrund der enormen sozialen und ökonomischen Umwälzungen zu sehen, die das Land in den vergangenen Jahrzehnten durchgemacht hat; zahlreiche Werke reflektieren insbesondere die Spannung zwischen den offiziell
nach wie vor gültigen sozialistischen Idealen und dem durch die kapitalistischen Reformen freigesetzten Konsumismus.
Der Schweizer Uli Sigg, Vizepräsident des Verwaltungsrates der Ringier-Gruppe, ist seit den späten siebziger Jahren mit China und seiner Kultur vertraut. Seit Mitte der neunziger Jahre sammelt er zusammen mit seiner Frau Rita ausschliesslich chinesische Kunst und ist damit einer der Pioniere auf diesem Gebiet. Nachdem er zunächst nur aktuelle Arbeiten erworben hatte, begann er seine Sammlertätigkeit bald auf die „historischen“ Werke der Avantgarde aus den achtziger und frühen neunziger Jahren auszudehnen.
Entstanden ist so eine Sammlung chinesischer Gegenwartskunst, die an Umfang und Niveau weltweit ihresgleichen sucht. Alle
wichtigen Positionen sind mit zentralen Arbeiten dokumentiert; darunter befinden sich viele Werke, die in der chinesischen Kunstszene mittlerweile den Status von Ikonen besitzen.
Mit der Ausstellung in der Hamburger Kunsthalle wird die Sammlung Sigg in einem repräsentativen Querschnitt der Öffentlichkeit in Deutschland zugänglich gemacht. Das Publikum erhält damit einen Überblick über ein Vierteljahrhundert chinesischer Avantgarde (1979 bis 2005), der in dieser Dichte und Qualität alles bisher Gesehene übertrifft.
Zur Ausstellung erscheint ein umfangreicher Katalog, der neben einem Interview mit dem Sammler, Essays der Kuratoren, Erklärungen und Einzelanalysen der Werke auch allgemeine Einführungen in die soziopolitische sowie die künstlerische Entwicklung Chinas in den letzten drei Jahrzehnten enthält.
Die Ausstellung entstand in Zusammenarbeit mit dem Kunstmuseum Bern, wo sie von Bernhard Fibicher und Ai Weiei kuratiert wurde;Kurator der Ausstellung in Hamburg: Dr. Christoph Heinrich

w.p.