Kinder werden früh mit digitalen Medien angefixt
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Digitaler Klassenk(r)ampf
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Geldverbrennung durch IT-Mehr fördert pädagogisch-ferne Empathie-Leere
Quintessenz:
Kinder werden früh mit digitalen Medien angefixt und können in ihrer kognitiven Entwicklung und ihrer Persönlichkeitsentwicklung Schaden nehmen
Inhalt
Es kommt wie es kommen musste. Trotz allerorts fehlender didaktischer und pädagogischer Konzepte zum Einsatz von digitalen Medien und web-basierter Infrastruktur in deutschen Schulen, sollen diese nach dem Gießkannenprinzip technisch aufgerüstet werden. Der Klassen-Kampf der Ablenkungen und Hilflosigkeiten kann nun beginnen. Die einzigen Profiteure dieser 5-Milliarden-Spritze reiben sich schon jetzt die Hände.
Bundesbildungsministerin Johanna Wanka will rund fünf Milliarden Euro in die „Digitale Bildung“ investieren. Damit sollen die Infrastruktur der Schulen verbessert und Lehrer geschult werden, um Deutschland im internationalen Vergleich aus der analogen Wüste ins digitale, blühende Neuland zu katapultieren. Doch dividiert man diesen Betrag durch fünf Jahre und 40.000 Schulen, stehen jeder Schule 25.000 Euro pro Jahr zur Verfügung, für Technik und Lehrerweiterbildung. Die amerikanisch dominierte IT-Lobby freut sich bereits jetzt riesig. Sie dürften auch die Einzigen sein, die sich freuen.
Denn für dieses Geld werden in den meisten Schulen WLAN-Netzwerke installiert und Tablets angeschafft, damit die Schüler in Pausen und während des Unterrichts auf Kosten des Steuerzahlers ihrer stark ansteigenden Mediensucht frönen können. In der Folge dürfen Eltern in Zukunft die zunehmende digitale Abhängigkeit ihrer Kinder zu Hause selbst therapieren. Für Weiterbildung der Lehrer bleibt darüber hinaus, erstens, kaum Geld übrig. Zweitens gibt es keine konkretisierten Leitziele, was Lehrer in diesen Weiterbildungen eigentlich lernen sollten. Der Bund macht es sich einfach, wenn er zwar Geld gibt, doch alles Weitere auf Landes- und Schulebene delegiert. Dort herrschen vielerorts eher analoge Probleme vor.
Alternative zur digitalen Gießkanne
Doch es gibt eine Alternative, wie wir Kinder am besten auf die Digitalität vorbereiten können: Eine Kindheit ohne Computer ist der beste Start ins digitale Zeitalter. Das heißt konkret, Geld nicht gleichmäßig auf alle Schulformen und -klassen zu gießen, sondern es zunächst gezielt für die Erarbeitung und Umsetzung von Digital-Präventions- und Informationsprogrammen in den Klassen 1 bis 8 zu investieren. Danach sollten einheitliche curriculare Vorgaben für Schüler ab der Klassenstufe 9 erarbeitet werden.
Curriculare Vorgaben sollten Lehrern alle erdenklichen pädagogischen Einsatzmöglichkeiten und analoge Alternativen aufzeigen und diese im Hinblick auf curriculare Lern- und Kompetenzziele bewerten. So wären Lehrer selbständig in der Lage, die jeweils angemessene pädagogische Vermittlungsmethode auszuwählen und ihren Unterricht zu verbessern.
OECD: Digitale Medien führen nicht zu besserem Unterricht
Erst jüngst zeigte beispielsweise eine OECD-Studie auf, dass der Einsatz digitaler Medien im Unterricht nicht per se zu besserem Unterricht führt. Schlechter Unterricht, so die OECD, würde so jedenfalls nicht besser werden. Nur in einem überdurchschnittlich guten Unterricht könne der moderate Einsatz digitaler Medien leichte Verbesserungen erzielen, so die OECD. Wäre es also nicht sinnvoller, Lehrer zunächst zu einem besseren Unterricht ohne digitale Medien zu professionalisieren? Wäre es nicht viel besser, zunächst in die anlogen Lernumgebungen zu investieren?
Das Gießkannenprinzip und die punktuelle technische Schulaufrüstung mit digitalen Medien fördert dagegen nur das Missbrauchsverhalten der Jugendlichen: Kinder werden früh mit digitalen Medien angefixt und können in ihrer kognitiven Entwicklung und ihrer Persönlichkeitsentwicklung Schaden nehmen. Ohne Zweifel, Wankas Grundidee in die Bildung zu investieren, ist nicht falsch. Doch macht WLAN in Schulen unsere Kinder und Schüler nicht schlauer. Lernen wird durch die zu erwartenden ansteigenden digitalen Ablenkungen nur ineffizienter – und Lehrer werden weiter hilflos vor dem Mythos „Digitales Lernen“ stehen.
In den Klassenzimmern wird für viele Jahre pädagogisch alles beim Alten bleiben. Das Geld ist noch nicht überwiesen – und doch schon verbrannt.
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Über den Bundesverband Medien und Marketing
Der Bundesverband Medien und Marketing e.V. (BVMM) verbindet als bundesweites Netzwerk Akteure aus der digitalen mit Akteuren aus der analogen Sphäre, in Medien, Marketing, Wirtschaft und Wissenschaft. Neben der Interessenvertretung auf Bundesebene und gegenüber Dritten setzt sich der BVMM auch für die Geschäftsentwicklung der Mitglieder ein - für die digitale Welt von morgen. Verbandspräsident ist Professor Dr. Gerald Lembke, der an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Mannheim lehrt und forscht.
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