Verwerten ist besser als Verbieten, dies ist die Ansicht der Kunststofferzeuger
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Einwegkunststoffprodukte: neue EU-Vorschriften zur Verringerung der Meeresabfälle
Die Menge an schädlichem Plastikmüll in den Ozeanen und Meeren wächst ständig. Um dagegen vorzugehen, schlägt die Europäische Kommission nun neue Vorschriften vor, die für die gesamte EU gelten sollen. Im Visier sind die zehn Einwegprodukte aus Kunststoff, die in Europa am häufigsten an den Stränden und in den Meeren gefunden werden, sowie Fischfanggeräte, die im Meer verloren gegangen sind oder zurückgelassen wurden.
Zusammen entfallen auf sie 70 % aller Abfälle im Meer. Die neuen Vorschriften sind verhältnismäßig und darauf zugeschnitten, optimale Ergebnisse zu erzielen. Dies bedeutet, dass für die verschiedenen Produkte unterschiedliche Maßnahmen ergriffen werden sollen. So sollen Einwegkunststoffprodukte, für die bereits erschwingliche Alternativen zur Verfügung stehen, vom Markt genommen werden. Bei Produkten, für die es noch keine offensichtlichen Alternativen gibt, liegt der Schwerpunkt auf der Eindämmung ihres Verbrauchs durch entsprechende Maßnahmen der Mitgliedstaaten, auf Vorgaben für ihre Gestaltung und Kennzeichnung und auf der Verpflichtung der Hersteller zur Abfallbewirtschaftung und zu Säuberungsaktionen. Mit den neuen Vorschriften wird Europa auf dem Weg zur Lösung dieses weltweiten Problems mit gutem Beispiel vorangehen.
Frans Timmermans, der für nachhaltige Entwicklung zuständige Erste Vizepräsident der Kommission, erklärte: „Diese Kommission hat versprochen, sich ambitioniert den großen Fragen zu widmen und den Rest den Mitgliedstaaten zu überlassen. Plastikmüll ist zweifellos ein großes Problem und die Europäer müssen mit vereinten Kräften dagegen vorgehen, denn der Plastikmüll landet letztlich in unserer Luft, unseren Böden, unseren Ozeanen und unserem Essen. Die heutigen Vorschläge sehen eine Reihe von Maßnahmen vor, die dazu führen werden, dass wir in unseren Supermärkten weniger Einwegplastik vorfinden werden. Wir werden einige dieser Artikel aus den Regalen verbannen und sie durch sauberere Alternativen ersetzen, sodass den Menschen ihre Lieblingsprodukte weiterhin zur Verfügung stehen.“
Jyrki Katainen, für Arbeitsplätze, Wachstum, Investitionen und Wettbewerbsfähigkeit zuständiger Vizepräsident der Kommission, fügte hinzu: „Kunststoffe sind sehr praktisch, aber wir müssen sie verantwortungsbewusster einsetzen. Einwegplastik ist keine wirtschaftlich oder ökologisch intelligente Lösung. Die heutigen Vorschläge werden Unternehmen und Verbrauchern den Übergang zu nachhaltigen Alternativen erleichtern. Dies ist eine Chance für Europa, eine Vorreiterrolle zu übernehmen, indem wir neue Produkte auf den Markt bringen, nach denen die Nachfrage in der Welt in den nächsten Jahrzehnten groß sein wird, und indem wir unsere wertvollen und begrenzten Ressourcen wirtschaftlich sinnvoller nutzen. Unsere Zielvorgabe für die Sammlung von Kunststoffflaschen wird außerdem dazu beitragen, dass die für eine expandierende Kunststoffrecyclingindustrie erforderlichen Mengen zusammenkommen.“
Verwerten ist besser als Verbieten, dies ist die Ansicht der Kunststofferzeuger in Deutschland in ihrer Antwort auf die jüngsten EU-Pläne für eine Begrenzung bestimmter Kunststoff-Einwegartikel.
Dazu Dr. Rüdiger Baunemann, Hauptgeschäftsführer von PlasticsEurope Deutschland e. V.:„Kunststoffe sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken und leisten in puncto Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz enorm viel: Leichtbau in der Mobilität, Dämmmaterialien im Bau, Werkstoffe für die Nutzung regenerativer Energie und ja, auch funktionale Verpackungen, die Lebensmittel und andere sensible Güter schützen. Damit bieten Kunststoffe wertvolle Lösungen für drängende Probleme unserer Zeit wie Globalisierung, steigende Urbanisierung und Bevölkerungswachstum.
Richtig ist aber auch, dass der leichtfertige Umgang mit Kunststoffabfällen in manchen Regionen der Welt inakzeptabel ist. Jegliche unkontrollierte Einträge von Kunststoffabfällen in die Umwelt müssen gestoppt werden, denn Kunststoff ist zu schade zum Wegwerfen. So existieren nicht nur in Deutschland, aber insbesondere hierzulande, moderne Sammel-, Sortier- und Verwertungstechnologien, die nun auch möglichst breit und überall auf der Welt eingesetzt werden müssen.
Eine einseitige Problematisierung von Werkstoffen sowie Verbote helfen unserer Ansicht nach nicht weiter. Vielmehr muss ein Umdenken von der Wegwerfmentalität hin zum Aufbau einer Kreislaufwirtschaft stattfinden. Die Vorschläge der EU-Kommission dazu gehen bereits in die richtige Richtung und sollten das Ziel gemeinsamer Anstrengungen auf nationaler, europäischer und globaler Ebene sein. Die Kunststoffindustrie leistet hierzu ihren Beitrag und ist schon heute in zahlreichen Initiativen und Projekten überall auf der Welt aktiv.“
Weltweit machen Kunststoffe 85 % der Meeresabfälle aus. Kunststoffe enden auch in den Lungen und auf den Tellern der Bevölkerung. Die Auswirkungen des in der Luft, im Wasser und in Lebensmitteln zu findenden Mikroplastiks auf die menschliche Gesundheit sind bisher unbekannt. Das Plastikproblem muss angegangen werden, doch können sich daraus neue Chancen für Innovation, Wettbewerbsfähigkeit und die Schaffung von Arbeitsplätzen ergeben.
BMEL fördert Innovationen für weniger Plastikmüll
Bundesministerin für Fischerei Julia Klöckner: “Meeresmüll ist ein globales Problem: Jeden Tag verschmutzen große Mengen Plastikmüll aufs Neue unsere Weltmeere und bedrohen den Lebensraum der Meeresbewohner. Dieses sensible Ökosystem dürfen wir nicht aufs Spiel setzen. Fischfang ist für viele Teile der Weltbevölkerung Broterwerb und sichert ihre Ernährung. Damit wir auch künftig eine nachhaltige und vitale Fischerei in Deutschland, Europa und weltweit haben, muss Meeresmüll eingedämmt werden. Ich freue mich über den Vorstoß der Kommission – wir müssen gemeinsam vorgehen, um Plastikmüll zu vermeiden. Innovationen sind dabei enorm wichtig: Mein Ministerium fördert die Entwicklung von biobasierten Kunststoffen, die biologisch abbaubar sind, unterstützt die Forschung nach „verpackungsfreien Supermärkten“ und untersucht die Auswirkungen von Plastikmüll auf die Fischgesundheit. Es darf nicht so weit kommen, dass irgendwann mehr Plastikmüll als Fische in unseren Ozeanen schwimmt.“
Einwegplastik - Ball liegt im Feld der Hersteller
„Der Vorschlag ist ein guter Anfang. Die Initiative muss von Seiten der Unternehmen kommen, denn diese verfügen über den notwendigen Gestaltungsspielraum. Derzeit kann ich nicht plastikverpackungsfrei in einem normalen Supermarkt einkaufen gehen. Wie soll sich ein Verbraucher da umweltfreundlich verhalten können, wenn praxis- und alltagstaugliche Optionen fehlen? Denn Einwegplastik ist weder ökonomisch noch ökologisch eine intelligente Wahl“, so der CDU-Europaabgeordnete vom Niederrhein Karl-Heinz Florenz.
Die Kommission schlägt unter anderem vor, gewisse Plastikprodukte, für die es alternative Materialien gibt, zu verbieten. So können Cocktailrührstäbchen oder Plastikbesteck aus Holz oder anderen Materialien hergestellt werden. „Es soll nicht das Produkt an sich verboten werden, sondern ein alternatives Material genutzt werden. Ich bin überzeugt, dass der Vorschlag ein weiterer Schritt in die Kreislaufwirtschaft ist, da wir Innovationen anstoßen und neue nachhaltige Märkte eröffnen“, so Karl-Heinz Florenz.
Rebecca Harms, umweltpolitische Sprecherin der Grünen/EFA-Fraktion und stellvertretendes Mitglied im Umweltausschuss des Europäischen Parlaments, erklärt dazu: „Angesichts vermüllter Weltmeere ist es allerhöchste Zeit, dass die Europäische Kommission Vorschläge vorlegt, um die Plastikflut in den Griff zu bekommen. Einwegprodukte wie Ohrenstäbchen, Strohhalme und Besteck tragen zur Plastikverschmutzung bei und sind leicht durch nachhaltigere Lösungen ersetzbar. Die von der Europäischen Kommission vorgesehenen Verbote sind deshalb zu begrüßen.
Auch dass Hersteller mehr in die Verantwortung genommen werden sollen und höhere Sammelraten für Plastikmüll sind wichtig. Wichtiger als das Sammeln und Recyceln ist jedoch die Vermeidung der Plastikmüllberge. Klare Ziele für weniger Plastik und besseres Produktdesign nicht nur für Deckel von Plastikflaschen müssen her.
Zusätzlich ist die von der Kommission angeregte Plastiksteuer ein gutes marktwirtschaftliches Instrument, um innovative Produkte zu fördern und unnötige Plastikverpackungen zu vermeiden."
Dr. Bettina Hoffmann, GRÜNE Sprecherin für Umweltpolitik: Die EU-Kommission hat die Zeichen der Zeit erkannt und will die wachsende Plastikflut in Europa eindämmen. Es ist bezeichnend, dass eine Initiative zur Reduzierung unseres Plastikabfalls nicht aus Berlin sondern aus Brüssel kommt. Das verstärkt den Druck auf die Bundesregierung endlich zu handeln.
In keinem EU-Land fällt so viel Verpackungsmüll an wie in Deutschland. Statt sich weiter auf der vermeintlichen Vorreiterrolle des Recyclingweltmeisters Deutschland auszuruhen, muss die Bundesregierung konsequente Maßnahmen einleiten, um Wegwerfplastik zu vermeiden, Mehrwegverpackungen zu stärken und den Einsatz von recyceltem Kunststoff zu fördern. Ein erster Schritt wäre es, sich der Initiative der EU-Kommission anzuschließen.
Es ist richtig, Wegwerfprodukte aus Plastik zu reduzieren. Doch Verbote von Plastikstrohhalmen oder Wegwerfgeschirr allein packen das Problem nicht an der Wurzel. Auch die Subventionierung von Plastikmüll muss endlich ein Ende haben. Es kann nicht sein, dass der Staat Erdöl zur Produktion von Kunststoffen nicht besteuert - im Gegensatz zur Verwendung von Erdöl für Kraftstoffe. Damit subventioniert der Staat den Plastikwahn pro Jahr mit mindestens 780 Millionen Euro.
Plastikmüllproblem lässt sich nicht durch Sanktionen bei Wattestäbchen und Strohhalmen lösen
„Der Vorstoß der EU zur Eindämmung des Plastikmülls ist begrüßenswert. Schaut man aber auf die Details, bleiben erhebliche Zweifel. Das Plastikmüllproblem lässt sich nicht durch Sanktionen bei Wattestäbchen und Strohhalmen lösen“, kommentiert Ralph Lenkert, umweltpolitischer Sprecher DIE LINKE, die Vorschläge der EU-Kommission zum Kampf gegen Plastikmüll.
Lenkert weiter: „Verantwortlich für die dramatische Situation in den Weltmeeren ist eine Verpackungsindustrie und Logistik, für die es seit Jahrzehnten immer lukrativer wird, sämtliche Konsumgüter in Plastik einzupacken. Mit den Plänen für eine Plastiksteuer, bei der die Mitgliedsstaaten rund 80 Cent pro Kilo nicht recyceltem Plastikabfall an die EU zahlen sollen, werden dann aber Steuerzahler anstatt die verantwortliche Industrie zur Verantwortung gezogen. Dass Gewinne immer privatisiert und die Schäden dann vom Steuerzahler getragen werden sollen, ist unerträglich.
Dass Plastik zu großen Teilen nicht recycelt wird, ist auch eine ökonomische und technische Frage. Wo Plastik mit Papier oder Metall verarbeitet wird, scheitern preiswerte Sortierungen. Das Problem lässt sich allein über Abgaben nicht lösen. Dabei hat die EU schon seit Jahren Instrumente parat. Über die Ökodesignrichtlinie hätte den Plastikverpackungen schon längst der Garaus gemacht werden können, über die Abfallrahmenrichtlinie wäre die Menge des Abfalls reduzierbar.
DIE LINKE fordert eine Ressourcenabgabe auf die Verwendung von Plastik, die der Hersteller zu zahlen hat. Wenn Verpackungen aus Plastik gegenüber möglichen Alternativen zu teuer werden, schwenken die Hersteller von ganz alleine um.“
BDE fordert höheren Einsatz von Rezyklaten
Der Präsident des BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e.V, Peter Kurth, hat vor dem Hintergrund der heute bekanntgewordenen EU-Pläne zum Verbot von Plastikgeschirr eine umfassende Strategie für mehr und besseres Recycling gefordert und dabei an die Produktverantwortung der Hersteller erinnert. Gleichzeitig lobte er die Anstrengungen von EU und Bundesregierung, das Plastikabfallaufkommen in den Meeren zu reduzieren.
Die heute bekanntgewordenen EU-Pläne sehen vor, zehn Wegwerfprodukte zu verbieten und Hersteller für Umweltschäden zur Kasse zu bitten.
Kurth: „In puncto Plastikmüllvermeidung sind rein symbolische Aktivitäten der falsche Weg. Wenn es uns darum geht, den Plastikmüll in den Weltmeeren zu verhindern, dann sind funktionierende Entsorgungsstrukturen auch in den asiatischen Ländern nötig, aus denen der allergrößte Teil dieser Plastikabfälle in den Weltmeeren stammt. Europa muss die bestehenden Sammlungs- und Sortierstrukturen weiter ausbauen, hin zu einer echten Kreislaufwirtschaft. Wir werden in unserer modernen Welt nicht auf den Einsatz von Kunststoffen verzichten können, aber auch nicht verzichten müssen. Wichtig ist aber, dass dieser Kunststoffeinsatz nachhaltig angelegt ist. Dies beginnt schon bei der Herstellung des Materials. Hier muss der Produzent mit einem intelligenten Produktdesign für eine weitgehende Recyclingfähigkeit des verwendeten Materials sorgen. Die Produktverantwortung haben die Hersteller. Die Voraussetzung für besseres Recycling liegt in ihrer Hand. Entsorger können besser und erfolgreicher arbeiten, wenn die Hersteller von Verpackungen und Getränkeflaschen auf Verbundkunststoffe verzichten und nur sortenreine Materialien verwenden würden, die als Rezyklate wieder in den Produktionskreislauf gegeben werden.“
EU-Gesetzesinitiative gegen Einwegprodukte aus Plastik: BUND fordert verbindliche Vorgaben für weniger Plastikmüll
„Wir sind froh, dass die EU-Kommission endlich handelt und unterstützen alle geeigneten Maßnahmen zur Reduzierung des Plastikmülls,“ sagte Olaf Bandt, Geschäftsführer Politik und Kommunikation beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). „Das Abfallproblem ist längst außer Kontrolle. Wir hoffen deshalb sehr, dass die neuen Regelungen schnell umgesetzt und weitere verbindliche Vorgaben folgen werden.“ Allein aus EU-Ländern gelangen alljährlich mehr als 100.000 Tonnen Plastikabfälle in die Meere. Rund die Hälfte besteht aus Plastikflaschen und Einwegbecher, also Massenware für die es längst nachhaltige Alternativen gibt.
Der neue Gesetzentwurf muss vor Inkrafttreten noch vom EU-Parlament und dem Ausschuss der Mitgliedsstaaten bestätigt werden. Bereits im Januar hatte die EU-Kommission eine neue Plastikstrategie für eine Reduzierung des Plastikmülls in der Umwelt vorgestellt. Diese ist als Teil des sogenannten EU-Kreislaufwirtschaftspaketes für nachhaltiges Recycling gedacht, enthält jedoch keinerlei Vorgaben in Bezug auf in Plastikprodukten enthaltene Schadstoffe.
Dazu gehören hormonschädliche Chemikalien, wie Phthalat-Weichmacher, Flammschutzmittel oder Bisphenol A, die in unzähligen Kunststoffprodukten enthalten sind – von Spielzeug, über Bodenbeläge, Polstermöbel und Elektronikgeräte, bis hin zur Innenbeschichtung von Konservendosen. Diese Stoffe gelten als Mitverursacher von Diabetes, Brust- und Hodenkrebs, Immunschwäche, Unfruchtbarkeit oder Lern- und Verhaltensstörungen bei Kindern.
„Eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft kann es nur dann geben, wenn umwelt- und gesundheitsschädliche Stoffe nicht mehr in den Recyclingkreislauf gelangen“, sagt Bandt. „Wenn wir unsere gesteckten Nachhaltigkeitsziele wirklich erreichen wollen, muss die EU-Plastikstrategie beides verbinden, Müll- UND Schadstoffproblematik.“
GLOBAL 2000: EU-Einwegplastikstrategie ist ein symbolträchtiger erster Schritt, viele müssen noch folgen
Einwegplastik stellt ein massives Umweltproblem dar und trägt maßgeblich zur Umweltverschmutzung bei: 80 - 85% aller Abfälle an Europas Stränden sind aus Plastik und 50% davon ist Einwegplastik. In der EU landen jährlich 150.000 bis 500.000 Tonnen Plastik im Meer, alleine 40 Tonnen Plastikmüll gelangen über die Donau ins Schwarze Meer – jedes Jahr.
Die Umweltverschmutzung durch Einwegplastik ist allerdings kein ausschließliches Problem der Meere und Strände. Auch bei uns in Österreich findet man Plastikflaschen, Plastikverpackungen und anderes Einwegplastik mitten in der Natur.
Guter Schritt, aber konkrete Reduktionsziele fehlen
„Die Präsentation der neuen EU-Plastikstrategie ist ein guter Schritt in die richtige Richtung, allerdings fehlen konkrete Reduktionsziele völlig, es ist nur von „signifikanter Reduktion“ bei Lebensmittelbehältern und Einwegbechern aus Plastik die Rede.“ erläutert Lisa Kernegger, Ökologin von GLOBAL 2000, „Klar ist, dass noch viele weitere Schritte im Kampf gegen Plastikverschmutzung folgen müssen. Die heute präsentierte Strategie ist aber ein Schritt mit großer Symbolkraft, kann aber nur einen Anfang darstellen. Speziell Einweg-Verpackungen von Take-Away-Mahlzeiten und -Getränken landen nach ihrer Verwendung besonders häufig in der Natur. Einmal dort angekommen sind sie durch ihre Langlebigkeit Teil ein riesigen Umweltproblems.“
Die heute veröffentlichte Strategie sieht unter anderem eine Sammelquote von 90 Prozent für Plastikflaschen vor, weiters soll der Gebrauch von Essensboxen und Einwegbechern aus Plastik innerhalb der nächsten 6 Jahre reduziert werden. Teller und Besteck aus Plastik sollen überhaupt der Vergangenheit angehören und durch andere Materialien ersetzt werden.
Bis zu 55 Millionen Essensboxen und 1,3 Milliarden Strohhalme aus Plastik müssen jedes Jahr in Österreich entsorgt werden
In Europa werden enorme Mengen an Einwegplastikprodukten verwendet: In der EU liegt der Verbrauch von Take-Away-Verpackungen aus Plastik bei rund 2,5 Milliarden, allein in Österreich sind es zwischen 46 und 55 Millionen. Darüber hinaus verbraucht die EU ungefähr 36,5 Milliarden Plastikstrohhalme jährlich, 1,3 Milliarden davon alleine in Österreich .
„Die Ausverhandlung der EU-Plastikstrategie fällt nun genau in die österreichische EU-Rats-Präsidentschaft. Österreich kann hier maßgeblich zu einer guten und effektiven Strategie gegen Einwegplastik-Müll in Europas Natur beitragen und genau das erwarten wir auch von der Regierung.“ so Kernegger abschließend.
Für die Unternehmen bringt dies einen Wettbewerbsvorteil mit sich: Mit einheitlichen Vorschriften für den gesamten EU-Markt wird ein Sprungbrett für europäische Unternehmen geschaffen, das Größenvorteile und eine bessere Wettbewerbsfähigkeit auf dem boomenden Weltmarkt für nachhaltige Produkte mit sich bringt. Durch die Einführung von Wiederverwendungssystemen (z. B. Pfandsystemen) können Unternehmen eine zuverlässige Belieferung mit hochwertigen Werkstoffen gewährleisten. In anderen Fällen kann der Anreiz, nach nachhaltigeren Lösungen zu suchen, den Unternehmen technologischen Vorsprung gegenüber globalen Wettbewerbern verleihen.
Unterschiedliche Maßnahmen für unterschiedliche Produkte
Nachdem 2015 das Problem der Plastiktüten in Angriff genommen worden war, gaben 72 % der Europäer an, die Verwendung von Plastiktüten eingeschränkt zu haben (Eurobarometer). Nun richtet die EU ihre Aufmerksamkeit auf die 10 häufigsten Einwegkunststoffprodukte und auf Fischfanggeräte, die in Europa zusammen 70 % der Abfälle im Meer ausmachen. Die neuen Vorschriften sehen Folgendes vor:
•Verbot von Kunststoff in bestimmten Produkten: Wenn erschwingliche Alternativen zur Verfügung stehen, werden die Einwegkunststoffprodukte vom Markt genommen. Das Vermarktungsverbot soll für Wattestäbchen, Besteck, Teller, Trinkhalme, Rührstäbchen und Luftballonstäbe aus Kunststoff gelten, die vollständig aus umweltfreundlicheren Materialien hergestellt werden müssen. Einweggetränkebehälter, die Kunststoff enthalten, werden nur dann zugelassen, wenn ihre Deckel und Verschlüsse an ihnen befestigt sind.
•Zielvorgaben für die Verbrauchsminderung: Die Mitgliedstaaten müssen dafür sorgen, dass weniger Lebensmittelverpackungen und Getränkebecher aus Kunststoff verwendet werden.Dies können sie erreichen, indem sie nationale Ziele für die Verbrauchsminderung festsetzen, die Verfügbarkeit alternativer Produkte in den Geschäften verbessern oder sicherstellen, dass Einwegkunststoffprodukte nicht kostenlos zur Verfügung gestellt werden.
•Verpflichtungen für die Hersteller: Die Hersteller werden zur Deckung der Kosten für die Abfallbewirtschaftung und die Säuberung der Umwelt sowie für Sensibilisierungsmaßnahmen herangezogen. Dies gilt für die folgenden Kunststoffprodukte: Behälter, Tüten und Folienverpackungen für Lebensmittel (z. B. für Chips und Süßigkeiten), Getränkeflaschen und -becher, Tabakerzeugnisse mit Filtern (z. B. Zigarettenstummel), Feuchttücher, Luftballons und leichte Kunststofftragetaschen. Die Industrie wird auch Anreize erhalten, für diese Produkte weniger umweltschädliche Alternativen zu entwickeln.
•Zielvorgaben für die Sammlung: Die Mitgliedstaaten werden verpflichtet, bei Einweg-Getränkeflaschen aus Kunststoff bis zum Jahr 2025 eine Sammelquote von 90 % zu erreichen, zum Beispiel durch Pfandsysteme.
•Kennzeichnungsvorschriften: Auf bestimmten Produkten muss in klarer, standardisierter Weise angegeben werden, wie sie zu entsorgen sind, welches die negativen Umweltauswirkungen des Produkts sind und dass das Produkt Kunststoff enthält. Dies wird für Hygieneeinlagen, Feuchttücher und Luftballons gelten.
•Sensibilisierungsmaßnahmen: Die Mitgliedstaaten werden dazu verpflichtet, die Verbraucher für die negativen Auswirkungen einer unsachgemäßen Entsorgung von Einwegkunststoffprodukten und Fischfanggeräten sowie für die verfügbaren Wiederverwendungssysteme und Abfallbewirtschaftungsmöglichkeiten für alle diese Produkte zu sensibilisieren.
Für Fischfanggeräte‚ auf die 27 % der gesamten Strandabfälle entfallen, beabsichtigt die Kommission, den bestehenden politischen Rahmen durch Systeme der Herstellerverantwortung für Fanggeräte mit Kunststoffanteil zu ergänzen. So werden Hersteller kunststoffhaltiger Fanggeräte die Kosten für das Einsammeln der Abfälle aus den Hafenauffangeinrichtungen sowie den Transport und die Behandlung dieser Abfälle übernehmen müssen. Sie sollen auch die Kosten für Sensibilisierungsmaßnahmen tragen. Einzelheiten zu den neuen Vorschriften für Fanggeräte sind hier abrufbar.
Nächste Schritte
Die Vorschläge der Kommission werden nun dem Europäischen Parlament und dem Rat zur Annahme vorgelegt. Die Kommission fordert die anderen Institutionen auf, dieses Dossier prioritär zu behandeln und den Europäern noch vor der Europawahl im Mai 2019 greifbare Ergebnisse zu präsentieren.
Anlässlich des Weltumwelttags am 5. Juni wird die Kommission zudem eine EU-weite Sensibilisierungskampagne starten, um das Bewusstsein der Verbraucher dafür zu schärfen, dass es auch auf ihre Entscheidungen und das Verhalten eines jeden ankommt, wenn es um die Bekämpfung der Umweltverschmutzung durch Plastik und der Vermüllung der Meere geht.
Natürlich wird mit der Reduzierung der Meeresabfälle aus der EU nur ein Teil des weltweiten Problems angegangen. Aber indem die Europäische Union eine Führungsrolle übernimmt, ist sie bestens positioniert, um – über die G7 und die G20 und die Umsetzung der UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung – Veränderungen auf globaler Ebene voranzutreiben.
Hintergrund
Mit der heutigen Initiative wird das in der europäischen Kunststoffstrategie angekündigte Vorhaben umgesetzt, gegen Kunststoffabfälle und ihre verheerenden Auswirkungen durch legislative Maßnahmen vorzugehen, was vom Europäischen Parlament und vom Rat sowie von Bürgern und Interessenträgern begrüßt wurde. Die vorgeschlagenen Maßnahmen werden einen Beitrag zum Übergang Europas zu einer Kreislaufwirtschaft sowie zur Erreichung der UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung und zur Umsetzung der klimapolitischen Verpflichtungen und industriepolitischen Ziele der EU leisten.
Die heute vorgeschlagene Richtlinie baut auf bestehenden Vorschriften wie der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie und den Abfallrichtlinien auf und ergänzt andere Maßnahmen zur Bekämpfung der Meeresverschmutzung, wie sie z. B. in der Richtlinie über Hafenauffangeinrichtungen vorgesehen sind, sowie die vorgeschlagenen Beschränkungen für Mikroplastik und oxo-abbaubare Kunststoffe. Mit der neuen Richtlinie wird ein ähnlicher Ansatz wie bereits mit der erfolgreichen Plastiktüten-Richtlinie aus dem Jahr 2015 verfolgt, die positiv aufgenommen wurde und zu einem raschen Wandel des Verbraucherverhaltens geführt hat.
Die vorgeschlagene Richtlinie wird sowohl ökologische als auch wirtschaftliche Vorteile mit sich bringen, so zum Beispiel:
•Vermeidung der Emission von 3,4 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent bis 2030;
•Vermeidung von Umweltschäden, die sich bis 2030 auf 22 Mrd. EUR belaufen würden;
•Einsparungen für die Verbraucher in Höhe von geschätzten 6,5 Mrd. EUR.
Neben den in diesem Monat von der EU angenommenen Abfallvorschriften und Zielvorgaben werden auch diese neuen Vorschriften die Klarheit, die Rechtssicherheit und die Größenvorteile mit sich bringen, die die Voraussetzung dafür sind, dass die Unternehmen in der EU auf neuen Märkten für innovative Mehrweg-Alternativen, neue Werkstoffe und besser konzipierte Produkte die Führung übernehmen können.
Gemäß den Vorgaben für eine bessere Rechtsetzung wurden zur Vorbereitung des heutigen Vorschlags eine Konsultation der Interessenträger und eine öffentliche Konsultation sowie ausführliche Folgenabschätzungen durchgeführt. Von den Teilnehmern an der öffentlichen Konsultation, die von Dezember 2017 bis Februar 2018 durchgeführt wurde, waren 95 % der Auffassung, dass Maßnahmen gegen Einwegkunststoffprodukte dringend notwendig sind, und nach Ansicht 79 % sollten diese Maßnahmen auf EU-Ebene ergriffen werden, um wirksam zu sein. Auch nach Auffassung von 70 % der Hersteller und 80 % der Marken muss dringend gehandelt werden. 72 % der Befragten haben ihre Verwendung von Plastiktüten eingeschränkt, 38 % von ihnen im letzten Jahr.
Weitere Informationen
Fragen und Antworten: neue EU-Vorschriften für Einwegkunststoffprodukte
Informationsblatt
Vorschlag für eine Richtlinie über die Verringerung der Auswirkungen bestimmter Kunststoffprodukte auf die Umwelt und Anhang
Folgenabschätzung und Zusammenfassung
erschienen am: 2018-05-29 im europaticker
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