Aby Warburg, der Indianer . Berliner Erkundungen einer liberalen Ethnologie von Horst Bredekamp
A. Warburg mit der Helmmaske eines Hemis Kacnina
(Hopi-Indianer), auf einem Ruheplatz. Orabi, Mai 1896
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Inszenierung - individuell-mythologisch (A. Warburg)
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Online-Publikation: Februar 2019 im Internet-Journal <<kultur-punkt.ch>>
Ereignis-, Ausstellungs-, AV- und Buchbesprechung
<< Aby Warburg, der Indianer . Berliner Erkundungen einer liberalen Ethnologie von Horst Bredekamp >>
176 Seiten, Klappenbroschur. Mit vielen Abbildungen; ISBN 978-3-8031-3685-5; 18,– €
Über 50 Jahre Verlag Klaus Wagenbach, Berlin; http://www.wagenbach.de
Inhalt
Horst Bredekamp folgt den Spuren Aby Warburgs von Amerika nach Berlin und entdeckt vollkommen unerforschte Seiten an Warburg – als Wissenschaftler wie auch als Mensch.
Die Reise des Kunsthistorikers Aby Warburg zu den Pueblo-Indianern von New Mexico und den Hopi in Arizona 1895/96 ist legendär. Ihr Ruhm beruht auf einem später »Schlangenritual« betitelten Vortrag Warburgs von 1923. Die Begegnung mit der Kultur der Indianer des südwestlichen Amerika bedeutete für Warburg, der sich zuvor mit der Florentiner Renaissance beschäftigt hatte, ein elementares Erlebnis, das seinen Begriff von Kultur entscheidend prägte und ihn schwanken ließ: Sollte er die Kunstgeschichte zugunsten der Ethnologie aufgeben?
Nach der Rückkehr von seiner Amerika-Reise lebte Warburg 1896/97 in Berlin. Hier konnte er seine Beobachtungen im Museum für Völkerkunde vertiefen und in liberaler Atmosphäre mit modernen Ethnologen diskutieren. Mit Franz Boas, dem Begründer einer bis heute vorbildhaften, an die Brüder Humboldt anschließenden Anthropologie, stand Warburg von Berlin aus in engem Kontakt. Auch die letzten Hamburger Lebensjahre erscheinen hierdurch in völlig neuem Licht.
Horst Bredekamp führt einen der entscheidenden Momente aus Warburgs Biographie und Forscherleben mit einer ebenso zentralen Etappe der Berliner Kultur- und Wissenschaftsgeschichte zusammen und veranschaulicht einen mehrfachen Brückenschlag zwischen den Epochen und Regionen.
Der Protagonist
Aby Moritz Warburg (geboren 13. Juni 1866 in Hamburg; gestorben 26. Oktober 1929 ebenda) war ein deutscher Kunsthistoriker und Kulturwissenschaftler und der Begründer der Kulturwissenschaftlichen Bibliothek Warburg.
Abendländisches Forschungsinteresse - im besonderen die Renaissance
Gegenstand seiner Forschung war das Nachleben der Antike in den unterschiedlichsten Bereichen der abendländischen Kultur bis in die Renaissance. Von ihm wurde die Ikonografie als eigenständige Disziplin der Kunstwissenschaft etabliert....
Etnographisches
Seine Sammlung von Pueblo-Gegenständen und Hopi-Kinderzeichnungen vermachte er später dem Hamburger Völkerkundemuseum. Warburgs Auswertung von Kinderzeichnungen ist ein frühes Beispiel der Anwendung dieser Methode in der Ethnologie....
Obwohl Aby Warburg immer wieder von Depressionen heimgesucht wurde, führte das Paar ein reges gesellschaftliches Leben.
Diese Anzeichen seiner psychischen Erkrankung beeinträchtigten seine Forschungs- und Lehrtätigkeit......
Individuelle Mythologie und Nähe zur Artbrut
Besonderes Interesse hatte er zum Sternglauben und zur Sternkunde (Schlangenritual der Hopi ..., Griechen..), nicht genug unterschied er zwischen Astronomie und Astrologie (Gestirnaberglaube)...
Mnemosyne
Im August 1924 wurde Warburg aus der Klinik entlassen. Er begann mit der Arbeit an seinem Bilderatlas Mnemosyne (Mnemosyne ist die griechische Schutzgöttin des Gedächtnisses und der Erinnerungskunst). Der vollständige Titel lautete: Mnemosyne, Bilderreihe zur Untersuchung der Funktion vorgeprägter antiker Ausdruckswerte bei der Darstellung bewegten Lebens in der Kunst der europäischen Renaissance. Ziel des Projekts war es, mit Hilfe von Bildern das vielfältige Weiterleben der Antike in der europäischen Kultur anschaulich zu machen. Ernst Gombrich bemerkte dazu in seiner Warburg-Biographie, dass durch Warburgs Arbeit … das Schicksal der Götter in der astrologischen Überlieferung und die Rolle der antiken Pathosformel in der nachmittelalterlichen Kunst und Kultur beschrieben wurde.[
Warburg starb am 26. Oktober 1929 an einem Herzinfarkt. Er wurde auf dem Friedhof Ohlsdorf bestattet....
Die Kulturwissenschaftliche Bibliothek Warburg
Im Jahr 1920 umfasste die Bibliothek beerrund 20.000 Bände.
https://de.wikipedia.org/wiki/Aby_Warburg
Autor
Horst Bredekamp, geboren 1947 in Kiel, studierte Kunstgeschichte an der Universität Marburg. Nach seiner Promotion 1974 absolvierte er zunächst ein Volontariat am Frankfurter Liebighaus, bevor er ans kunsthistorische Institut der Hamburger Universität wechselte. 1992 war er zu Gast am Wissenschaftskolleg Berlin, und seit 1993 ist er Professor für Kunstgeschichte an der Berliner Humboldt-Universität. Gastaufenthalte führten ihn nach Princeton und ans Getty Center in Los Angeles sowie nach Budapest. 2005 hatte er die Gadamer-Professur an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg inne.Bredekamp, der sich in seinen zahlreichen Studien unter anderem der Renaissance sowie den Neuen Medien widmet, wurde 2014 in den Orden ›Pour le mérite‹ aufgenommen, 2000 mit dem Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung ausgezeichnet, 2005 mit dem Aby-M.-Warburg-Preis der Stadt Hamburg, 2006 mit dem Max-Planck-Forschungspreis sowie 2017 mit dem Schillerpreis der Stadt Marbach.
Fazit
Mnemosyne oder ‚Gedächtnis‘ ist eine Gestalt der griechischen Mythologie sowie ein Fluss in der Unterwelt, dessen Wasser im Gegensatz zur Lethe nicht Vergessen, sondern 'Erinnerung' herbeiführte.
Ethnologie oder Völkerkunde erforscht und vergleicht die Kulturen der weltweit rund 1300 ethnischen Gruppen und indigenen Völker.
Individuelle Mythologie ist ein Begriff , vorrangig entstanden bei der Betrachtung des Wirkens in der bildenden Kunst, worunter auch 'Art brut' fällt.
Alle diese drei Topoi Mnemosyne, Ethnologie und Individuelle Mythologie umfassen das Wirken des Protagonisten im Buch "Aby Warburg, der Indianer" von .Horst Bredekam, bei seinen Berliner Erkundungen einer liberalen Ethnologie wie er diese nennt.
Dabei umfasst dieses symboltheoretische Forschen* von Aby Warburg das Gebiet vom Südwesten Nordamerikas, Skandinavien und bis Berlin.
Dieses weitläufige Forschen und diese Erkenntnisse sind dabei auch mit den Anzeichen Warburgs und seiner psychischen Erkrankung verknüpft mit Individueller Mythologie bis Ethno-Art-/Sience brut zu betrachten, was der Autor – nach umfassender Recherche – schliesslich zu Recht als Warburgs 'indianische Seele' subsumiert. m+w.19-2
*) symboltheoretisches Forschen
Es gilt geradezu als ein Erkennungszeichen für Symbole, dass sie 'voll von gegensätzlichen Bezügen' sind, eine 'geballte Vereinigung der Gegensätze'. Und weil man nicht versteht, warum das so ist, reden die Autoren von "Urbildern der Seele" oder schein-wissenschaftlich vom "paläolithischen Gesetz von Sinn und Gegensinn" [Maier nach Arnold Wadler], das ohne Sinn endet: "Symbolisch wird stets das ausgedrückt, was man in Wirklichkeit nicht weiß" [C.G.Jung].
Symbole gelten als
- "bildhafter Ausdruck von der Seele präexistenten Formen des Unbewußten" [Creuzer],
- "Zeichen, die mit unbewußtem Inhalt gefüllt werden" [Maier]
- in irgendeiner Weise "ererbt" [Jung, Freud u.a.],
- "immer wieder neu aus dem individuellen Material geschaffen" [Jones]
- "rein geistigen Ursprungs" [Burckhardt].
Oft wurden sie mit den Archetypen verwechselt oder gleichgesetzt
http://symbolforschung.de/pages/die-symboltheorie.php
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