Jean Laplanche : Die allgemeine Verführungstheorie und andere Aufsätze . Aus dem Französischen übersetzt von Gunter Gorhan

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J. Laplanche: Verführungstheorie
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Online-Publikation: April 2017 im Internet-Journal <<kultur-punkt.ch>>
Ereignis-, Ausstellungs-, AV- und Buchbesprechung
<< Jean Laplanche : Die allgemeine Verführungstheorie und andere Aufsätze . Aus dem Französischen übersetzt von Gunter Gorhan  >>
184 S., Pb. Großoktav; ISBN 9783955581879; 24,90 €
Brandes & Apsel Verlag, Frankfurt a.M.; http://www.brandes-apsel-verlag.de

Charakteristika
> 20 Jahre Laplanche's Etappen seiner Entwicklung
> Topos : Metapsychologie
> Lehre von den Trieben und Angst 'double bind'*

Inhalt
»Die hier zusammengestellten Aufsätze erstrecken sich über einen Zeitraum von etwa 20 Jahren. Sie kennzeichnen die Etappen meiner Entwicklung, die Etappen der Schöpfung einer zwar von Freud angeregten Metapsychologie, die aber eine tiefergehende Erneuerung erfahren hat. Das Neue in der Psychoanalyse, wie auf allen anderen Gebieten, bedeutet eine Vertiefung der Grundlage, eine neue Begründung.« (Jean Laplanche)
 Der zentrale und lange Zeit auf Deutsch nicht zugängliche Text ist Die allgemeine Verführungstheorie. Die anderen Aufsätze bereiten den Weg dahin. In diesem revolutionären Theorieansatz trägt Laplanche einer grundsätzlichen, zwischenmenschlichen Situation Rechnung. Die eingeschränkte Theorie Freuds, die dieser recht schnell verdrängt hatte, wird durch Laplanche auf die Ebene der Verallgemeinerung gehoben. Von dieser Grundlage ausgehend, können die Metapsychologie und insbesondere die Lehre von den Trieben und von der Angst neu begriffen werden. Die psychoanalytische Praxis wird somit ihre Bedeutung und ihre Ziele besser bestimmen und behaupten können.

Autor
I
Jean Laplanche (1924–2012), Studium der Medizin, Psychoanalytiker; von 1969 bis 1971 Präsident der Association Psychanalytique de France; lehrte an den Universitäten von Lausanne, Buenos Aires, Athen und der Sorbonne in Paris; 1995 erhielt er den Mary S. Sigourney Award. Laplanches Vorlesungen erschienen in sieben Bänden (puf, Paris), er verfasste mehrere Bücher und hatte die wissenschaftliche Leitung der Übersetzung der »Gesammelten Werke« Sigmund Freuds, seit 1988..
Jean Laplanche (* 21. Juni 1924 in Paris; † 6. Mai 2012 in Beaune, Burgund) war ein französischer Autor und Theoretiker der Psychoanalyse.
II
Laplanche ist insbesondere durch seine Arbeiten auf dem Gebiet der psychosexuellen Entwicklung und über Freuds Verführungstheorie, die er 1987 verallgemeinert (Théorie de la séduction généralisée), bekannt. Gemeinsam mit Jean-Bertrand Pontalis verfasste er 1967 das Standardwerk Das Vokabular der Psychoanalyse. Das Journal Radical Philosophy beschreibt ihn als „the most original and philosophically informed psychoanalytic theorist of his day“.
https://de.wikipedia.org/wiki/Jean_Laplanche


Fazit
Jean Laplanche kommt aus der Medizin, wird Psychoanalytiker par exellence, arbeitet über Freuds Verführungstheorie hin zu einer eigenständigen Ur/Verführungstheorie
Er kommt - zusammenfassend gesagt - zur Auffassung, dass die allgemeine Verführungstheorie Freud's genauer, vertiefter dargelegt werden sollte und deren Traumata 'verursachenden oder strukturierenden Aspekte ..**' präziser dargelegt gehören. Insbesondere das Rätsel 'double bind' – da tiefer gehend - scheint Laplanche eine besonders extrem perverse und wahrscheinlich nicht-metabolisierende Form* des Rätsels zu sein.
Es gilt für ihn die verschiedenen Verührungstypen weiter zu erforschen, tiefergreifend und zugleich zusammenfassend zu entbergen, so Laplanche abschliessend. Ein interessantes Forschungsanliegen liegt vor. m+w,p17-4

*)Metabolisierung, hier psychoanalytisch in etwa als analytischer Text-/Bild-Stoffwechsel zu verstehen
Metabolisierung bezeichnet in der Medizin den biochemischen Um- bzw. Abbau einer Substanz durch körpereigene Enzymsysteme. Das Ergebnis einer Metabolisierung ist ein chemisch veränderter Metabolit der Substanz.

**) double bind / Doppelbindungstheorie
I
Die Doppelbindungstheorie (engl. double bind theory, franz. double-contrainte) ist eine kommunikationstheoretische Vorstellung zur Entstehung schizophrener Erkrankungen. Die Theorie wurde von einer Gruppe um den Anthropologen und Kommunikationsforscher Gregory Bateson entwickelt. Sie identifizierten (im Gegensatz zu bis dahin geltenden intrapsychischen Hypothesen) Beziehungsstrukturen, die in der Folge zu Verhaltensformen führen können, die als Schizophrenie bezeichnet werden, und prägten für diese den Ausdruck double bind. Diese Verbindung zur Schizophrenie konnte allerdings empirisch nicht bestätigt werden.
Die Doppelbindungstheorie beschreibt die lähmende, weil doppelte Bindung eines Menschen an paradoxe Botschaften oder Signale und deren Auswirkungen. Die Signale können den Inhalt der gesprochenen Worte betreffen, oder Tonfall, Gesten und Handlungen sein.
https://de.wikipedia.org/wiki/Doppelbindungstheorie
II
Psychodynamische Abwehrmechanismen
Die Abwehr ist ein unbewusster, durchaus gesunder bis neurotischer  Prozess, der gefährliche, peinliche, schmerzliche und unerträgliche innere Vorgänge und Konflikte dem Bewusstsein fern hält. Durch den Umweg über Symptombildungen, durch „schlechte Kompromisse“ und Scheinlösungen wird dem Bewusstsein nur ein kleiner Teil des Konfliktes bewusst. Es gehört zur Natur der Abwehrmechanismen, dass diese unbewusst sind und ihre Existenz von der betroffenen Person geleugnet oder sogar aggressiv abgelehnt wird.
http://www.borderline-spiegel.de/45-psychodynamische_abwehrmechanismen.html


Verführungstheorie Freud
Sigmund Freuds Verführungstheorie ist eine Mitte der 1890er Jahre aufgestellte Theorie, die sich mit dem Ursprung, der Entwicklung und der möglichen Heilung von Hysterie und Neurosen beschäftigt. Laut Theorie sind verdrängte Erinnerungen an die Erfahrung sexuellen Missbrauchs oder sexueller Belästigung in der frühen Kindheit zentrale Voraussetzung für hysterische, obsessive und neurotische Symptome
Anfänglich ging Freud in der Entwicklung seiner Theorie davon aus, dass seine Patienten glaubhafte Berichte tatsächlich erfolgter sexueller Misshandlung und sexuellen Missbrauchs gaben, welche für ihre Neurosen und anderen psychischen Probleme verantwortlich waren. Nach einigen Jahren gab Freud diese Theorie auf aus der Überzeugung, dass die Erinnerungen an sexuellen Missbrauch de facto imaginäre Fantasien seien (siehe Ödipuskonflikt)...
Nach seinem Widerruf der Verführungstheorie (nach 1906) folgte als alternativer Erklärungsansatz, die Theorie der infantilen Sexualität und des Ödipuskonflikts. Die Impulse, Fantasien und Konflikte, die Freud zuvor hinter neurotischen Symptomen aufgedeckt hatte, stammen dieser Theorie zufolge nicht von externen schädlichen Einflüssen, sondern sind Teil der innerpsychischen Welt des Kindes.h
ttps://de.wikipedia.org/wiki/Verf%C3%BChrungstheorie_(Freud)


Ur-/Verführungstheorie Laplanche
Jean Laplanche: Neue Grundlagen für die Psychoanalyse: Die Urverführung (Bibliothek der Psychoanalyse, 2011, Psychosozial Verlag)
Das Buch ist eine Einladung zum selbstständigen Denken in und mit der Psychoanalyse. Der profunde Kenner des Freud schen Werkes und Mitautor des »Vokabulars der Psychoanalyse« setzt sich darin kritisch mit den Ursprüngen der Psychoanalyse bei Freud und seinen Nachfolgern auseinander. Er entwickelt einen weitreichenden Vorschlag für eine Neubegründung der Psychoanalyse.
Jean Laplanche verbindet in seiner Arbeit die unverblümte Kritik der Irrwege mit der Anerkennung der ureigenen, unverzichtbaren Elemente der Psychoanalyse. Das Buch bildet einen zentralen Moment im Schaffen des Autors und eröffnet den Weg zur »allgemeinen Verführungstheorie«. Es ermöglicht, die Entstehung des Unbewussten, die Natur des Triebes, aber auch das Wesen der psychoanalytischen Praxis neu zu begreifen, und stellt insofern einen Meilenstein für eine metapsychologische Neubestimmung der Psychoanalyse dar. Auch der Bezug bzw. die Abgrenzung zu anderen Wissenschaften (u.a. Biologie und Linguistik) wird erläutert.