PA4 Diskurs - Suchworte Z

PA4 Diskurs - Suchworte  Z
PA4 - Gespräche zu aktuellen Themen

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Zeit-Ewigkeit; Zukunft: (Töpfer, Yogeshwar) ;-Ökologie /Stabile Ungleichgewichte (Reichholf);      Zeitalter: postamerikanisch (Zakaria); Zufall (Feuerstein, Cage, Prankl); 

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Zeit-Ewigkeit I-V;
http:/Z/archiv.kultur-punkt.ch/akademie4/diskurs/pa-05-9-diskurs-zeit-ewigkeit.htm
http://archiv.kultur-punkt.ch/akademie4/diskurs/pa-05-9-heere-zeit-bild-ewigkeit.htm
http://archiv.kultur-punkt.ch/buchtipps-allgemein/dumont4-00.htm
http://archiv.kultur-punkt.ch/belletristik/faberundfaber09-6fuernberg-lebenslied.htm
http://archiv.kultur-punkt.ch/belletristik/suhrkamp-it12-10hirngefunkel.htm

Zukunft: (Töpfer, Yogeshwar) I-II;
 http://archiv.kultur-punkt.ch/akademie4/diskurs/beck11-11unsere-zukunft.htm
http://archiv.kultur-punkt.ch/lebenswelt/dtv13-5unsere-zukunft.htm  

Zeitalter: postamerikanisch (Zakaria) I;
http://archiv.kultur-punkt.ch/akademie4/diskurs/randomhouse-siedler09-9zakaria-aufstieg.htm

Zufall (Feuerstein, Cage, Prankl) I-IV; 
http://archiv.kultur-punkt.ch/akademie4/diskurs/feuerstein11-1archithese-diskurs.htm
http://archiv.kultur-punkt.ch/akademie4/kooperation-swr2/swr2-klein-zufall04-11.htm    
http://archiv.kultur-punkt.ch/praesentation/ereignisse/springer08-4gerechtigkeit-zufall.htm
http://archiv.kultur-punkt.ch/akademie4/diskurs/larsmueller13-1unbestimmt.htm

PA4 Philosophie Akademie 05-9 : Zeit - Ewigkeit

PA4 - Philosophie Akademie 05-9 : Zeit - Ewigkeit Philosophie bis heute: Virtuell + Persönlicher Diskurs am Kultur-punkt Tel+Fax  0049 7631 17 31 87  mailto:prankl@kultur-punkt.ch  

Liebe Freunde der PA

Bei unserem Treffen in Salzburg am 17.9.05 haben wir das Thema: Zeit-Ewigkeit diskutiert. Als Basis unseres Gespräches dienten uns folgende Texte  Neubestimmung: Zeitnot-Zeitgewinnn (M+W Prankl); Universum-Galaxienhaufen (Max Planck Institut); Zeit-Freiheit (Spitzer); 4 Denk-Variable; Zufall (Klein) und das Hauptreferat: Zeit-Bild-Ewigkeit (Heere)...
Hier das diskursive Denkbild zum Thema Zeit : Ewigkeit mit Vergangenheit-Gegenwart-ZukunftMit besten Grüssen Marga und Walter Prankl

Art+Filosofie Dr. Alain Métry alain.metry@gmx.ch

Internist + Poesiefreund, Dr. med. Thomas Moser thomasamoser@web.de

Art+Theory Dr. Heribert Heere Ulrike Heere Heribert@Heere.de

Wohnen+Urbanität Gisela+Gerhard Wallner
schuler.wallner@utanet.at

Malerei+Filosofie Gisela Mintzlaff T+F: 07635 8228 86 gmintzlaff@yahoo.de

Lebensfilosofie Dr. Charlotte Blauensteiner lb@ab.zid.tuwien.ac.at

PA4: Lebensfilosofie Peter+Gisela Dieckmann
dieckmann@ibs-ev.de

Urbanität+Publizistik Dr. Norbert Mayr norbert.mayr@gmx.net

PA4: Art+Filosofie Peter Pitschko
peter.pitschko@ktn.gde.at

PA4: Lebensfilosofie Anita+Ruedi Fenner
fennersigner@bluewin.ch

Transdisziplinäre Pädagogik: Magdi+Herwig dr.angerer@teleweb.at

Fotografie+Gesellschaft Zoltan Nagy+Paola Agosti I-00165 Roma fotozoltan@libero.it

Gestaltung+EsoterikOluf Richert
oluf.richert@t-online.de

Filosofie+NumismatikRainer Meier ZPMO edelmetalle-muenzen@ bluewin.ch

Grafik+ LebensfilosofieBrauchle,Gerhard+Jeanine gbrauchle@freenet.ch

Lebensfilosofie Carmen +Heinz Hauzinger info@ikuview.ch

Design+Poesie Dieter Berdel 0043 1 617 1159/ F:/4 pruner@pruner.at

Design Katja Hauzinger-Quatrini I-00144 Roma kmh@aedis.it

 Dietlinde+Fritz Rakowitz Lebensfilosofie Heiligeneich (A) dietlinde.rakowitz@utanet.at

 Gerda+Fred Heil Naturwissenschaft +Pädagogik, München dr.alfred.heil@web.de

Heribert Heere: Zeit, Bild, Ewigkeit

Heribert Heere: Zeit, Bild, Ewigkeit

http://www.heere.de

1924 hält der 35jährige Martin Heidegger in seiner Eigenschaft als neubestallter Marburger Philosophieprofessor auf Einladung des Freundes und evangelischen Reformtheologen Rudolf Bultmann vor der dortigen Theologenschaft einen bemerkenswerten Vortrag mit dem Titel: „Der Begriff der Zeit". Er beginnt:

Wenn die Zeit ihren Sinn findet in der Ewigkeit, dann muss sie von daher verstanden werden. Damit

sind Ausgang und Weg dieser Nachforschung vorgezeichnet: von der Ewigkeit zur Zeit.

(Heidegger, BZ 107)

Heidegger bezieht sich damit auf die Zeittheorie Platons im „Timaios, in der antiken Philosophie einer der am meisten kommentierten platonischen Dialoge. Platons Weltdeutung ist seit dem Entstehen der neuzeitlichen Naturwissenschaft, die übrigens selbst ein Abkömmling des griechischen Denkens ist, soweit sie Natur-Wissenschaft zu sein beansprucht, überholt. Platons Zeittheorie ist es nicht, auch im Lichte neuester physikalischer Theorien. Nach Platon ist das All geschaffen, von einem „nicht näher ausfindig zu machenden und schon gar nicht allen darzustellenden Schöpfer und Vater":

Wenn der Kosmos schön ist und der Meister (Demiurg) gut, dann ist es offenkundig, dass er auf das Ewige geblickt hat; im anderen Falle aber, den auch nur in den Mund zu nehmen eine Lästerung sein würde, nach dem Gewordenen. Jedem ist doch nun klar, dass er auf das Ewige geblickt hat, denn die Welt ist das Schönste des Gewordenen, und was die Ursache anbelangt, so hält nichts den Vergleich mit dem Meister (dem Urheber) aus. So nun geworden, wurde der Kosmos mit Blick auf das, was durch Überlegung und Vernunft erfassbar und immer mit sich selbst identisch ist, gebildet. Dieses zugrundegelegt, ist es wiederum unausweichlich, dass dieser Kosmos das Abbild von etwas ist. (Platon, TIM 5)

Nach dem von Platon zum ersten Mal fixierten und für die abendländische Philosophie bis Nietzsche verbindlichen Denkweg ist es scheinbar evident – und zwar sogar so, dass man die Alternative gar nicht aussprechen dürfe, sie sei ein Sakrileg – , dass das Eine, das Ewige und Unwandelbare das Wirkliche, das Seiende ist, wohingegen das immer Werdende niemals ist. Diese angeblich unhinterfragte Grundvoraussetzung der Metaphysik wird Heidegger dann später als den Beginn der „Seinsvergessenheit" bezeichnen.

Der Kosmos muss nach Platon als „gebildet" gedacht werden. Irgendwie von selbst oder zufällig entstanden, wäre er nicht mehr primär gut und schön, also auch nicht vernünftig und damit auch kein Abbild des Ewigen, sondern dem Werden verfallen und damit unwirklich, ja gar nicht existent. Und das Nicht-Sein gibt es nicht, das geht schon auf Parmenides zurück. Was es nicht gibt, darüber kann man auch nicht denken, denn „was im Denken ist, das ist auch im Sein".

Platon kommt nun auf den Kern seiner Bildtheorie zu sprechen, die zugleich auch eine Welt-Theorie ist:

So muss man nun, was das Abbild und sein Muster betrifft, eine Unterscheidung treffen, da die Darstellung mit dem, was sie erläutern soll, auch verwandt ist, mithin einerseits die Darstellungen des Unabänderlichen und Festen und mit Vernunft Durchschaubaren selbst unabänderlich und unumstößlich sind...und andererseits die Darstellungen dessen, was jenem Muster nachgebildet und ein Abbild ist, nur wahrscheinlich und ihren Gegenständen entsprechend sind. Wie sich das Sein zum Werden verhält, so verhält sich die Wahrheit zum Glauben. (Platon, TIM 5)

Platon macht hier einen für die weitere Konzeption des Bildes gar nicht zu überschätzenden Doppelcharakter aus: einerseits hat es als Abbild des Urbildes teil am ewigen Charakter des Urbildes, andererseits ist es als materiales Werk selbst und als Nachahmung der Veränderung, dem Wechsel, also dem „Fluss der Zeit" unterworfen. Das Bild verkörpert also, verkürzt gesprochen, ein Paradox: es ist vergänglich und unvergänglich zugleich. Oder, in der platonischen Terminologie: das Bild ist zugleich „Zeit" und „Ewigkeit" Zentral dann auch Platons nächster Satz: Die Wahrheit ist im Sein, der bloße Glaube im Werden. Beides verhält sich proportional zueinander. Insofern verkörpern Bilder gerade nach der platonischen Theorie auch Wahrheit, was man oft aufgrund der berüchtigten Stelle der vermeintlichen Bilderfeindlichkeit Platons im 10. Buch des „Staats" vergessen hat.

Für uns Heutige fremdartig anmutend hat Platon den Kosmos als ein kugelförmiges,„beseeltes und vernunftbegabtes Lebewesen", „ohne Krankheit und Tod" konzipiert, „so kunstvoll eingerichtet, dass es sich Nahrung aus dem verschafft, was es selbst ausscheidet..." (TIM 7). Dies hat Peter Sloterdijk in einem Exkurs seiner „Globen" zu der Bemerkung veranlasst:

Damit ist der Preis der Vollkommenheit benannt; das absolute Tier muss ein Autokoprophage sein, in deutscher Prosa ein Eigenkotfresser...Der Unterschied zwischen dem griechischen und dem christlichen Weg einer Ökologie des Absoluten ... tritt in ein schärferes Licht...Das griechische Welt-Tier ist also ein Wesen, das weder Futter aus der Umwelt aufnimmt noch Abfall in diese setzt, weil es keine Umwelt hat, weil es um seiner Autonomie willen auf jede Externalisierung verzichtet, indes der christliche Gott-Mensch die Welt zwar geißelt, jedoch ohne Zweifel die erwähnten unerwähnbaren Abfälle zurücklässt. (Sloterdijk, Sphären II, Globen, 432)

Ebenso wie die hier angedeuteten irdischen Aspekte der Ewigkeit verhält es sich auf ungleich abstrakterer Ebene mit der Schwierigkeit des Demiurgen, ein dem ewigen Lebewesen würdiges All zu konstruieren, was sich in seiner Vollständigkeit als unmöglich erwies:

Also gedachte er (der Demiurg), eine Art bewegliches Abbild der Ewigkeit zu schaffen, und indem er zugleich den Himmel ordnet, schafft er ein nach Zahlen fortschreitendes unvergängliches Abbild der im Einen verharrenden Ewigkeit, eben jenes, das wir Zeit genannt haben. (Platon, TIM 10)

Es ist immer wieder gefragt worden, wie denn konkret Zeit und Ewigkeit zusammenhängen, z.B. welche Elemente der Ewigkeit in der Zeit zu finden seien etc. Platon hat sich dazu nicht geäußert, weder in seinem Geschriebenem noch in seinem Ungeschriebenem. Walter Mesch hat ausgeführt, dass „die Zeit zwar nicht völlig mit der Ewigkeit identisch ist, jedoch nirgendwo sonst der Kosmos seinem Vorbild so nahe kommt wie hier" (Mesch, Reflektierte Gegenwart, 175):

Offensichtlich wird die vorausgesetzte Unterscheidung von Seiendem und Werdendem zeittheoretisch bestätigt, indem der Timaios die gängige Übertragung des „war" und des „wird sein" auf das ewig Seiende ablehnt, da dem ewig Seienden in Wahrheit nur das „ist" zukommt. Dies kann aber unmöglich bedeuten, dass dem Kosmos das „ist" gänzlich abzusprechen wäre. Vielmehr dürfte ihm das „ist" bei aller Differenz zu seinem Vorbild ebenso zukommen, wie die Zeit in ihrer Differenz zur Ewigkeit als deren ewiges Abbild zu gelten hat. (Mesch, 176)

Mesch legt weiterhin in Analogie zu platonischen Weltseele nahe, dass die Zeit „nicht als eine körperliche, sonder als eine seelische Bewegung" zu verstehen sei, denn „ihre unmittelbarste Bestimmung liegt darin, beständig vergehende Gegenwärtigkeit von Gegenwärtigem zu sein. In diesem beständigem Vergehen der Gegenwart schreitet die Zeit zahlenmäßig voran."

Ungeachtet der diesbezüglichen Fachdiskussion wollen wir festhalten, dass der platonische Zeitbegriff weg von einer numerischen Aufteilung in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, wie sie der Theorie der Zeit als Zeitpunkte entspricht, hin zu einer Vergegenwärtigung der Gegenwart interpretiert werden muss.

In seinem Vortrag scheint Heidegger die Frage nach der Ewigkeit gleich zu Anfang wieder zu erledigen, wobei die Ewigkeit entweder das „leere Immersein, aion, oder aber Gott" sei. Für letzteres ist der Glaube entscheidend und damit sei die Ewigkeit für den Philosophen, der die Zeit methodisch zu diskutieren versucht, „nie zu haben":

Der Philosoph glaubt nicht. Fragt der Philosoph nach der Zeit, dann ist er entschlossen, die Zeit aus der Zeit zu verstehen bzw. aus dem aion, was so aussieht wie Ewigkeit, was sich aber herausstellt als ein bloßes Derivat des Zeitlichseins. (Heidegger, BZ 107)

Es wäre falsch, Heidegger zu unterstellen, er drehe Platons Feststellung von der Zeit als Abbild der Ewigkeit einfach um; er versteht Ewigkeit vielmehr als eine Ableitung des „Zeitlichseins" oder, wie er sagen wird, der „Temporalität". Letztere ist in Heideggers Ursprungsdenken nichts anderes als „Wahrheit", als „Seyn", das er in seinem nachgelassenenen Hauptwerk, den „Beiträgen zur Philosophie", denen er den Untertitel „Vom Ereignis" gegeben hat, immer wieder beschwört:

Vor allem muss die Verborgenheit des Anfänglichen gewahrt werden. Zu vermeiden ist jede Verunstaltung durch Erklärungsversuche, da alles Erklärende notwendig den Anfang nie erreicht, sondern nur zu sich herabzieht.

Dass im ersten Anfang die „Zeit" als Anwesung sowohl wie als Beständigkeit (in einem gedoppelten und verschlungenen Sinne von „Gegenwart") das Offene bildet, aus dem her das Seiende als Seiendes (das Sein) die Wahrheit hat...

Dass uns aus dem ersten Anfang für die wiederholende Besinnung zunächst die Zeit als Wahrheit des Seyns aufleuchtet, sagt nicht, dass die ursprüngliche und volle Wahrheit des Seyns nur auf die Zeit gegründet werden könnte. Zwar muss zunächst überhaupt versucht werden, das Wesen der Zeit so ursprünglich (in ihrer „Ekstatik") zu denken, dass sie als mögliche Wahrheit des Seyns als solches begreifbar wird. Aber schon dieses Durchdenken der Zeit bringt sie in der Bezogenheit auf das Da des Da-seins mit der Räumlichkeit des Da-seins und somit mit dem Raum in wesentlichen Bezug. Aber Zeit und Raum sind hier, an der gewöhnlichen Vorstellung von ihnen gemessen, ursprünglicher und vollends der Zeit-Raum, der keine Verkoppelung, sondern das Ursprünglichere in ihrer Zusammengehörigkeit. (Dafür wird Heidegger den „Zeit-Spiel-Raum" ins Spiel bringen (HH).)

Dieses aber weist in das Wesen der Wahrheit als lichtende Verbergung (aletheia). Die Wahrheit des Seyns ist nichts geringeres als das Wesen der Wahrheit, begriffen und gegründet als lichtende Verbergung, das Geschehnis des Da-seins, des Wendungspunktes in der Kehre als sich öffnende Mitte. (Heidegger, Beiträge 188f)

„Verbergen" und „Entbergen" sind dynamisch aufeinander bezogene zentrale Begriffe von Heideggers Wahrheitskonzeption. Deshalb „ist" für ihn Wahrheit nicht, wie er der gesamten traditionellen „Metaphysik" unterstellt, sondern „west" ins „Offene der Lichtung". Deshalb auch die Vorstellung der Zeit als „Ekstatik", als explodierender Augenblick, im Gegensatz zur Auffassung der Zeit als leere Kategorie eines Kontinuums mit beliebig zu unterteilenden Zeitpunkten. Zeit als „Zeit-Spiel-Raum" des „Ins-Werk-Setzen der Wahrheit", wie er es als die vornehmste Aufgabe der Kunst in seiner berühmten Abhandlung „Der Ursprung des Kunstwerks" bezeichnet.

In seinen weiteren Ausführungen versucht Heidegger nach einem kurzen Hinweis auf die Relativitätstheorie mit ihrer Negation der Absolutheit von Zeit und Raum aufzuzeigen, inwieweit die Zeit mit mir selbst zu tun hat, mit meinem „Dasein". Er bedient sich dafür unserer alltäglichen Erfahrung mit der Uhr: Hier erfahren wir die Zeit als etwas, „in dem beliebig ein Jetzt-Punkt fixiert werden kann...Dabei ist kein Jetztpunkt der Zeit vor dem anderen ausgezeichnet...Nur sofern die Zeit als homogene ausgezeichnet ist, ist sie messbar...Wenn ich die Uhr herausziehe, so ist das erste, was ich sage: Jetzt ist es .....Uhr...Was ist dieses Jetzt? Verfüge ich über das Jetzt? Bin ich das Jetzt? Ist jeder andere das Jetzt? Dann wäre die Zeit ja ich selbst, und jeder andere wäre das Jetzt?" (110f)

In sechs Punkten versucht Heidegger nun, diese Frage zu beantworten:

Das Dasein wird als „In-der-Welt-sein" bezeichnet, charakterisiert durch das „Besorgen", und ist damit „Mit-einander-sein, mit Anderen sein: mit Anderen dieselbe Welt dahaben, einander begegnen, miteinander sein in der Weise des Für-einander-seins. Aber dieses Dasein ist zugleich Vorhandensein für Andere, nämlich auch so, wie ein Stein da ist, der keine Welt hat und besorgt". Hier klingt schon Heideggers spätere Kritik des traditionellen Dingbegriffs in seiner Vorlesung „Die Frage nach dem Ding" von 1935/36 an. Die Wahrheit über das Ding hänge mit Raum und Zeit zusammen, aber nicht so, dass sie etwas ist, „was dem Ding zugetragen und angehängt wird mit Hilfe eines Zettels", vielmehr „hänge das Ding selbst in der Wahrheit, so wie es im Raum und in der Zeit vorkommt". (Dingfrage 23) Obwohl Heidegger die Konsequenz nicht expressis verbis zieht, lässt sich überspitzt formulieren: Die Dinge leben, sind nicht bloße tote Sachen, bloße Objekte, unserer scheinbar grenzenlosen „Machbarkeit" (auch ein Heideggerscher Terminus) ausgeliefert.

Weiterhin sei das Sprechen „die Grundweise des Daseins der Welt" dergestalt, dass „im Miteinandersprechen, in dem, was man so herumspricht; jeweils die Selbstauslegung der Gegenwart liegt , die in diesem Gespräch sich aufhält". Man beachte, dass man laut Heidegger nicht „über" die Gegenwart spricht, sondern dass diese sich vielmehr „aufhält im Gespräch"!

In den weiteren Punkten betont Heidegger das Da-sein als Verlauf, als Geschehnis, als Ereignis, nicht unbedingt als Reflexion, als Denken:

7. In der Durchschnittlichkeit des alltäglichen Daseins liegt keine Reflexion auf das Ich und das Selbst, und doch hat sich das Dasein selbst. Es befindet sich bei sich selbst. Es trifft sich da selbst an, womit es gemeinhin umgeht. (Heidegger, BZ 114)

Doch wie kann ich das Dasein erkennen, bevor es zu seinem Ende gekommen ist? Und zu seinem Ende gekommen ist es gerade nicht mehr und ich auch nicht mehr. Heidegger verwirft die Möglichkeit der „Auskunft auf das Dasein anderer, die mit mir waren und die zu Ende gekommen sind", denn „der Andere bin ich nie". Und nun bringt er die entscheidende Wendung (oder sollte ich besser in Heideggers späterer Diktion von der „Kehre" sprechen?): Das Dasein habe in sich selbst die Möglichkeit, sich mit seinem Tod zusammenzufinden als der äußersten Möglichkeit seiner selbst. (116) Diese Gewissheit sei charakterisiert durch die völlige Unbestimmtheit. Heidegger deutet das alte „Mors certa, hora incerta" um zu einem „Vorlaufen des Daseins zu seinem Vorbei als einer in Gewissheit und völliger Unbestimmtheit bevorstehenden äußersten Möglichkeit seiner selbst." Das Dasein sei „als menschliches Leben primär Möglichsein, das Sein der Möglichkeit des gewissen und dabei unbestimmten Vorbei".

Heidegger hat sich öfters in den „Beiträgen" dagegen verwahrt, sein „Lied vom Tod" als negativistisches Vegetieren des Lebens zum Tod, als tödliches telos sozusagen, zu missverstehen. Auch Luthers „Media vita in morte sumus" scheint mir Heideggers - ich wage zu sagen – Optimismus des „Seins der Möglichkeit" nicht zu treffen, auch wenn ich jetzt die theologische Frage mangels Kompetenz undiskutiert lassen muss, inwieweit und vor allem, wie ausschließlich Luther das wahre Sein des Christenmenschen in die Ewigkeit verlegt hat.

Jedoch versagt sich Heidegger eine bloß optimistische Deutung des Todes, denn „dieses Vorbei vermag das Dasein inmitten der Herrlichkeit seiner Alltäglichkeit in die Unheimlichkeit zu stellen" (117). Dieses Vorlaufen sei jedoch „nichts anderes als die eigentliche und einzige Zukunft des eigenen Daseins":

Das Dasein, begriffen in seiner äußersten Seinsmöglichkeit, ist die Zeit selbst, nicht in der Zeit. Das so charakterisierte Zukünftigsein ist als das eigentliche Wie des Zeitlichseins die Seinsart des Daseins, in der und aus der es sich seine Zeit gibt. Im Vorlaufen mich haltend bei meinem Vorbei habe ich Zeit. Alles Gerede, das, worin es sich hält, alle Unrast, alle Geschäftigkeit, aller Lärm und alles Gerenne bricht zusammen. Keine Zeit haben heißt, die Zeit in die schlechte Gegenwart des Alltags zu werfen. Zukünftigsein gibt Zeit, bildet die Gegenwart aus und lässt die Vergangenheit im Wie ihres Gelebtsein wiederholen. (Heidegger, BZ 118)

Heidegger erkennt im Jetzt, in der Freilegung der ursprünglichen Zeitlichkeit des Daseins, gerade das Zukünftigsein. Damit kritisiert er die Zeitkonzeption des europäischen Denkens, das die reale Zeiterfahrung entstellt und entleert habe, doch enthalten alle, wie Kurt Flasch in seinem großen Augustinuskommentar festgestellt hat, auch weiterführende Elemente, handele es sich nun um „die Verkennung der ursprünglichen Zeitlichkeit im Kontext einer Grundlegung der Physik, um eine neuplatonisch-christliche Distanzierung von zeitlicher Schöpfung und göttlicher Ewigkeit oder um den Rahmen einer Kritik der reinen Vernunft, wie bei Kant" (Flasch, Was ist Zeit, 53)

Um zum Schluss auf die im Titel gestellte Frage von Zeit, Bild und Ewigkeit zurückzukommen: Für Platon ist die Welt selbst ein Bild und nicht zuletzt die ewigen Ideen, die zum Bilde drängen, sind als „idea" abgeleitet von einem ursprünglichen, vorplatonischen Gebrauch eines Stamms, dem auch die griechischen Worte für Bild: eidolon und eidos entspringen. Das ursprüngliche Anschauen wird für Platon zum Angeschauten und Anschauenden und möglicherweise zum Anschaulichen. Daher auch die ungeheure Fruchtbarkeit dieses Bilddenkens trotz Platons angeblicher Kunstfeindlichkeit für die spätantike und insbesondere für die neuplatonisch-christliche Kunst, der man, nicht ganz richtig in Verkennung ihres innovativen Charakters, den Namen „Renaissance" gegeben hat. Dieses Bilddenken ist letztlich untrennbar verbunden mit der Konzeption eines harmonisch gut und schön geordneten Kosmos. Heidegger hat gezeigt, dass der Preis dafür die „Seinsvergessenheit" und die Entleerung der ursprünglichen Zeiterfahrung ist. Statt dessen sei die „Machenschaft", sprich die moderne Technik und Wissenschaft, in die Stellung der Wahrheit gerückt. Deren Deutung nicht als Gegensatz und Widerpart, sondern als Folge und letzte Ausprägung des griechischen, christlich-neuplatonischen und idealistisch-metaphysischen Weltbildes verdanken wir dem „Denkweg" Heideggers.

Literatur

 

Flasch, Kurt, 2004/2, Was ist Zeit? Augustinus v. Hippo, Frankfurt, Klostermann

Heidegger, Martin, 2004, Der Begriff der Zeit, Frankfurt, Klostermann

Heidegger, Martin, 1994/2, Beiträge zur Philosophie, Frankfurt, Klostermann

Heidegger, Martin, 1987/3, Die Frage nach dem Ding, Tübingen, Niemeyer

Heidegger, Martin, 1980/6, Der Ursprung des Kunstwerkes, in: Holzwege, Frankfurt, Klostermann

Mesch, Walter, 2003, Reflektierte Gegenwart, Frankfurt, Klostermann

Platon, Timaios, 2003, Stuttgart, Reclam; 1993, Hamburg, Meiner

Sloterdijk, Peter, 1999, Sphären II Globen, Frankfurt, Suhrkamp

© Heribert Heere, 2005

Weltsicht

54 Weltsicht
W+B Agentur-Presseaussendung März/April 2000
<<Den frischen Geist des Anfängers bewahren>>
<<U. Eco, J.C. Carrière, St. J. Gould, J. Delumeau: Das Ende der Zeiten>>
Aus dem Französischen von Ronald Voullié
Ein Diskurs; DuMont Buchverlag, Köln; 295 S.; 1999; DEM 39,80; EUR 20,35
http://www.dumont.de


Am Ende des Jahrtausend wird in vier Diskursen mit Eco, Carrière, Gould und Delumeau, befragt von C. David, D. Lenoir, J.Ph. de Tannac, geistige Bilanz gezogen.
Gould antwortet paläontologisch
Dabei stehen im Zentrum die Zeitmasstäbe mit dem Kalendarium - das lediglich eine Hilfskonstruktion ist, da in der Natur nur die Erddrehung (Tageslänge), die Monddrehung (Monat), die Erddrehung um die Sonne (Jahr) definiert wird. Er fügt noch die Besonderheit der Null (bis Zehn) hinzu, die von der Zahl der Finger, Zehen (Mayas zählten bis 20) herrühren kann. Und so erklärt sich die Bedeutung von Jahrhundert / Jahrtausend, wie jetzt wieder das Jahr 2000. Schliesslich meint Gould, dass das irdische Leben eine Folge eines einzigartigen Experimentes, dem DNS, darstellt: Ursprung und Ende, Wiederholung und Replikation.
Delumeau antwortet historisch
Die Logik der Geschichtsschreibung ist in sich gegeben, sagt er, beruht aber auch auf einer persönlichen Suche, zwischen Angst, Trost und Hoffnung, ja sogar apokalyptisch - eschatologisch. Ihm macht der gegen-wärtige Zustand der Welt Sorgen: soziale Ungleichheiten, Umweltverschmutzung, Korruption verschlimmern die Situation massiv.
Carrière antwortet metafysisch
Er beschäftigt sich intensiv mit dem Buddhismus, ohne ihm anzugehören: Bewahrt euch den neuen Geist, den frischen Geist des Anfängers, meint er.
Dazu führt er den Unterschied der Zeitanzeige zwischen einem kreisförmigen Ziffernblatt und einem kleinen rechteckigen Fenster einer Digitaluhr an. In jener kann der Betrachter auch sehen wie spät es nicht ist. Da sieht er nur eine Zahl, ein Zeitmoment, ohne den ganzen Tag vor Augen zu haben, im Ziffernblatt aber eine beinahe rauschhafte Abfolge von geschichtlichen Momenten, die von Ewigkeit durchsetzt sind, folgert Carrière daraus.
Eco antwortet mythisch
Als Ethnologe der modernen Zeit setzt Eco auf höhere Einsichten, die im Durcheinander von vorgefertigten Meinungen, Vorurteilen und wirtschaftspolitischen Worthülsen aufblitzen können. Eco spricht dabei vom tragischen Optimismus: vom Ende der Aufklärung und der Allegorie von Gedächtnis und Filter, der Entwirrung des Zeitpfeils und statt einer vermuteten Verschwörung sieht er eine Zufallslogik in der Sequenz, mit folgenden Tendenzen: 1. Das Ende der Nationalstaaten in Europa; 2. Mischfarbiges, statt weisses Europa; Die notwendige Beschränkung auf ein Kind pro Familie führt zum Ende geschwisterlicher Rücksichtnahme; 4. Die repräsentative Demokratie weicht einer medienangepassten Führung auf globaler Basis; 5. Ethik weicht dem Kampf um Sicht-barkeit (Quoten-Effizienz, Anmerk. des Rez.), zum Beispiel Lewinsky als Vorbild für junge Leute bei Medienauftritten.
Wer also die Metafysik unserer Zeit liebt oder näher kennenlernen will, ist eingeladen dieses Diskursbuch zu studieren

Louis Fürnberg: Lebenslied

Online-Publikation: 2009 im Internet-Journal <<kultur-punkt.ch>>
Ereignis-, Ausstellungs-, AV- und Buchbesprechung
<< Louis Fürnberg: Lebenslied . Ausgewählte Gedichte . Herausgegeben von Gerhard Wolf und Alena Fürnberg >>
120 Seiten, 13,5 × 21,5 cm, Festeinband mit Schutzumschlag, ISBN 978-3-86730-098-8, EUR 18,– / sFr 32,50
Vorzugsausgabe: 50 Exemplare mit einer signierten Originalradierung von Claudia Berg. EUR 60,– / sFr 108,–
Verlag Faber und Faber, Leipzig 2009; http://www.faberundfaber.de

Inhalt
Der 17jährige Louis Fürnberg besucht 1926, aus Prag kommend, voll glühender Verehrung Rainer Maria Rilke in Chateau de Muzot-sur-Sierre. Nicht ahnend, in welche Konflikte er sich stürzt, beginnt er, Ideale einer gerechteren Gesellschaft mit Dichtung zu verbinden, um sich in einem Leben voller Kampf, Demütigung, Exil und politischer Instrumentalisierung wiederzufinden. Zu seinem 100. Geburtstag erscheint ein Band mit Gedichten, die den Gedankenund Empfindungsreichtum dieses heute eher verkannten Dichters in Erinnerung bringen.

Autor
Louis Fürnberg, 1909 in Iglau/Mähren geboren, war neben seinem lyrischen und erzählerischen Schaffen immer auch journalistisch tätig, so u. a. für die Arbeiter Illustrierte Zeitung (AIZ), Der Gegenangriff, später auch für die Weimarer Beiträge. Zeitschrift für deutsche Literaturgeschichte. 1939 von den Faschisten verhaftet, emigrierte er nach geglückter Befreiung nach Palästina. 1946 Rückkehr in die befreite CSR. Erster Botschaftsrat in Berlin, gleichzeitig Arbeit im Ministerium für Schulwesen in Prag. 1954 übersiedlung nach Weimar, wo er 1957 frühzeitig starb.

Fazit
Dichter im Europa 1926 - in der Mitte des Lebens : Jessenin sucht den Tod vor Terror, der Andere sucht den Andern, den "Grossen" - Fürnberg sucht Rilke auf im Schloss und "... da taumelt er...der Namenlose zu den Namenlosen" ? Nein nicht namenlos. Louis Fürnberg und sein "Lebenslied" , seine ausgewählten Gedichte bei Faber & Faber in Fadenbindung bibliophil erschienen, vermag über das fürchterliche Jahrhundert hinweg in ungetrübter Fassung und Haltung zu uns zu sprechen: "...Wir sagen Ewigkeit / und meinen nur das Gleiche / das immer siegend steigt / obgleich's der Schnitter fällt". Zart, ja zärtlich klingen oft seine Worte zwischen Bitterkeit, Schmerz und unverbrüchlicher Zuversicht ist Fürnberg ein Vordenker für ein Wegmass für eine odysseus-verwandte Weltzuversicht. 09-6 w.p

Thomas Rosenlöcher : Hirngefunkel - Gedichte

 Online-Publikation:Oktober 2012 im Internet-Journal <<kultur-punkt>>
Ereignis-, Ausstellungs-, AV- und Buchbesprechung
<< Thomas Rosenlöcher : Hirngefunkel - Gedichte >>
insel taschenbuch 1369, Broschur, D: 13,95 € A: 14,40 € CH: 20,50 sFr
Suhrkamp/Insel Verlag, Berlin; www.suhrkamp.de

Inhalt
Die Kindheit ist eine notwendige Bedingung des Staunens. Ist sie erst vorüber, fällt es schwer, sich der Routine des Alltags zu entziehen. In den Gedichten Thomas Rosenlöchers, die in diesem Band versammelt sind, gelingt dies, in jenen aus den Jahren ´88-´96 wie in den neuen. Immer wieder steht die Zeit für einen Moment still, dehnt der Augenblick des Staunens gegen das Alltägliche sich zur Ewigkeit, ob beim Lauschen eines Allegro Confusio oder im Schein des Amsterdamer Rotlichts. Vielleicht ja deshalb, weil uns die Kindheit nie ganz verloren geht.

Autor
Thomas Rosenlöcher, geboren 1947 in Dresden, studierte von 1976 bis 1979 am Literaturinstitut in Leipzig und lebt als freier Schriftsteller in der Nähe von Dresden. Rosenlöcher ist Mitglied der Sächsischen Akademie der Künste und der Akademie der Künste in Berlin. Für sein Werk erhielt er zahlreiche Preise und Auszeichnungen.

Fazit
Wohl dem der diesmal kein E-Book nutzt, so findet sie / er ein Taschenbuch mit Fadenbindung und marmorierten Einband, mit den wortkargen und zugleich tief ergreifenden Gedichten von Thomas Rosenlöcher mit dem Titel "Hirngefunkel" . Und ? Diese können sich nicht so wie im Digital-Rapiden davonmachen, werden befangen gefangen von der dichten Sprachbild-Wirkkraft von Rosenlöcher, ein Beispiel : "Die Wirtschaftskrise / Das Zeitungsblatt sagt: Es wird schlimmer / Das Lindenblatt: Es bleibt wie immer." Oder ein Zwischentitel: " Was aber untergeht, ist zukunftszugewandt." So wirkt Rosenlöcher in seinen Gedichten auch kassandrisch. m+w.p12-10