Michael Erler, Andreas Graeser, u.a. Alain Metry: Philosophen des Altertums
71Antike Filosofie für heute
<<Filosofieren - unter dem Göttlichen und in der Welt>>
W+B Agentur-Presseaussendung vom Januar 2001
<<Michael Erler, Andreas Graeser, u.a. Alain Metry: Philosophen des Altertums>>
Bd.1: Von der Frühzeit bis zur Klassik; Bd.2: Vom Hellenismus bis zur Spätantiike
Primus Verlag; Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt, Bd.1: 224 S; Bd.2: 235 S.; 2000; je Bd.: DEM 58.- / ATS 423.-.- / SFR 52.50; im Gesamtbezug DEM 98.- / ATS 715.-.- / SFR 89.-
www.primusverlag.de
Die beiden Herausgeber und Professoren M. Erler, Uni-Würzburg und A. Graeser, Uni-Bern, bieten mit der Auswahl ihrer Mitautoren in präziser und zugleich verständlicher Sprache ein bereicherndes wie vertiefendes Diskurs-Spektrum zur Filosofie, nicht nur zur Antike, sondern eine wertvolle Gesprächs- wie Themengrundlage für aktuelle Diskussionsforen. Band 1 und 2 beinhalten dazu:
Filosofie als Zugang, Orientierung, Fragestellung, Erkenntnis, Ethik und Würdigung.
Der Band 1 beginnt mit dem mythischen Dichter, Sänger und Religionsgründer Orpheus (J.-M. Roessli). Das Schicksal der Seele bildet die Hauptaussage. Zwischen Wissenschaft un Lebensführung begründet Pythagoras (G. Bechtle) sowohl religiöse Vor-stellungen als auch mathematisch-metafysische Spekulationen. Er antwortet auf die Frage, um welcher Dinge willen hat uns Natur und Gott hervorgebracht? "Um den Himmel zu betrachten", antwortet Pythagoras. Bei Heraklit (A. Bächli) wird die Beschränktheit, die Einheit der Gegensätze sowie der Fluss der Dinge hervorgehoben. Parmenides (A. Graeser): Denken und Sein wird dem Nicht-Seienden vorgezogen, letzteres sogar verdächtigt, somit gilt es heute noch als das sowohl theoretisch-spektulative Denken als auch pragmatisch-empirische Denken in der beobachtenden und experimentierenden Forschung.
Hippokrates (A. Stückelberger) emanzipiert nicht nur die Medizin sondern prägt seinen theoretisch-spekulativen Harmoniebegriff auf pragmatisch-empirischer Denkweise. Sokrates ( G. Figal) wird als singuläre Gestalt und Denker vorgestellt: er hat seine Zuhörer wie Kinder behandelt und ihnen Geschichten erzählt, umbekümmert darüber, ob man ihnen folgen konnte: Filosofie als lebensbegleitende Erkenntnis. Antisthenes (Ch. Eucken), Schüler Sokrates, weist auf die Unabhängigkeit des Individuums, zugleich seiner Erkenntnis und Ethik verpflichtet, hin. Es werden auch die Beziehungen zu Platon (J. Szaif) aufgezeigt. Platons Breite der Fragestellungen, sein Spektrum der Filosofie beinhaltet neben der zusammenfassenden Ideenlehre, die jeweils erzieherisch, sowohl charak-terlich als auch intellektuell zu entwickeln ist.
Durch Speusippos ( herausragend durch A. Metry* im Vergleichsmodell Platon zu Speussipos dargestellt ) wird die Filosofie zur Universalwissenschaft und die Alte Akademie in Athen, als Stätte der Diskussion und des offenen Meinungsaustausches lebendig.
Aristoteles (E. Sonderegger) nimmt Bezug auf die Tradition der Sophisten und Platon. Metafysik wird bei ihm zum Programm. Logik und Common Sense werden bei Diodor (H. Weidemann) sichtbar gemacht. Mathematik, Filosofie und die systematische Bedeutung von Euklid (M. Schmitz) ist bis in unsere Zeit aktuell geblieben, durch seine stringente, widerspruchsfreie, fortschreitende Erkenntnis.
Theophrast (E. Rudolph) weist auf die Destruktion der Metafysik hin und entwirft damit ein neues Bild von der Begrenzheit der Wissenschaft und kommt zu einer negativen Metafysik, insbesondere am Beispiel der Widersprüchlichkeit der Annahme von Finalursachen. Wenn das nicht modern klingt und zu einem aktuellen Diskurs geradezu herausfordert?
Band 2 beinhaltet:
Filosofie als Lebenskunst, Bildungselement und gibt Orientierung, ja rettet Seele und beeinflusst, insbesonders durch Platon, die christliche Interpretation bis heute. Epikur (M.Forschner) ist natur- und fysik- filosofischer Gründer der Aufklärung und Gelassenheit. Dazu treten Systematik und Polemik der frühen Stoa von Chrisipp (K.A.Algra). Cicero (J. Leonhard) pendelt zwischen Skepsis und Bekenntnis. Philon (C. Lévy) vermittelt Glaube und Filosofie, arbeitet mit allegorischer Methode (Dinge sind durch ihre Natur erkennbar), "Weisheit ist möglich aber selten realisiert". Bei Seneca (Th. Furer) tritt die Diskrepranz zwischen Ideal und Wirklichkeit zutage. Er hat mit Jaspers und aktuellen Manager-regelwerken gemeinsam deren "Liebe zur Weisheit und eifrigem Streben nach ihr". Kitsch as Eye-Katch (Anm.d.Rz.). Plutarch (F. Ferrari) nimmt die platonische Denktradition wieder auf und versucht die unterschiedlichen Traditionen einander näher zu bringen.
"Werde so, wie die Filosofie dich haben will", schreibt Marc Aurel (J. Dalfen) griechisch und lebt als Regent und Begründer des Idealismus, sowie Feldherr, seit 165 n.Chr. an der Donau, in Carnuntum (nahe bei Wien). Götter, Natur und Vernunft sind im Menschen zu vereinen wie seine Güter, Tugenden und sein Glück: filosofieren, angesichts des Todes. Sind das nicht immer noch zu diskutierende Werte?
Sextus Empiricusist laut (H. Flückiger) ein Denker ohne Position, durch seine strenge, ja dynamische Skepsis (pyrrhonisches Argumentieren, Grundriss 1,8).Bei Plotin kehrt, nach (D.J. O'Meara), die Seele heim. Er gründet ab 244 n.Chr. eine platonisch-filosofische Drei-Tages-Schule, mit Debatten über richtige Textdeutung, zur Lösungsoptimierung, unter Einbezug der Unzulänglichkeit des Denkens, die u.a. von Senatoren, Ärzten, Schrift-stellern besucht wurden.
Die Filosofie von Augustinus (Ch. Horn) umfasst die Merkmale: Ewigkeit, Zugänglichkeit, Unüberbiet-barkeit, Fülle und Unveränderlichkeit.
Für das Filosofieren gibt daher keinen anderen Beweggrund als das Glücksstreben. Dies hat aber laut Horn, nichts mit Gefühlen zu tun, sondern mit Charakter-Regeln, die Wünsche, Neigungen und Anlagen willentlich auch Gesellschafts-Vertra/e/glichkeit beinhalten.
Proklos (M.Erler) übt mithilfe seiner parmenidisch-platonischen Metafysik die Einswerdung. Einheit und Vielheit werden streng rational, jedoch im Streben nach religiöser Schau, verknüpft. Darüber hinaus wird der Vorsehung und dem Guten wie Bösen ein wichtiger Denkplatz eingeräumt. Auch ihm geht es um die Rettung der Seele.
Boethius (M. Baltes) schliesslich, Staatsmann und Filosof, beruft sich auf die aristotelische Logik, jedoch nicht isoliert, vielmehr in praktische und theoretische Unterteilungen gegliedert. Er weist, wie Platon, ein geozentrisches Weltbild aus. Und auch der Mensch stammt von Gott und gleich der Welt ist die Seele unvergänglich. Sie kann bereits im Leben, durch die "innere Seele" aufsteigen, zum Schicksalsbefreitem, zu Gott, ihn schauen und mit ihm sich verbinden. Diese ist Ursprung, Mitte, Mittel, Ziel und in einem. Nach dem Tod kann diese Seele zurückkehren Boethius erklärt und verteidigt seine Lehre vom Weg der innere Seele vor dem Gericht aus neuplatonischer Sicht und wird durch ungerechtfertigte Intrigen 524 n.Chr. in Pavia hingerichtet.
Dies alles und noch mehr wie tieferes lässt sich in dieser Prachtausgabe und dem Regelwerk zur Vermeidung (Platon u.v.a.) oder erkenntnishafter Duldung (Sokrates, Boethius) solcher Lebenswege und Ziele im Filosofieren erlernen. Für jeden Einzelnen sowie für alle Denkforen ist diese Ausgabe als Denkzeug unentbehrlich, und so sollte diese begonnene Reihe bis zur Filosofie der Jetztzeit fortgesetzt publiziert werden.
*)Alain Metry ist u.a. Mitbegründer der >Platon Akademie 4< am kultur-punkt.ch