Baecker, Dirk: Wozu Kultur?

Online-Publikation: Januar 2011 im Internet-Journal <<kultur-punkt.ch>>
Ereignis-, Ausstellungs-, AV- und Buchbesprechung
<< Baecker, Dirk: Wozu Kultur? >>
240 Seiten, 12 x 19 cm, broschiert; ISBN: 978-3-931659-31-8; 12.80 €
Kulturverlag Kadmos, Berlin; www.kv-kadmos.com;

Inhalt
Der Kulturbegriff, als Streit-, Streß- oder Wie-auch-immer-Kultur in aller Munde, ist das Objekt, das der Niklas-Luhmann-Schüler und Star der Systemtheorie, Dirk Baecker, in immer neuen Ansätzen umkreist. Es geht, so Baecker, darum, "den Blick für eine Gegenwart zu schärfen, die wir aus den Augen verloren haben, weil wir in der Vergangenheit jene Absicherung und in der Zukunft jene Möglichkeiten suchen, die uns die Gegenwart vorenthält".

Autor
Dirk Baecker
Geboren 1955, Studium der Soziologie und Nationalökonomie in Köln und Paris, Promotion und Habilitation im Fach Soziologie an der Universität Bielefeld, Studienaufenthalte an der Stanford University, Johns Hopkins University, London School of Economics and Political Sciences, Heisenberg-Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft, seit 1996 zunächst Reinhard-Mohn-Professor für Unternehmensführung, Wirtschaftsethik und sozialen Wandel, dann Professor für Soziologie an der Universität Witten/Herdecke

Fazit
Dirk Baecker fragt in seinem Diskursbuch "Wozu Kultur?" und strebt einen Verständigungsmodus an, der als unbestimmte Codierung von Kommunikation / Wissensunterschiede in Sozialisierung, Ausbildung, Konfession Wohlfahrt gilt. Das klingt nicht nur unverständlich, ist es auch, trägt Züge elfenbeinener Mauerreste, die dem Ruinenbesucher den Zugang erschweren, besonders wenn es um die babylonisch agierende Weltgesellschaft geht. Richtig stellt Baecker dagegen in seinem Luhmann-Zitat zur Weltgesellschaft fest: "Wenn der Einfluss von Politik und Recht auf die Gesellschaft abnimmt, verlieren damit diejenigen Funktionssysteme an Bedeutung, die .. vorschreiben, welche Verhaltensweisen und Erwartungen sinnvoll sind ... und ... auch im Enttäuschungsfalle diese moralisch immunisieren." Um schliesslich lernfähiger werden zu können ? Das bleibt bei Baecker zu recht unbestimmt. Auch anerkennt er einen möglichen Kulturbegriff als Kulturleistung als ein Kontinuum der Brüche. Dabei findet er so einen unbestimmten Kulturbegriff, der eine problematische Distanz zu diesem zugleich ausübt. Diese Ambivalenz in der Kultur, besonders als Medium, hält er dennoch für so attraktiv, dass er sich für sie forciert entscheidet. Warum nicht alles in Schwebe halten, wie es der Ameisenbär mit seiner langen Zunge vermag, bevor er einholt und alle Ameisen verschlingt. m+w.p11-1

Birgit Mandel: Die neuen Kulturunternehmer . Ihre Motive, Visionen und Erfolgsstrategien

Online-Publikation: April 2008 im Internet-Journal <<kultur-punkt.ch>>
Ereignis-, Ausstellungs-, AV- und Buchbesprechung
<< Birgit Mandel: Die neuen Kulturunternehmer . Ihre Motive, Visionen und Erfolgsstrategien >>
146 S., kart., ISBN: 978-3-89942-653-3 , 16,80 €
transcript - Verlag für Kommunikation, Kultur und soziale Praxis, 33607 Bielefeld, 2007;
www.transcript-verlag.de;  www.uni-hildesheim.de

Inhalt
Der Kulturarbeitsmarkt expandiert, die Nachfrage nach kulturnahen Dienstleistungen wächst. Kulturelle und künstlerische Kompetenzen werden zu einer wichtigen Innovationskraft im gesellschaftlichen Strukturwandel. Innerhalb des Kultursektors zeigt sich ein klarer Trend: weg vom öffentlich finanzierten Bereich hin zur Kulturwirtschaft - und dabei vor allem hin zu selbstständiger Tätigkeit in kleinen Unternehmen.
Was diese "neuen Kulturunternehmer" auszeichnet - was sie motiviert, was ihre Ziele sind, welche neuen Formen kultureller Dienstleistungen sie anbieten und welche Strategien ihnen zum Erfolg verhelfen -, wird auf der Grundlage einer empirischen Untersuchung erstmalig praxisnah dargestellt. Interviews mit Kulturunternehmern zeigen exemplarisch die Risiken und Chancen von Unternehmensgründungen im Kulturbereich auf. Ein Serviceteil liefert darüber hinaus praktische Hinweise für eigene Existenzgründungsvorhaben.

Inhaltsfolge (mit Seitenangabe)
0. Einführung
1. Vom Verwalten zum Unternehmen. Der Strukturwandel des Kultursektors und des Kulturarbeitsmarktes (11)
1.1 Anbieterstrukturen des Kulturmarktes (11)
1.2 Vom Global Player bis zum Ein-Personen-Unternehmen – Kulturwirtschaft in Deutschland (17)
1.3 Vorreiter der Zukunft von Arbeit: Arbeitsmarkt und Arbeitsverhältnisse im Kultursektor (20)
1.4 Kulturelle Kompetenz als gesellschaftliche Schlüsselfunktion. Gründe für das Wachstum neuer Kulturunternehmen (29)
1.5 Anregende Milieus als Basis für die Entstehungneuer Kulturunternehmen (31)
2.Charakteristika der Neuen Kulturunternehmer 35
2.1 Streben nach Unabhängigkeit und Selbstverwirklichung – Auslöser und Motive für die Unternehmensgründung (37)
2.2 Nischen, Marktlücken, Innovationen – Betätigungsfelderund Geschäftsideen der Neuen Kulturunternehmen (39)
2.3 Unternehmer ohne Kapital – der Start in die Selbstständigkeit (43)
2.4 Small companies – large networks. Vernetzung als Struktur-, Akquise-und Marketingfaktor (44)
2.5 Die Unternehmerpersönlichkeit – Ausbildung, Qualifikationen und mentale Voraussetzungen (48)
2.6 Das Unternehmen als Lebensprojekt – Verwischen der Grenze zwischen Arbeit und Leben (51)
2.7 Verwirklichung von Visionen. Erfolgskriterien und Erfolgsmessung von Kulturunternehmen (52)
2.8 Fallstricke und Erfolgsfaktoren (53)
2.9 Zusammenfassung (57)
3. Die Neuen Kulturunternehmen als Faktor wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Entwicklung und mögliche Konsequenzen für die Politik (59)
4. Neue Kulturunternehmen in Deutschland – Zusammenfassung der Ergebnisse einer eigenen empirischen Befragung von 2006 (65)
5. Neue Kulturunternehmer in 10 Porträts (77)
6. Der Weg zum Kulturunternehmer – 20 Empfehlungen (119)
7. Serviceteil: Literatur und Links zur Selbstständigkeit im Kulturbereich (125)
Checkliste Businessplan (125)
Checkliste Marketing für Existenzgründer (127)
Links und Literatur zu Existenzgründungshilfen, Förderinstitutionen, Kultur-Fachverbänden (128)
Links zu ausgewählten Neuen Kulturunternehmern (131)
Literatur (139)

Autorin
Birgit Mandel (Dr. phil.) lehrt Kulturmanagement am Institut für Kulturpolitik der Universität Hildesheim mit Forschungsschwerpunkten in den Bereichen Kultur-PR, Kulturmarketing, Kulturvermittlung und Kultur-Arbeitsmarkt. Sie verfügt über langjährige Praxiserfahrungen im Kulturmanagement u.a. für die Berliner Festspiele GmbH und die "Bar jeder Vernunft" in Berlin.

Fazit
Birgit Mandel, Kulturmanagerin und Hochschullehrerin vermag in ihrem profund dargelegtem Buch "Die neuen Kulturunternehmer" deren Motive, Visionen und Erfolgsstrategien hervorragend gegliedert mit praxisnaher Sprache zu vermitteln, wobei sie auch zu den Stolperstufen und Holzwegen zu sprechen kommt, die mit Fallstricken und Querelen verknüpft sind

Kunst, Krise, Subversion . Zur Politik der Ästhetik . Reihe Kultur- und Medientheorie

Online-Publikation: Mai 2012 im Internet-Journal <<kultur-punkt.ch>>
Ereignis-, Ausstellungs-, AV- und Buchbesprechung
<< Nina Bandi, Michael G. Kraft, Sebastian Lasinger (Hg.) : Kunst, Krise, Subversion . Zur Politik der Ästhetik . Reihe Kultur- und Medientheorie >>
336 S., kart., zahlr. Abb., ISBN 978-3-8376-1962-1 ; 29,80 €
transcript Verlag für Kommunikation, Kultur und soziale Praxis; D-33602 Bielefeld;
www.transcript-verlag.de;  live@transcript-verlag.de; subversivmesse@gmail.com; 

Inhalt
Kann Kunst heute noch subversiv sein? Oder ist Kunst kein maßgebliches Feld gesellschaftlicher Verhandlungen und Veränderungen mehr? Wie können ästhetische Praxen Räume, Utopien und Emanzipationspotenziale aufzeigen – und wie ist deren Verhältnis zum Politischen zu denken?
Theoretiker/-innen und Künstler/-innen beleuchten diese Fragen anhand des Begriffs der Subversion. In Beiträgen, die sich durch theoretisch und territorial unterschiedlich geprägte Ansätze auszeichnen, werden die jeweiligen Verschränkungen von Kunst, Politik, Gesellschaft und Ökonomie sichtbar gemacht und alternative Entwürfe von Kunst und Politik diskutiert.
Mit einem erstmals auf Deutsch veröffentlichten Interview mit Jacques Rancière.

Autoren-, Herausgeberteam
Nina Bandi
(M.A.) ist freischaffende Philosophin und Politikwissenschaftlerin.
Michael G. Kraft (Dr. rer. soc. oec.) und Sebastian Lasinger (M. Sc.)
lehren Soziale Bewegungen und Konflikte an der Universität Linz. Gemeinsame Forschungsschwerpunkte sind politische und soziale Transformationsprozesse sowie konterhegemoniale Strategien im Spannungsfeld von Kunst, Politik, Gesellschaft und Ökonomie.

Fazit
Die Adressaten des Autoren- und Herausgeberteams Nina Bandi, Michael G. Kraft, Sebastian Lasinger des Diskursbuches "Kunst, Krise, Subversion . Zur Politik der Ästhetik " sind - laut dessen Aussage - Philosophie-, Kunst-, Soziologie-, Kultur-, Politik- WissenschaftlerInnen und an Postcolonial Studies / nachwirkenden Kolonial-Studien Interessierte ...
Nur so ist es zu verstehen, dass Quereinsteiger und andere selten gewordene "dilettierende Generalisten" Gelegenheit erhalten den Schwulst an modernistischen und antiquierten (Hitlermontage, Linz v. Brody+Paetau), sowie fremd/bestimm/t/enden Ausdrücken, einen Einblick in ein Dickicht von systemischen Wortgeplänkel zu gewinnen?. Verfangen sich jedoch panikartig in diesem bunten Haufen von durchaus passablen, wesentlichen Passagen, verlassen aber, bevor sie in "bewaffnete Empörung" im Titelfeld "Insurrektion und symbolische Arbeit" zur Sache gehen. "Dekoloniale Ästhetik" ist das Gegenbild zum überbordenden und entsetzlichen Treiben der schönfärberischen Neokolonialisten und ihrer Schreiberlinge. In der Aussage von Mignold "Der Obsidianspiegel funktioniert wie der Schrägstrich >/< der Modernität / Kolonialismus" entbirgt hier immerhin die reflektierende Maskerade des Aftergesichtes des Neoliberalismus, nämlich ästhetisch verschattete Selbstbespiegelung, eulenspiegelhaft vorgetragen. m+w.p12-5
Vertiefende Hinweise:
http://archiv.kultur-punkt.ch/titelbilder/titel-09-4linz-hitler.htm
http://archiv.kultur-punkt.ch/titelbilder/titel-09-8gelbeshaus.htm
http://archiv.kultur-punkt.ch/ereignisse/springer09-4linz-atlas.htm

Woher weht der Zeitgeist . Was bleibt von der "Postmoderne"? Von Hans-Joachim Lenger

SWR2 Wissen: Aula : Woher weht der Zeitgeist . Was bleibt von der "Postmoderne"? Von Hans-Joachim Lenger
Autor und Sprecher: Professor Hans-Joachim Lenger *
Redaktion: Ralf Caspary, Susanne Paluch
Sendung: Sonntag, 2. Mai 2010, 8.30 Uhr, SWR 2
Bitte beachten Sie:
Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt.
Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen
Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR.


ÜBERBLICK
Vor kurzem noch war das Schlagwort der "Postmoderne" in aller Munde: Architektur, Kunst, Literatur und Philosophie schienen in eine neue Epoche eingetreten zu sein, modische Begriffe eines "anything goes" machten die Runde. Das Spielerische und Verspielte hatte Konjunktur, eine aller Realität enthobene Leichtigkeit sollte den Zeitgeist färben. Heute aber, in Zeiten der Krise, ist es, als schlüge die Gesellschaft auf harte Realitäten auf. Ist vom jüngsten Zeitgeist mehr geblieben als die Erinnerung an einen "Tanz auf dem Vulkan"? Oder nahm dieser Zeitgeist vorweg, was heute die Szene beherrscht: der ungedeckte Wechsel, die Luftbuchung, die Verschuldung ohne Sicherheiten? Was also bleibt von der "Postmoderne"? Professor Hans-Joachim Lenger, Philosoph und Medientheoretiker, gibt Antworten.

* Zum Autor:
Prof. Dr. Hans-Joachim Lenger lehrt Philosophie an der Hochschule für Bildende
Künste in Hamburg. Homepage von Hans-Joachim Lenger: www.hjlenger.de.
Bücher (Auswahl):
- Zeichnen. (zus. mit Katrin Sahner und Ludwig Seyfarth. März 2009. Textem.
- Mnema. Derrida zum Anfassen. Zus. mit Georg Chr. Tholen. Oktober 2007.
Transcript.

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SWR2 AULA vom 02.05.2010
Woher weht der Zeitgeist – Was bleibt von der Postmoderne?
Von Professor Hans-Joachim Lenger

INHALT
Ansage:
Mit dem Thema: „Dem Zeitgeist auf der Spur - Was bleibt eigentlich von der
Postmoderne?“
Ja, da war doch mal was, da wurde doch vor drei Jahrzehnten eine neue Epoche
ausgerufen, mit neuen Theorien, neuen Konzepten – man sprach von der
Postmoderne, also von der Moderne nach der Moderne, man sprach von Spiel, von
einer neuen Beliebigkeit, vom „anything goes“, von einem neuen Ästhetizismus, man
sprach vollmundig auch vom Ende der Geschichte. Und viele Intellektuelle fühlten
sich plötzlich sehr postmodern gestimmt.
Und heute? Heute scheint die Postmoderne beerdigt worden zu sein, und das hat vor
allem auch mit neuen ökonomischen Zwängen zu tun, die mit der spielerischen
Leichtigkeit der Postmoderne kaum zu vereinbaren sind. Warum das so ist, erklärt
der Philosoph Professor Hans-Joachim Lenger:
Hans-Joachim Lenger:
Nicht zufällig machte in diesen Jahren auch eine erschreckende Parole die Runde
und rief die Gelehrten auf den Plan: die vom „Ende der Geschichte“. Es habe einmal
eine Geschichte gegeben, so besagte sie, doch nunmehr gebe es keine mehr. Der
Strom der Zeit sei versiegt, nichts Neues mehr zu erwarten, ein Abschluss erreicht.
Was immer die Menschheit an kulturellen Formen und Zeichen habe hervorbringen
können, sei nunmehr hervorgebracht. Jetzt, im Augenblick einer Erschöpfung der
Geschichte, bleibe nur noch, diese Formen und Zeichen unendlich miteinander zu
kombinieren, sie in unerwarteten und überraschenden Konstellationen wiederkehren
zu lassen und zu wiederholen.
In Bauten einer sogenannten „postmodernen Architektur“ etwa wurde das dann in
Stein, Zement und Beton gegossen. Unversehens verbanden sich da Stilmerkmale
des Barock mit denen des Klassizismus, wurde das Bauhaus mit Figuren des
Surrealismus durchsetzt, hatte das antike Rom seinen Auftritt in Geschäftsvierteln
oder an Bankgebäuden. All diese Elemente waren schließlich frei verfügbar, konnten
aus der Tradition abgelöst, aus ihr herausgebrochen und in neue Zusammenhänge
versetzt werden – spielerisch, ironisch und gebrochen. Was nämlich hätte als
übergreifendes Formprinzip noch Geltung beanspruchen können? Der Wille zum Stil
selbst schien erschöpft zu sein. Stattdessen wurden das Zitat und die Montage
ihrerseits zum Stilmerkmal. Im freien Spiel der Kombinationen und Variationen sollte
von einer Ära Abschied genommen werden, in der die Form noch der Funktion
gefolgt war. Tatsächlich schienen die Zeichen nicht mehr an den Dingen, an den
Funktionen und Wirklichkeiten zu haften. Sie bezeichneten nichts mehr außer sich
selbst. Sie hatten sich vom Realen gelöst und waren in ein freies, unreglementiertes
Spiel eingetreten. Und fragte man den Zeitgeist deshalb nach seiner eigenen Parole,
so fasste er sich in einem stehenden Satz zusammen: „Anything goes – Alles geht.“
Diese Formel stammte zwar von dem Wissenschaftstheoretiker Paul Feyerabend
und hatte bei ihm einen präzisen Platz gehabt: in einer anarchistischen
Erkenntnistheorie, mit der Feyerabend den wissenschaftlichen Positivismus
nachhaltig provoziert hatte. Doch weil es ja generell möglich sein sollte, Zitate
beliebig aus den Zusammenhängen herauszubrechen, ging es dem „Anything goes“
nicht anders. „Postmodern“, das schien sich unter der Parole des „Alles geht“ zu
versammeln – dem völlig Beliebigen also. Und wo sich die einen deshalb darüber
empörten, dass diese vollendete Beliebigkeit jeden Realitätssinn und jede
Verantwortung aufgegeben habe, da feierten die anderen das als Eintritt in ein neues
Reich der Freiheit. Denn tatsächlich, was sollte gegen eine Welt der Beliebigkeit
einzuwenden sein? Gegen eine Ordnung, in der jeder alles tun und lassen könne,
ganz nach Belieben, weil er mit keiner Reglementierung mehr zu rechnen habe?
Und doch – weit liegen diese Zeiten mittlerweile zurück, wenn es sich auch nur um
wenige Jahre handelt; so weit, dass sich ihrer kaum mehr jemand erinnern kann. Zu
hart hat sich das Reale seither Geltung verschafft, zu elementar sind die Kulturen
des Westens darauf gestoßen worden, wie wenig sich dem Realen entgehen lässt.
Nicht „alles“ nämlich geht, sondern immer weniger, spätestens seitdem Finanzkrisen
mit kaum gedämpfter Wucht zuschlagen. Öffentliche und private Verarmung ist kein
freies Spiel von Zeichen, sondern spürbare Wirklichkeit; Arbeitslosigkeit ein
Schicksal, das die eigenen Möglichkeiten elementar beschneidet; und die Kriege, die
geführt werden, sind von ebenso brutaler Wirklichkeit wie jene, die in Vorbereitung
sind. Auffallend jedenfalls ist, wie sehr der modische Begriff der „Postmoderne“
selbst aus der Mode gekommen ist, seitdem die Diktatur vermeintlicher Sachzwänge
das „freie Spiel der Zeichen“ einzufrieren scheint. Nicht dieses Spiel, sondern
Verteilungskämpfe stehen mittlerweile auf der Tagesordnung; nicht die vielfache
Kombinationsmöglichkeit von Lebensstilen und Perspektiven, sondern der soziale,
ökonomische und politische Ausschluss; nicht die freie Verfügbarkeit eskalierender
Zeichen, sondern die drohende Staatspleite, die den Bürgern immer höhere Kosten
abverlangt und hart in ihre Lebenswirklichkeit einschneidet.
Was also bleibt von der „Postmoderne“? War sie mehr als ein Modewort, ein
Maskenspiel des Zeitgeistes, ein Intermezzo oder ein kopfloser Tanz auf dem
Vulkan? War sie vielleicht so etwas wie eine Orgie, die einen am nächsten Tag mit
einem Kater aufwachen lässt? Oder war sie nicht viel eher ein Symptom, in dem sich
bereits abzeichnete, was mittlerweile gesellschaftliche Wirklichkeit wurde?
Symptome immerhin wollen sorgfältig analysiert werden. Sie zu übersehen hieße,
den Blick von Realitäten abzuwenden, es an diagnostischer Kraft fehlen zu lassen.
Selbst wenn die „postmoderne Episode“ also nicht mehr als ein kulturalistisches
Gekräusel an den Oberflächen gewesen sein sollte, ein bloßes Epiphänomen der
Lebensstile und Attitüden, der Manierismen und Moden, so bliebe zu fragen, was sie
uns über die gegenwärtigen Zustände zu sagen hat. Dann wäre zu diskutieren,
welche Prozesse sich gleichsam unterhalb ihrer abgespielt haben – und weshalb
diese Prozesse in den Attitüden der „Postmoderne“ ihren Ausdruck hatten finden
können.
Unbestreitbar jedenfalls ist, dass die gegenwärtigen Krisen der finanzkapitalistischen
Systeme nicht über Nacht hereinbrachen. Seit Jahrzehnten häufen deren
Staatsapparate wachsende Schulden an, verdanken sie ihre relative Stabilität dem
Kredit. Die Gegenwart kann nur sein, was sie ist, weil sie die Zukunft dazu zwingt, für
sie zu bürgen. Erkennbar gehorcht dies jedoch einer tiefgreifenden Manipulation der
Zeit. Die Zukunft wird zur Geisel der Gegenwart. In gewisser Hinsicht hört sie damit
ebenso auf, offener Horizont einer „Zukunft“ oder „sie selbst“ zu sein. Stattdessen
wird sie zu einer bad bank, zu einer Deponie, in die „giftige Finanzpapiere“
abgeschoben werden wie Nuklearabfall in ein atomares Endlager.
Längst nämlich mag niemand mehr daran glauben, dass sich diese Bürgschaft
tatsächlich einlösen lässt. Und damit nimmt dieses Geld „imaginären Status“ an. Der
Eintritt in diese trügerische Ordnung der Finanzen lässt sich recht gut datieren. Zu
Beginn der 70er Jahre hob die amerikanische Regierung die Golddeckung des
Dollars auf. Dem Dollar wurde der Gegenwert entzogen, mit dem die USA für ihn
einstanden, für seinen Wert bürgten: das weltweite Finanzsystem, auf das sich die
Industriestaaten nach dem 2. Weltkrieg geeinigt hatten, zerbrach. Es war dies der
Zeitpunkt, als referenzlos gewordene, frei flottierende Geldkapitalien den Globus zu
überschwemmen begannen. Das Geld hört sprunghaft auf, reale Werte anzuzeigen;
immer weniger bezieht es sich seither noch auf eine reale Referenz. Zusehends
bezieht es sich auf sich selbst als Zeichen und wird insofern „struktural“.
Der französische Soziologe und Philosoph Jean Baudrillard, angeblicher „Kronzeuge
der Postmoderne“, hat dies den Übergang zum frei flottierenden Zeichen genannt.
„Von allen Zwecksetzungen und Affekten der Produktion gereinigt“, schrieb er 1976,
„wird das Geld Spekulationsgeld. Auf dem Weg vom Goldstandard (...) zu den
flottierenden Kapitalien und zum allgemeinen Flottieren überhaupt geht das Geld
vom Referenzzeichen zu seiner strukturalen Form über.“ (ST, 41) Es wird zum
Zeichen, das sich auf Zeichen bezieht. Gewiss, mit dem Wort von der „Postmoderne“
wusste Baudrillard umso weniger anzufangen. Danach befragt, antwortete er, das
einzig „Postmoderne“ sei das Wort „Postmoderne“ selbst. Wie überhaupt keiner der
Denker, den der Zeitgeist der Feuilletons und Magazine dann als „postmodern“
rubrizieren wollte, diesem Terminus irgendein Gewicht beimaß. Michel Foucault etwa
erkundigte sich, was dieses Wort denn besagen wolle; er sei nicht auf dem
laufenden. Jacques Derrida wies die Vorstellung vehement zurück, es könne ein
solches „Post-“, ein solches „Nach der Moderne“ überhaupt geben, und machte sich
über entsprechende Wortverbindungen lustig: über den sogenannten Post-
Marxismus etwa, den Post-Feminismus oder den Post-Strukturalismus. Und Jean-
François Lyotard, der den Terminus der Postmoderne als einziger ausdrücklich
eingeführt hatte, zog ihn zurück, als er bemerkte, welche Verwirrung er damit
angerichtet hatte.
Dennoch konnte nichts diese „Postmoderne“ davor bewahren, zum Signum einer
flüchtigen Ära zu werden. Zwar blieb sie zumeist Stimmung und Affekt; im Habitus
der Coolness teilte sie sich den Künsten mit, den Literaturen, der Musik, dem Design,
den Moden, dem Interieur der Bars und Cafés. In den bildenden Künsten etwa löste
sich auf, was bis dahin „Avantgarde“ genannt werden konnte. Das entsprach
durchaus dem Geist der Zeiten. Wo mit der Produktion des Realen auch die
Geschichte als Realität zerfallen zu sein schien, machte eine „Avant-Garde“, eine
„Vorhut“ also, keinen Sinn mehr. Sie zerstreute sich in kleine Partikel, ohne sich noch
um Fragen zu sammeln, die zu kunsthistorischen Großbegriffen getaugt hätten.
Impressionismus, Expressionismus oder Surrealismus, Pop-Art oder Informel waren
in diesem Sinn Kunsthaltungen gewesen, in denen sich eine jüngere Moderne die
Frage ihrer eigenen Zukunft noch hatte vorlegen wollen. Was bis in die 70er Jahre
nachwirkte: diese Geschichte künstlerischer Haltungen, diese Disziplin ihrer Fragen,
zerfiel spätestens in den 80ern. Historische Zitate ersetzten die Frage des Neuen.
Junge Künstler begannen etwa wieder zu malen, inszenierten den Anachronismus
künstlerischer Techniken als reißende Neuigkeit. Damit ließ sich für einige Jahre als
Künstler ebenso schnelles Geld verdienen wie als Yuppie an der Börse; dem
Publikum immerhin wurde geboten, wonach es verlangte. Der Geniekult etwa
begann sich selbst zu zitieren, bezog sich aus den Klischees einer Vergangenheit,
der die Zukunft abhanden gekommen war und Vergangenheit deshalb nicht war.
Malerfürsten hatten plötzlich ihren Auftritt in öffentlichen Magazinen und
Fernsehsendungen. Begriffe der „Simulation“, von Jean Baudrillard eingeführt,
fehlten in keinem Kunstkatalog, in keinem Aufsatz über Ästhetik oder Design. Doch
im gleichen Maß, in dem sich die Gegenwart als Simulation einer Vergangenheit
ohne Zukunft darstellte, offenbarte sie auch ihre ambivalenten, nicht zuletzt
restaurativen Momente.
Nie war der Terminus der „Postmoderne“ von solchen Ambivalenzen nämlich frei
gewesen; ebenso wenig war er eine originäre Erfindung der 70er oder 80er Jahre.
Vielmehr hat er selbst eine Geschichte. Seit Ende des 19. Jahrhunderts tritt er immer
wieder – oft unter Berufung auf Nietzsche – unter kulturpessimistischen Vorzeichen
auf. Immer neu zeigt sich in ihm das Unbehagen in einer Moderne an, die sich als
eine unablässige Zertrümmerung ihrer eigenen Grundlagen erfährt. Aus einer
Verabschiedung Gottes hervorgegangen, die einst im Namen der Vernunft erfolgt
war, wird diese Moderne beständig auch an dieser Vernunft irre – handle es sich nun
um die menschliche Vernunft oder eine der Geschichte. „Postmodern“ ist insofern
und im Grunde nicht einmal das Versprechen, man könne „nach“ der Moderne in
eine neue geschichtliche Ära eintreten. „Postmodern“ ist viel eher der Zweifel, in dem
diese Moderne beständig ihre eigenen Voraussetzungen in Frage stellt;
„postmodern“ ist bereits die Bewegungsform der Moderne selbst. Und dies macht
den Terminus einer „Post-Moderne“ zugleich hinfällig, suggeriert er doch beharrlich,
es könne ein „Jenseits“ dieser Moderne geben.
Ebenso beharrlich aber kehrt dieser Terminus wieder, wann immer diese Moderne
neuen Erschütterungen ihrer eigenen Grundlagen ausgesetzt ist. Dann treten die
Vergangenheiten in abgelegten Masken wieder auf – im Malerfürsten oder im Genie,
im verspielten Narzissmus der Zitate oder in den infantilen Orgien einer
„Spaßgesellschaft“, die eine Regression dann auch popkulturell in Szene setzte. Für
einen winzigen Auenblick zeigte sich das Leben wie von einem Taumel erfasst, der
nur seine eigene Leichtigkeit feierte. Bis in die Kulturen des Pop, des Films, des
Fernsehens hinein schien das „freie Flottieren der Zeichen“ das Öffentliche erfasst zu
haben. Ebenso teilte es sich den individuellen Lebensstilen mit, den Kulturen der
Fitness und Wellness, dem freien Spiel mit Zeichen der sexuellen Differenz, die sich
ebenso sampeln lasse wie der Sound am Computer. Der Yuppie wurde dieser Kultur
zur Ikone.
Denn wenn die Welt aus Zeichen modellierbar geworden sein sollte, wenn diese
Zeichen außerdem frei konvertierbar waren, dann schien die Welt zum Projekt
individuellen Selbstdesigns zu werden. In den digitalen Spielzeugen der
Datenverarbeitung, dem Computer etwa, hatten die neuesten technologischen
Revolutionen mittlerweile auch die Lebenswelten erreicht. Die 70er Jahre nämlich
hatten nicht nur eröffnet, was man seither die neue Ära des Finanzkapitalismus
nennt, in der sich das Geld von seinen Bezügen zu einer ökonomischen Realität
sprunghaft abzukoppeln begann. Forciert wurde der Prozess durch eine
technologische Innovation – den Computer. Er leitete Revolutionen ein, die alle
gesellschaftlichen Bereiche erfassten und tiefgreifend veränderten: die Ökonomien
und die Medien, die Politik und die Kriegsführung, das Soziale und die Kultur, die
Wahrnehmungsweisen und Denkformen, die Künste und Philosophien. Die Welt
schien zusehends im Strom der Daten zu verschwinden. Sie schien zum Schatten zu
werden, der von digitalen Informationssystemen geworfen wurde. Tatsächlich kommt
diese technologische Entwicklung einer tiefgreifenden Zertrümmerung gleich, in der
die Moderne begriffen ist und die bis heute nicht abgeschlossen ist.
Ende der 70er Jahre wurde der französische Philosoph Jean-François Lyotard von
der kanadischen Regierung beauftragt, einen Bericht vorzulegen, der Auskunft
geben sollte über den Status des Wissens in den Gesellschaften der Gegenwart.
Dieser Bericht erschien unter dem folgenreichen Titel „Das postmoderne Wissen“.
Folgenreich – denn mit Lyotards Schrift hatte der Terminus der „Postmoderne“ eine
Form gefunden, die für die weitere Auseinandersetzung verbindlich blieb bis heute.
Nicht von ungefähr eröffnete Lyotard seine berühmte Untersuchung mit einem
Hinweis auf die Kommunikation und die Kybernetik, die Informatik und den
Computer. Die Folgen der informationstechnologischen Transformationen für das
Wissen und die Kulturen, so argumentierte er, seien ebenso einschneidend wie
weitreichend: so tiefgreifend, dass dem Terminus der Moderne der einer
„Postmoderne“ entgegengesetzt werden müsse. Was immer nämlich unter den
Bedingungen neuer digitaler Wissenstechnologien gesagt werden kann, müsse sich
deren Bedingungen unterworfen haben. Und dies verändere die Situation
tiefgreifend. Hatte sich die Moderne im Zeichen einer Schriftkultur entwickelt, in einer
Ordnung des Buches, die mit Begriffen einer „Bildung“ einherging, so zerfällt sie mit
dem Einbruch der neuen Informationstechnologien in ein informatisiertes
„Datenbankwissen“.
Damit nicht genug, zertrümmert diese Entwicklung, was Lyotard die „großen
Erzählungen“ nannte. Die große Erzählung des deutschen Idealismus etwa zielte auf
den vernunftbegabten Menschen; dessen Inbegriff bestand darin, von seiner
Vernunft Gebrauch zu machen, sich diese Vernunft anzueignen und so selbst zum
Vernunftwesen zu werden. Die große Erzählung des Marxismus und der
emanzipatorischen Bewegungen des 19. und 20. Jahrhunderts bestand darin, den
Prozess der Befreiung als geschichtlichen zu begreifen; an dessen Ende scheine
eine endlich vernünftig gewordene Welt auf. Diese „großen Erzählungen“ bürgten
nicht nur für den Sinn im Ganzen; sie erlaubten es ebenso, den einzelnen
Wissensformen eine Bedeutung, einen Stellenwert zuzuweisen. Im Zeitalter der
großen Systemphilosophien ließen sich die Naturwissenschaften ebenso in den
Begriff eines „absoluten Geistes“ aufheben wie die Künste oder Religionen. Und die
emanzipatorischen Bewegungen konnten alles Wissen, alles Handeln und alle
Technik dem Ziel der großen Befreiung unterordnen, von dem die „große Erzählung“
der Revolution sprach.
Unter den Bedingungen der „Postmoderne“ jedoch, so Lyotard, seien diese „großen
Erzählungen“ zerfallen. Nicht nur explodiert das Wissen täglich in einem Ausmaß,
das jede Möglichkeit einer Aneignung übersteigt; zugleich spezialisiert und
fragmentarisiert es sich in einer Weise, die sich jeder Vereinheitlichung sperrt. Nicht
anders steht es mit dem Marxismus und den emanzipatorischen Bewegungen. Ihr
Scheitern ist nicht auf den einen oder anderen Fehler, auf Irrtümer und Verbrechen
zurückzuführen. Die Möglichkeit der großen geschichtlichen Erzählung selbst ist
zerbrochen, in der sich diese Bewegungen begründen wollten. Und mit ihr zerfiel der
Horizont, in dem die Moderne sich ihrer selbst bis ins 20. Jahrhundert hinein zu
versichern suchte.
Insofern geht dieser Zerfall aber zugleich mit tiefgreifenden Legitimationsproblemen
einher. Denn er kommt der Unmöglichkeit oder dem Scheitern von
Letztbegründungen gleich. Ohne Fundamente, ohne in einer großen Erzählung
aufgehoben zu sein, zerfallen die vielen Spielarten des Wissens in eine Vielzahl von
„Sprachspielen“, die einander unübersetzbar sind und deshalb die Möglichkeit eines
Verstehens selbst in Frage stellen. „Postmodern“ Im Sinne Lyotards sollte dieses
Zerbrechen, diese Partikularisierung sein. Und tatsächlich würde ein solcher Zerfall
vor weitreichende Probleme stellen. Systeme, in denen solche Unübersetzbarkeiten
Platz greifen, weisen hohe Instabilitäten auf. In sich vielfach gebrochen, sind sie
selbst überaus zerbrechlich. Stets könnten sie etwa versucht sein, ihre fehlende
Legitimation durch offene Gewalt zu ersetzen: in Fundamentalismen der Religion
oder der Sicherheit, in Formen des Terrors oder des Krieges. Und sind die Kulturen
mittlerweile nicht in dieses Stadium eingetreten? Finden sie sich nicht in tiefen
Zerrissenheiten wieder? Und kehrt ihr Widerstreit nicht auf allen Ebenen wieder:
ökonomisch, politisch oder militärisch, ohne dass es Begriffe gäbe, die ihm
gewachsen wären?
Was aber bleibt dann von der sogenannten „Postmoderne“? War sie mehr oder
anderes als eine kurzfristige Mode, ein infantiler Lebensstil, ein beliebiges Spiel der
Zeichen? Ging sie über das unschuldige Hantieren mit Zitaten, einen ermüdeten
Gestus der Beliebigkeit hinaus? Folgt man ihren Figuren, so sind ihre Ästhetizismen
allerdings nur ein Gekräusel an den Oberflächen geblieben, ein Ausweichen, eine
Ausflucht oder vielfache Signatur einer Verdrängung. Man wollte sich der Abgründe
entledigen, die sich im Innern der sogenannt „postmodernen“ Frage ankündigten.
Man wollte sich, kurz gesagt, entlasten. Tatsächlich nämlich stünde eine Kultur, in
der das Geld zu einer imaginären Größe wurde, das Wissen
informationstechnologisch quantifiziert wird, vor gewaltigen Aufgaben. Und diese
Aufgaben müssten sich ebenso in den Politiken, den Kulturen, den Künsten und den
Philosophien Ausdruck verschaffen. Die vielen Formen der Erschöpfung jedoch, die
seither um sich gegriffen haben, legen Zeugnis davon ab, wie wenig die Gegenwart
dem gewachsen ist. Beredt sprechen davon die Zustände der Apathie und der
Depression, in der sich diese Gegenwart wiederfindet. In ihnen gesteht sie sich ein,
dass sie ihrer selbst kaum schon innewurde – oder gar innewerden kann. Als einen
„Postmodernismus der Erschlaffung“ bezeichnete Lyotard diese Affektlage.
Das Unbehagen in der Moderne nämlich ist ein Charakteristikum dieser Moderne
selbst. Umso sinnloser aber ist der Terminus einer „Postmoderne“, der dieser
Moderne den Eintritt in eine neue Ordnung verheißt. Er könnte vielmehr seinerseits
bloßes Moment der Verdrängung gewesen sein. Wie der Neurotiker seine Konflikte
in Attitüden verschiebt, um sich zu entlasten, könnte auch die Moderne immer neu
von Neurosen gequält sein, die sie in Figuren einer wiederkehrenden „Postmoderne“
auslebt. Eine Einsicht befördert dies jedoch ebenso wenig wie eine Lösung der
Konflikte. Insofern blieb auch die „Postmoderne“ nicht mehr als ein Symptom, das
allerdings symptomatologisch gelesen werden will.
Angeblich soll sie sich in den Künsten, den Architekturen, den Literaturen und
Philosophien zugetragen haben. Aber der Zerfall der künstlerischen Avantgarden
mündete mittlerweile in eine neue Salonkunst; in den Architekturen hinterließ die
„Postmoderne“ kaum Entwürfe, die mittelfristig noch Aufmerksamkeit beanspruchen
werden; in den Literaturen wurde sie zum Streitfall, bei dem neulich erst darüber zu
entscheiden war, ob es sich bei Passagen im Werk einer jungen Autorin um
postmoderne Inter-Textualität handelte – oder um ein schlichtes Plagiat. Und was die
sogenannten „postmodernen Philosophen“ anging, so hätten sie nur gelesen werden
müssen, um verstehen zu lassen, dass es mit der „Postmoderne“ nichts ist.
Nicht umsonst und zu Recht bleibt von dieser „Postmoderne“ deshalb auch nichts,
was der Rede wert wäre. In ihren wechselnden Masken wiederholte sich lediglich die
Erfahrung, die stets schon die Moderne war: dass sie mit sich nicht identisch ist,
sondern aus einem tiefen Widerstreit hervorgeht, in den sie mit sich selbst begriffen
ist und der sie ihre eigenen Strukturen beständig neu zertrümmern lässt. Nicht um
den Entwurf eines „Nach der Moderne“ gehe es, deshalb so Lyotard, als er den
Terminus der „Postmoderne“ zurückzog. Die Aufgabe bestehe in einer Redaktion der
Moderne. Diese „Redaktion“ müsste die Voraussetzungen freilegen, aus denen sie
selbst hervorging. Sie hätte ihren eigenen Text, die Systeme ihrer
Selbstverständigungen und begrifflichen Architekturen auf das hin zu befragen, was
in ihnen zwar gesagt wurde, doch nicht zur Sprache kam. Es gäbe dann gar keinen
„privilegierten Moment“, von dem sich sagen ließe, er markiere den Übergang von
einer „Moderne“ zu einer „Postmoderne“. Jeder Augenblick wäre vielmehr der einer
solchen Teilung, an der sich Gesagtes und Ungesagtes voneinander abspalten. Und
was man „Geschichte“ nennt, würde sich als ein Sagen herausstellen, das sich wie
im Kommandoton über ein Schweigen gesenkt hat.
Im Horizont dieser Erfahrung jedoch steht deshalb nicht so sehr das „freie Spiel der
Zeichen“, sondern die Frage der Gerechtigkeit. Zumindest ist sie, wie Jacques
Derrida erklärt, die letzte, nicht weiter hintergehbare Instanz aller „Dekonstruktion“.
Denn keine übergeordnete Instanz erlaubt mehr, die klaffenden Differenzen in
Begriffen zu schlichten. Doch damit wird die Frage, was gerecht wäre, nicht nur
unabweisbar, sondern zur alles enscheidenden. Und auf ihr zu bestehen, zum
zentralen Problem einer Welt, die in Zerrissenheiten zu zerfallen scheint.
Nicht mehr und nicht weniger bleibt von dem, was sich im Zerrbild der „Postmoderne“
angekündigt hatte. Und längst sind die Konflikte offen zutage getreten, die sich in ihr
ebenso ankündigten wie verbargen, als deren Anzeichen wie Maske sie herhielt. Die
offene Krise der Finanzmärkte, die zerstörerische Gewalt frei flottierenden Geldes,
die sich seit geraumer Zeit entlädt, vernichtet keineswegs nur imaginäre Werte. Der
Taumel spekulativen Kapitals aber demonstriert weniger, dass sich die Zeichen vom
Realen abgelöst hätten und in ein „freies Flottieren“ eingetreten wären. Ganz im
Gegenteil beweisen sie, mit welcher Gewalt sie Realitäten besetzt halten, um sie
ihrerseits in diesen Taumel hineinzuziehen. Längst sucht er nicht mehr nur die
Ökonomien und Systeme des Reichtums heim. Er erfasst die Währungen und
Staaten, die Arbeitswelten, das öffentliche Leben wie das der Einzelnen. Ebenso
wenig eröffnen digitale Medien, die telematischen Verbundschaltungen der
Informations- und Kommunikationssysteme eine schöne neue Welt des
Selbstdesigns und autonomen Lebens. Längst haben sie das Leben einem
lückenlosen Zugriff ausgesetzt, einer allgegenwärtigen Adressierbarkeit und
Verfügbarkeit, die ein geschmeidiges Regime der Kontrolle über ihm errichtete.
Dies hatte den coolen Tanz auf dem Vulkan vor Jahren schon abrupt beendet; doch
nicht, ohne die Physiognomie der Beteiligten nachhaltig verändert zu haben. Seither
gibt es die Propheten und Marktschreier, die Trendforscher und Stichwortgeber,
deren Durchhalteparolen zum Soundtrack der schönen neuen Welt wurden; oder die
Melancholiker, die Abschied nicht nehmen können und nicht einmal zur Trauer mehr
finden; die Studentinnen und Studenten, die ebenso unberührt wie indifferent
Hausarbeiten verfassen, als ginge es bloß um interessante Varianten von Theorie
und Ästhetik oder von Lebensstilen.
Der neueste Kapitalismus trat im Verlauf der 70er Jahre in einen neuen Zyklus ein.
Freies Flottieren der Währungen und freies Flottieren der Zeichen lösten Schübe
aus, die seither viele Gestalten annahmen und viele Masken. Eine davon war die
„Postmoderne“, das Spiel der Simulakren, Attitüden und Moden.
Mittlerweile wurden die Masken in der Requisitenkammer abgelegt, damit sich zu
erkennen gebe, womit man es zu tun hat.
*****

Hans-Joachim Lenger: Völlig ausgebrannt . Die erschöpfte Gesellschaft

SWR2 Wissen Aula -Hans-Joachim Lenger: Völlig ausgebrannt . Die erschöpfte Gesellschaft
Autor und Sprecher: Professor Hans-Joachim Lenger *
Redaktion: Ralf Caspary, Susanne Paluch
Sendung: Sonntag, 21. November 2010, 8.30 Uhr, SWR 2

* Zum Autor:
Prof. Dr. Hans-Joachim Lenger lehrt Philosophie an der Hochschule für Bildende
Künste in Hamburg. Homepage von Hans-Joachim Lenger: www.hjlenger.de.
Bücher (Auswahl):
- Zeichnen. (zus. mit Katrin Sahner und Ludwig Seyfarth. März 2009. Textem.
- Mnema. Derrida zum Anfassen. Zus. mit Georg Chr. Tholen. Oktober 2007.
Transcript.
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Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR.

INHALT___________________________________________________________________
Ansage:
Mit dem Thema: „Völlig ausgebrannt – Die erschöpfte Gesellschaft“.
Befinden wir uns auf einem absteigenden Ast? In der Ökonomie bewegen wir uns am
Rande der Depression und vielleicht auch des Zusammenbruchs – Irland scheint es
bald zu erwischen, Irland braucht den Rettungsschirm. Und wie sieht es mit der
Kultur aus? Wo gibt es noch etwas Überraschendes, Neues, wo gibt es die
Innovation?
Wohin man blickt, man stößt auf Stillstand, Depression, burn-out, das meint der
Philosoph Hans-Joachim Lenger. In der SWR2 Aula begibt er sich auf Spurensuche,
analysiert Symptome der erschöpften Gesellschaft und skizziert Auswege.

Unverkennbar mehren sich die Zeichen, dass Kultur und Gesellschaft der Gegenwart
in einen Zustand tiefer Erschöpfung eingetreten sind. Diese Erschöpfung manifestiert
sich nicht so sehr an den großen Entwürfen und Vorhaben, von denen ohnehin
niemand mehr anzunehmen scheint, dass sie sich verwirklichen lassen; nicht an
einer Beseitigung von Hunger und Armut, an einer wirksamen Ächtung des Krieges
oder der Herstellung gerechterer ökonomischer und sozialer Verhältnisse weltweit.
Längst scheinen solche Utopien derart wirklichkeitsfremd geworden zu sein, dass sie
nicht einmal in Festtagsreden mehr beschworen werden. Die Erschöpfung, von der
hier die Rede ist, reicht unweit tiefer; sie könnte die Fundamente der heutigen
Gesellschaft selbst berühren. Sie sucht deren Ökonomie heim, deren Politik und
Kultur. Sie lässt alle Perspektiven einer Zukunft zerfallen, um sie durch eine
Erfahrung tiefer Vergeblichkeit und Aussichtslosigkeit zu ersetzen, die sich beständig
potenziert. Weit davon entfernt aber, nur gesellschaftlichen oder systemischen
Charakter zu haben, offenbart sich diese Erschöpfung bereits im psychischen
Haushalt der Einzelnen, im alltäglichen Befinden der Individuen.
Mit Besorgnis und kaum verhohlener Ratlosigkeit registrieren Ärzte, Psychologen
und Therapeuten die Zunahme einer Erkrankung, die in vielfachen Phänomenen
auftritt und sich zu einem geschlossenen Krankheitsbild kaum fügen will. Was unter
dem Sammelbegriff der „Depression“ bezeichnet wird, sperrt sich den
Systematisierungen und Einordnungen. Sie besteht nicht etwa in einer
vorübergehenden Niedergeschlagenheit oder zeitweiligen Ermüdung. Wie eine
schwarze Wand taucht sie vor den Einzelnen auf, um sie zu erfassen und gleichsam
in sich aufzusaugen; wie ein Abgrund bricht sie im Innern auf, um sie mit
unwiderstehlicher Kraft in sich hinabzuziehen. Ganz so, als fordere sie den
Individuen eine geradezu übermenschliche Kraft ab, auch nur den Anschein von
Fassung oder Gefasstheit aufrechtzuerhalten, zieht die Depression den Depressiven
immer tiefer in sich hinein.
Als vor einiger Zeit ein bekannter Fußballstar seinem Leben ein Ende setzte, weil
ihm dies der einzige Ausweg zu sein schien, sich seiner Depression zu entledigen,
blitzte für einen Augenblick so etwas wie ein öffentliches Erstaunen, vielleicht sogar
ein Erschrecken auf. Zu schroff war der Kontrast, der sich zwischen dem Bild des
erfolgreichen Sportlers und dem Abgrund auftat, der ihn im Griff gehalten hatte. Hier
zerbrach einer, dem es an nichts zu fehlen schien. Was ihm widerfuhr, war kein
Scheitern, waren nicht fehlende gesellschaftliche „Reputation“ oder mangelnde
persönliche „Beliebtheit“. Gängige Begriffe, vordergründige Erklärungsversuche
scheitern insofern beharrlich an der Schwärze, die als Depression aufsteigt. Durch
gesellschaftliche Anerkennung jedenfalls ist sie nicht zu vertreiben. Rätselhaft genug,
scheint sie viel eher zu den Phänomenen zu gehören, in denen sich das
Gesellschaftliche selbst in Frage stellt, in denen sich Brüche im Sozialen auftun, um
es als nichtig auszuweisen.
In solchen Augenblicken scheint die Medizin einspringen zu können, um Erklärungen
zu liefern und Risse zu schließen. Begriffe von Erkrankung und Gesundung, von
Leiden und Genesung sollen dingfest machen, was andernfalls ein bedrohliches
Rätsel bliebe. Doch die medizinischen Diagnosen, die der Depression gestellt
werden, sind so zahlreich wie deren Phänomene. Ärzte, Psychologen und
Therapeuten stützen sich in der Regel auf Medikamente, die auf den Stoffwechsel
des Gehirns einwirken, um diesem Phänomen zu begegnen, das von nun an als
individuelle Erkrankung gefasst wird, auch wenn sie zusehends um sich greift. Deren
Wirkungen sollen gedämpft, deren Verlauf beherrschbar gemacht werden; dabei sind
die Mediziner nicht einmal erfolglos. Doch zugleich sieht alles aus, als würde sich
das Übel nur potenzieren, sobald es bekämpft wird: als begänne die Depression im
gleichen Maß zu wuchern, in dem sie dingfest gemacht werden soll. „Alles wird zur
Depression“, schreibt der französische Medizinsoziologe Alain Ehrenberg in einer
bemerkenswerten Studie über Depression und Gesellschaft, „weil Antidepressiva auf
alles wirken. Man kann alles behandeln, man weiß aber nicht mehr genau, was
heilbar ist. Zur gleichen Zeit, zu der der Konflikt aus dem Blick gerät, verwandelt sich
das Leben in eine chronische Identitätskrankheit.“ (252)
Solche Feststellungen, solche Formulierungen immerhin lassen aufhorchen. Inmitten
eines medizinischen Diskurses taucht hier auf, was sich auf ein medizinisches
Problem keineswegs begrenzen lässt. Die „Identitätskrankheit“ nämlich, von der bei
Ehrenberg die Rede ist, berührt nicht weniger soziologische, ja philosophische
Fragen. Beständig entgleitet die Erschöpfung einem nur ärztlichen Horizont. Sie folgt
einer Krise, einer Erschütterung des „Ich“, einem Zerfall seiner Kohärenz und
Geschlossenheit. Das „Ich“ kann die Last nicht mehr tragen, die ihm die
Verpflichtung aufbürdet, ein mit sich identisches „Ich“ zu sein. Medikamentöse
Eingriffe können da zwar stabilisieren, was sich anders auflösen würde. Doch auf
diese Weise verwandeln sie die Krise der Identität nur in ein chronisches
Krankheitsbild. Weil Antidepressiva auf alles wirken, lassen sie auch alles zu einer
Depression werden, die ihre eigene Implosion beständig aufschiebt.
Wie Ehrenberg behauptet, korrespondiert die Heraufkunft dieser Situation gewissen
gesellschaftlichen und kulturellen Veränderungen, die in den 60er und 70er Jahren
Platz griffen. An die Stelle eines autoritären Kapitalismus der Disziplinierung trat eine
Kultur, in der Maximen der „Selbstverwirklichung“ zur unmittelbaren ökonomischen,
sozialen und kulturellen Produktivkraft wurden. Nicht länger kennt diese Kultur
„Subjekte“ im Wortsinn, „Unterworfene“ also, die den Zwängen der Arbeit, den
Notwendigkeiten der Lebenserhaltung und den Gesetzen ausgesetzt sind, die über
sie verfügen. Wo solche Autoritäten bislang geherrscht hatten, greift nunmehr ein
anderes Diktat Platz: „Verwirkliche dich selbst!“, so lautete es, „entdecke dich
selbst!“, „sei du selbst!“.
Vom „Subjekt“ zum „eigenen Selbst“ also: Dieses Selbst zu verwirklichen, wurde nun
einerseits zum Versprechen einer unendlichen Befreiung. Sie verhieß den
„Subjekten“, nicht länger „Unterworfene“ zu sein. Sie forderte sie stattdessen auf,
eine geheime, rätselhafte und stets verschüttete Instanz zu entdecken, die ihnen
stillschweigend zu Grunde liege: ihr eigenes „Selbst“. Nicht umsonst schossen
seither die Programme zur Selbstfindung ins Kraut: die Esoterik-Angebote erlebten
einen Boom, die Mystizismen der Erweckung und Erleuchtung ebenso wie die
Evangelien gesellschaftlichen Erfolgs, der durch eine Entfesselung des geheimen
„Selbst“ allein zu erzielen sei.
Doch umso mehr musste sich all dies andererseits als ebenso unerfüllbares Diktat
herausstellen. Die Anstrengung nämlich, diesem Diktat des „Selbst“ zu genügen,
kann nur die Leere wiederholen, die im Abstraktum dieses „Selbst“ herrscht und in
der es sich selbst erfährt. Am Ende der Moderne, in ihrem Scheitelpunkt gleichsam,
dürfte sich auf der Ebene des „Subjekts“ etwas ereignen, was nicht nur ökonomisch,
politisch, sozial oder kulturell von einschneidendem Gewicht ist. Die Krise, die sich in
der Depression abzeichnet, wiese ebenso eine „metaphysische“ Dimension auf.
Vor etwa 80 Jahren erschien Sigmund Freuds Schrift über Das Unbehagen in der
Kultur. Dieser Text rekonstruierte den Prozess der Kultur als Geschichte eines
Triebverzichts, einer Sublimierung oder eines Aufschubs, dem die libidinösen
Energien kulturell unterworfen werden. Anstatt unmittelbar befriedigt zu werden –
was möglicherweise einem tierischen Niveau entspräche – bringt der Kulturprozess,
Freud zufolge, konstitutive Ersatzformen hervor, die ein Zweifaches bewirken: Zum
einen tritt der Ersatz an die Stelle des unmittelbaren Triebanspruchs. Er vertritt ihn
und hebt ihn zugleich auf eine andere Stufe seiner Realisierung. Er unterwirft ihn
dem Gebot, im Zeichen der Kultur seiner selbst zu entsagen. Zum andern wohnt
diesem Verzicht ein zeitliches Moment inne. Er vertagt das Unmittelbare, schiebt es
auf. Insofern konstituiert die Entsagung vor allem auch, was man einen kulturellen
Horizont nennen könnte. Er geht aus Techniken des Tabus und des Verbots hervor,
in denen sich ebenso symbolisiert wie verzeitlicht, was Freud „Trieb“ nennt. Hier
zeichnet sich deshalb die Frage nach einem „kulturellen Triebschicksal“ ab. Es sei
keineswegs zu übersehen, schreibt Freud, „in welchem Ausmaß die Kultur auf
Triebverzicht aufgebaut ist, wie sehr sie gerade die Nichtbefriedigung
(Unterdrückung, Verdrängung oder sonst etwas?) von mächtigen Trieben zur
Voraussetzung hat.“ (227)
Sensibel registriert Freud aber zugleich, wie fragil diese Konstruktion bleiben muss.
Das „Unbehagen“ in der Kultur, das in vielfachen Formen aufbricht, betrifft sie
nämlich keineswegs von außen. Es steigt in ihrem Innern auf, indem es die Spur
kenntlich macht, die die Sublimierung in ihr hinterlässt. Denn wozu, so scheint dieses
Unbehagen sagen zu wollen, all die Techniken des Aufschubs und der Entsagung,
wozu die subtilen Artefakte, die Technologien und Künste? Wo immer sie einen
vertieften, weil verzeitlichten Genuss versprechen, könnte sich dessen Preis eines
Verzichts oder Aufschubs als zu hoch erweisen. Die Heraufkunft der Neurosen legt
davon eindrucksvoll Zeugnis ab. Unausgesetzt verschafft sich der Neurotiker
Ersatzbefriedigungen, die vom Misslingen des Verzichts sprechen. Das Unbehagen
in der Kultur ist sozusagen Ausdruck der Weigerung, den Kulturprozess einer
Entsagung statthaben zu lassen, die ihm doch als Kultur umso unveräußerlicher ist.
Nicht von ungefähr ordnete sich Freuds Begriff der Kultur um die Instanz des Vaters
und dessen Autorität. Er kreiste um jenes Gesetz, das die narzisstischen
Allmachtsvorstellungen eines Subjekts unterbricht und damit auf Andere verweist, die
mit ihm sind.
Die Kultur der Gegenwart dagegen scheint diese Ordnung verlassen zu haben. Der
Übergang vom autoritären Kapitalismus zu einem der Selbstverwirklichung unterwirft
die Individuen nicht mehr dem Gesetz des Vaters, einer Logik des Aufschubs und
einer Öffnung zum Anderen. In einer Kultur der Erschöpfung zählt der sofortige
Genuss, die umstandslose Selbstverwirklichung, die Konsumtion ohne Aufschub, der
Wechsel momentaner Befindlichkeiten. So schreibt Ehrenberg über Patienten, deren
Leiden sich nicht mehr in Registern der Schuld, des Gewissens und der Neurose
entziffern lassen; „anders als etwa den Neurotikern“, so sagt er, „gelingt es ihnen
nicht, ihre Konflikte zu erkennen, sie sich zu vergegenwärtigen. Ihnen fehlt die Basis,
ohne die man nur schwer eine Behandlung erfolgreich durchführen kann: die Schuld.
(...) Ihre Repräsentationen sind dürftig, sie sind unfähig, ihre Leiden symbolisch
auszudrücken: Sie sind die Gefangenen ihrer Stimmung. Diese neue Gattung hat
einen Namen: Borderline-Störung. Die Depression beherrscht ihr klinisches Bild.“
(163) Das Diktat des Selbst und seiner Verwirklichung hätte die Individuen insofern in
eine Sphäre vollendeter Einsamkeit versetzt, in der sie nur noch die Leere dieses
Selbst erfahren: als Stimmung, nicht länger als Drama.
Spätestens seit dem 19. Jahrhunderts sieht sich die okzidentale Kultur vom
Phantasma einer Erschöpfung begleitet, die sie in immer neuen Varianten, immer
neuen Todesvorstellungen heimsucht. Einerseits soll zwar nichts verloren gehen, soll
sich auch physikalisch die Energie eines geschlossenen Systems erhalten. Doch wie
der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik hinzusetzte, sei dieser Prozess von einer
Entropie unablösbar, die einer finalen Erschöpfung entgegengehe. Der Austausch
der Unterschiede erschöpft sich schließlich im Stillstand: Entropisch soll jeder
Unterschied letzten Endes ausgeglichen, jede Differenz getilgt, jede Bewegung zum
Erliegen, jedes Leben an ein Ende gekommen. Die Vorstellung, dass auch der Kultur
die schweigsame Macht eines solchen Stillstands, eines solchen Todes eingelassen
ist, prägte noch Freuds Konzeption eines Todestriebs, als dessen „Satelliten“ er die
Lebenstriebe fasste. Nicht anders hatte Marx beklagt, die Akkumulation des Kapitals
türme „tote Arbeit“ zur alles erdrückenden Macht auf, unter der auch die „lebendige
Arbeit“ begraben werde; hatte Schopenhauer die Todverfallenheit allen Lebens
betont, hatte Nietzsche dieses Leben als sonderbare Form des Todes bezeichnet. Im
Innern der Kultur, ihrer Systeme und Apparate, scheint sich diese Macht eines
Stillstands im gleichen Maß zu verstärken, in dem sie akkumulieren, immer größere
Einheiten aufbauen und ihre babylonischen Türme errichten. Umso unwiderstehlicher
werden sie von der lähmenden Macht eines Stillstands ergriffen.
Bereits individualtherapeutisch gehört tiefe Gehemmtheit zu den wiederkehrenden
Symptomen der Depression: eine Lähmung der Kraft, einer Verlangsamung aller
Bewegungsabläufe niederschlägt. Sie spricht von der unendlichen Anstrengung, die
aufgeboten werden muss, um auch nur einen einzigen weiteren Schritt noch zu tun.
Tief scheint diese Erschöpfung insofern in die Ökonomien dieser Kultur eingelassen
zu sein, und einfache Reform- und Verfahrensvorschläge werden kaum ausreichen,
dieser Falle zu entkommen. Die akkumulative Logik selbst potenziert die Mächte der
Erschöpfung in immer neuen Schüben, und mit hektischer Betriebsamkeit wird man
ihnen kaum begegnen können. Denn wovon spricht eine Ökonomie, die unter ihren
eigenen Überakkumulation von Werten und Reichtümern zu implodieren scheint,
doch umso größere Schulden aufhäuft, je angestrengter sie den bloßen Status Quo
zu sichern sucht? Doch weit davon entfernt, nur einer persönlichen Gier von Bankern
oder Managern entsprungen zu sein, entlud sich in diesem Kollaps der beständig
aufgeschobene Augenblick, in dem das Moment einer abgründigen Nichtigkeit
aufblitzte. Tatsächlich ist ein System, das den ökonomischen Wert lediglich als
Anweisung auf Mehr-Wert kennt, nur noch um die eigene Tautologie zentriert, es
selbst zu werden. Und wo sich seine Betriebsamkeit im Kollaps unterbricht, um in
dieser Tautologie abzustürzen, manifestiert sich, wie tief die Erschöpfung ist, von der
es im Innersten beherrscht wird.

Nicht zufällig verfallen Gesellschaft und Kultur in immer exzessivere Formen, in
denen die Hektik unablässiger Neuerungen über diese tiefe Lähmung hinwegtäuscht.
Umso lauter gebärdet sich dann der Betrieb, umso bizarrer werden Zielvorgaben und
Innovationen, umso maßloser geraten Forderungen und Absichtserklärungen,
Versicherungen und Beschwörungen. Täglich sich überstürzende und überbietende
Projekte suggerieren, man habe die Initiative keineswegs verloren. Der „rasende
Stillstand“ wird zur Signatur des Geschehens; doch wird er seinerseits bereits
begleitet von einer rätselhaften Entropie. Was man die „Politikverdrossenheit“ nennt,
die sich heute sogar zum „Vertrauensverlust“ verschärft haben soll, artikuliert nämlich
nicht so sehr das Versagen oder die sogenannte Abgehobenheit einzelner Politiker.
Diese „Vertrauenskrise“ lässt mittlerweile keinen Bereich, keine Struktur, keine
Institution mehr unangetastet. Sie steigt nämlich nicht einfach aus Gedankenlosigkeit
auf. Sie korrespondiert einer Erschöpfung, die das Denken und die Kultur selbst
erfasst hat. Schier unbegrenzt akkumulierten sich die Archive des Wissens, der
Künste, der Bilder und Texte, auf denen beruht, was man die „abendländische
Kultur“ nennt. In ihnen wurden Reichtümer zusammengetragen, die durchzuarbeiten
eine unendliche Kraftanstrengung erfordern würde. Tatsächlich aber sieht alles aus,
als sei die Kultur umso unerbittlicher von einer Logik des Ereignisses, der Sensation,
des „Events“ und des Erfolgs erfasst; mehr noch: als folge sie einem tiefen Wunsch,
auf diesem Weg ihrer Vorgeschichte und damit sich selbst zu entkommen. An die
Stelle der Vielfalt, der sich verzweigenden, subtilen, abgründigen Bewegungen eines
Denkens etwa, das der Gegenwart den Weg bahnte, trat die plumpe, die irreführende
Parole von den „jüdisch-christlichen Grundlagen“. Wer beispielsweise zur Kenntnis
nimmt, welche Schicksale der Gottesbegriff in dieser Tradition erfuhr, wird beschämt
sein vom frechen Gestus, mit dem der „christliche Gott“ öffentlich reklamiert wird, als
sei sein Name das Selbstverständlichste. Und wer die Erschütterungen registriert,
die der Name „des Menschen“ ebenso erfuhr wie der Begriff des „Bildes“, wird nur
resignieren können, wo ihm ein „christliches Menschenbild“ verordnet werden soll.
Die Erschöpfung von Kultur und Gesellschaft beschreibt allerdings keinen Zustand,
aus dem man mit etwas Klamauk und nach einer Phase der Erholung einfach
heraustreten könnte. Eine gewisse Bequemlichkeit vorausgesetzt, lässt sich die
Erfahrung, der diese Kultur ausgesetzt ist, zwar als ein „Verlust an Sinn“ beklagen.
Allenthalben, so hören wir tagein, tagaus, soll es an Vorgaben, an Setzungen und
Fundamenten fehlen. Kirchliche Apparate empfehlen eine Re-Fundamentalisierung,
Politiker eine Rückbesinnung auf vermeintliche Grundlagen des Zusammenlebens,
und die Moralisten sprechen davon, dass den ökonomischen Systemen wieder
zugemutet werden müsse, von verantwortungsvollen Repräsentanten gelenkt zu
werden, die der Masse als Vorbilder dienen können.
Doch lassen sich solche Erschöpfungszustände nicht einfach überwinden, neue
Kräfte nicht einfach sammeln, indem alte Regeln oder Parolen in Erinnerung gerufen
werden. Was sich hier zuträgt, dürfte mit der Logik der Akkumulation, mit jener
Ökonomie der Kräfte selbst zu tun haben, der sich diese Kultur verschrieben hatte.
Phänomene der Erschöpfung sind deren Symptom; doch so gesehen sind sie
ebenso Konstellationen eines Übergangs, einer Transformation oder eines
Umbruchs. Nicht weniger steht dabei auf dem Spiel als das rätselhafte „Selbst“, sein
Wille zur „Selbstverwirklichung“, der diese Kultur beseelte, ihre Apparate,
Institutionen und Verfahrensordnungen ebenso beherrscht wie das Schicksal der
Einzelnen. „Sei du selbst!“, „Entdecke dich selbst!“, „Finde dich selbst!“ – in diesem
Imperativ steckt nicht nur das ultraliberale Versprechen einer individuellen Befreiung,
sondern mehr noch eine unermessliche Drohung. Das „Selbst“, das sich da
projektiert, könnte sich nämlich als unendliche Entleerung herausstellen. Und
tatsächlich war es immer schon aus einem Missverständnis hervorgegangen. Jedes
„Selbstgespräch“ setzt bereits Sprache voraus – und damit andere. Noch dort, wo
sich dieses „Selbst“ als Singularität einer Entleerung erfährt, nimmt es einen Platz
unter anderen Singularitäten ein. Es findet sich an einem Ort, der ihm nicht gehört
hat und nicht gehören wird. Allein schon, „mit sich selbst“ zu sein, setzt nämlich
einen Abstand voraus, der sich dem „Selbst“ mitgeteilt haben muss, ohne aus ihm
hervorgegangen zu sein. Er setzt also Andere voraus, mit denen sich erst „selbst“
sein lässt, oder eine „Öffnung“, die jedem „Subjekt“ ebenso vorausgeht wie jedem
„Selbst“.
Dies allerdings ist kein bloß freundlicher Appell an Mit-Menschlichkeit, an
Barmherzigkeit oder Hilfsbereitschaft. Keineswegs geht es darum, die Kälte des
Betriebs mit dem Flair empfindsamer Seelen zu drapieren. Der unüberbrückbare
Abstand, der jedes „Selbst“ von sich getrennt haben muss, um es „selbst“ sein zu
lassen, berührt vielmehr den neuzeitlichen Begriff des Subjekts und seine Krise im
Innersten, seine Projekte und Erschöpfungen. Im rasenden Projekt einer
„Selbstverwirklichung“ hatte es vergessen, dass jedes „Selbst“, um „sein“ zu können,
früher noch „mit“ anderen ist. Kein Wunder, dass es im Zeichen dieses Vergessens
nur seine eigene Leere erfahren konnte, und zwar im gleichen Maß, in dem es sich
der Logik einer Akkumulation verschrieb, mit denen sich die Tautologien ins
Unermessliche trieben. Tatsächlich spricht diese Akkumulation in wiederkehrenden
Implosionen nämlich nur von ihrer eigenen Nichtigkeit, während sich ihr Diktat, sich
selbst zu verwirklichen, gnadenlos bis in die Befindlichkeit der Einzelnen hinein
verlängert.
Die Zustände tiefer Erschöpfung, die um sich greifen, dürften aus dieser
Konstellation aufsteigen. Sie sind Symptome eines Vergessens nicht weniger als des
Eintritts dessen, was vergessen wurde. Psychopharmaka mögen den Depressiven
da über ihr Leiden hinweghelfen, Programme zur wirtschaftlichen Wiederbelebung
für neuen Aufschub sorgen, runde Tische einem erschöpften Betrieb der Politik
vorübergehend zu neuer Attraktivität verhelfen. Die Transformationen, die sich in
solchen Phänomenen anzeigen, greifen jedoch ungleich tiefer. In immer neuen
Schüben hat sich diese Kultur nämlich nicht nur Projekten einer
„Selbstverwirklichung“ verschrieben, die heute – im Zeitalter eines Ultraliberalismus –
äußerste Zuspitzungen erfährt. Nicht weniger gab es Meditationen und Entwürfe, die
sich dem „Sein mit anderen“ verpflichtet wussten, Figuren des Gemeinsam-Seins,
eines „Commune“. Selbst der „Kommunismus“ gehört dazu, dieser terroristisch
gewordene und folgerichtig zerfallene Gewaltversuch, dem „Gemeinsam-Sein“ eine
endgültige, doktrinäre Gestalt zu geben. Sollte er einst den „Horizont der Geschichte“
definieren, so wurde er so tatsächlich zum Schreckbild einer Welt, die er ebenso
entstellte, wie er deren eigene Geschichtlichkeit seither für sie selbst zum Rätsel
machte.
Die Fragen eines „Gemeinsam-Seins“, das sich nicht mehr in tödlichen Tautologien
des „Selbst-Seins“ erschöpfen würde, sind mit dieser Katastrophe jedoch
keineswegs schon beantwortet. Vielmehr werden diese Fragen umso drängender.
Das Leiden, die katastrophischen Zusammenbrüche und Implosionen, von denen
Kultur und Gesellschaft heimgesucht werden, könnten immerhin auch ein
Kommendes anzeigen. Im Innern der Überakkumulation, die erdrückt, und der Leere
des „Subjekts“, das um seine Selbstverwirklichungen kreist, könnten sich, wie in
einem Vexierbild, auch Elemente einer anderen, einer kommenden Ordnung
abzeichnen. Zwar sind deren Konturen kaum erkennbar. Zumindest aber wäre sie
nicht mehr zentriert um eine Logik von Akkumulation und Selbstverwirklichung; und
keineswegs würde sie sich in den bekannten Oppositionen von Leben und Tod
einrichten.
Und tatsächlich – die Auflösungserscheinungen der Apparate und Instanzen, ihr
Verlust an Glaubwürdigkeit und Vertrauen zeugen ja nicht nur von einer
Erschöpfung. Inmitten dieser Erosionen löst sich zwar etwas auf, begibt sich jedoch
ebenso auf die Suche, wirft Fragen auf und experimentiert. Da zeichnet sich etwas
ab, was seine Sprache und seine Begriffe noch nicht gefunden hat, aber
hervorzubringen sich anschickt. Nicht mehr mitzumachen, den Selbstlauf der Dinge
zu unterbrechen, ihn mit überraschenden Öffnungen zu übersäen – das könnten
erste Formen sein, einer Logik der Erschöpfung zu entgehen. Es wären Formen, in
denen sich der „Sinn“ nicht mehr zwischen den großen, den vermeintlich
festgefügten Einheiten einerseits, der Leere eines vermeintlichen „Selbst“
andererseits herstellen soll. Viel eher ginge er aus einem „Eigensinn“ hervor, der sich
mit anderen zu teilen sucht. Nicht von ungefähr vermerken die Apparate und
Institutionen, was sich wie ein störendes Rauschen in ihren Planungen,
Entscheidungen und Maßnahmen bemerkbar macht. Bestimmte Investitionen
können nicht mehr garantiert, bestimmte Entscheidungen nicht mehr „zukunftssicher“
getroffen werden, sollte zunehmen, was aus zivilgesellschaftlichen
Zusammenhängen, aus Stadtvierteln oder Betrieben aufsteigt: Ebenso subtil wie
unbeherrschbar zeichnen sich hier andere Subjektivitäten, andere Subjektivierungen
ab, die der Tristesse zu entgehen suchen und eine andere Ökonomie der Kräfte
ankündigen könnten.
Denn der Abschied von einem Gesetz des Vaters bedeutet nicht, in eine Epoche der
Gesetzlosigkeit einzutreten. Es bedeutet, anders nach dem Gesetz zu fragen, um
anders zu antworten. In diesem Sinn subtiler Verschiebungen allerdings könnte sich
die Kultur der Erschöpfung als etwas erweisen, das wie eine Wüste immer schon
durchquert wird.
*****