Susanne Stephan: Haydns Papagei . Gedichte

Belletristik
S Stephan: Haydns Papagei . Gedichte
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Online-Publikation: Januar 2016 im Internet-Journal <<kultur-punkt.ch>>
Ereignis-, Ausstellungs-, AV- und Buchbesprechung
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128 Seiten, geb. mit Schutzumschlag; ISBN 978-386351-409-9; € [D] 18,– / [A] 18,50
Klöpfer&Meyerh, D-72070 Tübingen; http://www.kloepfer-meyer.de

Charakteristik
Lyrik, klar, scharf und bildstark.

Inhalt
»Haydns Papagei«*: Susanne Stephans schon dritter Gedichtband bei Klöpfer & Meyer. Aber, bei all ihrem Erfolg
im Feuilleton und in der Kritik, trotz ihrer literarischen Auszeichnungen und Preise: sie ist eine von der Leserschaft
noch immer zu Entdeckende. Oder mit Lessing: »Wir wollen weniger erhoben und fleißiger gelesen sein« …
Flaschenpost, auf »Herzland« zu.
»Ihre Gedichte sind scharf, sie kippen, sie tun sich plötzlich auf, wo man es nicht erwartet, sie schauen die Dinge
verkehrt herum an, aber vor allem tun sie etwas, was nach aller Befreiung der Sprache, die wir hinter uns haben, mir als Segen erscheint: Sie bringen Gedanken zum Vorschein.
Die Schönheit ihrer Gedichte liegt in der Freiheit, mit der sie zwischen verschiedenen Dimensionen umherstreift.
Mitten im Leben beginnen ihre Gedichte, oft ganz lakonisch, bei Dingen, die wir kennen, dort beginnt sie ihre
Streifzüge, aber von dort aus verläuft sie sich weit, manchmal bis an die Grenze des Todes, und setzt dann, ohne den Sprung zu verwischen, darüber hinweg.
Und dennoch ist, bei aller Schärfe des Blicks für die Endlichkeit des menschlichen Daseins, der Ton der Gedichte von Susanne Stephan nie wehleidig, nie verzweifelt, ganz im Gegenteil ist es gerade ihre Illusionslosigkeit, die ihr auch das Lächeln über die eigene Begrenztheit ermöglicht.« Jenny Erpenbeck

*) Aus Haydns »Nachlassverzeichnis«: »Ein lebender Papagey aus dem Geschlechte der gelehrigen
Jakos in Taubengröße grau mit rothem Schweif. Da die Papageys nach allen Naturhistorikern ein hohes
Alter bei 100 Jahren erleben, so ist dieser noch jung. Herr Haydn kaufte denselben vor 19 Jahren, noch nicht völlig erwachsen, in London um einen hohen Preis und unterrichtete ihn selbst. Wohnt wie gewöhnlich in einem blechern Hause

Ein paar Zeilen zur Probe:
La cappelletta
Das Portal fest verriegelt,
aber seitlich ein Fenster in Scherben.
Das ein Bild bietet von Gerümpel
mit Staubfirnis,
altem Elektrogerät:
eine Prozession vom Rasenmäher
bis zur Trockenhaube, hellblau,
die sich verneigt.
Überm Altar die kurzgeschnittene Stille.

Zur Buchpremiere
von »Haydns Papagei« (5. Oktober 2015)
Stuttgart. »Haydns Papagei« ist der Titel des dritten Gedichtbandes von Susanne Stephan, den die Stuttgarter Lyrikerin am Donnerstag, 8. Oktober 2015, um 19.30 Uhr in der Stadtbibliothek erstmals vorstellt. Die Lesung im Café LesBar wird von Walle Sayer, selbst mehrfach ausgezeichneter Lyriker, moderiert.
Jenny Erpenbeck, die gerade auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis steht, über Stephans Werk: »Die Schönheit ihrer Gedichte liegt in der Freiheit, mit der sie zwischen verschiedenen Dimensionen umherstreift. Mitten im Leben beginnen ihre Gedichte, aber von dort aus verläuft sie sich weit, manchmal bis an die Grenze des Todes, und setzt dann, ohne den Sprung zu verwischen, darüber hinweg.«“
Stephan beschreibt bildstark magische Orte und greift in ihren Versen die Lebensgeschichte von Komponisten und Dichtern auf. Kindheit und Musik sind für sie unerschöpfliche Inspirationsquellen.
Susanne Stephan wurde 1963 in Aachen geboren, lebt in Stuttgart und ist nach mehrjähriger Tätigkeit als Verlagslekotrin als freie Schriftstellerin tätig. Zuletzt erhielt sie das Spreewald-Literatur-Stipendium und war Gastkünstlerin am CERN-Institut in Genf.

Zur Lesung  "Haydns Papagei":
•Susanne Stephan liest aus "Haydns Papagei"
21. Februar 2016 18:00 Uhr, Notburga-Kapelle, Hauptstraße, Haßmersheim-Hochhausen

Fazit
An einer Stelle findet sich in "Haydns Papagei" von Susanne Stephan der Dreizeiler: '..Das Ende der Welt / menschen- und gottverlassen / in aller Frische (Fuga in Egitto)'. Diese Worte künden von einer literaturzeittiefen Berührtheit, die da aufblitzt - bewusst oder nicht - hin zur  Edda, am Ende der Welt (nach der Götterdämmerung, noch bevor  Lif & Liftrasir erscheinen) wird sie in eine neue wiesenfrische Landschaft verwandelt!
Hinzu kommt die prägnante Kürze der Sprache, die erinnerungsstark wie unvergessen macht. m+w.p16-2