Digitale Anwendungen spielerisch analog lernen


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Digitales analog lernen
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Digital-Agenda, Digitalgipfel, Digitalpakte: Deutschland fiebert digital. Auch die Kultus- und Schulminister fiebern mit und fordern im „Digitalpakt Schule“, dass alle Schulen – unabhängig vom Alter der Schülerinnen und Schüler, von Schulform und unabhängig von den konkreten Fachinhalten – digitale Geräte und Techniken einsetzen sollen. Zugleich sollen alle Lehrkräfte im Einsatz von Digitaltechnik geschult und zu deren Einsatz verpflichtet werden.
Das Bündnis für Humane Bildung fröstelt bei diesen unrealistischen Vorstellungen und rät zu mehr Gelassenheit: Der Umgang mit digitalen Geräten im Unterricht lässt sich zunächst am besten mit analogen Unterrichtsmitteln lernen, mit fortschreitendem Alter in der Schule stufenweise mit dem dosierten Einsatz digitaler Endgeräte.
„Natürlich ist die Digitaltechnik ein Teil unserer Lebenswirklichkeit“, sagt Bündnissprecher Prof. Dr. Ralf Lankau von der Hochschule Offenburg. „Doch selbst wenn Kinder mit acht oder neun Jahren Verkehrsunterricht erhalten, dann bekommen sie danach noch keinen KFZ-Führerschein.“ Ähnlich verhalte es sich mit digitalen Geräten im Unterricht. Warum nicht erst die Grundlagen für Digitaltechnik mit analogen Mitteln aufbauen, um danach umso besser mit digitalen Mitteln umgehen zu können? Auch den verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol erlernt niemand mit exzessivem Konsum, sondern eher mit guten Präventionsprogrammen.
Schritt für Schritt differenzierter Einsatz von Medientechnik
Das „Bündnis für humane Bildung – aufwach(s)en mit digitalen Medien“ ist ein Zusam-menschluss von Bürgerinnen und Bürgern, die sich für eine humane und demokratische Bildung in allen öffentlichen Bildungseinrichtungen einsetzen. Das Bündnis plädiert für einen kostengünstigen, effektiven Einsatz von Lehrmitteln, um Kinder verantwortungsvoll mit der digitalen Technik medienmündig zu machen.

Auf der Basis wissenschaftlicher Studien aus der Kognitionsforschung, der Entwicklungspsychologie und Pädagogik empfiehlt das Bündnis folgende Vorgehensweise:
Kindertagesstätten und Grundschulen bleiben in der pädagogischen Arbeit digitalfrei. Kinder müssen erst in der realen Welt zu Hause und dort sicher sein und klassische Kulturtechniken (Lesen, Schreiben, Rechnen) beherrschen, bevor digitale Techniken zum Einsatz kommen. Manuelle Gestaltungstechniken sind hier gefragt, etwa Basteln, Malen, Zeichnen und Musizieren, auch Theater und Tanz, Sport und Naturerlebnisse.

Gleichzeitig muss jedoch bereits in der Grundschule das Mediennutzungsverhalten thematisiert werden, über konkrete Inhalte und mögliche Folgen der Mediennutzung gesprochen werden. Hier sind Präventionslehrerinnen und -lehrer gefragt, die über die Inhalte und Gefahren des Netzes aufklären. Dazu müssen nicht die Kinder ins Netz, die Zusammenarbeit mit z.B. Jugendschutzbeauftragten der Polizei ist sinnvoller. „Es gibt kein Kindernetz. Die Erwachsenenwelt ist immer nur einen Klick entfernt“, so Ralf Lankau.

In der Unterstufe (Klasse 5 oder 6) lässt sich das Verständnis für Informationstechnik (IT) vermitteln. Dann haben Kinder bzw. Jugendliche die notwendige, persönliche Reife. Dafür braucht man weder Rechner noch Bildschirme. Projekte wie „Computer Sciences Unplug-ged“ (csunplugged.org; deutsch: einstieg-informatik.de) vermitteln Kindern ein fundiertes Verständnis für die Funktionsweise und Logik der Informationstechnik, ganz ohne Rechner und Software. Gelernt werden Grundlagen, Fragestellungen und Methoden der Informatik – als Denk-Werkzeug.

Ab den Klassen 6 oder 7 echter Informatikunterricht mit Kleinrechnern
In Klasse 6 oder 7 kann man „echten“ Informatikunterricht mit kostengünstigen und voll programmierbaren Kleinrechnern (z. B. Arduino, Raspberry Pi) anbieten. Ein Klassensatz dieser scheckkartengroßen Rechner kostet ca. 1.000 Euro. Für Schulen gibt es gut dokumentierte und geeignete Projekte. Schon mit diesen Rechnern sind das Programmieren und der sichere Gang ins Netz möglich.

Ab Klasse 8 können Schüler mit Desktop-Rechnern, Laptops und Open Source-Software Software erlernen und unter Anleitung eigene Medienprojekte umsetzen. Software-Schulung bedeutet dabei: die Prinzipien von Textverarbeitung, Desktop-Publishing oder z.B. Webdesign oder Videoschnitt verstehen.
Am Ende der Mittel- oder zu Beginn der Oberstufe empfehlen sich Medienprojekte, bei denen Schüler Bilder oder Filme herstellen, eine Schülerzeitung gestalten oder Inhalte für Websites generieren. Sie arbeiten dabei allerdings mit Offline-Produktionsrechnern. Offline heißt: Die Rechner sind untereinander vernetzt, aber nicht ans Internet angeschlossen. Nur so ist sichergestellt, dass keine Schülerdaten ausgelesen und ausgewertet werden.

„Niemand weiß, wie unsere Arbeits- und Lebenswelt in fünf oder 15 Jahren aussehen wird“, sagt Ralf Lankau. „Schulen müssen sich und ihre Schüler also auf eine technisierte und digitalisierte Welt vorbereiten.“ Dabei sollte Schule nicht auf aktuelle Technik fokussieren, sondern auf Verständnis und das Verstehen von Strukturen und Prinzipien abzielen. Schule hat keine Konsumenten zum Ziel, die am jeweils aktuellen Gerät tippen, wischen – oder demnächst unter der VR-Brille und Kopfhörern mit ihrem persönlichen Avatar sprechen. „Schule muss Denk-Werkzeuge und generelle Handlungsoptionen vermitteln, die unabhängig von der jeweils aktuellen Technik funktionieren“, sagt Medienwissenschaftler Lankau.

Über das Bündnis für Humane Bildung
Das "Bündnis für Humane Bildung - aufwach(s)en mit digitalen Medien" ist ein Zusammenschluss von Bürgerinnen und Bürgern, die sich für eine humane und demokratische Bildung in allen öffentlichen Bildungseinrichtungen einsetzen. Das Bündnis, an dem auch namhafte Medienpädagoginnen und -pädagogen und Erziehungswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler beteiligt sind, tritt dafür ein, dass alle Kinder und Jugendlichen in den Schulen persönlich unterrichtet und betreut werden, unabhängig von Sozialstatus und Finanzkraft der Eltern.

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