Öffentlicher Verkehr als Lebensnerv für Stadtquartiere Gespräch mit Pierre de Meuron

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Klybeck - Verkehr (P.de Meuron)
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Öffentlicher Verkehr als Lebensnerv für Stadtquartiere Gespräch mit Pierre de Meuron

Eine Region, eine Stadt, ein Quartier soll einfach erreichbar sein. Für Anwohner, Pendler, Nachbarn und Besucher. Die Erreichbarkeit ist ein wichtiger Erfolgsfaktor, nicht nur für die Wirtschaft, sondern auch ganz generell für die Lebensqualität. Der Basler Architekt Pierre de Meuron hat sich im Gespräch dazu Gedanken gemacht – insbesondere auch zur Rolle der Bahn-Durchmesserlinie „Herzstück“ für die Entwicklung des Klybeckareals.

INHALT DES GESPRÄCHS

«Einfach hin und heim»
Dieser Slogan für die Bahn-Durchmesserstrecke «Herzstück» bringt es auf den Punkt: Eine Region, eine Stadt, ein Quartier soll einfach erreichbar sein. Für Anwohner, Pendler, Nachbarn und Besucher. Die Erreichbarkeit ist ein wichtiger Erfolgsfaktor, nicht nur für die Wirtschaft, sondern auch ganz generell für die Lebensqualität. Der Basler Architekt Pierre de Meuron hat sich im Gespräch dazu Gedanken gemacht.
Herr de Meuron, was macht ein Quartier wie das künftige Klybeck eigentlich lebenswert?
Pierre de Meuron: Grundsätzlich hat Lebensqualität im urbanen Raum mit Vielfalt und Dichte zu tun: Je mehr unterschiedliche Nutzungsangebote ein Quartier wie das künftige Klybeck machen kann, je mehr unterschiedliche Lebensentwürfe hier gelebt werden können, je vielseitiger die Gebäude sind und deren Nutzungen, je mehr städtische Dichte und Freiräume einander durch-dringen, desto lebens- und auch liebenswerter wird ein Quartier.
Das gilt wohl nicht nur für die Quartierbewohner...?
Nein, das gilt natürlich auch für alle diejenigen, die nicht im jeweiligen Quartier wohnen, aber dahin kommen wollen: Pendler, Gäste oder Leute, die einkaufen, Sport treiben oder ihre Freizeit verbringen möchten. Die wollen schnell und einfach ans Ziel kommen, und sie wollen auch schnell wieder daheim sein. Das heisst, dass die Erreichbarkeit ganz wesentlich dafür ist, dass die erwähnte Vielfalt überhaupt entstehen kann. Man ist ja heute weit davon entfernt, Mononutzun-gen für Quartiere anstreben zu wollen, im Sinne von «Hier arbeiten – dort wohnen – dort einkaufen».
Liniennetz der regionalen S-Bahn heute ohne Herzstück (links) und mit der Durchmesserstrecke Herzstück (rechts): Dank dem Herzstück sind sehr viel mehr direkte und schnellere Verbindungen quer durch die Region möglich. (Abbildungen: Konsortium Bahnknoten BS und BL)
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Das führt doch aber zu hohem Verkehrsaufkommen und Unruhe im Quartier?
Das kommt vor allem auf das Verkehrsmittel an. Die Quartiere sollen möglichst vom Autoverkehr entlastet werden. Ganz wichtig in dem Zusammenhang ist der Ausbau des öffentlichen Verkehrs. Zürich hat es dank seines gut ausgebauten S-Bahn-Systems geschafft, dass der Autoverkehr an der Stadtgrenze seit Jahren nicht mehr weiter zunimmt, während sich der Personen-verkehr auf der Zürcher S-Bahn vervielfacht hat.
Das bedeutet für Basel?
Das bedeutet, dass Basel einerseits konsequent weitermachen muss mit der Kanalisierung der Autos auf den Autobahnen – und andererseits eben auch, dass hier endlich ein regionales S-Bahn-System eingerichtet wird, das dieser Bezeichnung auch gerecht wird.
Damit spielen Sie auf das «Herzstück» an, das Ihnen bekanntlich sehr am Herzen liegt.
Erst das Herzstück als Durchmesserstrecke ermöglicht die Verknüpfung der verschiedenen S-Bahn-Linien zu einem sinnvollen regionalen Netz. Hier liegt mittlerweile ein klares und kluges Bahnkonzept vor. Das ist wichtig und sehr erfreulich.
Übrigens mit einer Haltestelle im Klybeck! Dass Bundesbern sich bisher nicht durchringen konnte, die Mittel für die konkrete Projektierung des Herzstücks zu sprechen, ist im Grunde ein Skandal. Die Region Basel ist die zweitgrösste Wirtschaftsregion der Schweiz!
Um den Bogen zur Lebensqualität wieder zu schliessen: Sie meinen also, dass das Herzstück auch für die Lebensqualität der Bewohner des Klybeck wichtig ist?
So ist es. Mit der geplanten Haltestelle Klybeck wird dieser Stadtteil mit der ganzen trinationalen Region verbunden. Für die Haltestelle bietet sich der zentrale Klybeckplatz an, wo sich Mauerstrasse, Gärtnerstrasse und Klybeckstrasse treffen. Dadurch wird dieser zu dem zentralen, belebten und interessanten Platz im Zentrum des neuen Quartiers. Was für Klybeck gilt, gilt für die Stadt und die ganze Region: Eine S-Bahn-Linie ist wie eine Lebensader, welche die Region durchblutet. Das Herzstück liegt mir deshalb wirklich am Herzen, um in dem Bild zu bleiben. Wir müssen uns nun mit allen Mitteln dafür einsetzen.
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Wie denn?
Der Grosse Rat Basel-Stadt und der Landrat haben kürzlich praktisch einstimmig eine Resolution verabschiedet, in der die eidgenössischen Parlamentarier aufgefordert werden, die nötigen Projektierungsgelder zu bewilligen. Das ist schon mal ein guter Schritt. Nun sollte sich aber auch die interessierte Bevölkerung zu Wort melden. Ich bin Mitglied eines unabhängigen Komitees, das Unterschriften für eine Petition sammelt, die in Bern Druck machen soll für das Herzstück. Diese Petition können alle unterschreiben, unabhängig von Alter, Wohnort oder Nationalität.
Herzlichen Dank für dieses Gespräch, Herr de Meuron!

Die erwähnte Petition findet sich auf
http://www.ja-zum-herzstueck.ch.
Pierre de Meuron erklärt das Herzstück in einem Video, der hier einsehbar ist:
https://www.youtube.com/watch?v=Loe5g7fxWMU.

Die Planungspartner Kanton Basel-Stadt, BASF, Novartis Basel, 17. Dezember 2018
Bau- und Verkehrsdepartement Kanton Basel-Stadt, Anlaufstelle «klybeckplus» Münsterplatz 11, 4001 Basel, Tel. 061 267 91 52,
mailto:info@klybeckplus.ch, http://www.klybeckplus.ch

klybeckplus – ein Stadtquartier entsteht
Das Klybeckareal wird von BASF und Novartis heute kaum mehr für die industrielle Produktion benötigt. Die Grundeigentümerinnen haben sich 2016 mit dem Kanton Basel-Stadt zusammengeschlossen, um die Zukunft dieser Fläche von rund 300‘000 Quadratmetern gemeinsam zu planen. Der breite Gürtel zwischen Rhein und Wiese wird sich allmählich öffnen und zu einem vielfältigen, durchmischten und vernetzten Stadtquartier wandeln, das Raum für Wohnen, Arbeit, Freizeit und Kultur bietet. In den langen Planungsprozess ist die Öffentlichkeit mittels Beteiligung von Anfang an als Gesprächspartnerin und Impulsgeberin einbezogen.

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