Alle Macht den Städten? Partizipation und Praxis in der Stadt von morgen. Detlef Horster und Franziska Martinsen (Hg.)
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Stadt von morgen: Partizipation & Praxis
al-velbrueck17-7stadt-von-morgen
Online-Publikation: Juli 2017 im Internet-Journal <<kultur-punkt.ch>>
Ereignis-, Ausstellungs-, AV- und Buchbesprechung
<< Alle Macht den Städten? Partizipation und Praxis in der Stadt von morgen. Detlef Horster und Franziska Martinsen (Hg.) >>
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten
sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
112 Seiten, br. ; ISBN 978-3-95832-112-0; 12,80 EUR
Dieser Titel ist auch im Verlag Humanities Online als E-Book erhältlich: http://www.humanities-online.de
Velbrück Wissenschaft, D-53919 Weilerswist-Metternich; http://www.velbrueck-wissenschaft.de
Charakteristika
> Die 18. Hannah-Arendt-Tage 2015
Inhalt
»Wem gehört die Stadt?« Diese Frage beantworten die Autorinnen und Autoren des vorliegenden Bandes einhellig inklusiv: Allen Bewohnern der Stadt kommt das Recht zu, diese lebenswert zu gestalten. Gleichwohl unterscheiden sich die hier dokumentierten Beiträge der in Hannover veranstalteten Hannah-Arendt-Tage 2015 in ihren jeweiligen disziplinären Zugängen zur Frage nach der Macht in den und von Städten.
Das Buch bietet philosophische, sozialwissenschaftliche, politologische und städteplanerische Perspektiven auf eine höchst lebendige und vielstimmige Debatte, in der gerechtigkeitstheoretische Gesichtspunkte ebenso kontrovers diskutiert werden wie Fragen nach politischer Teilhabe und Verantwortung in der Kommune.
HerausgeberIn-Team
Detlef Horster,
Prof. em., lehrte in verschiedenen Funktionen an den Universitäten Utrecht (Niederlande), Kassel, Berlin (Humboldt-Universität), Port Elizabeth (Südafrika) und Zürich. Er war bis 2007 Professor für Sozialphilosophie an der Leibniz Universität Hannover.
http://www.detlef-horster.de/
Franziska Martinsen,
Dr. phil, ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Arbeitsbereich Politische Theorie und Ideengeschichte, Institut für Politische Wissenschaft der Leibniz Universität Hannover.https://www.ipw.uni-hannover.de/martinsen.html
Fazit, vorangestellt
*
Vorwort
»Alle Macht den Städten?«, lautete die Abschlussfrage der 18. Hannah-
Arendt-Tage im Herbst 2015 und Benjamin Barber, bekannt seit den
1990ern für sein Konzept der »strong democracy«, bejahte sie in seinem
Vortrag entschieden. Unter »strong democracy« versteht er eine
Demokratie, die sich nicht lediglich in periodisch wiederholenden
Wahlgängen erschöpft, sondern vom viel beschworenen ›engagierten
Bürger‹ und von der ›engagierten Bürgerin‹ wesentlich getragen wird.
Das historische Vorbild bürgerlich-partizipativer Politik stellt für ihn
die griechische Polis der Antike dar – und eben dies verbindet ihn mit
der Namensgeberin der Veranstaltungsreihe: Hannah Arendt. Beide begeistern
sich für eine in der Kommune praktizierte, d.h. für eine direkt
vor Ort, dort, wo Menschen aktiv »In-Erscheinung-treten« (Arendt
1958: 214) und eine gemeinsame Welt erschafen, realisierte Politik.
Diese Form der politischen Partizipation rührt von der Kommune her,
entfaltet sich in ihr – bleibt jedoch in ihrer Wirkung keinesfalls auf sie
beschränkt. Im Gegenteil: Barber ist überzeugt, dass es gerade die Bürgermeisterinnen
und Bürgermeister der Großstädte dieser Welt sind,
die mit ihrem an den drängenden sozialen und wirtschaftlichen Problemen
der Metropolen geschulten Pragmatismus besondere Lösungsstrategien
für aktuelle globale Herausforderungen – von denen eine der
drängendsten unserer Zeit sicherlich weltweite Migration und Flüchtlingsbewegungen
sind – entwickeln können. Und so lautet das Plädoyer
Barbers, dass Bürgermeister/innen aller Länder sich in einem globalen
Parlament vernetzen sollten, um die Grenzen nationalstaatlicher Politik
zu überwinden. Der Sprung von der Stadt zur ganzen Welt mag gewagt
sein – doch lässt sich nicht von der Hand weisen, dass urbane Politik
stets im Wechselverhältnis mit globalen Strukturen und Prozessen
steht: Städte beinden sich in einem permanenten Wandlungsprozess,
was ihre Bevölkerungszusammensetzung, ihre Kultur(en), öfentlichen
und privaten Institutionen, administrativen Strukturen, ja, nicht zuletzt
ihr Erscheinungsbild anbelangt. So sind Städte Kristallisationspunkte
von weltweiten Migrations- und Mobilitätsbewegungen. Den Begrif
der Mobilität betont Erol Yildiz bewusst, um mit ihm eine Haltung der
Gelassenheit gegenüber der vielfach noch immer einseitig problematisierten
Migration zu gewinnen. Diese Gelassenheit soll uns einen sensiblen
Blick für die Potentiale und Chancen urbaner Dynamik eröfnen.
Gleichwohl dürfen die Gefahren, die von den »Ungerechtigkeiten der
Stadt« ausgehen, wie Matthias Möhring-Hesse in seinem Beitrag warnt,
nicht außer Acht gelassen werden. Hier ist eine Stadtplanung gefragt,
die sich nicht auf bauliche Fragen beschränkt, sondern ausdrücklich auf
partizipatorische Gestaltungsmöglichkeiten gegenüber staatlichen
Auflagen wie auch gegenüber marktförmigen Entwicklungen setzt. Darin
waren sich auch die übrigen Teilnehmer/innen der Podiumsdiskussion,
Hannovers Stadträtin Marlis Drevermann sowie die Stadtplanerin Christa
Reicher und der Stadtplaner Julian Petrin, einig. Im Gespräch auf der
Bühne wurden somit die Erfahrungen, die Petra Roth als ehemalige
Oberbürgermeisterin der Stadt Frankfurt am Main in ihrem Vortrag
schilderte, relektierend ergänzt: Die Belange einer Stadt von Morgen
müssen von der kommunalen Politik tatkräftig ermittelt, durchgesetzt
und geschützt werden – und das ohne Scheu vor immer wiederkehrenden,
zum Teil mühseligen, weil kleinteiligen politischen Auseinandersetzungen,
zum Teil aber auch mit dem Gespür für das große Ganze.
Lässt sich also aus der Negation von Ungerechtigkeiten das Idealbild
einer »gerechten« Stadt generieren? Hier spätestens fällt ein solches Ideal
der gerechten Stadt auf die Gesellschaft der Stadt, also auf ihre Bewohner/
innen zurück. Im besten, und zwar nicht bloß idealen, sondern
praktischen Falle, nehmen sich diejenigen, die in einer Stadt zusammenleben,
dieser Aufgabe gemeinsam an. Im Zusammenhang mit der
Gerechtigkeit der Stadt stellt sich schließlich die Frage nach dem »Recht
auf Stadt«. Es handelt sich hier um eine provokative Frage, mit der die
Hannah-Arendt-Tage 2015 eröfnet wurden. Andrej Holm schlägt hier
eine Brücke zu der Revolutionstheoretikerin Hannah Arendt, die der
Rebellion durchaus die Kraft zur Befreiung von Missständen zuschreibt
(vgl. Arendt 1965). Letztlich bleibe diese ›Befreiung von etwas‹ jedoch
eine negative und sei keine ›Ermöglichung zu etwas‹. Die positive politische
Freiheit des gemeinsamen Handelns komme erst in der politischen
Gemeinschaft zur vollen Geltung. Genau diesen Schritt von
rebellierenden Protestbewegungen zur gemeinsamen politischen Partizipation
in der Stadt beschreibt Holm überzeugend und weist damit
einen Weg zur Stadt von morgen für alle.
Literatur
Arendt, Hannah (1958): Vita Activa. Oder Vom tätigen Leben. München.
Arendt, Hannah (1965): Über die Revolution. München.
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Inhaltsverzeichnis
Danksagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
Detlef Horster und Franziska Martinsen
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
Andrej Holm
Recht auf die Stadt –
Repolitisierung der Stadtpolitik durch Rebellion . . . . . . . . . 9
Erol Yildiz
Nachbarschaften in der Stadt:
Von der mehrheimischen Alltagspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . 31
Benjamin Barber
If Mayors Ruled the World. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
Matthias Möhring-Hesse
Ungerechtigkeiten der Stadt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
Petra Roth
Die Neuerfindung der Städte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
Die Stadt von morgen
Diskussion unter Leitung von Stephan Lohr mit
Christa Reicher, Julian Petrin, Marlis Drevermann und
Matthias Möhring-Hesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92
Die Autorinnen und Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
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