Freiburger Forscher berechnen das Potenzial für Wildnisgebiete in Deutschland


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Energiewende - Urwald von morgen
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Auf politischer Ebene wird über die Zukunft der Wälder in Deutschland diskutiert. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner will Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern der Wald-, Holzwirtschafts- und Umweltverbände und der Wissenschaft führen: Dabei solle es nicht nur um Investitionen für Aufforstungen gehen, sondern auch um Strategien zur langfristigen Anpassung der Wälder an den Klimawandel. Katrin Göring-Eckardt, die Fraktionsvorsitzende der Grünen, fordert eine „Urwald-Offensive". Sebastian Brackhane, Doktorand an der Fakultät für Umwelt und Natürliche Ressourcen der Universität Freiburg zeigt in einer aktuellen Studie, wo großflächige Urwälder in Deutschland entstehen könnten. „Die Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt zielt darauf ab, bis 2020 zwei Prozent der Landesfläche Deutschlands aus der Nutzung zu nehmen und der Natur zu überlassen. Derzeit decken solche Wildnisgebiete nur 0,6 Prozent ab. Ein derartiges Vorhaben ist in dicht besiedelten Ländern wie Deutschland, in denen es kaum noch ursprüngliche Lebensräume gibt, eine große Herausforderung.“

Laut Nationaler Biodiversitätsstrategie sollen sich Wildnisgebiete nach den Gesetzmäßigkeiten der Natur und ohne nennenswerte menschliche Störungen entwickeln können. Zusammen mit Prof. Dr. Albert Reif, Privatdozentin Dr. Christine B. Schmitt und Doktorand Nicolas Schoof hat Brackhane entsprechende Potenzialgebiete identifiziert und deren räumliche Verteilung und Ausdehnung in den Wäldern Deutschlands analysiert. „Unsere Analyse zeigt zum einen das Potenzial des Landes, das anvisierte Wildnisziel zu erreichen, wenn die Kriterien an die dichte Infrastruktur angepasst werden, anderseits werden aber auch die Zielkonflikte in Bezug auf Schutz und Nutzung deutlich, die sich in einem dicht besiedeltem Land nicht vermeiden lassen“, sagt Brackhane. In der Studie zeigen die Forschenden, dass auf 10,3 Prozent der Fläche Deutschlands Wildnisgebiete mit mehr als 1.000 Hektar Größe als zukünftige Urwälder zwar theoretisch möglich wären – allerdings nur, wenn man die gesamte Waldfläche als Grundlage heranzieht und andere Faktoren, wie zum Beispiel die Naturnähe der Wälder, außer Acht lässt. Bei einer Mindestgröße von 3.000 oder 10.000 Hektar würde sich die potenzielle Fläche schon auf 4,1 beziehungsweise 0,6 Prozent reduzieren. Gebiete für unzersiedelte, naturbelassene Wälder ab einer Größe von 10.000 Hektar sind dabei auf Gebirgsregionen und den weniger dicht besiedelten Nordosten beschränkt. „Die vorherrschenden Waldbesitzstrukturen in Deutschland und Schutzgebiete, die den Erhalt der Kulturlandschaft zum Ziel haben, begrenzen dieses Potenzial jedoch nochmals beträchtlich.“ Wildnisgebiete sollen vor allem auf Flächen in Staats- oder Stiftungsbesitz ausgewiesen werden.

Das Forschungsteam empfiehlt deshalb auch die Weiterentwicklung von Ansätzen für ein europäisches Netzwerk aus Wildnisgebieten: „In Anbetracht der Anzahl der sich in die Nachbarländer erstreckenden potenziellen Wildnisgebiete, könnten gemeinsame Anstrengungen auf europäischer Ebene in Zukunft zu ökologisch wertvollen, grenzüberschreitenden Wildnisgebieten führen. Die Ankündigung des französischen Präsidenten Emmanuel Macrons, zehn Prozent der Fläche Frankreichs der natürlichen Entwicklung zu überlassen, stimmt da sehr optimistisch.“

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