Annette Gigon, Mike Guyer, Felix Jerusalem (Hg.): Residential Towers / Wohnhochhäuser


Architektur Lebensraum > Urbane Muster > wohnen privat
Wohnhochhäuser / Residental Towers
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Online-Publikation: Juni 2016 im Internet-Journal <<kultur-punkt.ch>>
Ereignis-, Ausstellungs-, AV- und Buchbesprechung
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Beiträge von Annette Gigon, Mike Guyer, Felix Jerusalem, Andreas Tönnesmann mit Niklas Naehrig, Britta Hentschel und Gregory Grämiger, Dietrich Neumann, Philip Ursprung
352 Seiten, 870 Abbildungen; 24 x 28 cm, Broschur; ISBN 978-3-85676-349-7; 89.00 CHF / 85.00 EUR; Englisch
gta Verlag,  Institut für Geschichte und Theorie der Architekturn, Zürich ,  books@gta.arch.ethz.ch ; http://www.verlag.gta.arch.ethz.ch
https://verlag.gta.arch.ethz.ch/publikationen

Charakteristika
Zwei vertikal-durchgrünte Lebensraum Muster weisen Zukünftiges aus 

Inhalt
Mit der zunehmenden Verdichtung der Städte gewinnt das Wohnen im Hochhaus an Relevanz. Klimatische, konstruktive und soziale Herausforderungen führten nicht selten zu höchst innovativen Lösungen bei dem jungen, sich ständig weiterent­wickelnden Bautyp Wohnhochhaus. Eine Auswahl von 80 architektonisch beispielhaften Hochhäusern aus fünf Kontinenten ermöglicht ein vergleichendes Betrachten der unterschiedlichen Ansätze. Die von den 1930er Jahren an bis in die Gegenwart entstandenen Gebäude werden jeweils mit Plänen, Fotografien und in Kurztexten dargestellt, ergänzt durch biographische Angaben zu den Architekten. Die Einleitung und drei Essays behandeln verschiedene Facetten zu Entwicklung und Bedeutung des Wohnhochhauses im internationalen Kontext.

Fazit
Das Herausgeber-Team Annette Gigon, Mike Guyer und Felix Jerusalem haben mit Bravour die aktuellsten Beispiele im Diskursbuch "Residential Towers / Wohnhochhäuser" präsentiert.
Die einzigen zukunftsträchtigste und paradigmatischen Beispiele darin bilden allerdings nur zwei davon :'Leonard Street in NY (Herzog & de Meuron) und Tour des Cedres in CH (Stefano Boeri) . da beide den Lebensraum der Bewohner parallel zur Vertikalen diesen horizontal optimal auskragend nutzen, um einen 'vertikalen Park / diskrete Mikro-Urbanität zu realisieren. Es lohnt sich also, neben den vielfältigen Versuchen, diese beiden grünen Lebens-Leuchttürme geniessend kennenzulernen.
m+w.p16-6  
https://de.wikipedia.org/wiki/Stefano_Boeri
https://de.wikipedia.org/wiki/Herzog_%26_de_Meuron


Vertiefende Hinweise zu durchgrünte Hochhausbauten
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Das Projekt, auf Deutsch "vertikaler Wald", wurde im November 2014 abgeschlossen und umfasst zwei begrünte Hochhäuser in Mailand. An den äußeren Seiten der beiden 87 m (19 Stockwerke) und 119 m (27 Stockwerke) hohen Wohngebäude wurden tausende Bäume, Sträucher und Hecken gepflanzt, die insgesamt der Fläche eines Hektars entsprechen.2014 wurde der Bosco Verticale mit dem Internationalen Hochhauspreis prämiert.
Siehe auch: Urban Forestry und Urban Gardening

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ZÜRICH UND DIE HOCHHÄUSER
https://de.wikipedia.org/wiki/Herzog_%26_de_Meuron
An der Limmut setzt man auf «dIskrete Urbanität».> 1
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French architect Jean Paul Viguier has won a competition to design a new housing and office complex in Bordeaux, proposing a trio of timber-framed towers that will be among the tallest of their kind in the world.
Called Hyperion, Jean Paul Viguier's design was selected ahead of leading firms – including a Sou Fujimoto and Laisné Roussel team – for the €51 million (£40 million) project, which will create 82 apartments and offices.
http://www.dezeen.com/2016/03/21/jean-paul-viguier-hyperion-wooden-tower-st-john-belcier-bordeaux-france-cross-laminated-timber/https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_tallest_residential_buildings_in_the_world


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ARGUS der Presse AG
Rüdigerstrasse 15, Postfach, 8027 Zürich
Tel. 044 388 82 00, Fax 044 388 82 01http://www.argus.ch

ZÜRICH UND DIE
HOCHHÄUSER
An der Limmut setzt man auf «dIskrete Urbanität».
Wie das funktlonien, zeigt eine Ausstellung.
"OMA/Rem Koothaas, Planungsstudie für das Industrieareal.
Im Auftrag der Stadt Zürich, 1998

Das Stadtbild von Zürich ist nicht von Hochhäusern
geprägt. Vereinzelt ragen Kirchtürme
aus der horizontalen Bebauungsstruktur, hier
ein weisser Hochkamin, da ein Ensemble von
roten Wohntürmen. Eine Konzentration markant
höherer Bauten, etwa in Form eines Downtown,
gibt es in Zürich nicht. Und dies soll auch weiterhin
so bleiben. Weder die aktuellsten städtebaulichen
Planungen der knapp 400 000 Einwohner
zählenden Metropole noch die Nachfrage seitens
Investoren drängen darauf, das Bild der Stadt
grundsätzlich neu zu zeichnen.
Dem steht allerdings nicht entgegen, dass das
Thema Hochhaus seit Jahren eifrig verhandelt
und in einige solcher Bauprojekte neuerdings
intensiv investiert wird. Denn das Pendel der
öffentlichen Wertschätzung schlägt gerade mal
wieder deutlich Richtung Hochhaus aus. Die Presse
liefert fast wöchentlich News zum Thema. So
wird das mit 126 Metern zurzeit höchste Gebäude
der Schweiz, der Prime Tower, im Herbst 2011
fertiggestellt. Im selben Stadtquartier, in Zürich-
West, sind weitere Hochhäuser im Bau oder in
der Planung. Symptomatisch für die neuerliche
Hochhausbegeisterung sind Kuriosa wie die, dass
die Aufstockung eines Getreidesilos auf 120 Meter
bei einer Abstimmung problemlos Zustimmung
fand, während eine Volksinitiative, die die
Höhe von Zürcher Hochhäusern auf 40 Meter
beschränken wollte, klar abgelehnt wurde. Offensichtlich
sind die Kritiker, die noch 1984 einen
kompletten Hochhausstopp in der Innenstadt
erwirkt hatten, verstummt oder verstorben. Und
die nachfolgende Generation von Stadtbürgern
hat grundsätzlich kein Problem mit Urbanität. Im
Gegenteil: Für sie ist der Begriff sogar deutlich
positiv besetzt. Im Unterschied aber zu anderen
Metropolen dieser Welt, deren Skyline sich
der emblematischen Ansammlung von Wolkenkratzern,
einem Wettbewerb um deren Höhenentwicklung
oder stilistischer Ausgefallenheiten
verdankt, setzt Zürich mit seinen sparsam
spriessenden Hochhausbauten auf den edlen
Glanz «diskreter Urbanität». Funktioniert das?
Und wie funktioniert es?
UM 2000 Der Stimmungsumschwung gegenüber
dem Hochhaus um das Jahr 2000 hat
verschiedene Ursachen. Eine Revision der Bauund
Zonenordnung sowie der Planungsverfahren
für Industriebrachen in Zürich Nord und Zürich
West brachten den Stein ins Rollen. Die ehemaligen
Industrieareale erforderten sowohl wegen
ihrer schieren Grösse als auch bezüglich der a
priori bestehenden höheren Ausnützungsziffern
ein Denken in neuen Massstäben. Der wirtschaftliche
Aufschwung jener Jahre brachte es dann
mit sich, dass auch das Bürohochhaus wieder
zum salonfähigen Objekt wurde. Als ein innovatives
und exportfähiges Modell erwies sich
schliesslich das Verfahren, sämtliche am Prozess
dieser Umgestaltung Beteiligten frühzeitig
an einen Tisch zu bitten. In zeitlich aufwendigen
Kooperationen wurde nach gemeinsamen Lösungen
gesucht, die in Gestaltungspläne mündeten
und später zu Wettbewerben für den Bau einzelner
Objekte führten.
Auf diese Situation reagierte die Stadt Zürich
2001 mit einem Grundlagenpapier. Die wichtigsten
Punkte dieses «Hochhaus-Leitbildes» sind
bis heute gültig: Demnach gehören Hochhäuser
in die Stadt, nicht aber in die Innenstadt. Das
Seeufer sowie erhöhte Aussichtslagen sollen von
ihnen frei bleiben. Und vergleichbar mit dem Zoning
Law Manhattans reagiert auch Zürich sensibel
auf die Frage der Schattenbildung Zudem
müssen Hochhausprojekte überdurchschnittlichen
qualitativen gestalterischen Anforderungen
genügen und einen städtebaulichen Mehrwert
darstellen. Mit diesem «weichen» Paragrafen
sichert sich die Stadt ein Mitspracherecht nicht
nur in der Platzierung eines Hochhauses, sondern
auch bei der Wahl von Form, Farbe und Material.
Klar geregelt ist hingegen die Ausnützung, die für
ein Hochhaus nicht grösser als bei einer niedrigeren
Bebauung auf demselben Grundstück ist.
Wie die Stadt immer wieder betont, sind Hochhäuser
deshalb keine geeigneten Verdichtungs-
Instrumente: Was an Höhe gewonnen wird, muss Rem Koolhaas eine Planungsstudie für die Entam
Boden frei bleiben. wicklung von Zürich West in Auftrag gab, schlu-
ES BRAUCHT KEINE HOCHHÄUSER Aktuell gen die Niederländer einen Hochhauscluster mit
erachten weder die städtischen Planungsbe- gemischter Nutzung vor. Koolhaas' städtebaulihörden
noch die Investoren den Bau von Hoch- che Vision die im Nachhinein ironischerweise
häusern als absolute Notwendigkeit. An einer an Daniel Libeskinds Masterplan für Ground Zero
Verhinderung ist allerdings ebenfalls niemand in Manhattan erinnert war massstäblich eine
ernsthaft interessiert, sind doch die Gespens- Nummer zu gross gedacht und zu wenig auf die
ter einer «Verslumung» oder die Szenarien ei- zürcherische Situation bezogen.
ner einseitigen Gewinnmaximierung durch ein Die im Projekt jedoch implizit vorhandene Überdichtes
Regelwerk bis auf Weiteres gebannt. Den zeugung des Architekten, das Prinzip urbaner
Bau einiger ausgewählter und präzise platzierter Dichte oder Verdichtung auch als eine positive
Hochhäuser im horizontalen Stadtganzen sehen Kraft des Städtebaus zu betrachten, da sie eine
offenbar alle Beteiligte (Grundstückseigentümer, spezifisch urbane Kultur hervorbringt (dargelegt
Investoren, Architekten, Stadt) als attraktiv an. in seiner Theorie des «Manhattanism»), wäre
Wie anders könnte man sich erklären, dass zur- in Zürich eine Überlegung wert gewesen. Denn
zeit für Zürcher Verhältnisse ein eigentlicher bis heute löst allein die Vorstellung reflexartige
Hochhausboom zu verzeichnen ist? Die Auto- Abwehrmechanismen in der Schweizer Bevölkeren
eines Immobilienberatungsunternehmens rung aus: Es tauchen Ängste über den Verlust
brachten die Situation 2003 auf den Punkt: «Die an Intimität, Ängste vor Vermassung, vor Gross-
Schweiz braucht keine Hochhäuser aber sie stadt, Globalisierung und dem schleichenden
sind wünschenswert.» Verschwinden von (schweizerischer) Identität auf.
ZÜRICH IST NICHT MANHATTAN Bereits in Es bedarf keiner Umfrage, um zu erkennen, dass
den Fünfzigerjahren wurde die Frage, ob in Zürich sowohl die aktuell steigende Anzahl der Einwoh-
Hochhäuser nötig sind, mehrfach gestellt und ner als auch die Touristen Zürich weiterhin als
von einem Autoren stellvertretend für die Hal- durchgrünte Gartenstadt mit urbanem Flair
tung vieler damaliger Architekten positiv beant- wahrnehmen möchte.
wortet. Eine imposante Skyline nach dem Vorbild VOM STADTBILD ZUM IMAGE Neuerdings steht
Manhattans sollte das Bild der Stadt aufwerten, nun nicht das Hochhaus, sondern das Thema
markante bauliche Elemente zu Orientierungs- der inneren Verdichtung im Fokus urbanistischer
punkten im urbanistischen Gewebe werden. und sozioräumlicher Entwicklungsstrategien der
Aus heutiger Sicht ist jedoch primär der Gedanke Stadt, die eine Perspektive bis ins Jahr 2025 einder
Verdichtung interessant. Denn der Verfasser nehmen. Denn es geht darum, die Bevölkerung,
der Studie regte damals an, Hochhäuser und die von der offensichtlich attraktiven Stadt zum
Hochhausgruppen auf grössere zusammenhän- Arbeiten und vermehrt auch zum Wohnen angende
öffentliche Grundstücke der Zürcher City gezogen ist, «standesgemäss» unterzubringen.
zu stellen und dort eine höhere Ausnützung zu re- Verdichtung wird nun allerdings nicht im Zusamalisieren.
In der schleichenden Zersiedelung der menhang spektakulärer neuer Hochhäuser an-
Landschaft, dem Ausfransen der Stadtränder in gestrebt (oder nicht nur), sondern punktuell und
die Agglomeration und dem dadurch verursach- diskret an unterschiedlichen Orten des Stadtgeten
Landverschleiss zeigten sich bereits damals füges. Denn nach wie vor gilt: Hochhäuser dürfen
Probleme, die in der aktuellen Diskussion erneut keine grössere Ausnützung in Anspruch nehmen.
Kernthemen darstellen. Die offiziellen städtischen Strategien zielen bis-
Als die Stadt Zürich 1998 bei dem Büro OMA von lang nicht auf eine Korrektur des bestehenden
Stadtbildes, sondern nehmen bloss eine leichte
Akzentverschiebung vor, indem die Stadtsilhouette
als mitentscheidend für das Image der Stadt
angesehen wird: Als Parameter für die geplanten
Entwicklungen stützt sich Zürich nun explizit auf
seine «Erfolgsposition», also auf Qualitäten, wie
sie in den Städte-Rankings genannt werden, bei
denen die Schweizer Metropole regelmässig gut
abschneidet. Eine dieser Qualitäten heisst «diskrete
Urbanität»: Obwohl oder weil die Stadt eine
grosse wirtschaftliche Bedeutung hat, tritt sie
städtebaulich und architektonisch zurückhaltend
in Erscheinung. Für die Zukunft wird deshalb
«die weitgehende Absenz dominanter Formen
des repräsentativen und inszenierten Städtebaus
sowie austauschbarer globaler Architekturen»
postuliert und für ein vornehm zurückhaltendes,
aber klares Profil geworben.
DISKRETE URBANITÄT Dieses Profil zeigt
sich nirgends so deutlich wie in den neu aufstrebenden
Quartieren im Norden und im Westen
der Stadt und mithin in den dort entstehenden
Turmbauten. Den Auftakt zur Zürcher Hochhausrenaissance
machte 2005 das doppeltürmige
Geschäftshochhaus Hagenholzstrasse (mit einer
Höhe von 88 respektive 72,5 Metern) von Max
Dudler, das in einer zweiten Etappe um weitere
zwei Türme zum Hochhauskomplex Quadro ergänzt
wird. Geradezu exemplarisch für die aktuelle
Entwicklung ist jedoch der elegante gläserne
Prime Tower, der, wie die Architekten Gigon /
Oas Stadtpanorama von Zürich im Jahr 2011. Foto Tom Kawara