Ákos Moravánszky: Lehrgerüste .Theorie und Stofflichkeit der Architektur

Architektur Design
Á. Moravánszky: Lehrgerüste
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Online-Publikation: Dezember 2015 im Internet-Journal <<kultur-punkt.ch>>
Ereignis-, Ausstellungs-, AV- und Buchbesprechung
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384 Seiten,  16 x 24 cm, Leinen, mit Leseband; 155 Abbildungen; ISBN 978-3-85676-340-4; 75.00 CHF / 72.00 EUR
gta Verlag,  Institut für Geschichte und Theorie der Architekturn, Zürich ,  mailto:books@gta.arch.ethz.ch ; http://www.verlag.gta.arch.ethz.ch

Charakteristika
- Architekturtheorie
- Theorie und Stofflichkeit der Architektur
- Sinnlichkeit des Materials

Überblick
Die Architekturtheorie steht in einem ähnlichen Verhältnis zum Bauwerk wie das Lehrgerüst zu einem Gewölbe. Sie bleibt unsichtbar, nur eine sorgfältige Betrachtung der fertigen Konstruktion erlaubt ihre gedankliche Rekonstruktion – das ist die Aufgabe, die der Autor dieses Bandes sich stellt. Die Aufsätze gruppieren sich um drei grosse Themenkreise: Architekturtheorie, die Architekturgeschichte Mitteleuropas im 20. Jahrhundert und Architekturkritik.

Inhalt
Die Sinnlichkeit des Materials trägt für Ákos Moravánszky eine über seine jeweiligen physikalischen Eigenschaften weit hinausgehende Bedeutung in sich. Ihn interessiert das Spannungsfeld zwischen abstrakter Theorie und konkreter optischer Wahrnehmung, die immer auch auf die Wirkung der Werkstoffe zurückzuführen ist, eine Faszination, die sich auf den Leser überträgt. Der mitteleuropäischen Architektur – einem zweiten Forschungsschwerpunkt – widmet er sich ausserordentlich kenntnisreich; revolutionäre Neuerungen des Prager Kubismus oder des Sozialistischen Realismus in Ungarn standen, wie er nachweist, trotz ihrer scheinbaren Unabhängigkeit in engster Verbindung mit Entwicklungen in Westeuropa und in den USA. Mit differenzierten Analysen einzelner Bauwerke, etwa der Schule von Bearth & Deplazes Architekten in Tschlin oder dem Laborgebäude von Eduardo Souto de Moura auf dem Novartis Campus in Basel, erweist sich der Autor als subtiler Architekturkritiker, dessen Betrachtungen aus der Perspektive der Gegenwart heraus stets die Verbindung zur Geschichte suchen. «Moravánszkys Persönlichkeit, seine unbeirrbare Aufrichtigkeit und kluge Rationalität sind in jedem seiner Aufsätze zu spüren», schreibt Vittorio Magnago Lampugnani in seinem Geleitwort. «Generös legt er sein Wissen dar, das weit über das hinaus- geht, was die orthodoxe Architekturgeschichtsschreibung und Architekturtheorie bislang verbreitet hat; scharfsinnig und hilfreich weist er inmitten dieser überbordenden Kenntnisse einen nie einfachen, aber stets leicht zu verfolgenden Weg.»

Autor & Herausgeber, Lehrender, Juror & Berater ...
Ákos Moravánszky ist Professor für Architekturtheorie am Institut gta der ETH Zürich.
1950 in Székesfehérvár (Ungarn) geboren, studierte er von 1969 bis 1974 Architektur an der TU Budapest und war danach als Architekt in Budapest tätig. Ab 1977 studierte er als Herder-Stipendiat Kunstgeschichte und Denkmalpflege an der TU Wien, wo er 1980 zum Dr.techn. promovierte. Zwischen 1983 und 1986 war er Chefredakteur der Architekturzeitschrift des Ungarischen Architektenverbandes, Magyar Épitömüvészet. 1986 bis 1988 war er Gastforscher am Zentralinstitut für Kunstgeschichte in München als Alexander von Humboldt-Stipendiat. 1989 bis 1991 folgte ein Forschungsaufenthalt als Research Associate am Getty Center for the History of Art and the Humanities in Santa Monica, Kalifornien. Zwischen 1991 und 1996 war er Visiting Professor am Massachusetts Institute of Technology (Cambridge, Massachusetts). Seit 1996 unterrichtet er das Lehrfach Architektutheorie am Institut gta der ETH Zürich. Im akademischen Jahr 2003/2004 war er Visiting Professor an der Universtät für angewandte Kunst in Budapest als Szent-Györgyi Fellow.
Zu seinen wichtigsten Buchveröffentlichungen gehören:
Die Erneuerung der Baukunst: Wege zur Moderne in Mitteleuropa (Salzburg: Residenz Verlag 1988); Competing Visions: Aesthetic Invention and Social Imagination in Central European Architecture, 1867-1918 (Cambridge, Mass.: The MIT Press 1998); Räumlinge: Valentin Bearth & Andrea Deplazes (Luzern: Quart Verlag 1999); Architekturtheorie im 20. Jahrhundert: Eine kritische Anthologie (Wien, New York: Springer Verlag 2003); Bearth & Deplazes: Konstrukte/Constructs. Hrsg. Heinz Wirz (Luzern: Quart Verlag 2005); Precisions. Architektur zwischen Wissenschaft und Kunst. Architecture Between Sciences and the Arts. Hrsg. Ákos Moravánszky and Ole W. Fischer (Berlin: Jovis Verlag 2008). Adolf Loos und die Kultivierung der Architektur. Hrsg. Ákos Moravánszky, Bernhard Langer, Elli Mosayebi (Zürich: gta Verlag 2008)http://www.gta.arch.ethz.ch/personen/akos-moravanszky/curriculum-vitae

Fazit
Der  Architekturtheorie Ákos Moravánszky an der ETH Zürich beschäftigt sich in seinem Diskursbuch "Lehrgerüste" mit der Theorie und Stofflichkeit der Architektur. Darin stellt er die Visualität mit ihrem inhärenten Sinnlichen in den Vordergrund. Hinzu treten die Topoi Materialität, Monumentalität, sowie die Langzeitwirkung (konzentriert auf Mitteleuropa) und die Architekturkritik (dabei besonders beispielhaft im Blick: 'Räumlinge, Inszenierung, Präzision & Zufall). Bemerkenswert ist, dass er im Topos der optischen Konstruktion des urbanen Raumes den aktuell unbekannten Camille Sitte (1)  und dessen Theorien der ästhetischen Wahrnehmbarkeit wieder erwähnenswert hält. 
Was schliesslich bei der Sichtweise auffällt, dass im Zuge der beispielträchtigen Vorgangsweise - besonders im Topos 'Alpines Bauen' Moravánszky  den Architekten zu Wort kommen lässt: Deplazes spricht von der 'verbotenen Freude an der Technik vom unzeitgemässen Glauben an eine bessere Architektur durch bessere Mittel - wie Rahmen, Gerüst, Bespannung, Schichtung, Knoten, die zur einem membranartigen Holzbau führen.' 
Aber gerade diese theoretisch korrekte Aussage zu einer Inhärenz von Land-, Nachbarschaft und Bauweise widerspricht der Architektur in Praxis. Das (Schlusszitat) im Zusammenspiel der Gegensätze  in der Schwebe bleiben muss (auch in unserem Urteil)s: Eine Konstellation - kalt in Vergessen und Entfremdung und dennoch offenbarend', ja wie das aktuelle marketinggestützte, neoliberale Projekt (wie dieses Diskursbuch), dass Nähe in der Begegnung und Wärme ausspart, um uns Subjekte in Objekte zu formen. m+w.p15-12


(1) Camillo Sitte (* 17. April 1843 in Wien; † 16. November 1903 ebenda) war ein
österreichischer Architekt, Stadtplaner, Städtebau- und Kulturtheoretiker sowie ...
‎Leben und Wirken - ‎Rezeption - ‎Realisierte Entwürfe - ‎Auszeichnungenhttps://de.wikipedia.org/wiki/Camillo_Sitte