Hrsg. v. Carolin Behrmann: Schandbilder. Infamie, Diffamierung und die Ethik der 'oeconomia'

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C. Behrmann: Schandbilder...
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Online-Publikation: März 2016 im Internet-Journal <<kultur-punkt.ch>>
Ereignis-, Ausstellungs-, AV- und Buchbesprechung
<< Hrsg. v. Carolin Behrmann: Images of Shame . Infamy, Images of Shame. Infamy, Defamation and the Ethics of 'oeconomia' | Schandbilder. Infamie, Diffamierung und die Ethik der 'oeconomia'   >>
272 Seiten; gebunden; ISBN 978-3-11-031227-0; € [D] 69.95
Deutsch, Englisch, Italienisch; als  eBook-Ausgabe erhältich
Birkhäuser Verlag AG, Basel; http://www.degruyter.com/;  http://www.degruyter.com/dg/page/birkhauser


Charakteristik
Topoi:
- Architektur, Design, Kunst, Kultur-/ Geschichte
Schlagworte:
- Schandbild; Recht; Ökonomie
Zielgruppe:
Kunst- und Kulturwissenschaftler

Inhalt
Im Grenzbereich von Bild, Recht und Ökonomie erhalten Bilder der Infamie und Diffamierung eine brisante Bedeutung. Wo im Spätmittelalter über eine Pädagogik der Scham die Schuldner bestraft werden sollten, um dem Schuld- und Vertragsrecht Beihilfe zu geben, stellen Schandbilder bis heute ein Mittel der moralischen Verurteilung und der diffamierenden Darstellung rechtswidrig handelnder Personen dar. Die Beiträge des Bandes diskutieren sowohl den mit ihnen verbundenen "Bildzauber" als auch die Bedeutung von Ehren- und Schandstrafen in der Rechtspraxis, wie der "pittura infamante" und dem Bildnisgebrauch im Rechtswesen im Allgemeinen

Autorin
Carolin Behrmann, Kunsthistorisches Institut (Max-Planck-Institut), Florenz
Studium der Kunstgeschichte, Philosophie und Europäischen Ethnologie in Tübingen, Bologna und Berlin. Magisterarbeit zu "Gianlorenzo Berninis Grabmal Urbans VIII. Barberini (1623-1644). Repräsentation, Patronage und symbolisches Kapital". 2001-2005 Mitarbeit im DFG-Forschungsprojekt "Requiem: Die römischen Papst- und Kardinalsgrabmäler". 2005 bis 2011 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kunst- und Bildgeschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin am Lehrstuhl für Mittlere und Neuere Kunstgeschichte, Prof. Horst Bredekamp. 2008 bis 2009 Pre-Doctoral-Fellow am Getty Research Institute, Los Angeles, Themenjahr: "Networks and Boundaries". Dissertation "Tyrann und Märtyrer. Bild und Ideengeschichte des Rechts um 1600" über die politische Theologie des post-tridentinischen ausgehenden 16. Jh. vermittelt über die Figurationen des Rechts und des christlichen Martyriums. September bis Dezember 2011 Postdoc-Stipendiatin, und Januar 2012 bis Februar 2014 wissenschaftliche Assistentin am Kunsthistorischen Institut in Florenz - Max-Planck-Institut.
Seit März 2014 Leiterin der Minerva Forschergruppe "Nomos der Bilder. Manifestation und Ikonologie des Rechts".
Schwerpunkte in Forschung und Lehre
•Ästhetische Strategien des sozialen Aufstiegs
•Sepulkralkunst und Kunstpatronage der Frühen Neuzeit
•Netzwerkstrategien und Bildverständnis der missionierenden Orden (16.-17. Jh.)
•Bildarchive als wissenschaftliche Instrumentarien (19.-20. Jh.)
•Ausstellungskritik: Kunstwerk und politisch-historische Re/Konstruktion
•Materialismus und Kunstgeschichte (1920-1960)
•Politische Ikonologie
•Ästhetik, Materialität und Ikonologie des Rechts
mailto:carolin.behrmann@khi.fi.it

Fazit
Die Kunstgeschichts-Kundige, Philosophin und EU-Ethnologin Carolin Behrmann durchfurcht in ihrem neuen empathisch erfülltem Werk "Schandbilder. Infamie, Diffamierung und die Ethik der 'oeconomia' " mit panoramatischen Blick die Kunst- und Kulturgeschichte, um die Wirkkraft von Bildern zwischen Recht und Unrecht (Menschrecht als Fragebild) zu erhellen.
Hervorstechend ist dabei der Blick zu Bildern von Bloßstellung & Folter (1); Bösartigkeit & Durchtriebenheit (2); Verleumdung & Ausgrenzung (Flüchtlinge werden derzeit als „Scheinasylanten“ diffamiert..) und so umschliesst Behrmann die vorgängige Faktizität elegant mit  ihrer gesellschaftlich-orientierten Hinwendung zum Topos Wirtschaftsethik (4).
Es ist eine prachtvolle, zugleich hoch-ästhetische 'Tour d'horizon' zur Kultur-/Kunstgeschichte des Abendlandes Europa, das gerade selbst in Verruf gerät - punkto Schandbild, vor allem 'dank' des nach rechts mehrheitlich trifftenden 'Recht/s-Populistan'. m+w.p 16-3

1) Scham / Shame / Schandbilder
Scham ist ein Gefühl der Verlegenheit oder der Bloßstellung, das durch
Verletzung der Intimsphäre auftreten kann oder auf dem Bewusstsein beruhen
kann...
https://de.wikipedia.org/wiki/Schamgef%C3%BChl
Warum Scham eine gute Sache ist
Scham ist ein starkes und unangenehmes Gefühl, das jeder Mensch kennt. Wie Scham entsteht, warum das Gefühl Der mittlere Blusenknopf platzt ausgerechnet in der Kantine ab. Der Lehrer kritisiert die Mängel des Deutschaufsatzes vor der ganzen Klasse. Fahrkartenkontrolle, Ticket vergessen. Das Ergebnis in allen Fällen: Scham. Jeder kennt sie, erlebt sie, lebenslang. Berufliches Versagen, Übergewicht, Armut, Arbeitslosigkeit können Auslöser tiefer und anhaltender Scham sein.
„Schamgefühle gehören zu den stärksten, unangenehmsten und intimsten menschlichen Regungen“, sagt Dr. Udo Baer, Körpertherapeut aus Nordrhein-Westfalen, der ein Sachbuch zu diesem Thema geschrieben hat. Wer sich schämt, ist im Kern getroffen. Er möchte sich umgehend auflösen, im Erdboden versinken, unter die Teppichfranse kriechen, den hochroten Kopf in den Sand stecken. Doch der Körper zeigt das genaue Gegenteil. Indem wir rot werden, kehrt sich unser Innerstes nach außen. Die Scham wird sichtbar. Für alle. Wie peinlich!
Scham schützt unsere Intimität
wichtig für die Gesellschaft ist und was es mit dem Fremdschämen auf sich hat
Zurzeit scheint die Schamschwelle allerdings dramatisch zu sinken: Im Fernsehen lassen sich junge Menschen vor Millionenpublikum demütigen; in Talkshows pöbeln sich Eheleute an; in Internet-Blogs werden freimütig intimste Geheimnisse verraten. „Die öffentlich praktizierte Schamlosigkeit führt dazu, dass die natürliche Scham allmählich an Wert verliert“, befürchtet Dr. Baer. Diese aber sei wichtig, denn sie schütze die Grenzen unserer Intimität – und die Grenzen der anderen. „Wenn ich zufällig das Tagebuch meiner Tochter finde, bin ich peinlich berührt. Dieses unangenehme Gefühl bringt mich dazu, das Buch zurücklegen, ohne hineinzuschauen, um ihre Intimsphäre nicht zu verletzen.“
Empfinden wir heute tatsächlich weniger Scham als früher? Im Gegenteil, behauptet Sozialpsychologin Dr. Brené Brown von der University of Houston. Vor allem bei den Frauen habe sich das Schämen zu einer „sozialen Epidemie“ ausgewachsen, lautet ihr Fazit aus der Befragung Hunderter Frauen. „Wir schämen uns, weil wir glauben, dass wir zu dick, schlechte Mütter, nicht sexy genug seien.“ Dahinter stecke die Angst, nicht zu genügen. Scham sei ein Auslöser von Perfektionismus, Sucht, Angststörungen, Schuldgefühlen, Aggressivität und der Beschämung anderer. Sie verändere Beziehungen, Familien, Gesellschaften, „ohne dass wir uns dessen bewusst sind.“http://www.apotheken-umschau.de/Scham

2)
Infamie / Infamy
http://www.duden.de
infam. Adjektiv - 1. bösartig und jemandem auf durchtriebene, 2a. in beeinträchtigender, schädigender Weise stark; 2b. in beeinträchtigend, schädigend
https://de.wikipedia.org/wiki/Infamie
Gotthold Ephraim Lessing schreibt: "ich sehe schon, woran ich mit dir bin, du
ehrvergessener, nichtswürdiger, infamer verführer, betrieger". Friedrich Schiller ...

3)
Diffamierung. Verleumdung / Defamation
bezeichnet heute allgemein die gezielte Verleumdung Dritter. Dies kann durch die Anwendung von Schimpfwörtern oder durch diverse Unterstellungen geschehen. ...
z.B.: Flüchtlinge werden als „Scheinasylanten“ diffamiert
http://de.wikipedia.org/wiki/Diffamierung
Als Diffamierung (von lateinisch: diffamare = Gerüchte verbreiten)
https://de.wikipedia.org/wiki/Diffamierung

4)
Wirtschaftsethik / Ethics of oeconomia
Gegenstand der Wirtschaftsethik ist die Anwendung ethischer Prinzipien auf den Bereich wirtschaftlichen Handelns. Zentrale Werte sind dabei Humanität, Solidarität und Verantwortung. ...
http://de.wikipedia.org/wiki/Wirtschaftsethik
Wirtschaftsethik beschäftigt sich mit der moralischen Bewertung von wirtschaftlichen Systemen und sucht nach Möglichkeiten für gesellschaftliche Kooprationspotenziale. Angesichts zunehmender Kritik an dem marktwirtschaftlichen System sowie Unternehmen gewinnt die Vermittlung von normativen Orientierungswissen im Hinblick auf wirtschaftliche Zusammenhänge zunehmend an Bedeutung.http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/wirtschaftsethik.html

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