Weltkursbuch . Auswirkungen auf Deutschland
43 zu Gesellschaft+Zukunft
W+B Agentur-Presseaussendung Januar 2000
Hinweise und Tipps für unser allttägliches Handeln
Herausgegeben von MISEREOR; bearbeitet von Sabine Ferenschild und Thomas Hax-Schoppenhorst, mit 10 Illustrationen von Gerhard Mester
Birkhäuser Verlag, Basel, Boston, Berlin, 211 S.; 1998; zweifarbig, mit Fallbeispielen, dreigestuft im Ton;; DEM 39,80,- / ATS 291,- / CHF 34,-;
www.birkhauser.ch
Der ökologische Wandel ist zwar bereits in den Köpfen der Leute heute deutlich geworden, was auch die grosse Leserschaft dieses hervorragend recherchierten Buches von über 30‘000 Exemplaren bestätigt; das Einbinden dieses Wandels in den eigenen Alltag - das vor der eigenen Tür kehren, da fehlt es noch gewaltig.
Das Buch gibt nun klare Anregungen für einen neuen Handlungsrahmen wie wir einkaufen, essen, wohnen, reisen, dienstleisten, produzieren und wiederverwerten statt wegwerfen sollen. Präzise Recherchen, kritische Analysen und die weltumspannende Fallbeispiele, anschauliche Statisti-ken, mit Informationen zu einzelnen Ländern runden diese überzeugende Dokumentation ab.
Inhaltlich gliedert das Autorenteam Ferenschild und Hax-Schoppenhorst das globale Leitbild wie folgt:
Wohnen
wird als Grundbedürfnis gesehen. Dabei werden Tipps und Tricks zum deutschen Verhältnis zu Haushaltsgerät elektrisch oder handlich angeführt. Darüber hinaus wird das Beispiel Stadtleben in China angeführt. Da wohnen in Ein- bis Zwei-Zimmerwohnungen meist 6 bis 10 Personen und müssen zu einer öffentlichen Toilette gehen. Auch die Lokale Agenda 21 (Rio, 1992) wird zum Abbau ungleicher Chancen zwischen Armen und Wohlhabenden angeführt.
Ernährung
wird mit mehreren Fallbeispielen und dem Alltag von 5 h früh bis 22 h einer Frau in Afrika bildhaft und erschütternd vor Augen geführt. Warum haben wir noch nicht dem BIP entsprechende Grundversorgung, insbesondere für jede Frau mit Kindern, weltweit durchgesetzt (Anm.d.Red.).Denn es sind die Frauen, die entscheidende Lasten zum Überleben, ohne Bezahlung, beitragen.
Es wird übrigens auch die Vision eines Wiener Kurztrecken-Frühstück mit Angaben der zurück-gelegten m und km aufgezählt, um die Ernährungslage mit Blick auf die Welternährungsfrage zu optimieren.
Kleidung
Wird mit zukunftsfähig (faire Wertung) oder modern (gleich statusbezogen) analytisch getrennt diskutiert. Dabei der irrsinnige, globale Weg von der Produktionsstätte der tlw. vergifteten Kleidung, dem Markt / Müll, die Altkleidersammlung und der Rückweg in die global verstreuten Katastrofengebiete deutlich gemacht. Dabei behindert dieser karitative Gedanke die Einzelentfaltung originärer Produktionen in den Ausgangsländern. In diesem Kapitel wird insbesondere zur sozial-verträglichen Konsumierung aufgerufen.
Gesundheit
pendelt zwischen Übergewicht und Existenzkampf. Dabei verkaufen Arme in Madras ihre Augen für DM 8‘000 und ein Stück Hornhaut für 100 Mark. Dagegen wird eine realisierbare Vision aufgezeigt und auf die Ottawa-Charta verwiesen, die globale Ganzheitlichkeit und Ökologie fordert.
Bildung
kann Motor oder Hemmis sein, stellt die Studie fest. Alternatives Handeln wird gefordert: im Warenverkauf, bei der Informations-arbeit und der Erkenntnisbildung sowie bei gesellschaftlichen Aktionen.
Freizeit
Soll behutsamer, sozialer und näher bringen, den falschen Sehnsüchten und der inneren Leere einen Sinn entgegensetzen und nicht wie die Deutschen, die Weltmeister im Reisen sind. Die Beförderung eines Passagiers, beispielsweise, von der Schweiz nach Goa verschleisst zwei Drittel der Energie, die es zum Heizen einer Dreizimmer-Wohnung in CH in der Wintersaison braucht.
Zusammenleben
wird global werden. Das erfordert ein Gesellschafts-projekt. Dem steht aber die Verschuldungsfalle, in die die Schwellenländer geraten sind, gegenüber. Mit dem der Kampagne von MISEREOR u.a. "Erlassjahr 2000 – Entwicklung braucht Ent-schuldigung" soll der Kreislauf der Verschuldung durchbrochen werden.
Verkehr
mit Verstand, ersehnt das Autorenteam. Wenn das nur gut geht (Anm. d. Red.). Denn die Sünden sind umfassend: Zerstörung von Lebensräumen, Luftqualität (ein 13-Stunden-Flug = 4,5 Jahre Autofahren), Ruhe-zonen, Flächen, Rohstoffreserven. Damit mehr Müll, Waldsterben, Verkehrsunfälle. Global ist daher das Fahrrad als Nahverkehrsmittel angesagt, dazu die Bahn und das Auto der Zukunft soll sauber. Leise und gemächlich sein, wünschen sich die Verfasser. Das mündet in eine wohlgemeinte aber unrealistische Utopie, soweit wir die geschichtlich-belegte Statussehnsucht der Menschen einkalkulieren.
Insgesamt ist dieses Buch ein gelungenes Gesell-schaftsprojekt, ein Musterbuch, das die Merkmale der Globalisierung im Alltag, im Inneren und vor der Tür, einbezieht und damit eine Quelle der Hoffnung für unsere Zukunft erschliessen kann.