Umfeldgestaltung / Natur unter Kulturdruck
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W+B Agentur-Presseaussendung Januar 2000
<<Kienast - Gärten>>
Mit Beiträgen von Dieter Kienast und sechs weiteren Autoren; deutsch-englisch; Fotos von Christian Vogt
Birkhäuser Verlag für Architektur, Basel; Boston, Berlin, 208 S., 92 Zweiton/Duplex-Fotografien und 61 sw-Entwürfe, gebunden mit Schutzumschlag; 1997; DEM 98,- / ATS 716,- / CHF 88,-.
www.birkhauser.ch
Alle in diesem Buch vorgestellten Gärten sind im Zürcher Büro der Verfasser geplant worden und zwischen 1991 - 96 fotografiert worden.
"Gärten zu bauen heisst Geschichten erleben" meint Kienast und sein Team zu ihren Vorhaben und fügt hinzu " werden nie fertig".
Vertiefend kommt hinzu, wie wichtig für den Gartengestalter die Sichtweise und Zuwendung zum Topos ist. Kienast:"Der Blick fällt hinunter, auf die im Hang entspringende Quelle, den Bach und das tief unten liegende Waldplateau..". Arcadia wird dabei heraufbeschworen und die Inschriften / Zeichensprache englischer Landschaftsgärten wie Stowe oder Wörlitz bei Dessau und dessen, insbesondere durch die DDR -Ideologie und die russischen Besatzer, verkommene Parklandschaft, nahe dem weltbekannten Bauhaus.
Zurück zu den Projekten des Kienast - Teams kom-mend, fällt eine aussergewöhnliche Kargheit auf. Es sind da nicht nur die minimalistisch wirkende Geometrie der häufig gesetzten Boden -/ Wandplatten oder Heckenzeilen zu nennen. Es kommt da eine gekonnt gestaltete Einförmigkeit zustande, ja sogar ein stetiges Niedergedrücktsein, macht sich da breit, das durch die überzogene Bescheidung noch verstärkt wird. Es gibt dabei Hinweise zu Max Bill, speziell seinen minimalistischen Skulpturen.
Damit dokumentiert diese Art der Gestaltung den schweizerischen Neukonstruktivismus, wie er hier im Aussenbereich zelebriert wird.
So entsteht dabei allerdings ein widersprüchlicher Eindruck, wenn auf die oben genannten englischen Gartengestaltungs - Beispiele verwiesen wird. Denn Wörlitz zeigt im Gegensatz zu diesen Projekten einen steten und kalkulierten, aber dennoch erfrischenden, überraschenden Wechsel von Proportionen und besonders von Kurven, die spielerisch und leicht ergangen werden können. In diesen Projekten zeigt sich dagegen, durch das bewusste Zurücknehmen von Überraschungen, eine Vereinzelung / Melancholie der Erstarrung, die genau die Stimmung der Eigentümer, vor Ort geradezu kennzeichnet: siehe Sprayer Naegeli -Prozess, in dem ein kontrapunktisch - ästhetisches Experiment zu einer rechts- und besitzergreifenden Katastrofe führt. Stellen wir uns doch vor, wir fänden auf einer dieser, vor sich hindämmernden Platten oder Wänden, solche Graffitis. Da wird Loos: Ornament - ein Verbrechen, geradezu virulent.
Der zeitgeschichtlichliche und gesellschaftskennzeich-nende Charakter dieser originären, deutsch-schweize-rischen Gartengestaltung ist jedoch evident. Hinzu kommt noch die besondere Qualität der Buch- und Druckgestaltung , die bibliofil wertvoll zu nennen ist.