Doug Saunders : Arrival City . Über alle Grenzen hinweg ziehen Millionen Menschen vom Land in die Städte. Von ihnen hängt unsere Zukunft ab . Urbane Listung

 

Architektur- Lebensraum
D. Saunders :  Arrival City
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http://www.kultur-punkt.ch/lebenswelt/randomhouse-blessing12-12saunders-arrivalcity.htm

Online-Publikation: Dezember 2012  im Internet-Journal <<kultur-punkt.ch>>
Ereignis-, Ausstellungs-, AV- und Buchbesprechung
<< Doug Saunders : Arrival City . Über alle Grenzen hinweg ziehen Millionen Menschen vom Land in die Städte. Von ihnen hängt unsere Zukunft ab.  >>
Originaltitel: Arrival City; Originalverlag: Knopf Canada . Aus dem Englischen von Werner Roller
576 Seiten, gebundenes Buch mit Schutzumschlag, 13,5 x 21,5 cm, ISBN: 978-3-89667-392-3; € 22,95 [D] | € 23,60 [A] | CHF 32,90
Randomhouse-Blessing Verlag München; http://www.randomhouse.de/Blessing;

Inhalt
Die Menschheit erlebt aktuell die größte Völkerwanderung ihrer Geschichte
Ein Drittel der Weltbevölkerung zieht – über Provinzen, Länder, Kontinente hinweg – vom Land in die Städte. In unserer Zeit leben zum ersten Mal mehr Menschen in der Stadt als auf dem Land.
Die These, dass diese radikale, unumkehrbare Entwicklung eine positive ist – sowohl für die Migranten als auch für die Städte, in denen sie ankommen –, setzt Saunders’ Buch von gern beschworenen Untergangsszenarien ab. Ob Migration funktioniert oder nicht, hat wenig mit kulturellen Klüften oder religiösen Gegensätzen zu tun. Die Ziele der Neuankömmlinge sind – egal aus welchem Land sie stammen oder in welche Stadt sie gehen – die gleichen. Doch ob sie Arbeit finden, soziale Netzwerke aufbauen, ihren Kindern Schulbildung und eine Zukunft ermöglichen können, hängt stark davon ab, ob die Stadt auf sie vorbereitet ist.
Drei Jahre lang hat Saunders in Berlin-Kreuzberg, im Londoner East End und den Banlieues von Paris, in den Favelas von Rio de Janeiro und den Barrios in Los Angeles mit Menschen über ihre Lebenspläne und -wirklichkeiten gesprochen. Über zwanzig solcher Viertel, Rand- und Außenbezirke, diese Orte der Ankunft – Arrival Citys –, porträtiert Saunders in seinem Buch.
Sein Fazit:
Scheitert die Arrival City, wird sie zum sozialen Brennpunkt, zur Brutstätte von Kriminalität und hybridem Extremismus, zum Elendsviertel. Blüht sie auf, wird die Arrival City zur Geburtsstätte der neuen Mittelschicht, der stabilen Wirtschaft und des sozialen Friedens einer Stadt.

Autor
Doug Saunders, Jahrgang 1967, ist kanadisch-britischer Autor und Journalist. Für seine Reportagen und Kolumnen wurde er bislang vier Mal mit dem National Newspaper Award ausgezeichnet, dem kanadischen Pendant des Pulitzers. Sein von der Presse hochgelobtes erstes Buch "Arrival City" (Blessing 2011) wurde für renommierte Sachbuchpreise nominiert und gewann den Donner Prize.

Fazit,
einbezogen mit Stimmen Anderer:
Doug Saunders Fazit zur " Arrival City" lautet - empirisch überzeugend begründet - und von uns urbanistisch Erfahrenen* bestätigt: "Scheitert die Arrival City, wird sie zum sozialen Brennpunkt, zur Brutstätte von Kriminalität und hybridem Extremismus, zum Elendsviertel. Blüht sie auf, wird die Arrival City zur Geburtsstätte der neuen Mittelschicht, der stabilen Wirtschaft und des sozialen Friedens einer Stadt." Das gilt sowohl für Berlin-Kreuzberg, im Londoner East End und den Banlieues von Paris, in den Favelas von Rio de Janeiro und den Barrios in Los Angeles.
Die Ankunftsstadt blüht laut Saunder, und da stimmen mit ihm überein (*mayr, *wallner, **prankl)  nur da auf wenn diese  auf die Neuankömmlinge  vorbereitet ist. Und weiter: "Urbanisation ist ein wechselseitiger Prozess, Chance und Verfall". Zur Chance dienen eine doppelte Staatsbürgerschaft, unbürokratische Möglichkeiten (nicht so in Deutschland u.a...), Unternehmen zu gründen und Wohneigentum zu kaufen, sonst werden Ankunftsstädte zu wirtschaftlich abgehängten Ghettos.
Quintessenz:" Urbanisation ist als Fortschritt zu sehen, das ist Saunders' Botschaft. Wird sie weiter ignoriert oder verteufelt, drohen Krieg und Revolutionen. Erkennen die Staaten das soziale Potenzial von Ankunftsstädten, bringt diese global wirkende Völkerwanderung Geburtenkontrolle, Emanzipation, Innovation - schlicht: bessere Lebensbedingungen für alle". m+w.p12-12
Erweiternde und vertiefende Hinweise dazu:
Urbanität,  international:
http://archiv.kultur-punkt.ch/galerie/editionmenges08-7-feuerstein-urbanfiction.htm
http://www.kultur-punkt.ch/vierte-haut-stadtleitbild.html
http://archiv.kultur-punkt.ch/lebenswelt/larsmueller12-1torre-david.htm
http://archiv.kultur-punkt.ch/lebenswelt/birkhauser12-1urban-reset.htm
http://archiv.kultur-punkt.ch/buchtipps/birkhauser06-9misselwitz-rieniets-city-collision.htm
http://archiv.kultur-punkt.ch/architektur/hatjecantz10-7urbanfuture-manifestos.htm
http://archiv.kultur-punkt.ch/architektur/birkhauser-actar10-10total-housing.htm
http://archiv.kultur-punkt.ch/praesentation/architektur/birkhauser08-3imageandurbanregion.htm
http://archiv.kultur-punkt.ch/architektur/birkhauser-actar10-7stadtgruen.htm
http://archiv.kultur-punkt.ch/architektur/er-staedtebaukrise-lampungnani05-1.htm
http://archiv.kultur-punkt.ch/praesentation/ereignisse/hatjecantz08-2calcutta.htm
http://archiv.kultur-punkt.ch/praesentation/architektur/staempfli06-2locher-embellissement.htm Bern
http://archiv.kultur-punkt.ch/praesentation/architektur/birkhauser08-4learningfromchina.htm
http://archiv.kultur-punkt.ch/praesentation/architektur/gta08-11stadtformen.htm

**) Urbanität, am Beispiel Salzburg, stellvertretend für europäische Kulturorte::

http://archiv.kultur-punkt.ch/architektur/larsmueller10-4ecologicalurbanism.htm
http://archiv.kultur-punkt.ch/praesentation/architektur/salzburg-wallner-verkehrspolitik07-8.htm
http://archiv.kultur-punkt.ch/galerie/sammlung/gs-wallner.htm
http://archiv.kultur-punkt.ch/schelten/mayr-stadtplanungskritik1-04.htm
http://archiv.kultur-punkt.ch/praesentation/architektur/salzburg-wallner04-12.htm
http://archiv.kultur-punkt.ch/praesentation/architektur/salzburg-norbertmayr1-04.htm
http://archiv.kultur-punkt.ch/auszeichnung/mayr-norbert2-04.htm
http://archiv.kultur-punkt.ch/lebenswelt/salzburg-urbanes-wallner11-8%20.htm
http://archiv.kultur-punkt.ch/praesentation/architektur/salzburg-wallner-braeg07-10.htmhttp://archiv.kultur-punkt.ch/praesentation/architektur/salzburg-wallner07-7chaos.htm

Weitere Stimmen:
- Doug Saunders zu seinem Buch »Arrival City« http://www.randomhouse.de/webarticle/webarticle.jsp?aid=31892
Ein Drittel der Weltbevölkerung zieht – über Provinzen, Länder, Kontinente hinweg – vom Land in die Städte. In unserer Zeit leben zum ersten Mal mehr Menschen in der Stadt als auf dem Land.
Die These,
dass diese radikale, unumkehrbare Entwicklung eine positive ist – sowohl für die Migranten als auch für die Städte, in denen sie ankommen –, setzt Saunders' Buch von gern beschworenen Untergangsszenarien ab. Ob Migration funktioniert oder nicht, hat wenig mit kulturellen Klüften oder religiösen Gegensätzen zu tun. Die Ziele der Neuankömmlinge sind – egal aus welchem Land sie stammen oder in welche Stadt sie gehen – die gleichen. Doch ob sie Arbeit finden, soziale Netzwerke aufbauen, ihren Kindern Schulbildung und eine Zukunft ermöglichen können, hängt stark davon ab, ob die Stadt auf sie vorbereitet ist.
Lebenspläne und -wirklichkeiten der Migranten
Drei Jahre lang hat Saunders in Berlin-Kreuzberg, im Londoner East End und den Banlieues von Paris, in den Favelas von Rio de Janeiro und den Barrios in Los Angeles mit Menschen über ihre Lebenspläne und -wirklichkeiten gesprochen. Über zwanzig solcher Viertel, Rand- und Außenbezirke, diese Orte der Ankunft – Arrival Citys –, porträtiert Saunders in seinem Buch. Sein Fazit: Scheitert die Arrival City, wird sie zum sozialen Brennpunkt, zur Brutstätte von Kriminalität und hybridem Extremismus, zum Elendsviertel. Blüht sie auf, wird die Arrival City zur Geburtsstätte der neuen Mittelschicht, der stabilen Wirtschaft und des sozialen Friedens einer Stadt.

- "Vom Feld in die Favela" - dradio.de; http://www.dradio.de/dlf/sendungen/andruck/1552707/

- "Der Slum als Chance" - 3sat.de; http://www.3sat.de/page/?source=/kulturzeit/lesezeit/166053/index.html
Der Slum als Chance
Doug Saunders über "Ankunftsstädte"
Die Welt ist im Wandel. Die große Migration vom Land in die Städte beschleunigt sich. Sie hat beinahe ein Drittel der Weltbevölkerung erfasst. Am Ende des 21. Jahrhunderts, so die Prognosen, werden drei Viertel der Menschen in Städten leben. Die Erde wird ein urbanisierter Planet.In der Hoffnung auf ein besseres Leben verlassen Millionen von Menschen ihre Dörfer, bevölkern Slums und Favelas. Droht der vielbeschworene Kollaps der Megastädte und ihre hermetische Teilung in "Gated Communities" und brodelnde Elendsviertel? Doug Saunders, kanadischer Journalist und Reisender, hat 25 Slums auf fünf Kontinenten besucht und überrascht mit einer radikalen, weil positiven These. Sein Buch "Arrival City" weitet den Blick und benennt die dämonisierten Viertel neu: als "Ankunftsstädte". Der Slum als Chance: Ist das nicht naiv, gar zynisch?
Slum ist besser als Verhungern auf dem Land
"Oft leben sie unter schlechten Bedingungen", so Saunders, "20 Menschen in einem Zimmer, in ärmlichsten Behausungen. Für viele von uns sieht das aus wie schlimmste städtische Armut. Wir können uns nicht vorstellen, warum jemand das aushalten sollte. Aber wenn man sie fragt: 'Warum geht ihr nicht zurück aufs Land?', antworten sie überall auf der Welt: 'Weil das hier 20 Mal besser ist. Wenn die Dinge im Slum schlecht für mich laufen, muss ich meine Kinder zum Zigaretten verkaufen auf die Straße schicken. Was sehr beschämend ist. Aber wenn es auf dem Land schlecht läuft, sterben meine Kinder. Das ist der Unterschied'."
Ankunftsstädte sind Übergangsorte,
Anfang statt Endstation. Ihre Geld- und Menschenflüsse bauen Brücken zwischen Stadtrand und Kernstadt, aber auch zwischen Stadt und Dorf, sagt Saunders. Die Einwandererviertel Torontos waren es, die ihn zu seiner These der Ankunftsstadt inspirierten. "Eines der signifikanten Elemente von Ankunftsstädten sind Läden wie dieser", zeigt er, "die den Geldtransfer von hier in die Herkunftsdörfer der Migranten und oft auch informelle Kredite anbieten. Denn die ermöglichen den Menschen Wohnungen zu kaufen, Geschäfte zu eröffnen und so die soziale Leiter erfolgreich aufzusteigen, indem sie sich in die Ökonomie der Stadt integrieren."
Innovationskraft der Migranten
Die Bewohner kommen so im Wirtschaftskreislauf des Stadtzentrums an. Damit wird der Slum, die Ankunftsstadt, auch zu einem Motor für die Kernstadt. Sie profitiert von der Innovationskraft der Migranten, so Saunders' radikale These. In durchlässigen Gesellschaften sind Ankunftsstädte Geburtsort neuer, kreativer Mittelschichten."Menschen, die aus Dörfern fremder Länder in westliche Städte kommen, sind die Motiviertesten und Ehrgeizigsten. Sie kommen, weil sie von den speziellen wirtschaftlichen Möglichkeiten wissen. Und doch schafft es auch von ihnen nur die Hälfte hierzubleiben, der Rest geht zurück. So finden Sie in Ankunftsstädten eine sich selbst selektierende Gruppe:
Die Besten der Besten."
Und nur die haben eine Chance auf sozialen Aufstieg. In China strömen täglich tausende von Menschen in die Städte. "Was man dort sieht, ist eine große wirtschaftliche Aktivität", berichtet Saunders. "Ich war in einigen dieser ganz und gar elend aussehenden Slums und habe dort ganze Metall und Holz verarbeitende Viertel gefunden. Kleidergeschäfte, von Menschen geführt, die vor ein paar Jahren selbst noch als Näher gearbeitet haben und genug Geld gespart haben, um einen eigenen Laden zu eröffnen." Urbanisation ist ein wechselseitiger Prozess. Auch jene, die verändert aus den Städten in ihr Dorf zurückkehren, treiben ihn voran.
Falscher Ansatz:
Institutionalisierte Armut   Sozialhilfe und Sozialwohnungen bieten wenig Chancen für Aufstieg. Dennoch gelingen Ankunftsstädte nicht überall. In China und Südamerika wurden sie jahrelang einfach radikal abgerissen. In Europa macht man andere Fehler. "Regierungen machen oft den Fehler, aus der vorübergehenden Armut von Ankunftsstädten eine institutionalisierte Armut zu machen", sagt Saunders. Indem sie wie in Deutschland Sozialhilfe und Sozialwohnungen bieten, statt die Chancen auf wirtschaftliche Unabhängigkeit anfangs motivierter Migranten zu erhöhen. Ohne die doppelte Staatsbürgerschaft, unbürokratische Möglichkeiten, Unternehmen zu gründen und Wohneigentum zu kaufen, werden Ankunftsstädte zu wirtschaftlich abgehängten Ghettos. Das ist der größte Fehler.
"Schulen sind oft ein furchtbares Problem", sagt Doug Saunders. "Diese Viertel brauchen die besten Schulen - Schulen, auf die alle ihre Kinder schicken wollen, an denen die Migrantenkinder mit Mittelschichtskindern konkurrieren müssen. Stattdessen passiert das Gegenteil." Das Ergebnis: sozialer Sprengstoff, wie er in den Vororten von London und Paris schon explodierte und manch südamerikanische Favela in kriminelle No-Go-Areas verwandelt. Und doch hat in Brasilien längst eine neue Mittelschicht aus den Ankunftsstädten die Stadtzentren samt politischen Posten erobert.
So wie auch in der Türkei. Aus Istanbuler Slumvierteln wurden vielerorts mittelständische Bezirke. Und mit Recep Tayyip Erdogan hat es sogar ein anatolischer Zuwanderer zum Regierungschef gebracht. Urbanisation ist Fortschritt, das ist Saunders' aufrüttelnde Botschaft. Wird sie weiter ignoriert oder verteufelt, drohen Krieg und Revolutionen. Erkennen die Staaten das soziale Potenzial von Ankunftsstädten, bringt diese große Völkerwanderung Geburtenkontrolle, Emanzipation, Innovation - schlicht: bessere Lebensbedingungen für alle.

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