David Harvey. Marx' "Kapital" lesen . Ein Begleiter für Fortgeschrittene und Einsteiger . Aus dem Amerikanischen von Christian Frings

Online-Publikation: Dezember 2011 im Internet-Journal <<kultur-punkt.ch>>
Ereignis-, Ausstellungs-, AV- und Buchbesprechung
 
416 Seiten; Paperback; ISBN 978-3-89965-415-8; EUR 24.80 sFr 37.90
VSA-Verlag; D-20042 Hamburg; www.vsa-verlag.de
 

Überblick
Ein Glücksfall für die Marx-Rezeption im 21. Jahrhundert: Der weltweit bekannte marxistische Wissenschaftler David Harvey führt durch den klassischen Text zur Kritik der politischen Ökonomie.

Inhalt
Die größte Finanz- und Wirtschaftskrise seit der Großen Depression und der Versuch, die Ursprünge dieses aktuellen Dilemmas zu verstehen, hat das Interesse an Karl Marx‘ Werk – quer durch die politischen Lager – beträchtlich ansteigen lassen.
David Harvey, marxistischer Humangeograph und Sozialwissenschaftler, forscht und unterrichtet seit fast 40 Jahren zum »Kapital«. Hervorgegangen aus seinen Vorlesungen zur Kapitallektüre, denen große internationale Aufmerksamkeit zuteil wurde, zielt dieser Band darauf, die Substanz dieser Lektionen einem breiteren Publikum zugänglich zu machen.
Das »Kapital«, Band 1, vollständig zu erschließen und es in Marx‘ eigenen Begrifflichkeiten verständlich zu machen – das ist das Ziel von David Harvey. Seine Darstellung richtet sich zum einen an Neu-LeserInnen von Marx, die einem faszinierenden und zutiefst lohnenden Text begegnen. Denjenigen wiederum, die bereits mehr oder weniger intensiv in Marx‘ Werk eingestiegen sind, bietet sein Wegweiser originelle und kritische Interpretationen eines Buches, das den Lauf der Geschichte geändert hat und sich, wie Harvey zu verstehen gibt, erneut anschickt, dies zu tun.

Autor
David Harvey ist Dozent am Graduate Center der City University of New York und Autor zahlreicher Bücher. Bei VSA erschienen von ihm: »Der neue Imperialismus« (2005), »Räume der Neoliberalisierung« (2007) sowie sein Gespräch mit Giovanni Arrighi in »Die verschlungenen Pfade des Kapitals« (2009).

Fazit 1
kultur-punkt , m+w11-12
David Harvey , Dozent an der CityUni-New York, empfiehlt seinen geist-erfrischenden Begleiter für Fortgeschrittene und Einsteiger <<"Marx' "Kapital" lesen>> und den Diskurs dazu aktuell fortzuführen. In 12 Kapiteln werden "Waren und Austausch, Geld, Kapital und Arbeits-kraft, -tag, -prozess und Produktion von Mehrwert (+ relativer) , Technologie-Enthüllung, Maschinerie und Grossindustrie, Gesamt-Mehrwert zur Verwandlung in Kapital und dessen kapitalistische Akkumulation , schliesslich das Geheimnis der ursprünglichen Akkumulation mit Reflexionen und Prognosen." Nach seiner Vorlesungs-Videoserie dazu kommt nun dieses Diskursbuch zur aktuellen massiven globalen Krise zur rechten Zeit.
In seiner beachtlichen Analyse kommt er zum Schluss, dass wir Marx in seiner eigenen Begrifflichkeit lesen versuchen sollten. Darunter versteht Harvey die Möglichkeit zu einer eigenen Interpretation und Deutung zu gelangen, distanziert von den vielen Kritikastern und nachplappernden Dogmatikern. Diskurs ist angesagt und schliesst mit dem Brechtzitat:
,,wieviel nötig ist, die Welt zu verändern; Zorn und Zähigkeit, Wissen und Empörung, schnelles Eingreifen, tiefes Bedenken, kaltes Dulden, endloses Beharren, Begreifen des Einzelnen und Begreifen des Ganzen: nur belehrt von der Wirklichkeit, können wir die Wirklichkeit ändern". Mit dieser Würze in Kürze gewappnet bitten wir zum sich lohnenden Diskurs dem Neoliberalismus und Kasinokapitalismus die Stirn zu bieten. m+w.p11-12

Fazit 2
SWR2 Forum Buch
13.11.2011 /// 17.05 Uhr
Redaktion: Wolfram Wessels
David Harvey. Marx' "Kapital" lesen.
Von Barbara Eisenmann

INHALT

O-TON (24.14)
You know if you say you have been teaching the same book for 40 years people kind of think oh my god how boring (lacht) this person must be (lacht), and you know I guess I am, but on the other hand to me I have been astonished by what new things I see in Marx everytime I read it in relationship to the situation as it exists right now, because I am always thinking about well how does this read in this context right now. (1.55) Well I think if you are curious about daily life and you try to understand the dynamics of daily life then you have to have some framework to try to understand what is happening to people, right now around foreclosures, unemployment, and try to figure out why it is happening in the way it is happening. So for me Marx provides a method of inquiry, I don´t like to think of him as providing a set of propositions that we apply to the world, but as a method of inquiry to try to understand our contemporary situation. So when I am teaching Capital f.ex. I try to do it in such a way as to open up ways of thinking about contemporary circunstances rather than teaching it as fixed body of doctrin.
ÜBERSETZER
Wenn man sagt, dass man dasselbe Buch seit 40 Jahren unterrichtet, denken die Leute: Oh Gott, was muss das für ein Langweiler sein, und wahrscheinlich bin ich das ja auch. Aber auf der anderen Seite hat es mich immer wieder überrascht, wie viel Neues ich jedes Mal in Marx entdecke, wenn ich die Lektüre in Beziehung setze zur Gegenwart. Wenn man sich für das Alltagsleben interessiert und dessen Dynamik verstehen möchte, dann braucht man irgendeine Art von Rahmenwerk, das es einem erlaubt zu verstehen, was den Leuten passiert, beispielsweise jetzt gerade die Zwangsversteigerungen oder die Arbeitslosigkeit, und das es einem auch erlaubt herauszufinden, warum es auf diese Art und Weise passiert. Marx hat aus meiner Sicht eine Untersuchungsmethode zur Verfügung gestellt und nicht ein Set von Aussagen, die man einfach auf die Welt appliziert. Wenn ich also Das Kapital unterrichte, versuche ich es so zu tun, dass ich Denkweisen öffne, wie man über die gegenwärtigen Umstände nachdenken kann, und nicht einen festgelegten doktrinären Korpus vermittle.
AUTORIN
Das ist David Harvey. Er ist ein in linken Kreisen bekannter britischer Humangeograph, der am Graduate Center der City University of New York unterrichtet. Auf seiner Webseite kann man sich die populären Kapital-Vorlesungen als Video herunterladen; eine Million Leute haben das bereits getan.
O-TON (12.54)
Well it is not that big when you think of it, it would have been nice if it was 10 million you know, I mean it´s great that it is a million, but that does tell you something also. ... I think this is a moment where, you know, in the 1930ies there was a crisis and a lot of new ideas came out of that, and in the 1970ies there was a crisis and a lot of new ideas came out of that, we are going through this crisis and no new ideas have appeared at all, and I think people are looking, and one of the places they are looking is well may be Marx has something to say about it.
ÜBERSETZER
Nun, so viele sind das auch wieder nicht, es könnten ja auch 10 Millionen sein! Aber das zeigt doch schon etwas. So wie in den 1930er Jahren, als es eine Krise gab und eine Menge neuer Ideen aufkamen, oder in den 70ern, als es auch eine Krise gab und neue Ideen entstanden sind, so gehen wir gerade wieder durch eine Krise, neue Ideen sind zwar noch keine aufgetaucht, aber die Leute suchen danach, und ein Ort, an dem sie suchen, ist bei Marx; vielleicht hat er ja etwas dazu zu sagen.
AUTORIN
Eine schnelle Abfolge von Krisen hat die Weltwirtschaft in den letzten 20 Jahren immer wieder aufs Neue heftig erschüttert, und aus nicht-marxistischer Sicht ist nicht auszumachen, ob sie irgendeiner unsichtbaren Vernunft gehorchen oder schlicht Verrücktheit widerspiegeln. Jetzt ist auf Deutsch Harveys Lektüre von Band 1 des Kapitals erschienen. Sein Buch fußt auf den Vorlesungen, und die sind ein Mix aus chronologischem close-reading, es wird also an ausgewählten Textstellen gearbeitet, und Zusammenfassungen. Außerdem flicht Harvey historische Informationen zur Entstehungszeit des Werks ebenso wie Verweise auf die Gegenwart ein. Seine Lektüre verfährt in Marx´ eigener Begrifflichkeit, um deren Verständnis es ja geht, aber das wird auf eine saloppe Art und Weise getan, die den Zuhörern bzw. Lesern auch die Angst vor dem ehrfurchterheischenden Riesenwerk nimmt und einen ersten, ziemlich
guten, d.h. verständlichen Einblick in Marx´ dialektische Methode vermittelt. Ausgegangen wird vom berühmten ersten Satz:
ZITATOR
Der Reichtum der Gesellschaften, in welchen kapitalistische Produktionsweise herrscht, erscheint als eine ungeheure Warensammlung, die einzelne Ware als seine Elementarform. Unsere Untersuchung beginnt daher mit der Analyse der Ware.
AUTORIN
Harvey zeigt mit Marx, wie sich der in der Ware selbst enthaltene Grundwiderspruch, Gebrauchswert auf der einen, Tauschwert auf der anderen Seite, in x weiteren, immer komplexeren Widersprüchen artikuliert, wie jeder neue Widerspruch eine scheinbare Auflösung früherer Dichotomien ist und sich so ein immer umfassenderes Verständnis des Kapitalismus als „Ausweitung der Widersprüche“ entwickeln lässt. Harvey gelingt es, die ungeheure Abstraktion der Marx´schen Großargumentation Schritt für Schritt aufzuschlüsseln. Sein Buch versteht sich als Einführung, als Lesehilfe; selbstverständlich sollte sie die Lektüre des Originaltextes nicht ersetzen, aber sie funktioniert auch ohne das Original. Und das ist außerordentlich hilfreich, von nicht zu unterschätzendem Gebrauchswert, rettet es einen doch vor erschöpfender Hermeneutik, die in Kapital-Lesekreisen häufig anzutreffen ist, und damit vermutlich vorm Scheitern, weil man die Lektüre entweder schnell wieder abgebrochen oder gar nicht aufgenommen hätte. Das Kapital sagt Harvey
O-TON
it´s open for all kind of things, but I think we have to be very adaptable, we have to be prepared to take on all sorts of new ideas. I mean the audience in 1970 was very political, you didn´t have to persuade them politically, it was very often rather doctrinaire. During the 1990ies in this country in particuar there was a lot of what we call identity politics, everything was about race or gender or sexuality you know and again I had to negotiate with a lot of that and I again each time if you negotiate with something you also have to absorb some of it as well, so in a way my marxism became much more flexible in relationship to many of those dimensions as result of those encounters, it became much more flexible around questions of cultural, around the postmodern turn kind of thing, in a way my marxism has been evolving depending upon the circunstances around and the nature of the situation. And of course with the crisis that came out just in the last 2 or 3 years again it is an opportunity to reestablish a political-economic reading of the situation, but to do it in a way that is much more nuanced I think than would have been possible for me to do 20 or 30 years ago. So I think yeah my reading of Marx has also changed.
ÜBERSETZER
ist offen für alles Mögliche, und wir müssen anpassungsfähig sein und neue Ideen aufnehmen. In den Siebzigern waren die Zuhörer extrem politisch, man musste sie von nichts überzeugen; allerdings ging es da oft auch sehr doktrinär zu. In den Neunzigern drehte sich dann alles um Identitätspolitik, um Rasse, Gender, Sexualität, und ich habe eine Menge davon absorbiert. Mein Marxismus ist durch die Postmoderne viel flexibler geworden. Aber natürlich ist die Krise der letzten 2, 3 Jahre eine Gelegenheit, wieder eine politisch-ökonomische Lektüre der Situation vorzunehmen, das allerdings auf eine differenziertere Art und Weise zu tun, als es mir vor 20 oder 30 Jahren möglich gewesen wäre.
AUTORIN
Harvey zeigt Marx als eine Art Dekonstruktivist, zeigt, wie dieser sich im ersten Band des Kapitals die ebenfalls höchst abstrakten Thesen der klassischen, der bürgerlichen politischen Ökonomie seiner Zeit, von Adam Smith, David Ricardo u.a., vorgeknöpft hat. Rekonstruierend ist Marx vorgegangen, um nachzuweisen, dass deren liberale Vorstellungen einer perfekten Marktgesellschaft, in der rechtlich gleiche Warenbesitzer gleichwertige Waren tauschen, nur eine Utopie ist, die zuallererst schon einmal verschleiert, Marx nennt das Fetischisierung, dass die Natur nicht Geldbesitzer auf der einen und Lohnarbeiter auf der anderen Seite produziert hat. Eine Utopie, die darüber hinaus nicht erklären kann, wo der Mehrwert, der Profit, das Charakteristische der kapitalistischen Produktionsweise, denn eigentlich herkommt. „Das Geheimnis der Plusmacherei muss sich endlich enthüllen“, schreibt Marx. Der Mehrwert, und das ist seine bahnbrechende Erkenntnis, wird erzeugt von der Arbeitskraft, die in einem historischen Prozess selber eine Ware geworden ist, die auf dem Markt ver- und gekauft wird, allerdings eine Ware mit einer einzigartigen Fähigkeit, nämlich der, dass sie mehr Wert produzieren kann, als sie selbst besitzt. „Der Wert der Arbeitskraft ist der Wert der zur Erhaltung ihres Besitzers notwendigen Lebensmittel“, heißt es im Kapital. Es ist ihr Tauschwert. Der Wert aber, den der Kapitalbesitzer
abschöpft, die allseits bekannte Wertschöpfung, ist der nicht bezahlte Überschuss, gezogen aus ihrem Gebrauchswert, um den in vielen Arbeitskämpfen erbittert gestritten worden ist und immer noch gestritten wird. Marx zeigt, dass die Dogmen der liberalen Vision vollkommener Märkte nicht zu einem vorteilhaften Resultat für alle führen, dass vielmehr der tatsächlich existierende Kapitalismus wenige sehr reich macht und die meisten anderen in die Armut stürzt.
Harvey schlägt immer wieder den Bogen zum Neoliberalismus, der auf die klassischen liberalen Dogmen zurückgreift, dessen Rezepte seit den 70er Jahren angewendet werden. Alle haben gewiss noch die erst kürzlich verstummte Lobeshymne auf das neoliberale Gespenst der „unsichtbaren Hand“ im Ohr, die auf wundersame Weise, deregulierend, also ganz auf entfesselte Märkte setzend, das Gemeinwohl gleichsam automatisch herstellen würde. Entstanden sind dabei allerdings weltweit Bedingungen, die den von Marx beschriebenen englischen der 1850er und 1860er Jahre nicht unähnlich sind, sagt Harvey.
Weil, und auch das legt seine Kapital-Lektüre schlüssig dar, Kapitalismus „Akkumulation um der Akkumulation, Produktion um der Produktion willen“ ist, wie es bei Marx heißt, weil das Kapital sich immer in sich selbst verwertender Bewegung, sprich Zirkulation befindet, es aus Geld mehr Geld macht, ist Wachstum ein nicht zu hinterfragender kapitalistischer Imperativ.
O-TON (6.10)
I can imagine the end of capitalism fairly easily, ... and in fact not only can I imagine it now, I think it is becoming increasingly necessary, because capital is about growth, (9.00) a compound rate of growth of nearly 3% for 200 years, and it has now got at a point where
it is increasingly difficult to maintain that compound rate of growth.
ÜBERSETZER
Ich kann mir das Ende des Kapitalismus vorstellen, ziemlich gut sogar. Und nicht nur kann ich es mir vorstellen, ich glaube sogar, dass es zunehmend notwendiger wird. Kapital hat mit Wachstum zu tun, seit 200 Jahren haben wir es mit einer etwa 3-prozentigen kumulierten Wachstumsrate zu tun. Wir sind jetzt aber an einem Punkt angelangt, wo es zunehmend schwieriger wird, ein derartiges Wachstum zu gewährleisten.
AUTORIN
Wer überhaupt erst einmal verstehen will, wie der Kapitalismus funktioniert, kommt um Das Kapital wohl nicht herum. David Harvey kann einem dabei mit seinem A Companion to Marx´s Capital, wie das Buch im Original so hübsch heißt, auf die Sprünge helfen

Felix Wiegand: David Harveys urbane Politische Ökonomie

Online-Publikation: Januar 2013 im Internet-Journal <<kultur-punkt.ch>>
Ereignis-, Ausstellungs-, AV- und Buchbesprechung
<< . Ausgrabungen der Zukunft marxistischer Stadtforschung (Raumproduktionen: Theorie & gesellschaftliche Praxis Band 16) >>
298 Seiten, kartoniert; ISBN: 978-3-89691-922-9 ; € 29,90
Verlag Westfälisches Dampfboot, Münster; www.dampfboot-verlag.de; 

Inhalt
Urbanisierungsprozesse und städtische Kämpfe nehmen in der konflikthaften Dynamik kapitalistischer Entwicklung eine bedeutende Rolle ein. Weil es konkrete Zusammenhänge im Anschluss an Marx analytisch zugänglich macht und politische Perspektiven aufzeigt, ist das Werk von David Harvey ein wesentlicher Bezugspunkt kritischer Stadtforschung. Mit dem vorliegenden Buch wird erstmals in deutscher Sprache eine systematische Rekonstruktion von Harveys urbaner Politischer Ökonomie unternommen.

Autor
Felix Wiegand, geb. 1983, studierte Politikwissenschaft an der Universität Wien und ist zurzeit wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Humangeographie der Goethe-Universität Frankfurt. Seine Arbeitsschwerpunkte sind kritische Raum- und Stadtforschung, das Werk von David Harvey sowie materialistische Staats- und Gesellschaftstheorie.

Fazit
Politikwissenschaftler Felix Wiegand widmet seinem hervorragenden und tiefgreifenden Diskursbuch " David Harveys urbane Politische Ökonomie " . Es geht ihm dabei um Ausgrabungen der Zukunft marxistischer Stadtforschung in seinem Praxis Band (16) zu asozialen Raumproduktionen in Theorie & gesellschaftlichen Raumverhältnissen.
Dank seiner glasklaren Fragestellung gelingen Wiegand Annäherungen von der Stadt als "Ding an sich" zu einer Prozessdarlegung im besonderen von neokapitalistischer Urbanisierung. Diese umfasst -neu- die akkumulative bis krisenbedingte Integration von Zeit und Raum sowie die analytische Klärung zwischen Akkumulation* und Klassenkampf, der durch die spekulative Stadtent- und verwicklung im Fordismus/Fragmentierung** und Neoliberalismus konflikhaft gesteigert wird.
Besonders liebenswert und berührend an diesem imaginär-biografisch begleitenden Diskurs von Wiegand mit Harvey ist die holografische**** Zwei-Gliederung von dessen Persönlichkeit, wie er seine wissenschaftlich-biografische Entfaltung zeitlich wie räumlich mit dem eigenen urbanen Lebensraum - am Feldversuchs-Standort in Einklang zu bringen versteht . Dabei kommen Wiegand wie Harvey zum Schluss, dass die Regenbogen-Koalition (USA) / Grünen (D) statt im Lokalismus zu beharren "auch hier die Notwendigkeit einer breiten, räumlich und zeitlich ausgreifende sowie alte wie neue Linke verbindende Herangehensweise besteht .. und die Gewerkschaften sich nicht auf den Arbeitsplatz allein berufen". Resignative Reife*** in Verknüpfung mit urbaner Revolution ist angesagt. m+w.p13-1

*) Akkumulation
Begriff der klassischen Lehre und des Marxismus für Erweiterungsinvestitionen (Krisentheorie).
In der Wachstumstheorie wird analysiert, welche Rolle die Akkumulation von Produktionsfaktoren wie physisches Kapital und Humankapital für die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes spielt. Die Goldene Regel der Kapitalakkumulation diskutiert die Bedingungen (Sparquote, Grenzproduktivität des Kapitals), die zu einer Maximierung des Pro-Kopf-Konsums im Steady-State Gleichgewicht führen.
http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/akkumulation.html

**) Fragmentierung
a) als Prozess der Globalisierung und der individuellen Isolation
weist auf die tayloristische Organisation der Produktion hin, in der verschiedene Stufen der Produktion zwischen den verschiedenen Lieferanten, die in verschiedenen Ländern ansässig sind und außerhalb der Region, in der Fragmentierung geschieht, aufgeteilt werden. Diese Art der Fragmentierung ist ein wichtiger Bestandteil der modernen - aktuell - der neoliberalen Globalisierung.
b) Die Fragmentierung bezieht sich auf das Fehlen oder die Unterentwicklung der Verbindungen zwischen der Gesellschaft und der Gruppen und Einzelnen der Gesellschaft nach dem Vorbild einer gemeinsamen Kultur, Nationalität, Rasse, Sprache, Beruf, Religion, Einkommen oder andere gemeinsame Interessen.
c) In der Kunst/Gradation zeigt sich daher die Fragmentierung in der Verwendung von Fragmenten und der "Teilung der Kunst Ideen ( in Geste, Motiv, Thema ....) in Segmenten….
www.kultur-punkt.ch/galerie/fragmentierung-faber13-1.htm

***) Resignative Reife
Was tun? Wir sollten die Krisen und das Scheitern nicht zu schnell als schlecht abtun und abwerten, sondern sie als eine ungeheure Chance begreifen. Wenn wir nicht länger autistische Leistungs- und Erfolgsmaschinen oder von der Biologie terrorisierte Haustiere sein wollen, besteht unsere Chance gerade darin, kaputt zu gehen, d. h. nicht mehr zu funktionieren. Wir erhalten dann die Möglichkeit, uns zu entziehen, unseren Wider-Willen zu aktivieren und uns damit vor Selbstauflösung zu schützen. Wir können endlich der ständig perfektionierten Vernetzung mit Gott und der Welt und allen anderen auch ein Ende bereiten. Die resignative Reife ist der wichtigste Gegner der illusionären Hoffnung. Dr. Arnold Retzer, www.arnretzer.de

****) Holografie: Dennis Gábor konnte 1947ff. mit einem Modellversuch zur Realisierung des zweistufigen Abbildungsverfahrens unbewusst den Grundstein zur Holografie legen. Sein besonderes Verdienst bestand darin, gezeigt zu haben, wie die Information über die Phasen des Zwischenbilds durch Überlagerung der vom Objekt ausgehenden Welle und einer Referenzwelle auf direktem Weg gewonnen und fotografisch festgehalten werden kann.