Ai Weiwei : Macht euch keine Illusionen über mich. Der verbotene Blog
Lebenswelt
Ai Weiwei : Macht euch keine Illusionen
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Online-Publikation: Januar 2012 im Internet-Journal <<kultur-punkt.ch>>
Ereignis-, Ausstellungs-, AV- und Buchbesprechung
<< Ai Weiwei : Macht euch keine Illusionen über mich. Der verbotene Blog . Herausgegeben von Lee Ambrozy . Ins Deutsche übertragen von Wolfram Ströle, Norbert Juraschitz, Stephan Gebauer, Oliver Grasmück und Hans Freundl >>
478 Seiten . Mit zahlreichen Fotos des Künstlers, gebunden mit Schutzumschlag; ISBN 978-3-86971-049-5; Euro 19,99 (D) / sFr 28,90 / Euro 20,60 (A)
Verlag Galiani Berlin, http://www.galiani.de; bei Verlag Kiepenheuer & Witsch,http://www. kiwi-verlag.de;
Inhalt
Der Revolution beim Wachsen zusehen . Ai Weiweis verbotener Blog erstmals auf Deutsch: Einer der spannendsten Texte über das moderne China – und das ergreifende Dokument wachsender Wut und wachsenden Widerstands.
Nicht erst seit seiner Verhaftung wurde Ai Weiwei zur Ikone des Kampfes für Meinungsfreiheit, Menschenwürde und das Recht des Einzelnen auf individuelle Selbstentfaltung. Fast vier Jahre lang dokumentierte er im Internet, was er in seiner Heimat erlebte und was er sich dazu dachte – ein Glücksfall allein schon dies, liest man doch endlich einmal nicht die Analyse eines westlichen Experten, sondern den Bericht eines Chinesen, der sein Land liebt, viele Entwicklungen aber mit immer größerer Skepsis beobachtet: SARS, Milchpulverskandal, Olympische Spiele, Korruption, Organhandel, der Umgang mit dem Gedenken an das Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens – zuviel stößt ihm auf. Nach einem großen Erdbeben, bei dem 20.000 Menschen zum Teil deshalb starben, weil aus minderwertigem Material gebaute öffentliche Gebäude zusammenfielen wie Kartenhäuser, beginnt er – öffentlich und mit der Kamera in der Hand – nach den Verantwortlichen zu fragen. Und die Bevölkerung dazu aufzurufen, sich zu organisieren. Zweimal wird er bei seinen Recherchen zusammengeschlagen. Sein Blog gewinnt an Wut – 2009 schreiten die Behörden ein, die Seite wird gesperrt, alle Einträge werden gelöscht. Eine in Vorbereitung befindliche chinesische Buchausgabe wird zurückgezogen. Ai Weiwei twittert weiter, mit je 120 chinesischen Zeichen pro Nachricht. 2011 verhaftet man ihn unter fadenscheinigen Gründen.
Ein amerikanischer Verlag erarbeitete mit Ai Weiwei eine Buchausgabe, jetzt gibt es sie erstmals auf Deutsch. Der Kampf um Ai Weiweis Blog steht beispielhaft für den Kampf ums Internet in China.
In seinen Texten sieht man einer Revolution beim Wachsen zu. Sie sind spannende persönliche Zeugnisse und haben das Zeug zum Klassiker der engagierten Literatur.
Ai Weiwei nicht vergessen
Die Lage ist verzwickt: der mundtot gemachte Ai Weiwei darf eigentlich keine Interviews geben – aber er hat einen Weg gefunden, es dennoch zu tun: er stand einer Parteizeitung („Global Times“) Rede und Antwort. Nachdem er bereits die Behandlung der Mitarbeiter, die parallel zu ihm inhaftiert waren, per Twitter bemängelt hatte, macht er in dem Interview einiges klar:
„Ich werde der Politik niemals ausweichen, niemand von uns kann das“ und zudem fordert er: „Wenn man sich nicht für Wang Lihong und Ran Yunfei einsetzt [zwei chinesische Blogger, denen ein Gerichtsverfahren bevorsteht] ist man kein Mensch, der für Recht und Gerechtigkeit einsteht“.
Und Ai Weiwei bestreitet in dem Interview, Steuerbetrug eingestanden zu haben.
Ai Weiwei hatte selbst mit immens großer Leserschaft gebloggt, bis sein Blog von der chinesischen Regierung geschlossen und gelöscht wurde. Nachdem er weiter Mikroblogs über Twitter absetzte wurde er selbst verhaftet und verschleppt. In seinem unlängst in deutscher Übersetzung erschienenen Buch Macht euch keine Illusionen über mich. Der verbotene Blog hatte er schon all das thematisiert, worüber er sich heute nicht mehr frei äußern darf: Über die Zustände in China, die Zustände in Tibet, die wahren Gründe für die Aufstände in Xingjiang, über den Umgang mit Regimekritikern, über die Methoden der chinesischen Regierung zur Mundtot-Machung ihrer Kritiker. Aus einem Eintrag des Buches vom November 2009 geht auch hervor, dass schon damals versucht wurde ihm steuerlichen „Betrug“ anzuhängen.
»Ein faszinierendes Dokument der politischen Radikalisierung« nannte die taz das Buch, die FAZ urteilte: »Für alle, die sich damit beschäftigen, was in China gerade wirklich passiert, ist Ais Blog ein sehr guter Anfang«
Weitere bis vertiefende Hinweise zu Ai Weiwei: http://www.galiani.de/buecher/ai-weiwei-der-verbotene-blog/autorenspezial.html
Fazit
Aus den rund 100 Essays / Blogs von Ai Weiwei " Macht euch keine Illusionen über mich. Der verbotene Blog ", herausgegeben von Lee Ambrozy, ins Deutsche übertragen von Wolfram Ströle, Norbert Juraschitz, Stephan Gebauer, Oliver Grasmück und Hans Freundl, wälzt sich das Ungeheuer Unmensch/lichkeit hervor. Zugleich sehnt sich Ai Weiwei nach der blauäugigen Fratze Zukunftsutopie *Neoliberale Oligarchie* nach dem "Sicheren Ende des Kommunismus", wie es in allen Teilen in seinem *Lebensraum, Ai Weiwei's Dingwelt und dem entsetzlichen Widerpart Lebenswelt* zu seinem gerechtigkeitserfüllten Ichverhalten hervorquillt. Wir antworten Ai Weiwei mit dem Satz: "Mach Dir keine Illusionen über uns". m+w.p12-1
*Neoliberale Oligarchie*Gier wirkt hier im Westen gleichermassen wie am Beispiel der "Pandabär-Gallen" in unseren Massentierhaltungen, in denen die Gefügelschnäbel spitzen abgezwackt werden, mit lebenslangen Nervenschmerzen begleitet...