Das Gilgamesch Epos . Illustrationen von Willi Baumeister
Online-Publikation: Dezember 2010 im Internet-Journal <<kultur-punkt>>
Ereignis-, Ausstellungs-, AV- und Buchbesprechung
<< Das Gilgamesch Epos . Illustrationen von Willi Baumeister . "Gilgamesch, wohin läufst du? Das Leben, das du suchst, findest du nicht!" Hrsg. Freunde der Staatsgalerie Stuttgart - Stuttgarter Galerienverein e.V., Von Corinna Höper, Gestaltung von Gabriele Sabolewski >>
Ausstellung: Staatsgalerie Stuttgart , Graphikkabinett: 11.12.2010 – 1.5.2011; www.staatsgalerie.de; c.hoeper@staatsgalerie.de;
Katalogbuch: 120 Seiten, 80 farbige Abb.;21,00 x 27,00 cm; Broschur; ISBN 978-3-7757-2774-7; € 25,00 | CHF 37,90
Hatje Cantz Verlag, Ostfildern; www.hatjecantz.de; m.gatermann@hatjecantz.de;
Ausstellung
Willi Baumeister: Gilgamesch
Vor 30 Jahren wurden die 64 Blätter von Willi Baumeister von den »Freunden der Staatsgalerie« erworben und sind derzeit im Graphik-Kabinett zu sehen. Die Illustrationen zum Gilgamesch-Epos von Willi Baumeister entstanden im Jahr 1943 während seiner Zeit der »inneren Emigration« und können als eine Art »Passion« des suchenden Helden aufgefasst werden.
Willi Baumeister (1889-1955), von den Nationalsozialisten mit Ausstellungsverbot belegt und als »entartet« verfemt, verließ Stuttgart mit seiner Familie im Frühjahr 1943. Er fand einen Zufluchtsort in Urach, wo er in einer Zeit der »inneren Emigration« die 64 Blätter zu »Gilgamesch«, der ältesten epischen Dichtung der Menschheit schuf.
Um die Wirkung des Archaischen zu verstärken, verwendete Baumeister in ihnen die Technik der Frottage. Die Hintergründe der Darstellungen erscheinen wie die von der Zeit verwitterten Mauern von Uruk, auf die der Künstler die Geschichte mit einer geheimnisvollen Schrift schreibt. Daneben zeigen viele der Darstellungen durchaus auch hintergründigen, skurrilen Humor sowie eine ungemein reiche Freude am Fabulieren.
Die Freunde der Staatsgalerie haben die »Gilgamesch«-Folge 1980 erworben. Im Rahmen dieser Ausstellung geben sie einen ganz besonderen Katalog heraus, der das komplette Epos in Dialog mit Willi Baumeisters Illustrationen setzt und die für Baumeister inspirierenden Textpassagen hervorhebt.
In Begleitung zur Großen Landesausstellung »Hans Holbein d. Ä.: Die Graue Passion in ihrer Zeit« kann auch das "Gilgamesch"-Epos als eine Art »Passion« des suchenden Helden aufgefasst werden.
Alle Bilder: Leihgabe der Freunde der Staatsgalerie Stuttgart, ©
Kataloginhalt
Zwischen Mai und August 1943 schuf Willi Baumeister (1889-1955) in Urach 64 Zeichnungen sowie rund 150 weitere Varianten zum Gilgamesch-Epos, der ältesten erhaltenen Dichtung der Menschheit, die unter anderem von der Sintflut erzählt und deren Entstehung auf etwa 2600 v. Ch. anzusetzen ist. Baumeister verwendete für seine Illustrationen auf farbigem Büttenpapier Kohle, Ölkreide, Grafitstift und Frottagetechniken. Die Zeichnungen wurden 1980 von den Freunden der Staatsgalerie Stuttgart erworben.
Von allen Illustrationsfolgen, die Willi Baumeister in der Zeit der »inneren Emigration« schuf, ist Gilgamesch die umfangreichste und wohl auch die persönlichste des Künstlers: »Meine Illustrationen gelangten in die Nähe der alten Reliefs an den zyklopischen Mauern, sie gelangten in die Nähe der Keilschrift und Hieroglyphen, an die Symbolzeichen, an die Riten und Weihen, die ihre Geheimnisse bewahren, gleich dem fernen und hohen Gott, dessen Name nie genannt, sondern nur umschrieben wird.«
Autor
http://www.willi-baumeister.org
Fazit
Willi Baumeister iIlustrierte und beschrieb "Das Gilgamesch Epos" mit dem Begriff der "Deckung" und stellte zurecht den der "Ergänzung" gegenüber, in seinem Text zu "die problematischen Illustrationen, 1951". Er sieht darin eine Synthese, die der Frage nach dem "Kunstmittel" am nächsten kommt, weil "der Mensch ... nicht immer im bewussten, denkerischen Zustand bleiben ...kann...er wechselt in die Empfindung über." Dieser apollinisch-dionysische Ansatz durchzieht die gesamte Bildfolge von Gilgamensch, deren skulptural-poetischer, monochrom vorgetragener Stil zwischen Henry Moore und Paul Klee pendelt: Die Grafiken werden mit Kohle, Bleistift gewischt-gezeichnet, nach Modelformen durchgerieben, fixiert und teilweise radiert. Baumeister scheint sich auf diese archeologische Art von Schichten-Ent-Deckungen dem Thema in einer Art Zeitreise verdichtet näherzukommen. Insgesamt etwas monoton-depressiv und museal-verstaubt wirkt diese Ausstrahlung u.a. auf dem Ingres Bütten. m+w10-12