Emil Schumacher . Das Erlebnis des Unbekannten

Über/Zeitgefährten
Emil Schumacher:  Informel
hatjecantz12-8schuhmacher-malerei
www.kultur-punkt.ch/auszeichnung/hatjecantz12-8schuhmacher-malerei.htm
Rubrik Auszeichnung auf Titelseite: www.kultur-punkt.ch


Online-Publikation: September 2012 im Internet-Journal <<kultur-punkt>>
Ereignis-, Ausstellungs-, AV- und Buchbesprechung
<< Emil Schumacher . Das Erlebnis des Unbekannten . Von Ernst-Gerhard Güse, Gestaltung von Gabriele Sabolewski >>
Ausstellung: Auf Dauer im Emil Schuhmacher Museum, Hagen - www.esmh.de/web/de/esmh/emilschumacher/werk/werk.html;
Buch: 504 Seiten, 418 Abb.; 25,00 x 28,00 cm; gebunden mit Schutzumschlag; ISBN 978-3-7757-2082-3; EUR 49,80
Hatje Cantz Verlag, Ostfildern; http://www.hatjecantz.demailto:m.gatermann@hatjecantz.de;

Inhalt
Die künstlerische Entwicklung des Mitbegründers Emil Schumacher (1912–1999) der abstrakten Kunst in Deutschland war Teil des Aufbruchs der Kunst nach 1945. Die Künstlergeneration jener Jahre debattierte über die Dogmen des Bauhauses und suchte die freie Expressivität des Informel, erstrebte die Materialität des Bildes und ihre Verletzung in einem Akt der Zerstörung.
Seit den 1950er-Jahren fand die Malerei Schumachers auch internationale Beachtung, wie die Beteiligungen an der documenta II und III in Kassel, den Biennalen in Venedig und São Paulo und seine Gastprofessur in Minneapolis belegen. Ende der 1960er-Jahre wurden Op-Art und Pop-Art zu neuen Herausforderungen. Überraschend war Schumachers künstlerische Reaktion. Seinen Reisen nach Nordafrika, nach Tunesien und Marokko, wie auch in den Irak folgte die Rückkehr zur Gegenständlichkeit, aus der im Spätwerk eine Reihe seiner wohl beeindruckendsten Gemälde hervorging.

Der Protagonist
Emil Schumacher (* 29. August 1912 in Hagen, Westfalen; † 4. Oktober 1999 in San José, Ibiza) war ein deutscher Maler, Mitbegründer der Abstrakten Kunst in Deutschland und Vertreter des Informel.
  http://www.esmh.de/web/de/esmh/emilschumacher/werk/werk.html
http://de.wikipedia.org/wiki/Emil_Schumacher

Fazit
Die Monographie zum Werk "Emil Schumacher" ist ein Erlebnis des Entbergens zwischen Informel und Zen, vielleicht auch geomantisch? Von Ernst-Gerhard Güse bewegend geschrieben und von Gabriele Sabolewski paradigmantisch gestaltet.
Erhält die Auszeichnung vom Online-Journal www.kultur-punkt.ch 12-9
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Lebensbegleitende Kern- Erkenntnis und -Motivation Emil Schuhmacher in Stichworten:
1912* Wellengewitter in Hagen und Dortmund
1945 Überleben in Trümmern und Neuorientierung
1950er Gilgamesch Kooperation mit Baumeister
bis Geometrie als Zwangsjacke, Innaturation
Informel* in Kooperation mit Dubuffet, Fautrier
1960er Bild ist Entstehungsprozess, Tastobjekte als Maske/n
bis Zwischen Form und Figuration
Dekonstruktion, Bogen als Lebensspur
ZEN* Kooperation mit Tusche, Feder, Pinsel, Gouache
1980er Imaginäre Kooperation mit der Tunisreise von Klee, Macke, Moilliet 1914
1999+ Zwischen Erde und Himmel, Bogen als Lebensspur

Quintessenz: Die existenziell-ästhetische Wut (1) metamorphiert zum inneren Widerstands-Lebens-Mut von Emil Schuhmacher, zugleich zur lebensbegleitenden ,homoestatisch anvisierten Gestaltung(2) zwischen sich sich im Nachhinein entbergender Figuration aus vordergründig geschaffenem Informel* und Zen** /(1-3).
Frage zuletzt: ist Schuhmacher's Gestaltung nicht auch geomantisch***? vielleicht ...m+w.p12-9
http://archiv.kultur-punkt.ch/galerie/mrazek-prankl1961.htm 
  *** http://archiv.kultur-punkt.ch/akademie4/diskurs/drachen-08-11geomantie.htm
1
Ein erstes entscheidendes erkenntnisentscheidendes  Profilfenster öffnet sich:
Als  „Kulturbolschewist“ wurde Schuhmacher nicht in der Reichskammer der bildenden Künste des Dritten Reiches aufgenommen, so war er in den Kriegsjahren Technischer Zeichner in einer Rüstungsfirma.
2
Das zentrale homoestatisch anvisierte Motiv : Schuhmachers Informel*
oder seine Informelle Kunst (französisch art informel) wird ein Sammelbegriff für die Stilrichtungen der abstrakten (im Sinne von nicht-geometrischen, gegenstandslosen) Kunst in den europäischen Nachkriegsjahren, die ihre Ursprünge im Paris der 1940er und 1950er Jahre hat.
„Informel ist innerhalb des 20. Jahrhunderts die Phase II der malerischen Abstraktion. Informel hat das Testament Kandinskys vollstreckt, ist jedoch nicht sein Epigone geworden. Informel wurde seine Metamorphose.“ (Eugen Thiemann: 1980, Informel: Götz, Schultze, Hoehme (Ausstellungskatalog, Museum am Ostwall, Dortmund), S. 5f.)
Begriff: Informel meint „keinen einheitlichen Stil, sondern charakterisiert eine künstlerische Haltung, die das klassische Form- und Kompositionsprinzip ebenso ablehnt wie die geometrische Abstraktion“. Konstitutiv ist das „Prinzip der Formlosigkeit“ im „Spannungsfeld von Formauflösung und Formwerdung“.
Der Begriff fasst verschiedene abstrakte Strömungen der europäischen Nachkriegskunst zusammen. Nach Rolf Wedewer umschließt er „zwei differente Ausdruckweisen – das Gestische und die Texturologien“.
Namensgeber: war der Kunstkritiker Michdazuel Tapié, 1951 mit dem Titel Signifiante de l'informel.  in der Frühzeit war auch die Bezeichnung Tachismus ( Kunstkritiker Pierre Guéguen) ein geprägter Begriff. Synonym = Lyrische Abstraktion.
Entwicklung, Charakteristik, Entstehung: Das Informel bildete sich in Paris als Gegenpol zur geometrischen Abstraktion, die auch von der École de Paris vertreten wurde. Als direkte Wegbereiter des Informel gelten die damals in Paris ansässigen Künstler Wols, Jean Fautrier und Hans Hartung, der seinerseits von Wassily Kandinsky und Paul Klee beeinflusst war. Daneben werden als bedeutende Anreger des deutschen Informel auch Willi Baumeister, Ernst Wilhelm Nay, Theodor Werner und Fritz Winter  genannt. ...  UND EMIL SCHUHMACHER ? (fehlt hierbei in wikipedia)!.
Charakteristik : Informel wird schliesslich als Sammelbegriff für diejenigen Kunstausprägungen verwendet, die sich „auf die nicht-geometrische Traditionslinie abstrakter Malerei“ gründet. Zu seinen Merkmalen zählen die Formlosigkeit und die Spontaneität in der künstlerischen Produktion. Farbe und andere bildnerische Materialien werden autonom eingesetzt. Der Arbeitsprozess unterliegt keinen starren Regeln, er folgt auch, wie im Surrealismus, Prozessen des Unbewussten( http://de.wikipedia.org/wiki/Informelle_Kunst ) .

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ZEN**
Die Wahrheit des Seins ist ein Schatten der Wahrheit des ZEN . Einführung zum Vortrag von Prof. Dr. Riuji Endo
University of Library and Information Science, Tsukuba, Japan "ZEN-Malerei in Japan" am 28. Juni 1999 im Zentrum für Kunst und Medientechnologie (ZKM) Karlsruhe
Rafael Capurro

Die "Wahrheit des Seins" ist ein Schatten der "Wahrheit des ZEN" so der japanische Philosoph Koichi Tsujimura, der bei Martin Heidegger studierte und zur dritten Generation der Kyoto-Schule gehört, jener philosophischen Schule also, die Ende des 19. Jahrhunderts die europäische Philosophie rezipierte und somit den Beginn der japanischen Philosophie darstellt. Dieser letzte Ausdruck, ‚japanische Philosophie‘ gibt viel zu denken. Denn es ist die Frage, ob die Philosophie, wie der Name selbst verrät, eine europäisch-abendländische Erscheinung ist, die auf einer bestimmten Welt- und Seinserfahrung beruht. So verstanden, gäbe es keine Philosophie als eben eine europäisch-abendländische und erst die Berührung anderer Denkerfahrungen mit ihr, würde zu dem führen, was wir, wie in diesem Fall, ‚japanische Philosophie‘ nennen.    

Es ist dann die Frage, ob dann ähnliches gilt für andere Bereiche, wie zum Beispiel, den der Malerei. Ist die europäisch-abendländische Malerei, mit all ihren Brüchen, auf einem anderen metaphysischen Boden gewachsen, als, zum Beispiel, die ZEN-Malerei?    

Als wir mit Prof. Endo im Rahmen eines Seminars über die Heidegger-Rezeption durch die Kyoto-Schule letzte Woche darüber sprachen, äußerte er sich sehr kritisch darüber, als ob nämlich die Wahrheit des ZEN sich in einem, platonisch gesprochen, höheren Ort befinden würde, von wo aus die Schattenwelt des Heideggerschen Seins als eine solche erkannt werden könnte. Es ist aber vielleicht so, daß dieser Satz, wenn man ihn gegen den Strich liest, eine positive Bedeutung bekommt, nämlich die, dass der Schatten des "absoluten Nichts" gegenüber der Erleuchtung der ZEN-Erfahrung eine eigene, flüchtige Wahrheit besitzt, die sich im Denken und, so könnte man vermuten, auch im Bild, in der Malerei oder vielleicht eher im flüchtigen Medium des Digitalen, nicht zum Ausdruck aber wohl zum Leuchten kommen kann.    

Die Wahrheit des Seins ist aber, so Tsujimura, insofern die Wahrheit des ZEN als beide sich in einem "Vor des Denkens" abspielen. Die Wahrheit des Seins spiegelt diesen Bereich im Denken und in der Sprache und nicht in einer Erfahrung, die mit keiner Sprache zur Sprache gebracht werden kann.    

Die Wahrheit des ZEN beruht auf der Erfahrung des absoluten Nichts, ein Wort, das vom Gründer der Kyoto-Schule, Kitaro Nishida, geprägt wurde, und wohl Anklänge an Hegels "absolutem Geist" mitführt. Es sieht so aus, als ob von der Tradition des ZEN-Buddhismus her gesehen, das abendländische Denken und, so könnte man folgern, die abendländische Malerei sich auf der Grundlage von Sein, Denken und Sprache bewegen, auch und gerade dann, wenn sie meinen, sich davon lösen zu können, und vielleicht auch dann, wenn, wie Nietzsche diagnostizierte, "mit dem Sein nichts mehr ist". Das Nichts des Seins, der abendländische Nihilismus, ist eine für Europa unheimliche Erscheinung, in der sich das Ende der Kunst im Sinne eines Mediums, wo die Idee zum sinnlichen Scheinen kommt, abspielt.     

Wie stellt sich aber dann die Malerei in einer Tradition dar, die nicht auf dem Sein, auf Denken und Sprache, sondern auf dem Nichts, dem Vor-Denken und der Sprachlosigkeit beruht? Wie verhält sich das Bild zu dem, was ‚vor-bildlich‘ ist? Ist die Wahrheit der abendländischen Malerei ein Schatten der Wahrheit der ZEN-Malerei? Wie kann und will die ZEN-Malerei das Nichts oder, besser ausgedrückt, die Erfahrung des Nichts darstellen? Oder ist diese Frage bereits abendländisch gedacht? Man erinnere sich an den Unterschied zwischen einem ZEN-Gespräch und einem sokratischen Gespräch: obwohl sich beide im selben Medium, in der Sprache also, bewegen, will der ZEN-Meister durch die Aufgabe eines Koan den Schüler ins Vor-Denken einüben, bis er nämlich in den Bereich selbst springt, der dem logischen und kausalen Denken vorausgeht. Höre das Klatschen der einen Hand, gibt der Meister den Schüler zum vor-denken. Eine seltsame Aufgabe, denn das Geräusch des Hände-Klatschens wird ja erst durch zwei Hände verursacht. Wie steht es aber mit diesem Geräusch selbst? Will vielleicht der Meister den Schüler dazu bewegen, vom kausalen und logischen Denken abzusehen, weg-zu-denken, um die Phänomene selbst in ihrer Unbegründetheit zum Vorschein kommen zu lassen?    

Wenn dem so ist, dann ist die Frage berechtigt, ob eine Malerei, die auf dem Boden der abendländischen Metaphysik entstanden ist, vergleichbar ist mit einer Malerei, die der Wahrheit des ZEN entspricht. Welcher ist der Status der ZEN-Malerei? Ist sie ein Schatten der Wahrheit des ZEN? Gehört sie also zur Wahrheit des Seins? Oder offenbart sie vielmehr das Nichts?    

Was passiert aber, wenn die Welt vom Standpunkt der Wahrheit des Seins und ihres Verschwindens im europäischen Nihilismus betrachtet wird? Und was passiert, wenn die Welt vom Standpunkt der Erschöpfung der Wahrheit des Nichts, der Erschöpfung des ZEN-Buddhismus also, betrachtet wird? Der Tod Gottes und die Euro-Amerikanisierung Japans scheinen zwei bedeutende Ereignisse, die, aufeinander bezogen, eine neue geistige Konstellation eröffnen. Wir sollten die Gelegenheit wahrnehmen, um zurück in die Geschichte dieses anderen großen Anfangs zu blicken, denn indem wir in das Nichts des ZEN-Buddhismus blicken, schauen wir im Spiegel der Malerei in unsere Gegenwart. Und dennoch ist der abendländische Nihilismus und die Erfahrung vom Ende der Kunst nicht das gleiche wie das absolute Nichts und seine Darstellung in der ZEN-Malerei.    

Professor Endo sagte mir, daß wir versuchen könnten, nicht face-to-face, sondern back-to-back, von Rücken zu Rücken, miteinander zu kommuni- zieren. Denn auch wenn wir alle jetzt zusammenrücken, haben wir doch unterschiedliche Herkünfte, so daß die Gegenwart, die in den homogenen Bildern des Cyberspace (sind sie wirklich homogen?) zum Ausdruck kommt, sowohl von der Wahrheit des Seins als auch von der Wahrheit des ZEN her auf Möglichkeiten hin offen(er) wird. Solche Möglichkeiten lassen sich aber am ehesten wahrnehmen, wenn sie von ihrer Herkunft her im Bild aufleuchten. Was ist aber dann ein Bild? Was sind ZEN-Bilder?    

Literatur
Capurro, R.: Was die Sprache nicht sagen und der Begriff nicht begreifen kann.  
Tsujimura, K.: Die Wahrheit des Seins und das absolute Nichts, in: R. Ohashi, Hrsg.: Die Philosophie der Kyoto-Schule, Freiburg/München 1990, S. 441-454.  http://www.capurro.de/zen.htm

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