„Ich erkenne kein Profil, das mir sagt: Das ist die Linke“ , Bodo Ramelow

Diskurs Aktuell
B. Ramelow: Die Linke & Umfeld - in D
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Aktuelles Fallbeispiel :
Bodo Ramelow über seine Partei, die Flüchtlinge und die AfD
08.04.2016 AUSZUG:

Ein Jahr Rot-Rot-Grün
Landeshaushalt Thüringen
Rot-Rot-Grün
Unrechtsstaat DDR? ...


Der Thüringer Ministerpräsident im Gespräch mit unserer Zeitung: Thueringer-Allgemeine
„Ich erkenne kein Profil, das mir sagt: Das ist die Linke“

 Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow mag offenbar Rot.
Das Rot seiner Linkspartei ist ihm zurzeit aber nicht erkennbar genug.

Herr Ramelow, jetzt mal ehrlich: Wo liegt Ihr Geld?
Wenn Sie schon so fragen: nicht in Panama. Das, was ich mit diesem Land verbinde, ist Janosch und der Geruch von Bananen. Das Geld von meiner Frau und mir ist für jeden sichtbar in unserem Haus in Erfurt angelegt. Ansonsten bin ich ein sehr konservativer Mensch, wenn es ums Geld geht. Ich will absolutes Vertrauen zu meiner Bank haben und ich lege nichts in Fonds oder seltsam strukturierten Finanzprodukten an.
Das ist aber nicht mehr die Welt, in der wir leben. Die sogenannten Panama-Papers. . .
. . .zeigen, was wir schon lange wissen, nur dass wir diesmal mehr Daten und Namen haben. Hier werden offenbar im großen Stil illegale Geschäfte über anonyme Briefkastenfirmen abgewickelt. Dieser Sumpf muss trockengelegt werden. Das heißt: Bei jeder Gesellschaft, ob nun in Panama, Luxemburg oder in Deutschland, sollte erkennbar sein, wer Eigentümer ist. Jeder Geldtransfer ist transparent und nachvollziehbar abzuwickeln. Wir müssen zurück zu den klassischen, überprüfbaren Finanzstrukturen. Das kann Deutschland aber nicht allein leisten, das kann nur europaweit passieren.
Müsste der Linke, der Sie ja sind, nicht einfach sagen: So funktioniert er nun mal, der böse Kapitalismus?
Nein, ich muss das nicht sagen. Und so böse ist der Kapitalismus auch nicht. Das System Panama, diese irren Finanzprodukte und der immer schnellere Geldkreislauf, der sich längst von normalen, echten Geschäften losgelöst hat – dies alles hat mit freier und sozialer Marktwirtschaft wenig zu tun. Diese Pervertierung bedroht auch das kapitalistische System, in Thüringen ganz konkret das Geschäftsmodell der Sparkassen und Volksbanken. Dabei sind sie enorm wichtig für den Mittelstand, für öffentliche Investitionen und für die Menschen im Land. Diesen Teil des Kapitalismus will ich nicht nur gerne behalten. Ich will ihn ausbauen und wieder ergänzen – um gemeinwohlorientierte Kapitalvermögen etwa in Form von Wohnungsbeständen oder Bürgergenossenschaften.
Was ist mit dem Sozialismus, der in Ihrem Programm steht?
Wenn wir etwas aus der Geschichte gelernt haben, dann das: Jeder Gesellschaftsentwurf, auch wenn er sich sozialistisch nennt, benötigt neben den politischen und sozialen Grundfreiheiten den freien Handel, also auch ein großes Stück Marktwirtschaft. Nur so wird Kreativität und Dynamik freigesetzt. Einheitsvorgaben führen immer zu totalitären, unfreien Strukturen, die am Ende auch ökonomisch scheitern. Der Staat muss den Rahmen vorgeben – und genau daran krankt es gerade.
Man hat nicht den Eindruck, dass die Menschen derartig differenzierte Antworten von der Linken hören wollen. Die Rolle der Protestpartei hat Ihnen die AfD abgenommen.
Der Aufstieg der AfD speist sich aus mehreren Quellen. Da ist, gerade in Ostdeutschland, das Sediment jener, die schon immer ihre rassistischen Vorurteile pflegten. Und da ist der Frust über die etablierte Politik, die zum Beispiel zulässt, dass ein großer Teil der Menschen, die jetzt hart arbeiten, aber zu wenig verdienen und deshalb irgendwann in Altersarmut landen werden – und die jetzt angesichts der Flüchtlinge annehmen, dass noch weniger für sie übrig bleibt. Dabei ist angesichts der demografischen Entwicklung diese Zuwanderung eine große Chance dafür, dass die Rente wieder sicherer wird. Genau das müssen wir den Menschen vermitteln, immer und immer wieder.
Die AfD hat aber mit Ihrer Art Ansprache deutlich mehr Erfolg – auf Kosten der Linken.
Das ist aber kein Naturgesetz. Wir müssen endlich die Ängste der Menschen ernst nehmen und uns mit ihnen auseinandersetzen, statt sie zu bekämpfen. Das tut die Linke nicht ausreichend. Ich erkenne kein Profil, das mir sagt: Das ist die Linke. Vor zehn Jahren wusste man noch: Die Linke, das ist die Hoffnung, dass es auch anders geht, das ist. . .
. . .die Alternative. Die nennt sich jetzt AfD – und Sie gehören zum Establishment.

Das ist die Wahrnehmung, ja. Das hat damit zu tun, dass wir als Partei in der Normalität angekommen sind und zum Beispiel einen Ministerpräsidenten stellen. Und in dieser Situation brauchst du erst recht ein eigenes, erkennbares Profil. Die Linke hat stattdessen viele Konzepte. Ich würde mich freuen, wenn sich meine Partei darauf konzentrierte, sich inhaltlich klar zu positionieren. Sich nur als Opposition gegen alle anderen zu definieren, reicht nicht. Das macht schon die AfD.
Wen meinen Sie da?
Ich meine jene, die denken, dass es reicht, Hartz-IV-Sanktionen zu skandalisieren, statt zu überlegen, wie und vor allem mit wem kommen wir aus diesem fatalen System heraus. Und ich meine jene, die versuchen, die Tonlage der AfD zu imitieren.
Wie Sahra Wagenknecht?
Wenn sie sagt, wir können nicht 60 Millionen Menschen aufnehmen, dann sage ich das auch. Aber ich sage diesen Satz erst am Ende, nachdem ich versucht habe, Ängste abzubauen und erklärt habe, dass diese 60 Millionen gar nicht zu uns kommen wollen. Ich sage das nicht am Anfang. Rassismus den Nährboden zu entziehen, heißt Fremdenfeindlichkeit ernst zu nehmen und für Zuwanderungskonzepte zu werben. Nicht durch das noch schrillere Beschreiben lösen wir die Probleme, sondern durch gelingende Integration.
Ramelow: Linke muss Ängste der AfD-Wähler ernst nehmen
 Martin Debes  /  08.04.16  /  TA 
1 Ramelow: Linke muss Ängste der AfD-Wähler ernst nehmen 

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