Hugh Kennedy: Das Kalifat . Von Mohammeds Tod bis zum 'Islamischen Staat' . Aus dem englischen von Ulrike Bischof

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Das Kalifat (H. Kennedy)
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Online-Publikation: September 2017 im Internet-Journal <<kultur-punkt.ch>>
Ereignis-, Ausstellungs-, AV- und Buchbesprechung
<< Hugh Kennedy: Das Kalifat . Von Mohammeds Tod bis zum 'Islamischen Staat' . Aus dem englischen von Ulrike Bischof >>
367 S.: mit 11 Abbildungen und 2 Karten. Gebunden ; ISBN 978-3-406-71353-8; 28,00 €   
Verlag C. H. Beck; 80703 München ; http://www.chbeck.de
Inhalt
Stellvertreter Gottes und Nachfolger Mohammeds: Die Kalifen sind von einer besonderen Aura umgeben, auch wenn die erstrebte Machtfülle oft ausblieb. Hugh Kennedy schildert anschaulich die Geschichte der "Führer aller Gläubigen" und zeigt, wie sich nach der Abdankung des letzten osmanischen Kalifen 1924 ein Vakuum bildete – wie gemacht für den IS.
Gleich nach dem Tod Mohammeds im Jahr 632 entstand mit Abu Bakr als neuem Oberhaupt der Gemeinde das Kalifat. Aber von Anfang an stellten sich heikle Fragen: Wer war ein legitimer Kalif? War der Stellvertreter des Propheten auch Statthalter Gottes? War das religiöse Oberhaupt aller Muslime zugleich ihr politisches? In dieser ersten Gesamtgeschichte der Kalifen erzählt Hugh Kennedy die Entwicklung des mächtigen Amtes von seiner Entstehung über die glanzvollen Bagdader Kalifate bis zur Neuzeit. Die osmanischen Sultane kompensierten mit dem Amt den Verfall imperialer Macht, heizten dadurch aber seit dem 19. Jahrhundert die Sehnsucht nach der Zeit der ersten Kalifen an, die auch den Salafismus prägt. Hugh Kennedy zeigt eindrucksvoll, wie sich bis heute im Kalifat Größe und Krise des Islam spiegeln, auch wenn es seit Langem keinen mehrheitlich anerkannten Kalifen mehr gibt.

Autor
Hugh Kennedy gilt international als der beste Kenner der Kalifatsgeschichte. Er ist Professor für Arabistik an der School of Oriental and African Studies in London und Fellow der Royal Society of Edinburgh.

Stimme
> Readable yet scholarly account (...). He gives a vivid picture of this tolerant world."
Malise Ruthven, New York Review of Books, 19. Januar 2017

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Fazit, vorangestellt
Der beste Kenner der Kalifatsgeschichte Hugh Kennedy: hat mit grösster Sorgfalt und umfassenden Kenntnissen den Topos "Das Kalifat". von Mohammeds Tod bis zum 'Islamischen Staat' diskursiv dargestellt.
So werden Abu Bakr, Umar, Uthman, Ali, um 632 lebend, in der osmanischen Miniatur (16.Jhdt.) als die ersten vier Kalifen, als Stellvertreter/ Nachfolger Mohammeds (chalifa (1), dargestellt.
Um 1923/24 endet das Kalifat mit Abdühmecid II. als osmanischer Kalif. Erst um 1952 hob eine islamische Gruppierung (Hizb ak-Tahrir (Befreiungspartei) , wie auch die Moslimbruderschaft  traten sie für eine spirituelle Erneuerung und Einheit der Muslime ein. Sie sahen aber das Kalifat als Instrument/Vehikel für den 'Wandel der Welt'.
Ironischerweise kam die Vorstellung, al-Quaida arbeite auf die Schaffung eines universellen Kalifats hin, in der Polemikdebatte amerikanischer Politiker (u.a. G.W. Busch, D. Rumsfeld...), so der Autor.
Am 29. Juni 2014 (1.Ramadan 1435 H /muslimischer Kalender) berichtete das Online Magazin Dabiq  vom 'neuen Fürsten der Gläubigen, Kalif Abu Bakr al-Baghdadi , auszugsweise:
.. sie (die Muslime) haben Stiefel die den Götzen der Demokratie zerstören und seinen abartigen Charakter entlarven werden (Zitatende).
Kennedy schlussfolgert, dass die Geschichte des Kalifats ein grundlegendes Legitimierungsmittel ist, das lebendig und in den Händen (und Köpfen) des IS äusserst gefährlich ist. Und weiter:
Denn die Kalifat (1)-Stärke beruht zum Teil  auf seiner Flexibilität, intellektuell rechtfertigend zu wirken in der unmittelbaren Verknüpfung mit der Ursprungszeit des Islams..  um finstere, brutale Ideologien ( in abscheulich-grausame Taten umzusetzen), wobei die Idee des Kalifat selbst keine Sorge bereitet, so der Autor. m+w.p17-9

1)
Als Kalifat (arabisch خلافة, DMG ḫilāfa) bezeichnet man die Herrschaft, das Amt oder das Reich eines Kalifen, also eines „Nachfolgers“ oder „Stellvertreters des Gesandten Gottes“ (خليفة رسول الله, ḫalīfat rasūl Allāh). Es stellt somit eine islamische Regierungsform dar, bei der die weltliche und die geistliche Führerschaft in der Person des Kalifen vereint sind. Bereits Mohammeds Staat in Medina basierte auf einem theokratischen Modell: Er war sowohl der Führer der religiösen Bewegung als auch der Herrscher über den Machtbereich, in dem dieser Glaube ausgelebt wurde.
In der Form خليفة الله (Ḫalīfat Allāh), also „Stellvertreter Gottes [auf Erden]“ existiert der Kalifen-Titel seit den ab 661 regierenden Umayyaden. Da gemäß Sure 112 (Al-Ichlās) jedoch kein Mensch Gott gleich sein kann – nicht einmal das Oberhaupt aller Muslime –, steht diese Interpretation des Kalifats nach Ansicht vieler Muslime im Widerspruch zur Lehre Mohammeds.https://de.wikipedia.org/wiki/Kalifat

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Inhaltsverzeichnis:
Einleitung
Drei Fragen
Transkription und Daten
1. Die ersten Kalifen
Die Regentschaft von Abu Bakr und Umar
Uthman und die erste Krise
Ali und das Ende der rechtgeleiteten Kalifen
Die Charidschiten als Alternative
2. Das exekutive Kalifat:
Die Herrschaft der Umayyaden
Mu?awiya und die Errichtung des Umayyaden-Kalifats
Bürgerkrieg und Aufstieg Abd al-Maliks
Die spätere Periode und der Untergang der Dynastie
3. Das frühe Abbasiden-Kalifat
Eine Revolution und ihre Folgen
Harun al-Raschid und seine Nachfolger
Die verheerende Regentschaft des Kalifen Muqtadir
Der Zerfall des Abbasiden-Kalifats
4. Die Kultur des Abbasiden-Kalifats
Bildung und Wissen für viele
Blüte der Poesie
Wissenschaft, Philosophie und das Erbe der Griechen
Religionswissenschaften und Geschichtsschreibung
Religiöse und kulturelle Vielfalt
Das Nachleben der abbasidischen Kultur
5. Das späte Abbasiden-Kalifat
Machlosigkeit unter den Herrschern der Buyiden
Die Neuerfindung des abbasidischen Kalifats
Bagdad und der Hof der Ghaznaviden-Sultane
Abbasiden und Seldschuken
Katastrophe: Die Eroberung durch die Mongolen 1258
6. Drei Autoren auf der Suche nach dem Kalifat
Mawardi und die Frage der Macht
Dschuwaini: Militärische Stärke und wahrer Glaube
Ghazali: Der Kalif als Quelle der Scharia
7. Das Kalifat der Schiiten
Die Zwölfer-Schiiten und der verborgene Imam
Die Zaiditen und ihre Imame im Jemen
Die frühen Ismailiten und die Frage der Nachfolge
Das Fatimiden-Kalifat und die muslimische Welt
8. Die Umayyaden von Córdoba
Das Emirat von Córdoba
Abd al-Rahman III. und Hakam II.: Córdobas Glanzzeit
Die Amiriden und das Ende des Kalifats von Córdoba
9. Die Almohaden-Kalifen: Herrscher über den Maghreb und al-Andalus
Ibn Tumart und der Aufstieg der Almohaden
Die späteren Herrscher
Eine Blütezeit islamischer Architektur und Philosophie
10. Das Kalifat unter den Mamluken und Osmanen
Abbasiden-Kalifen als Höflinge der Mamluken
Das osmanische Kalifat
Abdülhamid II., Sultan und Kalif
Die Idee eines panislamischen Kalifats
Der letzte Kalif
11. Die Frage der Wiedererrichtung eines Kalifats: Vom 20.Jahrhundert bis zur Gegenwart
Anhang
Dank
Liste der Kalifen
Karten
Glossar
Anmerkungen
Bildnachweis
Literatur
Personenregister

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