Interview mit Dirk Schmid, Kantonale Denkmalpflege . 01.2017
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Klybeckareal - Denkmalpflege - Interview
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Nach einer langen Industriegeschichte stehen Gebäude auf dem Klybeckareal, die wertvolle Zeugen dieser Historie sein können. Die Kantonale Denkmalpflege hat das Areal diesbezüglich untersucht und rund zehn Gebäude identifiziert, die möglicherweise erhaltenswert sind. Diese Gebäude wurden ins sogenannte „Inventar der Kantonalen Denkmäler“ aufgenommen. Damit sind sie noch nicht als Baudenkmal geschützt. Es ist aber sichergestellt, dass diese Gebäude besonders sorgfältig geprüft werden, wenn es darum geht, sie zu sanieren, umzubauen oder abzureissen.
Wie die Kantonale Denkmalpflege in die Arealentwicklung eingebunden ist, erläutert Dirk Schmid, Bauberater bei der Denkmalpflege, in einem Interview.
Im Februar-Mail werden wir über die aktuell laufende Testplanung informieren. Es würde uns zudem freuen, wenn Sie sich bereits heute den Termin für die nächste Beteiligungsveranstaltung vormerken: Samstag, 17. Juni (tagsüber) oder Mittwoch, 21. Juni (Kurzform, abends).
Die Planungspartner
BASF, Novartis, Kanton Basel-Stadt
Interview mit Dirk Schmid, Kantonale Denkmalpflege . 01.2017
> «Welche Gebäude als Denkmal erhalten bleiben, ist heute noch völlig offen»
> Was ist die Rolle der Kantonalen Denkmalpflege im Testplanungsverfahren?
Dirk Schmid: Die Kantonale Denkmalpflege vertritt eines von vielen öffentlichen Interessen. In
dieser Rolle sind wir als Wissensträgerin und -vermittlerin gefragt und tätig. So wurde beispielsweise
ergänzend zu unserem Inventar erhaltenswerter Einzelbauten ein denkmalpflegerisch-
städtebauliches Gutachten in Auftrag gegeben, um die Entstehung des Areals besser zu
verstehen. Diese Informationen stehen nun den Testplanungsteams zur Verfügung und werden
in den laufenden Prozess miteinbezogen. Die Denkmalpflege ist dabei ein Aspekt, der ebenso
wie andere öffentliche und private Interessen berücksichtigt wird.
> Gibt es Gebäude auf dem Klybeckareal, die als Baudenkmal geschützt sind?
Nein. Bisher wurden lediglich Gebäude identifiziert, die möglicherweise erhaltenswert sind.
Diese wurden ins sogenannte «Inventar der Kantonalen Denkmäler» aufgenommen. Das
Inventar des Klybeckareals wurde 2016 vom Vorsteher des Bau- und Verkehrsdepartements
unterzeichnet. In der Zwischenzeit hat das in Auftrag gegebene Gutachten eine Fülle an weiteren
Informationen zutage gebracht, sodass eine mögliche Ergänzung des Inventars nicht
auszuschliessen ist. Die Testplanung wird zeigen, wie die historischen Spuren wahrgenommen
und in die weitere Entwicklung einbezogen werden können.
Was ist der Unterschied zwischen Inventarbauten und Bauten im Denkmalverzeichnis?
Laut Denkmalschutzgesetz sind Denkmäler Einzelwerke, Ensembles und deren Reste, die
wegen ihres kulturellen, geschichtlichen, künstlerischen oder städtebaulichen Wertes erhaltenswürdig
sind. Für diese besonders erhaltenswürdigen Denkmäler wurde ein Denkmalverzeichnis
angelegt. Für die verzeichneten Denkmäler gelten Schutzbestimmungen, welche im
Denkmalschutzgesetz geregelt sind.
Das Inventar hingegen dient zu Informationszwecken und hat keine rechtliche Wirkung. Es
führt Bauten auf, welche die Voraussetzungen gemäss Denkmalschutzgesetz erfüllen, jedoch
nicht durch einen Eintrag im Verzeichnis geschützt sind.
> Wie funktioniert die Unterschutzstellung als erhaltenswürdiges Denkmal?
Eine Unterschutzstellung, besser gesagt die Eintragung ins Denkmalverzeichnis, erfolgt nach
einer sorgfältigen Abwägung zwischen privaten und öffentlichen Interessen. Aus Sicht der
Denkmalpflege werden in diesem Prozess die Schutzwürdigkeit, die Schutzfähigkeit sowie die
denkmalpflegerische Zielsetzung und das denkmalpflegerische Veränderungspotenzial geprüft
und festgelegt. Eine Eintragung in das Denkmalverzeichnis erfolgt durch öffentlich-rechtlichen
Vertrag, durch Verfügung oder mittels Bebauungsplan.
Ob und in welcher Form ein Schutz von Teilen des Klybeckareals oder von einzelnen Gebäuden
stattfinden wird, ist heute vollkommen offen. Unter anderem ist jeweils sehr genau zu prüfen,
ob allenfalls schutzwürdige Objekte überhaupt geschützt und erhalten werden können. Denn
bei Industriebauten stellt sich z.B. das Problem der Schadstoffbelastung und damit der Finanzierbarkeit
einer späteren Umnutzung. Fest steht nur, dass die Kantonale Denkmalpflege in
den städtebaulichen Strukturen sowie in einzelnen Bauten, Anlagen und Freiräumen viel Potential
sieht.
> Warum ist es sinnvoll, gewisse Gebäude zu erhalten?
Die Erhaltung von bestimmten Strukturen, Bauten, Anlagen und Freiräumen ist wichtig, um
neben ökologischen oder ökonomischen Ressourcen auch geschichtliche und soziokulturelle
Ressourcen für die Nachwelt zu sichern. Dieser Erhalt dient der Erinnerung und trägt zur
Identitätsstiftung bei.
> Haben Sie hierfür einige Beispiele?
Schaut man auf die Basler Altstadt oder denkt man an Städte in Europa oder Übersee, so ist es
unumstritten, dass «alte» Gebäude, insbesondere Sakralbauten oder Profanbauten von repräsentativem
Charakter ganz selbstverständlich als Denkmal wahrgenommen und akzeptiert
werden. Es gibt aber auch jüngere Beispiele aus dem letzten Jahrhundert, welche unsere Aufmerksamkeit
verdienen. Auf dem Klybeckareal sind es beispielsweise Industrie-, Produktionsund
Forschungsbauten und damit verbundene Anlagen.
Anhand von drei Beispielen aus der mehr als hundertjährigen Entwicklung des Areals möchte
ich festmachen, warum diese Gebäude das Potential zum Denkmal haben. Ob diese am Ende
wirklich als Denkmal erhalten bleiben können oder nicht, ist heute – wie gesagt – völlig offen.
- Klybeckstrasse 141, BASF Bau K 141 (1):
Es handelt sich um das ehemalige Verwaltungsgebäude
der Firma CIBA, erbaut 1905–1906 vom bedeutenden Basler Architekten Fritz
Stehlin. Der Gründungsbau bestand aus einem elfachsigen Gebäude mit Mansarddach in
repräsentativem neubarockem Stil. 1915 wurde das Gebäude um mehr als das Doppelte im
selben Stil erweitert, was auf die Erfolgsgeschichte der chemischen Industrie in Basel
zurückzuführen ist. Auch wenn das Gebäude in den letzten 110 Jahren mehrere Erweiterungen
und Modernisierungen erfahren hat, bleibt es ein repräsentativer Bau mit Zeugnischarakter
für eine der grössten Basler Firmen.
Auszug aus dem Geoportal mit den bis heute ins Inventar aufgenommen
Bauten auf dem Klybeckareal und den angrenzenden Quartieren.
- Mauerstrasse 1, NOVARTIS Bau 370-373, 375, 379, 381 (2): Dieses Ensemble wurde
zwischen 1946 und 1952 als Pharma-Fabrikationsgebäude errichtet. Im Anschluss des
Wiesenkreisels bildet es einen markanten Akzent. Die fünf stilgleichen Bauten bilden das
letzte repräsentative Basler Beispiel von Industriearchitektur aus Sichtbackstein. Die
Qualität dieser Zweckbauten beruht auf ihrer Gliederung, ihrer Vielfalt und den sorgfältig
gestalteten und ausgeführten Details. Die städtebauliche und architektonische Qualität mit
bemerkenswerten Zwischenräumen macht aus dieser Gebäudegruppe einen wichtigen
Zeugen der Schweizer Industriearchitektur der 1940er Jahre.
- Unterer Rheinweg 180, NOVARTIS BAU 125 (3): Das 75 Meter hohe Laborgebäude für
biologische Forschung bildet durch seine Funktion eine Ausnahme unter den Basler
Hochhäusern der grossen Chemieunternehmen, die sich alle zwischen 1957 und 1962 der
Symbolkraft dieses Gebäudetyps bedient hatten. Die Eingangshalle ist in Basel einer der
letzten zeitgenössischen Repräsentationsräume von auserwählter Qualität. Die prägenden
Teile ihrer Ausstattung (Steinverkleidung und Möblierung) verweisen auf das Vorbild Mies
van der Rohes, einem der bedeutendsten Architekten der Moderne. Die 6 Meter hohe
Halle öffnet sich – flankiert von zwei Vortragssälen – zum Rhein. Bemerkenswert an diesem
Gebäude ist nebst der architektonischen Qualität auch die städtebauliche Bedeutung: das
Hochhaus bezeichnet durch seine Lage den Flussraum, den Brückenübergang und den
Beginn des Industrieareals im Norden.
> Sind Gebäude aus den 60er- und 70er-Jahren überhaupt schützenswert?
Im Inventar sind nebst dem Bau 125 auch weitere Vertreter aus den 1960er-Jahren aufgenommen,
wie die im Geist des Funktionalismus erbaute Einstellhalle an der Badenweilerstrasse 41
und die elegante Kantine an der Gärtnerstrasse 2. Beide Gebäude stammen vom Architekturbüro
Suter + Suter. Suter + Suter pflegten ab 1947 und während mehr als 30 Jahren eine
Zusammenarbeit mit der CIBA. Diese Kooperation prägte das Areal so wie nur wenige andere
Schweizer Industrieareale. Mehr als 50 Prozent der heute noch vorhandenen Gebäude stammen
aus der Planung dieses bekannten Basler Architekturbüros.
Befragter Experte der Kantonalen Denkmalpflege:
Dirk Schmid
mailto:dirk.schmid@bs.ch
Während meiner Lehre als Hochbauzeichner und nach dem Abschluss meines
FH-Studiums in Genf durfte ich regelmässig Erfahrungen an Schutzobjekten
sammeln. Ein wachsendes Interesse für denkmalpflegerische Belange bewog
mich zum Nachdiplomstudium in Denkmalpflege an der ETHZ. Seit August 2015
gehe ich als Bauberater einer vielseitigen und spannenden Tätigkeit nach. Als
bereichernd empfinde ich insbesondere den regen Austausch mit
BauherrenInnen, PlanerInnn, UnternehmerInnen und KollegInnen aus anderen Fachstellen.
Die Planungspartner
Kanton Basel-Stadt, BASF, Novartis
Basel, 26. Januar 2017
Bau- und Verkehrsdepartement Kanton Basel-Stadt
Anlaufstelle «klybeckplus»
Münsterplatz 11, 4001 Basel
Tel. 061 267 91 52,
mailto:info@klybeckplus.ch
http://www.klybeckplus.ch